| Titel: | Die Kettenschaltgetriebe am mechanischen Webstuhle. | 
| Autor: | Siegm. Edelstein | 
| Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 228 | 
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                        Die Kettenschaltgetriebe am mechanischen
                           								Webstuhle.
                        Von Prof. Siegm. Edelstein.
                        (Fortsetzung von S. 216 d. Bd.)
                        Die Kettenschaltgetriebe am mechanischen Webstuhle.
                        
                     
                        
                           
                              
                              II. Untersuchung der einzelnen Getriebe.
                              
                           
                              
                                 A) Die Kettenablassvorrichtungen.
                                 
                              Nachdem im Vorstehenden die wesentlichsten Typen der einzelnen Anordnungen
                                 										gekennzeichnet wurden, möge nunmehr an eine Erörterung des geometrischen und
                                 										mechanischen Zusammenhanges einzelner, soweit sie eine rechnerische Untersuchung
                                 										mit einfachen Hilfsmitteln zulassen, geschritten werden. Entsprechend der oben
                                 										gegebenen Aufeinanderfolge sollen also zunächst die Kettenablassvorrichtungen
                                 										und von diesen vorerst die passiven behandelt werden.
                              
                                 a) Die passiven
                                       												Kettenablassvorrichtungen oder Kettenbaumbremsen.
                                 
                                    Allgemeines.
                                    
                                 Die wesentliche Einrichtung einer jeden Kettenbaumbremse lässt sich auf eine
                                    											Anordnung zurückführen, die durch die schematischen Fig. 2 und 3
                                    											veranschaulicht wird.
                                 
                                    
                                    Textabbildung Bd. 319, S. 228
                                    
                                 Auf der Achse des Kettenbaumes ist eine Scheibe S aufgesetzt, an welcher die der Abwicklung des Kettenbaumes
                                    											entgegenwirkende Kraft W, der Bremswiderstand,
                                    											angreift. Sei d der momentane Durchmesser des
                                    											Kettenbaumes D jener der Bremsscheibe, so ist
                                    											für den Gleichgewichtszustand, wenn K die
                                    											Kettenspannung bedeutet:
                                 
                                    K\,\frac{d}{2}=W\,\frac{D}{2}
                                    
                                 woraus sich die erzielte Kettenspannung ergibt mit
                                 K=W\,\frac{D}{d} . . . . 1)
                                 Diese Gleichung lässt sofort eine wesentliche Feststellung zu. Aus
                                    											technologischen Gründen bildet die Einhaltung einer gleichen Grösse der
                                    											Kettenspannung eine wichtige Aufgabe der Kettenbaumbremsen. Diese Grösse
                                    											kann nun, wie aus Gleichung 1 ersichtlich, nur dann konstant sein, wenn die
                                    											drei Werte W, D und d konstant bleiben oder nur eine solche Veränderlichkeit besitzen,
                                    											dass sich diese in dem Ausdrucke W\,\cdot\,\frac{D}{d} kompensiert. Von diesen Werten
                                    											ist D aus technischen Gründen immer
                                    											gleichbleibend (bei der einmal ausgeführten Anordnung), dagegen nimmt d in dem Maasse ab, in welchem Kette vom Baume
                                    											abgewickelt wird.Soll nun K einen
                                    
                                    											konstanten Wert beibehalten, so muss für eine entsprechende Verminderung der
                                    											Grösse W Vorsorge getroffen werden, eine
                                    											Aenderung, die sich aus der Beziehung ergibt
                                 \frac{W}{d}=\mbox{konstant} . . . . . 2)
                                 Die Wertverminderung des Bremswiderstandes muss sonach jener des
                                    											Kettenbaumdurchmessers proportional sein.
                                 Es sind, wie oben bereits erwähnt, in der Praxis zwei Wege üblich, dieser
                                    											Anforderung gerecht zu werden; entweder wird durch ein entsprechendes
                                    											Getriebe diese Wertverminderung der Bremskraft selbsttätig und stetig eingeleitet
                                    											oder es wird von Hand aus zeitweilig eine
                                    											Verkleinerung des Bremswiderstandes bewerkstelligt. Anordnungen der ersten
                                    											Art bezeichnet man als Differentialbremsen.
                                 
                                    
                                    Textabbildung Bd. 319, S. 228
                                    Fig. 4.
                                    
