| Titel: | Verfahren zur Gewinnung von Eisen und Stahl direkt aus den Erzen auf elektrischem Wege. | 
| Autor: | Albert Neuburger | 
| Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 219 | 
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                        Verfahren zur Gewinnung von Eisen und Stahl
                           								direkt aus den Erzen auf elektrischem Wege.
                        Von Dr. Albert Neuburger,
                           								Berlin.
                        Verfahren zur Gewinnung von Eisen und Stahl direkt aus den Erzen
                           								auf elektrischem Wege.
                        
                     
                        
                           Das in D. p. J. 1902, 317, 784 beschriebene Verfahren
                              									zur Erzeugung von Elektrostahl in Gysinge beruht auf der Verwendung eines Gemenges
                              									von Roheisen Und altem Eisen als Ausgangsmaterial. Die Gewinnung von Eisen oder
                              									Stahl unmittelbar aus den Erzen ist nachdemselben nicht möglich, und dieser
                              									Umstand erklärt neben andern auch den verhältnismässig geringen wirtschaftlichen
                              									Erfolg, welchen es bisher hatte. Wie der Erfinder selbst mehrfach ausgesprochen hat,
                              									sind es weniger die Ersparnisse in bezug auf die Herstellungskosten, als vielmehr
                              										die vorzügliche
                              									Qualität des erzeugten Produktes, die dem Verfahren den Wettbewerb ermöglichen.
                           Zum Unterschiede von dem in Gysinge ausgeübten Kjellinschen Verfahren benutzen die Verfahren von Stassano, Héroult und Keller die Eisenerze
                              									oder Eisenerze gemengt mit Eisenabfällen als Ausgangsmaterial und es gelingt nach
                              									denselben ebenfalls, Stahl von vorzüglicher Qualität herzustellen. Durch
                              									entsprechende Leitung des Prozesses ist es aber auch möglich, Roheisen oder Grauguss
                              									von bestimmter Qualität zu erhalten.
                           
                        
                           
                              1. Das Verfahren von Stassano.
                              
                           Das Verfahren von Stassano, welches bisher in Darfo am
                              									Lago d' Iseo ausgeübt wurde und sich in längerem Betriebe hervorragend bewährt hat,
                              									bildet die Grundlage eines grösseren Eisen- und Stahlwerks das von dem Erfinder mit
                              
                              									Unterstützung der italienischen Regierung im königlichen Schmelzwerke zu Turin
                              									errichtet worden ist.
                           Das Verfahren zeichnet sich durch seine Einfachheit aus und liefert ein Eisen von
                              									grosser Reinheit und Billigkeit, welche letztere allerdings zum Teil in den
                              									örtlichen Verhältnissen begründet liegt.
                           Das Ausgangsmaterial für das Stassano-Verfahren sind die
                              									in Oberitalien vorkommenden Eisenerze, die eine für den Verlauf der Reaktion sehr
                              									günstige Zusammensetzung zeigen. Die durchschnittliche Mischung solcher Erze in
                              									bezug auf ihre Bestandteile gibt Stassano selbst
                              									folgendermassen an:
                           
                              
                                 
                                    Hämatit
                                    
                                 
                                    Magnetit
                                    
                                 
                              
                                 
                                    Fe
                                    2
                                    O
                                    3
                                    
                                 =
                                 88,850
                                 v. H.
                                 78,400
                                 v. H.
                                 
                              
                                 
                                    MnO
                                    
                                 =
                                 0,470
                                 „
                                 0,700
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    SiO
                                    2
                                    
                                 =
                                 2,960
                                 „
                                 8,650
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    Al
                                    2
                                    O
                                    3
                                    
                                 =
                                 3,420
                                 „
                                 7,330
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    CaO
                                    
                                 =
                                 0,870
                                 „
                                 2,100
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    MgO
                                    
                                 =
                                 –
                                 
                                 1,030
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    S
                                    
                                 =
                                 0,078
                                 „
                                 0,055
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    P
                                    
                                 =
                                 0,093
                                 „
                                 0,008
                                 „
                                 
                              
                                 Glühverlust
                                 =
                                 2,561
                                 „
                                 –
                                 
                                 
                              
