| Titel: | Die Versuche mit dem Blocksignale „System Krizik“ auf der Strecke „Rothneusiedel–Oberlaa“ der k. k. österr. Staatsbahnen. | 
| Autor: | Adolf Prasch | 
| Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 247 | 
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                        Die Versuche mit dem Blocksignale „System
                              									Krizik“ auf der Strecke „Rothneusiedel–Oberlaa“ der k. k. österr.
                           								Staatsbahnen.
                        Von Ingenieur Adolf Prasch.
                        (Schluss von S. 240 d. B.)
                        Die Versuche mit dem Blocksignale „System Krizik“ auf der
                           								Strecke „Rothneusiedel–Oberlaa“ usw.
                        
                     
                        
                           Wie schon eingangs erwähnt wurde, konnten die eigentlichen Versuche erst mit dem
                              									29. September in Angriff genommen werden.
                           Die bedienenden Wärter wurden vorerst in eingehender Weise mit den von ihnen
                              									auszuführenden Verrichtungen vertraut gemacht und ausserdem mit einer kurzen aber
                              									klaren und scharf präzisierten Instruktion beteilt, in welcher alles Notwendige
                              									genauestens festgelegt war. Sie wurden des weiteren verpflichtet, über alle ihre
                              									Wahrnehmungen gewissenhaft Buch zu führen und bei jedem Zuge eine Eintragung darüber
                              									zu machen, ob die Signale funktioniert haben oder nicht. Diese Eintragungen hatten
                              									sich auf die Nummer des Zuges, das Datum und die erfolgte Funktionierung oder
                              									Nichtfunktionierung der einzelnen Signale zu beschränken und erfolgte letztere
                              									Eintragung durch einen einfachen Strich in die betreffende Rubrik des
                              									vorgeschriebenen Vermerkbuches, in welchem ausserdem noch eine Rubrik, Anmerkung zum
                              									Vortragen aller aussergewöhnlichen Ereignisse, vorgesehen war. Die Kontrolle über
                              									die Richtigkeit der Eintragungen wurde durch Vergleich der gegenseitigen
                              									Eintragungen der verschiedenen Posten, durch tägliche Revision seitens des
                              									Bahnmeisters und durch gelegentliche Revision durch den Strecken-Ingenieur und den
                              									Vorstand der Bahnerhaltungssektion gewonnen. Ein Versehen in der Bedienung wurde
                              									nicht geahndet und genügte als Eintragung das Wort „vergessen“ in der
                              
                              									Anmerkung. Hierdurch wurde den Organen jeder Anlass zu falschen Eintragungen zum
                              									Zwecke der eigenen Deckung benommen.
                           Dank dem Pflichtgefühle dieser erprobten Organe kam ein derartiges Versehen seitens
                              									der Streckenwärter gar nicht und seitens der vielbeschäftigten Stationsorgane nur
                              
                              									einige wenige Male zu Beginn der Versuche vor.
                           Die eigentlichen Signale durften für die Lokomotivführer keine Giltigkeit haben und
                              									erfolgte dementsprechend die Aufstellung der Semaphorarme parallel anstatt senkrecht
                              									zur Bahnrichtung.
                           Die Signale wurden deshalb auch nicht beleuchtet und erstreckten sich die Versuche
                              									demnach nur auf die Zeit von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends, weil ohne Beleuchtung
                              									eine Kontrolle unmöglich gewesen wäre.
                           Die Versuche begannen den 29. September 6 Uhr früh und währten ohne Unterbrechung bis
                              									einschliesslich 3. Dezember 1902.