                                 Ihre allgemeine Bedingungsgleichung ergibt sich aus Gleichung 2 mit
                                 \frac{W}{d}=c . . . . . 3)
                                 wenn c eine Konstante
                                    											bedeutet. Da für die konstruktive Durchführung dieser Bremsen das Verhältnis
                                    											der Veränderungen dieser Werte W und d maassgebend ist, so leiten wir aus Gleichung
                                    											3 durch Differenzieren die weitere Beziehung ab
                                 
                                    \frac{d\,w}{d\,d}=c
                                    
                                 Mit Rücksicht auf den Umstand, dass in der praktischen Ausführung W zumeist als indirekte Belastung vermittels
                                    											eines Hebels (Fig. 4) erzielt wird, wodurch
                                    											nach Fig. 4
                                 
                                    W=Q\,\frac{L}{l}
                                    
                                 und da L die automatisch
                                    											zu verändernde Grösse ist, sich
                                 
                                    d\,W=\frac{Q}{l}\,\cdot\,a\,L
                                    
                                 rechnet, ergibt sich
                                 
                                    d\,W=\frac{Q}{l}\,\cdot\,d\,L=c\,d\,d
                                    
                                 und daraus
                                 
                                    \frac{d\,L}{d\,d}=\frac{c\,l}{Q}=c_1
                                    
                                 
                                 desgleichen
                                 
                                    \frac{L}{d}=c_1
                                    
                                 Wird nun, wie in der praktischen Ausführung üblich, L_0=\frac{d_0}{2} angenommen,
                                    											wenn d0 den
                                    											Durchmesser des leeren Kettenbaumes und Lo den kleinsten dann zur Wirkung
                                    											kommenden Hebelarm bedeuten, so ist auch allgemein
                                 
                                    \frac{L}{d}=\frac{1}{2}
                                    
                                 und
                                 
                                    \frac{d\,L}{d\,d}=c_1=\frac{L}{d}=\frac{1}{2}
                                    
                                 woraus dann die Konstruktionsbedingung hervorgeht,
                                    											dass das Getriebe, welches den wirksamen Hebelarm des Belastungszuges Q verändert, die Radienänderung d\,\frac{d}{2} in
                                    
                                    											gleichem Ausmaasse als Hebellängenänderung d L
                                    											überträgt denn aus
                                 
                                    \frac{d\,L}{d\,d}=\frac{1}{2}
                                    
                                 folgt
                                 d\,L=d\,\frac{d}{2} . . . . . . . . . 4)
                                 Würde man das Verhältnis \frac{L_0}{d_0} anders wählen, so ergäbe sich
                                    											selbstverständlich eine andere Konstruktionsbedingung. Wäre allgemein
                                 
                                    \frac{L_0}{d_0}=m
                                    
                                 so würde auch
                                 
                                    \frac{d\,L}{d\,d}=m
                                    
                                 d\,L=2\,m\,\cdot\,d\,\frac{d}{2} . . . . 5)
                                 und der Uebertragungsfaktor des einzuschaltenden
                                    											Getriebes 2 m werden.
                                 Es mag ferner betont werden, dass es für die Geltung dieser Beziehungen ganz
                                    											gleichgültig ist, ob der durch Q (Fig. 4) hervorgerufene Zug W=Q\,\frac{L}{2} selbst
                                    											als Belastungszug an der Bremsscheibe auftritt, oder eine von demselben
                                    											direkt abhängige Grösse etwa W0, wenn diese Abhängigkeit durch einen
                                    											Reibungskoeffizienten als Faktor (W0
                                    											= Wf) oder durch sonst einen konstanten Faktor
                                    											dargestellt wird, da hierdurch nur der Wert c
                                    											in Gleichung 3 eine Veränderung erfährt und dem geänderten c eine andere konstante Grösse der
                                    											Kettenspannung entspricht.
                                 Selbstverständlich kann der Wert dieser letzteren durch entsprechende Wahl
                                    											der Grössen Q, L, l, D und des etwaigen
                                    											Abhängigkeitsfaktors beliebig erhaltenwerden, wie dann noch später
                                    											ausgeführt werden soll.
                                 Betrachten wir nun den zweitgenannten Vorgang, wobei nur zeitweise eine entsprechende Ermässigung des
                                    											Belastungswiderstandes W platzgreift.
                                 Wird W eine Zeit lang mit konstantem Werte
                                    											beibehalten, so vergrössert sich naturgemäss die Kettenspannung; nach
                                    											Gleichung 1 folgt
                                 K d = W D = Konst. . . .
                                    											6)
                                 und da d abnimmt, so muss K entsprechend zunehmen. Die Gesetzmässigkeit
                                    											lässt sich leicht graphisch darstellen, denn die Gleichung 6 stellt die
                                    											Gleichung einer gleichseitigen Hyperbel (Fig.
                                       												5) dar. Die Abszissen bedeuten die Kettenbaumdurchmesser, die
                                    											Ordinaten die jeweilig erzielten Kettenspannungen, deren Verlauf, wenn W konstant bleibt, durch die Hyperbel H ersichtlich ist. Ebenso kann man das Resultat
                                    											einer sprungweisen Verminderung des Belastungszuges in dem Kurvenzuge C erkennen, man ersieht, wie die Kettenspannung
                                    											von a1 bis b1 ansteigt, um
                                    											bei b1 nach
                                    											entsprechender Reduktion des Wertes von W
                                    											wieder auf die ursprüngliche Grösse zu sinken. Es ist einleuchtend, dass
                                    											diese von Hand aus vorzunehmende Reduktion der Grösse W analog wie bei dem früher besprochenen Falle
                                    											der Differentialbremsen nach der Beziehung Gleichung 3 bezw. Gleichung 4
                                    											oder 5 bewerkstelligt werden muss, indem hier nur der Unterschied besteht,
                                    											dass diese Belastungsreduktion nicht stetig, sondern sprungweise und nicht
                                    											automatisch, sondern von Hand aus eingeleitet wird.
                                 