                           Das Erz wird sorgfältig ausgesucht und nach irgend einem der hierfür gebräuchlichen
                              									Verfahren fein gepulvert. Das Pulver wird gesiebt, gewaschen und getrocknet und, so
                              									weit es die Natur des Erzes gestattet, einem sogenannten magnetischen
                              									Aufbereitungsverfahren unterzogen. Für ein solches ist besonders das Magnetiterz
                              									sehr geeignet. Das Verfahren besteht darin, dass man das Erzpulver vor einem
                              									kräftigen Elektromagneten in senkrechter Richtung herabfallen lässt. Die stärker
                              									magnetischen Partikelchen, die zugleich die eisenreicheren sind, werden dann in der
                              									Richtung gegen den Magneten hin aus der Fallrichtung abgelenkt und es findet so eine
                              									Scheidung in eisenreiche und eisenarme Teile statt.S. D. p. J. 1902, 317, 673. Durch mehrmaliges Vorbeigehenlassen vor dem
                              									Magneten kann auf diese Weise eine äusserst vollkommene Trennung des Erzes von dem
                              									tauben Gestein erreicht. werden, so dass zuletzt ein ausserordentlich eisenreiches
                              									Erz von folgender durchschnittlicher Zusammensetzung erhalten wird:
                           
                              
                                 
                                    Fe
                                    2
                                    O
                                    3
                                    
                                 =
                                 93,020
                                 v. H.
                                 
                              
                                 
                                    MnO
                                    
                                 =
                                 0,619
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    CaO
                                    
                                    MgO
                                    
                                 =
                                 0,500
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    SiO
                                    2
                                    
                                 =
                                 3,790
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    S
                                    
                                 =
                                 0,058
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    P
                                    
                                 =
                                 0,056
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    H
                                    2
                                    O
                                    
                                 =
                                 1,720
                                 „
                                 
                              
                           Die verwendeten Zuschläge sind durchschnittlich folgendermassen zusammengesetzt,
                              									wozu bemerkt sei, dass Stassano sich sehr bemüht, stets
                              									Materialien derselben Herkunft und Zusammensetzung zu verwenden, um immer dieselben
                              									Mischungen anwenden zu können
                           Durchschnittliche Zusammensetzung des Zuschlags:
                           
                              
                                 
                                    CaO
                                    
                                 =
                                 51,21
                                 v. H.
                                 
                              
                                 
                                    MgO
                                    
                                 =
                                 3,11
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    M
                                    2
                                    O
                                    8
                                    
                                    Fe
                                    2
                                    O
                                    3
                                    
                                 ==
                                 0,50
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    SiO
                                    2
                                    
                                 =
                                 0,90
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    CO
                                    2
                                    
                                 =
                                 43,43
                                 „
                                 
                              
                           Im allgemeinen kommt Stassano auf Grund zahlreicher
                              									Analysen und Versuche zu folgender Zusammenstellung der Mischung für die
                              									Beschickung:
                           
                              
                                 Erz
                                 1000
                                 g,
                                 
                              
                                 Kohle
                                 231
                                 g,
                                 
                              
                                 Kalkstein
                                 111
                                 g.
                                 
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 220
                              Fig. 1. Stassano-Ofen.
                              