                           Schon beim ersten Zuge versagte die Einrichtung, was jedoch in dem Versehen der
                              									Station, rechtzeitig freizugeben, eine zureichende Erklärung fand. Am gleichen Tage
                              									wurden für drei weitere Züge die Signale nicht gestellt, weil eine Störung eintrat,
                              									die aber nicht in den Signalen, sondern in der unvollkommenen Aufladung der
                              									Akkumulatoren ihre Ursache hatte. Schon bei den Probeversuchen wurde festgestellt,
                              									dass die Signale sich gegen Spannungsabfall sehr empfindlich erwiesen und ein
                              									Herabgehen der ursprünglichen Batteriespannung von 130 Volt auf 120 Volt deren
                              									Verlässlichkeit in Frage stellte. Da diese Erscheinung jedoch nicht gleichmässig
                              									zutage trat, sondern unter Umständen noch mit einer Spannung von 100 Volt gut
                              									gearbeitet werden konnte, so konnte die Ursache hieran nicht in den Apparaten
                              									gelegensein und musste daher anderweitig gesucht werden. Der Verdacht lenkte
                              									sich sofort auf die verwendete Schienenrückleitung, weil sich diese Erscheinung bei
                              									feuchtem Wetter weniger auffällig zeigte als bei klarem, trockenem Wetter. Wiewohl
                              									nun diese Schienenrückleitung mit der grössten Sorgfalt ausgeführt worden war und
                              									ausserdem noch Erdleitungen vorgesehen wurden, konnte dieses Schwanken doch nur dem
                              									wechselnden Widerstände derselben zugeschrieben werden. Es wurde nämlich seitens der
                              									Bahnverwaltung aus Sicherheitsgründen nicht gestattet, die Schienen anzubohren, um
                              									so eine einwandfreie Verbindung der Fahrschienen mittels der verwendeten
                              									Kupferdrähte durch Verschrauben und Verlöten herzustellen. Demgemäss musste man sich
                              									darauf beschränken, die Ueberbrückung der Schienenstösse in der Weise auszuführen,
                              									dass man die Kupferdrähte nach vorhergehender Säuberung der Laschen und
                              									Laschenschrauben vom Roste mittels der Laschenschrauben festzwängte. Diese Art der
                              									Verbindung kann aber umsoweniger als vollkommen angesehen werden, als die
                              									Laschenschrauben der steten Lockerung unterliegen, so dass die Verbindung zwischen
                              									Lasche und Schiene demnach keine vollkommen gleichmässige bleibt, und weil die
                              									Verbindungsstellen sehr dem Verrosten ausgesetzt sind, was den Leitungswiderstand
                              									stark vergrössert. Bei feuchter Witterung wirkt das in die Verbindungsstelle
                              									eintretende Wasser als Leiter und da auch die Bodenleitung eine bessere wird,
                              									erklärt sich das gute Arbeiten der Einrichtung während eines Regens von selbst. Nach
                              									Feststellung dieser Tatsache wurde, da sich die Durchführung genauer Messungen als
                              									unmöglich erwies, vorerst durch Legen eines Stückes Kupferdrahtes als Rückleitung
                              									bis zum nächsten Schienenkontakt versucht ob hierdurch eine bessere Wirkung zu
                              									erreichen sei. Der Erfolg war ein überraschender und wurde demnach unter
                              									Beibehaltung der Schienenrückleitung über die ganze Strecke ein Rückleitungsdraht
                              									von 3 mm Durchm. gezogen. Die anfängliche Unsicherheit im Arbeiten der Apparate
                              
                              									verschwand hierbei mit einem Schlage, und es musste sogar zu einer Reduzierung der
                              									Spannung gegriffen werden, weil die an den Unterbrechungskontakten auftretenden
                              									Funken zu kräftig wurden und vorzeitiges Verbrennen dieser Kontakte zu befürchten
                              									war.
                           Die Spannung wurde von 130 Volt auf 100 Volt herabgesetzt, ohne dass eine
                              									Verringerung der Arbeitssicherheit eintrat. Die Wirkung blieb sogar durchaus
                              									gleichmässig, wenn die Spannung durch den natürlichen Spannungsabfall der
                              
                              									Akkumulatorenbatterie auf 80 Volt herabsank. Unter diese Spannung durfte jedoch
                              									wegen der sonst zu grossen Inanspruchnahme der Akkumulatoren nicht gegangen
                              									werden.
                           Ein Versuch, mit der Spannung weiter herabzugehen, welcher durch allmähliche
                              									Verringerung der Anzahl der eingeschalteten Zellen durchgeführt wurde, ergab dass
                              									als Grenze des sicheren Arbeitens eine Spannung von 70 Volt anzunehmen ist.
                           Aus Sicherheitsrücksichten wurde jedoch für den eigentlichen Probebetrieb die
                              									Spannung von 100 Volt als Anfangsspannung aufrecht erhalten und mit der Nachladung
                              									der Batterien stets dann begonnen, wenn die Spannung auf 80 Volt herabgesunken war. Die
                              									Nachladung erfolgte alle drei bis vier Tage, weil in der Akkumulatorenbatterie
                              									innere Entladungen auftraten, die die Spannung selbst bei ruhenden Zellen innerhalb
                              									sechs Stunden um annähernd 2 Volt herabdrückten.