                                    
                                    Textabbildung Bd. 319, S. 229
                                    Fig. 5.
                                    
                                 Es wird aus den Erörterungen über kraftschlüssige Warenbaumregulatoren
                                    											erkannt werden, dass bei Anwendung derselben die vorhandene Kettenspannung
                                    											einen sehr wesentlichen Einfluss auf die Schussdichte bezw. auf die
                                    											technische Beschaffenheit des Gewebes nimmt, und sonach eine plötzliche
                                    											Rückführung der sich langsam steigernden Kettenspannung auf ihren
                                    											Anfangswert eine sprunghafte Veränderung des Gewebes an dieser Stelle
                                    											veranlassen wird, ein Umstand, der darauf hinweist, dass die Korrektur der
                                    											Bremsbelastung in möglichst kleinen Zwischenräumen erfolgen müsse, wenn es
                                    											sich um die genannte Anordnung handelt.
                                 Ist dagegen der Einfluss der Kettenspannung nicht ein derartig direkter und
                                    											intensiver, so werden sich diese Abstufungen nicht in dem Maasse fühlbar
                                    											machen, selbst dann, wenn die Perioden gleicher Bremsbelastung etwas länger
                                    											andauern.
                                 Immerhin wird es in jedem Falle zweckmässig sein, möglichst oft, also in
                                    											kleinen Zeitintervallen die Korrektur vorzunehmen und wenn man für die
                                    											auftretende Ungleichförmigkeit in der Kettenspannung einen gewissen,
                                    											praktisch zulässigen Maximalwert gestattet, so muss dessen Ueberschreitung
                                    											durch desto kürzere Intervalle in der Einstellung des Bremswiderstandes
                                    											hintangehalten werden, je mehr sich der Kettenbaumdurchmesser verkleinert.
                                    											Es folgt dies einfach aus der Tatsache, dass zur Herstellung gleicher
                                    											Gewebelängen anfangs eine kleinere, später aber, wenn der
                                    											Kettenbaumdurchmesser abgenommen hat, eine grössere Anzahl von Umdrehungen des
                                    											Kettenbaumes benötigt wird, mithin in letzterem Falle die Durchmesserabnahme
                                    											rascher und um mehr erfolgt als in den Anfangsstadien, woraus dann wieder
                                    											hervorgeht, dass die durch eine Korrektur des Bremswiderstandes zu
                                    											berücksichtigende Durchmesserabnahme schon nach einer kleineren
                                    											Abwickellänge des Kettenfadens, also nach Herstellung einer kürzeren
                                    											Gewebelänge Platz greifen muss.
                                 Das Verhältnis dieser Gewebelängen wäre aus der angedeuteten Beziehung
                                    											festzustellen, doch hätte dies keine praktische Bedeutung. Die Fig. 5 zeigt die graphische Ermittlung der
                                    											Durchmesserabnahme δ1, δ2, δ3
                                    											usw. des Kettenbaumes, welche einem bestimmten, nicht zu überschreitenden
                                    											Spannungszuwachse k' entsprechen, man erkennt
                                    											die rasche Abnahme der Grösse δ bezw. das immer
                                    											schnellere Ansteigen der Hyperbelkurven a2
                                    											b2, a3
                                    											b3, a4
                                    											b4 usw.
                                 Ein wesentliches Moment für die Wirkungsweise der Bremsen ist in dem Umstände
                                    											gelegen, dass der angewendete Bremswiderstand W
                                    											in verschiedener Weise hervorgebracht werden kann. Es ist ohne weiteres
                                    											einleuchtend, dass für diesen bei der verhältnismässig grossen Umfangskraft
                                    											und sehr kleinen Umfangsgeschwindigkeit nur ein Reibungswiderstand, ein
                                    											Gewichtszug und allenfalls eine Kombination der beiden in Frage kommen kann.
                                    											Tatsächlich bildet auch diese Verschiedenheit ein wesentliches Kennzeichen
                                    											der Ausführungen der Kettenbaumbremsen, die man sonach einteilen kann
                                    											in:
                                 