                           Diese Bestandteile werden aufs sorgfältigste
                              									durcheinandergemengt und noch eine kleine Menge Teer von 5–10 v. H.
                              									Kohlenstoffgehalt zugegeben. Dieser Teer dient als Bindemittel, um die nun folgende
                              									Brikettierung des Gemenges zu ermöglichen. Auch seine Menge wird auf Grund der
                              									Analysen genau berechnet, da ja sein Kohlenstoff an der Reaktion teilnimmt. Stassano hat eine besondere analytische Methode zur
                              									Ermittlung des Kohlenstoffgehaltes im Teer ausgearbeitet, die besonders deshalb
                              									wichtig ist, weil Stassano den Teerzusatz gleichzeitig
                              									benutzt, um die Güte des erzeugten Produktes entsprechend zu beeinflussen. Je nach
                              									der zugesetzten Menge an Teer vermag er sowohl weiches Eisen wie irgend eine
                              									beliebige Stahlsorte zu erzeugen.
                           Soll eine bestimmte Eisenlegierung hergestellt werden, so werden die hierzu nötigen
                              									Bestandteile ebenfalls bereits den Briketts beigemengt, so dass es also auch
                              									besondere Briketts für die Gewinnung von Wolframstahl, Chromstahl usw. usw.
                              									gibt.
                           Das Brikettieren der Mischung geschieht mittels besonderer Pressen. Es hat den Zweck,
                              									eine Entmischung während des Prozesses zu verhindern und so die ständige Gewinnung
                              									eines Eisens von stets genau gleicher Zusammensetzung zu gewährleisten. Einen wie
                              									grossen Vorteil
                              									demnach die Brikettierung für die Güte des erzeugten Produktes darstellt, einen
                              									ebenso grossen Nachteil bedeutet sie in wirtschaftlicher Hinsicht, denn durch sie
                              									werden die Kosten des Verfahrens ganz bedeutend erhöht. Stassano hat sich deshalb in der neuen Anlage im Schmelzwerk zu Turin mit
                              									Versuchen beschäftigt, die den Zweck haben, die Brikettierung zu vermeiden. Sollten
                              									diese Versuche von Erfolg gekrönt sein, so würde der Preis des erzeugten Stahles
                              									noch eine bedeutende Ermässigung erfahren.
                           Es sei noch bemerkt, dass als Material für die den Briketts zugesetzte Kohle reine
                              									Holzkohle dient, sowie dass Stassano sich bemüht, eine
                              									Schlacke von ganz bestimmter Zusammensetzung zu erhalten, die so beschaffen ist,
                              									dass sie dem elektrischen Strome einen möglichst geringen Widerstand entgegensetzt.
                              									Es hat sich gezeigt, dass eine Schlacke von der Formel SiO2 + 4 Basis am besten dieser
                              									Anforderung entspricht. Der von Stassano benutzte Ofen
                              									war in den Anlagen zu Rom und zu Darfo ein elektrischer Schachtofen, dessen Prinzip
                              									das folgende ist (Fig. 1):
                           Der Schachtofen besteht aus dem Schachte a, der durch
                              									zwei mit ihren Grundflächen aufeinanderstehende Kegel gebildet wird. Beim Flammofen
                              									tritt an die Stelle dieses Schachtes ein Gewölbe, das mit einem seitlich
                              									angebrachten Einfülltrichter versehen ist, durch den die Erze zugegeben werden. Der
                              									Raum g ist der eigentliche Schmelzraum, in den die
                              									beiden Kohlenelektroden c, c hineinragen, die mit einer
                              									Einstellvorrichtung versehen sind, durch welche sie einander genähert und
                              									voneinander entfernt werden können. Ihr nicht im Ofen befindlicher Teil ist mit
                              									einem Mantel umgeben, der so eingerichtet ist, dass bei Bedarf Kühlung durch Wasser
                              									stattfinden kann. Das geschmolzene Eisen sammelt sich in dem Raume unterhalb der
                              									Elektroden an und wird durch die Oeffnung f
                              									abgestochen. Die bei der Reaktion entstehenden Gase entweichen durch die beiden
                              									Oeffnungen t, t. Der Verschluss des Einfülltrichters
                              										t1 ist so
                              									beschaffen, dass, wenn der Kegel v mittels eines Hebels
                              										o abwärts gedrückt wird, um Erz einzufüllen, die
                              									Aussenluft nicht in das Innere des Ofens gelangen kann. Auch die beiden Röhren t, t sind mit besonderen Vorrichtungen versehen, welche
                              									den Zweck haben, beim Nachlassen des Druckes im Innern des Ofenraumes Nachsaugen von
                              									Luft zu verhindern.
                           Nach diesem Prinzipe waren die ersten OefenStassanos hergestellt. Später errichtete er in der Anlage zu Darfo einen
                              									Versuchsofen zu Vorstudien für die Anlage in Turin, der dem Schachtofen ähnlich war
                              									und sich nur dadurch von ihm unterschied, dass anstatt des Schachtes ein niedriges
                              									Gewölbe zur Anwendung kam, so dass also eine Art Flammofen vorlag. Die Beschickung
                              									stand hierbei in geringerer Höhe über den Elektroden und die letzteren lagen höher
                              									über der Herdsohle als beim Schachtofen. Dies letztere sollte bezwecken, das
                              									gewonnene reine Eisen sowohl, wie die Schlacke möglichst schnell aus dem Bereiche
                              									des elektrischen Lichtbogens zu entfernen, um den Widerstand und damit die Kosten
                              									des Verfahrens einerseits zu vermindern und um andererseits eine Aufnahme von Kohle
                              									aus den Elektroden durch das geschmolzene Eisen zu verhindern, wodurch ein
                              									minderwertiges Produkt entstehen kann. Die Abänderung des Ofens hatte daher weniger
                              									eine technische als vielmehr in erster Linie eine wirtschaftliche Bedeutung.
                           Stassano fand jedoch auch an diesem Ofen noch
                              