                           Da es sich bei diesem Versuche vorläufig nicht darum handelte, die wirtschaftliche
                              
                              									Leistung zu ermitteln, so wurde von der Beschaffung einer neuen Batterie wegen der
                              									zu grossen Kosten und der Schwierigkeit des Transportes abgesehen.
                           Die Rückleitung war am 2. Oktober vollendet und kann erst von da ab der eigentliche
                              									Probebetrieb als aufgenommen angesehen werden.
                           Am selben Tage war das Signal bei vier Zügen nicht in Tätigkeit, weil die Batterie
                              									aufgeladen werden musste. Vom 2. Oktober bis 7. Oktober funktionierte das Signal bei
                              									vier Zügen nicht und zwar bei einem Zuge weil die Station freizugeben vergessen
                              									hatte, bei den anderen drei Zügen wegen Ladens der Batterie. Diese durch das Laden
                              									auftretenden Störungen wurden abgestellt.
                           Von diesem Tage ab trat bis zu dem Abschlusse der Versuche kein einziges Versagen der
                              									Apparate mehr ein.
                           Während dieser Zeit wechselte schöne helle und warme Witterung mit heftigen Regen,
                              									Schnee, sowie ungewöhnlicher Kälte ab, ohne dass die jeweilige Witterung von irgend
                              									einem Einflüsse auf das Arbeiten der Apparate gewesen wäre. Die Schienenkontakte
                              									bewährten sich hierbei vollkommen, und erfolgte die Blockierung stets durch das
                              									erste Rad der Lokomotive. Ableitungen durch diese Kontakte wurden nicht
                              									wahrgenommen.
                           Die Anzahl der Züge, für welche die Blocksignalisierung in Anspruch genommen wurde,
                              									betrug im ganzen 636. Da für jeden Zug eine vollkommene Signalstellung vorgenommen
                              									werden musste und eine solche sich aus vier verschiedenen Funktionen zusammensetzt,
                              									nämlich Halt- und Freistellung des Blockapparates und Halt- und Freistellung des
                              									eigentlichen Fahrsignales, und ausserdem noch für das Kontrollsignal der Station für
                              									jede Umstellung des Einfahrtssemaphores zwei Umstellungen hinzu zu rechnen sind, so
                              									betrug die Gesamtzahl der Einzelumstellungen 10 × 636 = 6360. Zieht man von dieser
                              									Gesamtsumme jene ab, welche infolge der erst zu behebenden Mängel in den ersten drei
                              									Tagen des Betriebes auftraten und die für die Beurteilung der Gesamtleistung wie bei
                              									jeder neuen Einrichtung nicht in Betracht gezogen werden können, so berechnet sich
                              									die Gesamtzahl der durchzuführenden Umstellungen mit 6170. Von diesen Umstellungen
                              									versagten in der Zeit vom 2. Oktober 1903 bis 8. Oktober 1903 im ganzen bei elf
                              									Zügen 110.Diese Daten sind den
                                    											beglaubigten Aufschreibungen der Bahnwächter und der Station
                                    										entnommen. Dieses Versagen wurde nun bei einem dieser Züge dadurch
                              									herbeigeführt, dass die Station „Frei“ zu geben übersehen hatte, während für
                              									die übrigen Züge als Ursache des Versagens das Laden der Akkumulatoren angegeben
                              									erscheint. Es wären sonach auch diese Fälle als nicht mit den eigentlichen Apparaten
                              									im Zusammenhange stehend auszuscheiden, und würde sich demnach die Gesamtzahl der in
                              									Betracht zu ziehenden wirklich durchgeführten Umstellungen auf 6060 herabmindern. Da
                              									nun vom 8. Oktober angefangen bis zum Schlusse der Versuche kein einziges Versagen,
                              									weder durch Unachtsamkeit der Organe, noch durch mangelhafte Stromlieferung seitens
                              									der Akkumulatoren, noch durch Untauglichwerden eines der Apparate zu verzeichnen
                              									war, so ist dieses Ergebnis um so mehr alsein glänzendes zu bezeichnen, als
                              									wegen der schlechten Beschaffenheit der Akkumulatoren mit besonderen Schwierigkeiten
                              									zu kämpfen war.