                                    1. Reibungsbremsen,
                                    
                                 2. Gewichtsbremsen und
                                 
                                    3. kombinierte Bremsen.
                                    
                                 
                                    
                                       1. Die Reibungsbremsen.
                                       
                                    Als Reibungsbremsen werden diejenigen Anordnungen bezeichnet werden
                                       												können, bei denen der Bremswiderstand durch eine an Umfang der
                                       
                                       												Bremsscheibe künstlich hervorgerufene Reibung gebildet wird, eine
                                       												Feststellung, die mit Rücksicht auf gewisse unklare Auffassungen in der
                                       												Fachliteratur noch durch die weitere und aus ihr folgerichtig
                                       												hervorgehende Ableitung ergänzt werden möge, dass hierher gehörige
                                       												Bremsen einen von dem Reibungskoeffizienten
                                       												zwischen Bremskörper und Bremsscheibe direkt
                                          													abhängigen Bremswiderstand aufweisen müssen.
                                    
                                       
                                       Textabbildung Bd. 319, S. 230
                                       Fig. 6.
                                       
                                    Als einfachste Type einer derartigen Bremse sei die in Fig. 6 schematisch dargestellte Anordnung
                                       												der Betrachtung zugrunde gelegt. Auf der Achse des Kettenbaumes, bezw.
                                       												auf demselben seien beiderseits die beidenzylindrischen und ohne
                                       												Rillen ausgeführten Bremsscheiben B
                                       												aufgesetzt und jede durch einen Bremsklotz durch Hebel H und Gewicht Q belastet, wobei der Einfachheit wegen angenommen sei, dass
                                       												sowohl in dem Werte Q beide Bremsgewichte
                                       												als auch in dem Eigengewichte des Hebels H
                                       												in G das Eigengewicht beider Hebel
                                       												repräsentiert sei und die geometrischen Abmessungen beider Bremsen
                                       												identisch wären, dass, mit anderen Worten, die behandelte Bremse als
                                       												allein wirkend aufgefasst werde. Die Kettenabwicklung kann entweder in
                                       												der Richtung K oder jener K' erfolgen; zunächst sei nur der erste
                                       												Fall ins Auge gefasst. Sind nun:
                                    L der Kraftarm des Gewichtszuges,
                                    a der Kraftarm der in einer Resultierenden
                                       													N wirksam gedachten Anpressung des
                                       												Bremsklotzes,
                                    G das Eigengewicht beider Gewichtshebel, im
                                       												Schwerpunkte angreifend,
                                    s der Kraftarm des letzteren,
                                    Q der Belastungszug beider
                                       												Hebelgewichte,
                                    W der am Umfang der Bremsscheibe auftretende
                                       												Bremswiderstand,
                                    b der Hebelarm desselben vom Hebeldrehpunkte
                                       													z gemessen,
                                    D der Durchmesser der Bremsscheibe,
                                    d der momentane Kettenbaumdurchmesser,
                                    K die Kettenspannung,
                                    f der Reibungskoeffizient zwischen
                                       												Bremsklotz und Scheibe,
                                    so kann bei Vernachlässigung der Zapfenreibung die
                                       												Grösse der Kettenspannung einfach ermittelt werden.
                                    Bezüglich dieser Vernachlässigung erscheint es nicht unangebracht, eine
                                       												Bemerkung hier einzuschalten. Gewiss wird die Berücksichtigung aller wie
                                       												immer gearteten Umstände von vornherein anstrebenswert sein, allein nur
                                       												in solchen Fällen auf Kosten der Einfachheit erreicht werden müssen,
                                       												wenn es sich um Errechnung möglichst genauer, bestimmter Fälle handelt,
                                       												dagegen wird man für die Zwecke der technologischen Erforschung einer
                                       												Vorrichtung naturgemäss jene Nebenumstände ausser Betracht lassen
                                       												können, welche entweder durch entsprechende Wahl der Anordnung ganz
                                       												vermieden werden können, sonach nicht wesentliche und der Anordnung als