                              									verschiedene Mängel und er errichtete deshalb in der neuen Anlage zu Turin einen
                              									Ofen, bei dem zwar das Prinzip noch dasselbe ist, der sich aber in der Ausführung
                              									und damit in der Wirkungsweise von den bisherigen Oefen ausserordentlich
                              									unterscheidet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 221
                              Stessano-Ofen, ausgeführt im Königl. Schmelzwerk zu Turin.
                              
                           Dieser Ofen (Fig.
                                 										2 u. 3) ist drehbar angeordnet, doch erfolgt die Drehung nicht um seine
                              									Mittelachse, sondern um eine Achse, die zu dieser in einem spitzen Winkel steht.
                              									Infolgedessen hat auch der ganze Ofen eine etwas geneigte Lage und die Sohle des
                              									Herdes liegt geneigt zur Horizontalen. Hierdurch soll bewirkt werden, dass die
                              									Beschickung des Ofens, der während des Prozesses um seine Drehachse rotiert, langsam
                              									von selbst nach unten gleitet und infolge der schiefen Lage der Herdsohle in
                              									fortwährender schiebender und gleitender Bewegung bleibt. Hierdurch soll einerseits
                              									die Ansammlung von Schlacke und fertigem Eisen an den Elektroden vermieden und
                              									dadurch ein möglichst geringer elektrischer Widerstand, sowie ein möglichst reines
                              									Produkt erzielt werden, andererseits hofft Stassano
                              									dadurch eine gute Mischung der Beschickung erzielen und eine Entmischung vermeiden
                              									zu können. Wenn ihm dies in der Tat gelingen sollte, so könnte dann die das
                              									Verfahren so sehr verteuernde Brikettierung wegfallen; Vorderhand wird, bis die
                              									besonders angestellten Versuche gezeigt haben, ob die Brikettierung entraten werden
                              										kann,
                              									allerdings noch mit Briketts gearbeitet, die nach ihrer Herstellung in Stücke von
                              									Walnussgrösse zerpocht und so in den Ofen gegeben werden. Es hat sich gezeigt, dass
                              									diese Grösse der Brikettstücke den Gasen am besten einen ungehinderten Durchzug
                              									gestattet. An dem neuen Turiner-Ofen ist der Einfülltrichter für die Beschickung
                              									seitlich angebracht (a, b und c der Abbildung) und es sind für die Schlacke d wie für das fertige Eisen e besondere
                              									Abstichöffnungen an entgegengesetzten Seiten des Ofens vorgesehen. Der Ofen selbst
                              									vermag pro Tag 2500–3000 kg Stahl zu produzieren bei einem Energieverbrauch von
                              									120–140 Kilowatt.
                           Aehnlich wie Stassano die Zusammensetzung der Briketts
                              									genau auf Grund seiner Analysen berechnet, so versuchte er auch zunächst, den
                              									Stromverbrauch auf Grund thermo-chemischer Werte festzustellen. Er ging zunächst von
                              									der theoretischen Formel von Gin und Leleux
                           
                              t=\frac{1}{A}\,\left(\frac{1}{S}\right)^2\,\frac{R}{C}
                              
                           aus, wobei;
                           R Widerstand der Gashülle,
                           C Spezifische Wärme des Gases,
                           S Querschnitt der Elektroden,
                           t Temperatur des Lichtbogens
                           ist. und stützte seine Berechnungen auf diese Formel in
                              									Verbindung mit der von Joule:
                           h = 0,24 i2
                              									Rt
                           Es zeigte sich jedoch die grundsätzlich wichtige Tatsache,
                              