                           Der Anstand mit den Batterien kann jedoch nicht als ein Beweisgrund für die
                              									Unzuverlässigkeit der Wirkung des Systems herangezogen werden, indem derzeit
                              									Akkumulatoren von solcher Vorzüglichkeit erzeugt werden, dass bei entsprechender
                              									Behandlung aus diesen Elektrizitätsquellen herrührende Störungen auszuschliessen
                              									sind. An Stelle des Akkumulatorenbetriebes könnte ja auch, wenn ein entsprechender
                              									Antriebsmotor vorhanden ist, die direkte Stromversorgung von einer Dynamomaschine in
                              									Aussicht genommen werden. Eine solche wäre jedoch aus wirtschaftlichen Gründen nur
                              
                              									dort zu empfehlen, wo eine Wasserkraft, die anderweitig nicht ausgenützt werden
                              
                              									kann, zur Verfügung steht.
                           Die Apparate wurden nach Beendigung der Versuche einer eingehenden Untersuchung
                              									unterzogen und in vollkommen tadellosem, betriebsfähigem Zustande befunden. Selbst
                              									ein Verbrennen der Kontakte wurde nicht festgestellt.
                           Fasst man das Gesagte zusammen, so ergibt sich, dass die Arbeitsverlässlichkeit der
                              									in Verwendung gewesenen Apparate, trotz ihrer teilweisen mangelhaften Ausführung
                              									eine vollkommene war und eine solche auch für die Folge erwartet werden kann.
                           Der Versuch, die Arbeitsverlässlichkeit der auf Anwendung von Starkströmen beruhenden
                              									Blocksignal-Vorrichtungen mit direktem Antriebe der Block- und Stellwerke nach dem
                              									beschriebenen Systeme zu erweisen, ist demnach als vollkommen gelungen zu
                              									betrachten.
                           Ist hierdurch auch die praktische Möglichkeit des Betriebes derartiger Einrichtungen
                              									mit Starkströmen erwiesen, so entsteht dennoch die Frage: unwillkürlich, stehen denn
                              									auch die erhöhten Betriebskosten mit den sonstigen Vorteilen im Einklänge?
                           Wenn nun auch die angestellten Versuche keine genauen Erhebungen der tatsächlichen
                              									Betriebskosten zuliessen, so ist es doch wahrscheinlich, dass diese Einrichtungen
                              									eine Erhöhung der Betriebskosten nicht herbeiführen werden.
                           Mit nachfolgender Kostenberechnung soll nun versucht werden, einen Beitrag zur
                              									Beurteilung dieses Punktes zu liefern.
                           Es ist hierbei nur auf den tatsächlich ermittelten bezw. durch Messung festgestellten
                              									Stromverbrauch der in Verwendung gestandenen Apparate Bezug genommen.
                           Nach diesen Messungen betrug der Verbrauch an elektrischer Energie für die Umstellung
                              									eines Blockapparates auf „Frei“ oder „Halt“ 1,5 Ampère 90 Volt (die
                              									Durchschnittsspannung) = 135 Watt. Die Zeitdauer für eine Umstellung des
                              									Blockapparates belief sich, hoch angenommen, auf ½ Sekunde, so dass für die
                              										„Halt“- und „Freistellung“ dieses Apparates im ganzen 135
                              									Wattsekunden verbraucht wurden.
                           Für die Stellung des eigentlichen Stellwerkes oder Semaphores müssen zwei Phasen
                              									unterschieden werden. Und zwar die für die eigentliche Stellung verbrauchte Energie
                              									und jene Energie, welche erforderlich ist, um das einmal auf „Frei“ gestellte
                              									Signal in der „Freilage“ zu erhalten.
                           Die für die Stellung des Semaphores auf „Frei“ benötigte Zeit betrug nach
                              									wiederholten Beobachtungen im Durchschnitte nicht ganz 2 Sekunden. Die Strommenge
                              									betrug in diesem Falle anfänglich 3 Ampère und fiel mit dem Einschalten der
                              									Widerstände nach und nach auf 1,5 Ampère herab. Der Sicherheit halber soll jedoch
                              									die gesamte Stromstärke von 3 Ampère und die volle Zeit von 2 Sekunden angenommen
                              									werden und beziffert sich demnach der gesamte Energieverbrauch auf 2 × 3 × 90 = 540
                              									Wattsekunden. Für die Berechnung des Energieverbrauches zum Festhalten des
                              									Semaphorarmes in der „Freistellung“ müssen einige Annahmen gemacht werden.