                                       												solche zugehörige Verhältnisse involvieren, wie z.B. eine Zapfenreibung,
                                       												die man durch Einführung reibungsloser Getriebe (Schneidenauflage oder
                                       												Feder) ausschalten kann – oder solche, die Wertveränderungen des
                                       												Resultates ergeben würden, welche innerhalb der Fehlergrenzen desselben
                                       												liegen. Es kann sich ja auch für den technologischen Befund nur darum
                                       												handeln, den Einfluss der maassgebenden Faktoren festzustellen, die sich
                                       												ergebende technologische Wirkungsweise zu bestimmen und daraus die
                                       												Hinweise abzuleiten, welche das Anwendungsgebiet kennzeichen, das dem
                                       												technologischen Vorgange des Getriebes oder Apparates entspricht, wobei
                                       												allerdings alle Verhältnisse eine Rolle,
                                       												aber nicht alle eine wesentliche Rolle
                                       												spielen. Die klare Uebersichtlichkeit des Resultates ist, wenn die
                                       												Vernachlässigungsfehler nicht bedeutend sind, gewiss erwünschter und
                                       												zweckentsprechender, als ein wenn auch scheinbar genau ermittelter aber
                                       												komplizierter Ausdruck von Beziehungen, die so vielfach verknüpft sind,
                                       												dass sie eine deutliche Abhängigkeit des Ergebnisses von den einzelnen
                                       												Werten nicht erkennen lassen. Dass aber eine solche „Genauigkeit“
                                       												nur eine scheinbare ist, erkennt man sofort, wenn man daran geht, die
                                       												kunstgerecht entwickelte Schlussformel in die Praxis umzusetzen, denn
                                       												sobald darin Reibungskoeffizienten, Seilsteifigkeiten,
                                       												Massenbeschleunigungen usw. vorkommen, sind alle Annahmen recht
                                       												problematische, die Schwankungen in den einzelnen Werten so bedeutende,
                                       												dass von einer genauen und sicheren Errechnung des
                                       												Resultates kaum die Rede sein kann.
                                    Wollte man z.B. in dem vorliegenden Falle die Zapfenreibung des
                                       												Kettenbaumes mit berücksichtigen, so ist es allerdings nicht schwierig,
                                       												alle hierauf Einfluss nehmenden Werte in einen mathematischen Ausdruck
                                       												zu bringen, wie Eigengewicht des Kettenbaumes, Grösse und Lage der
                                       												Kettenspannung, Grösse und Lage des Bremswiderstandes,
                                       												Zapfenreibungskoeffizient usw.; aber alle diese Werte sind derart
                                       												veränderlich, dass dem Ausdruck für die Kettenspannung gänzlich die
                                       												Uebersichtlichkeit abgehen würde, während der Genauigkeitsgrad des
                                       												Resultates um nichts erhöht wird, da derselbe schon durch die
                                       
                                       												Reibungskoeffizienten allein ganz beträchtlichen Schwankungen ausgesetzt
                                       												ist. Für die technologische Auswertung des Resultates wäre aber die Form
                                       												desselben viel zu verwickelt, und statt dass dermathematische
                                       												Apparat der Mechanik die Möglichkeit böte, mit angenäherter Richtigkeit
                                       
                                       												die praktisch gewonnenen Erfahrungen zu erklären, zu begründen und neue
                                       												Gesichtspunkte, Schlussfolgerungen und Bewertungen aufzudecken, würde er
                                       												nur das Bild des technologischen Vorgangs verschleiern.
                                    Selbstverständlich wird man bei dieser Art der Untersuchung – die
                                       												übrigens in der Fachliteratur allgemein üblich ist – die Wahl der zu
                                       												vernachlässigenden Einflüsse mit der entsprechenden Bedachtnahme auf
                                       												ihre Intensität vornehmen müssen und das Ergebnis dieser Vereinfachungen
                                       												strenge mit den tatsächlichen Erfahrungen vergleichen müssen, um sich
                                       												hier keinem Fehlschlusse hinzugeben, eventuell durch wirklich d.h.
                                       												zahlenmässig ausgeführte Kontrollrechnungen den Grad der Ungenauigkeit
                                       												festzustellen suchen.
                                    
                                       
                                          (Fortsetzung folgt.)