                              									dass diese Formeln für den elektrischen Ofen keine Geltung haben, und dass es ganz
                              									unmöglich ist, sie der in Rede stehenden Berechnung zugrunde zu legen. Die Ursache
                              									hierfür liegt darin, dass bei der ungewöhnlich hohen Hitze, bei der man arbeitet,
                              									die die Elektroden umgehenden Gase sicher getrennt sind und dass die Analyse über
                              									ihre Zusammensetzung nichts angeben kann, weil beim Entnehmen von Proben diese
                              									getrennten Gase sich wieder verbinden, sobald sie nicht mehr der hohen Hitze an den
                              									Elektroden ausgesetzt sind. Es folgt hieraus, dass die Werte von R und C niemals durch
                              									Versuche bestimmt werden können. Man kann auch die theoretischen Reaktionen der
                              									Bestimmung des thermischen Wirkungsgrades nicht zugrunde legen, weil die
                              									Ofentemperatur eine viel höhere ist, als zur Hervorrufung dieser Reaktionen nötig
                              									ist.
                           Stassano hat jedoch auf Grund seiner vielfachen
                              									praktischen Versuche eine thermische Leistung von 61,33 v. H. bei seinem Ofen
                              									gefunden, d.h. von der dem Ofen zugeführten Wärme werden 61,33 v. H. zur Erzeugung
                              									des Stahles nutzbar; die übrigen gehen durch Leitung und Strahlung verloren. Dieser
                              									praktisch gefundene Wert bildet bei der Schaffung neuer Anlagen eine hinreichend
                              									sichere und genügend brauchbare Grundlage zur Berechnung der Stromverhältnisse.
                           Was nun die wirklichen Gestehungskosten des Prozesses anbetrifft, so sind, um 1000 kg
                              									Eisen oder Stahl zu erzeugen, 1600–1700 Kilogramm Erz erforderlich, je nach dessen
                              									Zusammensetzung. Legt man die italienischen Preisverhältnisse zugrunde, so ergibt
                              									sich nach Stassanos Angaben folgende Aufstellung für
                              
                              									die Kosten; aus der man auch alle sonst noch wissenswerten Zahlenwerte über den
                              									Stromverbrauch usw. usw. ersehen kann, wobei noch zu bemerken ist, dass bei der
                              									Versuchsanlage, die für diese Berechnung in Betracht kommt, Wasserkraft verwendet
                              									wurde.
                           Berechnung der Kosten für 1000 Kilogramm Eisen bei einer Anlage von 5000 PS, die in
                              									24 Stunden30 Tonnen Stahl liefert (der thermische Nutzeffekt ist hierbei mit
                              									etwa 60–66 v. H. angenommen, die in Klammern stehenden Einheitspreise gelten für je
                              									1000 kg):
                           
                              
                                 1600 kg Erz (12 M.)
                                 19,20
                                 M.
                                 
                              
                                 Für Pulvern des Erzes (2,4 M.)
                                 3,84
                                 „
                                 
                              
                                 200 kg Zuschlag (4 M.)
                                 0,80
                                 „
                                 
                              
                                 250 kg Kokes (36 M.)
                                 9,00
                                 „
                                 
                              
                                 Für Pulvern des Kokes (1,6 M.)
                                 0,40
                                 „
                                 
                              
                                 190 kg Bemengungen (à 56 M.)
                                 10,64
                                 „
                                 
                              
                                 Für Herstellung der Mischungen (2,4 M.)
                                 5,40
                                 „
                                 
                              
                                 Verbrauch der Elektroden 12 kg (à 0,24 M.)
                                 2,88
                                 „
                                 
                              
                                 Unterhaltung des Ofens
                                 9,60
                                 „
                                 
                              
                                 Arbeitslohn
                                 4,80
                                 „
                                 
                              
                                 Geräte
                                 2,40
                                 „
                                 
                              
                                 Elektrische Kraft 4000 PS, die Stunde zu      0,00456
                                    											Pf.
                                 18,24
                                 „
                                 
                              
                                 Allgemeine Unkosten
                                 2,40
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 insgesamt:
                                 89,60
                                 M.
                                 