                              									Der Semaphor ist noch vor Eintreffen des betreffenden Zuges auf „Frei“ zu
                              									stellen und zwar mindestens so früh, dass ein Bremsen des zu erwartenden Zuges nicht
                              									erforderlich wird. Beträgt die minimale Geschwindigkeit eines der verkehrenden Züge
                              									24 km in der Stunde und die Entfernung, bis auf welche dieser Zug von voller Fahrt
                              									bis zum Stillstande gebremst werden kann, 500 m, so berechnet sich die Zeit, zu
                              									welcher das Signal vor Ankunft des Zuges auf „Frei“ gestellt werden muss,
                              									(Zugsgeschwindigkeit 400 m in der Minute) mit 1,25 Minuten, welche aber der
                              									Sicherheit halber mit 1,5 Minuten angenommen werden sollen.
                           Die Haltstellung des Signales erfolgt durch den Zug erst dann, wenn derselbe den
                              									vorgeschobenen Schienenkontakt befährt. Dieser Schienenkontakt muss, damit die
                              									Haltstellung erst dann erfolgen kann, wenn der letzte Wagen des Zuges bereits an dem
                              									Semaphore vorbeigefahren ist, mindestens so weit vom Semaphore entfernt aufgestellt
                              
                              									werden, dass der längste Zug zwischen Semaphor und Schienenkontakt Platz findet.
                              									Diese Entfernung lässt sich annähernd gleichfalls mit 500 m feststellen, so dass die
                              									Gesamtzeit, während welcher der Semaphor für jeden Zug in der „Freilage“
                              									verbleibt, mit 2,75 Minuten oder 165 Sekunden anzunehmen ist. Der Stromverbrauch für
                              									das Festhalten des Semaphorarmes in der Freilage beträgt nun 1,5 Ampère, daher der
                              									Gesamtenergieverbrauch, da der Semaphorarm durch sein eigenes Gewicht in die
                              									Haltlage zurückkehrt, 1,5 × 165 × 90 = 22275 Wattsekunden.
                           Der Gesamtenergieverbrauch für eine vollständige Umstellung sämtlicher Apparate eines
                              									Blockpostens beträgt demnach 22950 Sekundenwatt.
                           Werden die Gestehungskosten der in die Akkumulatorenbatterie einzuliefernden
                              									elektrischen Energie hoch mit 60 Pfg. für die Kilowattstunde, und der Energieverlust
                              									in den Akkumulatoren mit 35 v. H. und in den Leitungen mit 10 v. H. angenommen, so
                              									belaufen sich die Kosten der in die Apparate eingelieferten Kilowattstunde auf
                              									annähernd 103 Pfg.
                           Die Anzahl der von einer in die Apparate einzuliefernden Kilowattstunde vollziehbaren
                              									vollständigen Umstellungen aller Apparate eines Blocksystemes berechnet sich hieraus
                              									mit rund 156 und die Kosten einer derartigen vollständigen Umstellung mit 0,66
                              									Pfg.
                           Dieses Ergebnis lässt sich bereits mit den vorgeführten Versuchsapparaten erzielen.
                              									Da jedoch die Solenoide dieser Apparate nur empirisch gewickelt waren und eine
                              									Berechnung der Zugkraft gar nicht vorgenommen wurde, lässt sich der Nutzeffekt
                              									dieser Apparate nur als sehr gering annehmen. Es geht dies schon daraus hervor, dass
                              									die gesamte zur mechanischen Umstellung eines derartigen Semaphores erforderliche
                              									Arbeit keine 10 mkg erfordert, während hier an elektrischer Arbeit ungefähr 54 mkg
                              									aufgewendet erscheinen. Bei günstiger Konstruktion der Solenoide und einer den
                              									mechanischen Gesetzen besser Rechnung tragenden Ausgestaltung des
                              									Uebersetzungsmechanismus, muss sich dieses ungünstige Verhältnis zwischen
                              									aufgewendeter Energie und erzielter Leistung bedeutend besser gestalten und der
                              									Energieaufwand um sicher mehr als die Hälfte verringern lassen.