                              
                           
                              
                                 Hiervon abzuziehen 900 cbm an flüchtigen         und
                                    											brennbaren Gasen, deren Wärme         resp. Verbrennungswert = 1,6 Pfg.
                                    											für         das cbm beträgt
                                 14,40
                                 M.
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 Wirkliche Unkosten für 1000 kg
                                 75,20
                                 M.
                                 
                              
                           Dieser Preis für die Tonne Stahl ist ein ausserordentlich niedriger, und man möchte
                              									fast versucht sein, ihn für unrichtig zu halten. Die vorstehend angeführten Zahlen
                              									sind jedoch von einwandsfreiester Seite, nämlich von Dr.
                                 										Hans Goldschmidt in Essen a. R., der im Auftrage des Kaiserlich Deutschen
                              									Patentamtes nach Darfo reiste und die Anlage studierte, nachgeprüft und für richtig
                              									befunden worden, mit Ausnahme des Betrages für die allgemeinen Unkosten, der sich
                              									der Kontrolle entzog, und in bezug auf den sich Goldschmidt auf die Angabe von Stassano
                              									verlassen musste.
                           Es ist jedoch zu bemerken, dass dieser Preis durch die ausserordentlich günstigen
                              									Verhältnisse in Italien wesentlich beeinflusst wird. Abgesehen von der Reinheit der
                              									Erze und der Billigkeit der elektrischen Anlagen kommen hierfür die ausserordentlich
                              									billigen Arbeitskräfte in erster Linie mit in Betracht, und Goldschmidt ist der Ansicht dass diese Art der Herstellung des Eisens und
                              									Stahls überall dort in Frage gezogen werden kann, wo billige Wasserkräfte und reine
                              									Eisenerze vorhanden sind. Er hat sich der Aufgabe unterzogen, die Zahlen auf
                              
                              									deutsche Verhältnisse umzurechnen, und kommt dabei zu dem Ergebnis, dass die Tonne
                              									nach diesem Verfahren in Westfalen hergestellten Stahles etwa 150–170 M. kosten
                              									würde.
                           Es könnte sonach das Verfahren mit den zurzeit in Deutschland gebräuchlichen nicht in
                              									Wettbewerb treten, soweit es sich um die Herstellung gewöhnlichen Stahles handelt,
                              									dessen Preis ja überall weniger als 100 M. beträgt. Ganz andere Verhältnisse würden
                              									sich jedoch ergeben, wenn der Stassano-Stahl durch
                              									seine Eigenschaften befähigt wäre, mit dem Tigelgusstahl zu konkurrieren, der
                              
                              									ungefähr 300 M. pro Tonne kostet. Gerade auf diesem Gebiete sind die Aussichten für
                              									den nach dem Stassanoschen Verfahren erzeugten
                              									Elektrostahl ausserordentlich günstig, und Goldschmidt
                              									stellt den Versuchen in dieser Hinsicht ein günstiges Prognostikon:
                           Die günstigen Aussichten für die Zukunft des Verfahrens liegen wesentlich in der ganz
                              									besonderen Reinheit des erzielten Produktes, die, abgesehen von der Reinheit der
                              									verwendeten Erze, noch besonders dadurch hervorgebracht wird, dass es eben, wie wir
                              									ausführlich darlegten, möglich ist, durch genaue Berechnung der Zuschläge das
                              									Silicium fast ganz, Mangan, Schwefel und Phosphor hingegen in erheblichem Masse in
                              									die Schlacke hinüberzuführen. Ein weiterer Vorteil des neuen Verfahrens besteht darin, dass sich
                              									durch dasselbe mit Leichtigkeit Legierungen des Eisens mit Mangan, Nickel, Chrom
                              									oder Wolfram herstellen lassen; ferner je nach Belieben harter oder weicher Stahl
                              									oder Eisen von derZusammensetzung des im Puddelofen, in der Bessemerbirne oder
                              
                              									im Siemens-Martinofen erzeugten Produktes.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)