                           Das dermalige ungünstige Verhältnis zwischen Energieaufwand und Nutzleistung ist
                              									hauptsächlich dem Bestreben zuzuschreiben, die Abmessungen der verwendeten Apparate
                              									in möglichst engen Grenzen zu halten, Wie sich nun aus diesen Versuchen ergab, liegt
                              									aber ein besonderes Bedürfnis hierfür nicht vor und kann daher die erwünschte
                              									Abhilfe, ohne das zugrunde liegendePrinzip im mindesten zu berühren, leicht und
                              									einfach geschaffen werden.
                           Noch viel günstiger würde sich aber das Verhältnis gestalten, wenn an Stelle des
                              									Stellwerkes mit Solenoidantrieb ein solches mit Antrieb durch einen Elektromotor,
                              									welcher nach beendigter Umstellung den Strom selbsttätig abschaltet, in Verwendung
                              									genommen würde.
                           Ursprünglich wurde auch von der Verwendung von Elektromotoren ausgegangen und ein
                              									bereits D. p. J. 1892, 284, 77, beschriebenes Stellwerk
                              									angewendet. Der Grund, aus welchem hiervon abgegangen wurde, lag in dem Bestreben,
                              									die Quergestaltung der einzelnen Apparate wesentlich zu vereinfachen und hierdurch
                              									die Betriebssicherheit zu erhöhen.
                           Andererseits war für die Wahl dieser Art der Stellung die Erwägung maassgebend, dass
                              									die Betriebskosten bei solchen Sicherheitseinrichtungen gegenüber der
                              									Verlässlichkeit der Wirkung in den Hintergrund treten müssen.
                           Wenn nun auch der Elektromotor als eine sehr einfache und zuverlässig wirkende
                              									Maschine zu betrachten ist und seine Verwendung für gedachte Zwecke keine Bedenken
                              									hervorruft, so ergibt sich bei Verwendung eines derartigen Motors doch der Umstand,
                              									dass sich das Signal bei etwaigem Reissen der Leitung nicht selbsttätig auf
                              										„Halt“ stellt, was unter Umständen eine Gefahr für die verkehrenden Züge
                              									herbeiführen könnte und deshalb vermieden werden musste.
                           Dass sich die Betriebskosten durch Verwendung des Elektromotors für den Antrieb der
                              									Signalstellwerke wesentlich verringern müssen, geht aus folgender Betrachtung
                              									hervor.
                           Erfordert werden für die Umstellung des Semaphorarmes 10 mkg. Der Wirkungsgrad eines
                              									derartigen kleinen Motors, wie er erforderlich wäre, beträgt höchstens 60 v. H. der
                              									eingelieferten Energie. Rechnet man ferner für Uebersetzungsverluste weitere 30 v.
                              									H., so ermittelt sich, da die Umstellungsdauer des Semaphorarmes nach Messungen 5
                              									Sekunden beträgt, der gesamte Energieaufwand für eine Umstellung des Semaphorarmes
                              									mit 24 mk oder da auch in diesem Falle die Rückstellung durch die Einwirkung des
                              									elektrischen Stromes erfolgt, für eine vollständige Umstellung auf 48 mk oder rund
                              									471 Watt. Es werden demnach für eine alle vorgeschriebenen Phasen durchmachende
                              									Stellung sämtlicher Apparate eines vollständigen Blocksystemes insgesamt 606
                              									Wattsekunden verbraucht. Da sich nun die Gesamtkosten einer in die Apparate
                              									einzuliefernden KWST. mit 103 Pfg. berechnen, so betragen die Gesamtkosten für eine
                              									einmalige vollständige Umstellung 0,017 Pfg.
                           Die Auslage für die elektrische Energie ist demnach eine so geringfügige, dass sie
                              									unter obiger Voraussetzung gar nicht in Betracht kommen kann.
                           Nun ist wohl mit einiger Berechtigung einzuwenden, dass bei den bisherigen
                              									Blockapparaten die Kosten der elektrischen Energie nahezu gleich Null sind, indem
                              									hierfür nur die Reparaturkosten der Induktoren in Betracht kommen, da die Betätigung
                              									des Induktors durch den ohnedies unentbehrlichen Blockwärter erfolgt.
                           Dies unbedingt zugegeben, ist zu bemerken, dass sich die Kosten der Erhaltung und des
                              									Betriebes derartiger Apparate aus verschiedenen Faktoren zusammensetzen, unter
                              									welchen die eigentlichen Kraftkosten nur die unwesentlichste Rolle spielen. Nimmt
                              									man im allgemeinen an, dass die Einrichtungskosten für alle diese Systeme, also auch
                              									die Verzinsungs- und Amortisationsquoten bei allen die gleichen sind, was wohl kaum
                              									zutrifft, so sind noch die allgemeinen Erhaltungs- und Reparaturauslagen in Betracht
                              									zu ziehen.
                           Bei den mit zarten Bestandteilen in überreichem Maasse versehenen Blockeinrichtungen, mit durch
                              									elektrische Schwachströme erzielter gegenseitiger Abhängigkeit der einzelnen
                              									Blocksysteme muss, um dieselben stets im betriebsfähigen Zustande zu erhalten, jeder
                              									auch der kleinste Mangel sofort behoben werden, was ein sehr zahlreiches
                              									Erhaltungspersonal bedingt, da die Leistungsfähigkeit dieser Organe mit Rücksicht
                              									auf die Entfernungen, welche hierbei in Betracht kommen, eine relativ sehr geringe
                              									ist.
                           Beschränkt man sich nur auf eine einmalige ordnungsgemässe Untersuchung dieser
                              									Apparate im Monat, so kann dem Erhaltungsorgane nur eine verhältnismässig kurze
                              									Strecke zur Erhaltung und Ueberwachung zugewiesen werden, da dieses Organ bei
                              									auftretenden Störungen stets zur Hand sein muss. Sind hingegen die Apparate so stark
                              									gebaut, dass eine Störung in denselben kaum zu erwarten ist, so wird die periodische
                              									Revision der Einrichtungen in weit grösseren Zwischenzeiten erfolgen können.
                           Die Zahl der gemeldeten Störungen, bei denen sofortige Abhilfe erforderlich ist, kann
                              									bei derartigen Apparaten nur eine geringe sein. Es lässt sich daher die einem dieser
                              									Organe zuzuweisende Strecke wesentlich verlängern oder mit anderen Worten die Zahl
                              									dieser bedeutenden Kostenaufwand erfordernden Organe wesentlich verringern und ist
                              									hierin um so mehr ein Hauptteil der erzielbaren Ersparnis zu suchen, als ja die
                              									Klagen über die grossen Erhaltungskosten der heutigen Blockapparate sehr häufige
                              									sind.
                           Eine weitere Ersparnis ist in den geringeren Reparaturkosten zu suchen, und bedarf
                              									dies wohl für keinen, der mit mechanischen Einrichtungen vertraut ist, einer
                              									weiteren Begründung. Der Hinwegfall aller mechanischen Zugvorrichtungen allein
                              									erspart schon einen bedeutenden Teil an Arbeit und Kosten, indem, abgesehen von den
                              									fortwährenden Nachregulierungen der Zugdrähte, der gewaltige Verschleiss an
                              									Drahtmaterial hinwegfällt.
                           Als dritter wichtiger Umstand ist aber auch die mögliche bedeutende Ersparnis an
                              									Bedienungskosten in Betracht zu ziehen.
                           Bei diesen Apparaten wird entgegen den zurzeit in Gebrauch stehenden Einrichtungen
                              									von der Bedienungsmannschaft keinerlei physische Kraftleistung erfordert.
                              									Andererseits ist die Bedienung der Apparate eine so einfache, dass an die
                              									Intelligenz der mit der Bedienung betrauten Organe nur ganz geringfügige
                              									Anforderungenzu stellen sind. Es kann somit für die Bedienung minder
                              									intelligentes und minder kräftiges, daher auch billigeres Personal herangezogen
                              									werden und ist es durchaus nicht ausgeschlossen, dass auch dem dienstlich sehr
                              									zuverlässigen weiblichen Geschlechte hier eine neue Erwerbsquelle eröffnet wird.
                              									Insbesondere werden hierfür die weiblichen Angehörigen des Wärterpersonals leicht
                              									heranzuziehen sein.
                           Zieht man alle diese Umstände in Betracht, so wird man die Behauptung, dass sich
                              									trotz der höheren Kraftkosten die allgemeinen Betriebs- und Erhaltungskosten bei
                              									diesem oder einem anderen auf Verwendung von Starkströmen beruhenden Blocksysteme
                              									billiger oder mindestens nicht höher stellen als bei den bisherigen Systemen, kaum
                              									als gewagt bezeichnen dürfen.
                           Das Bedenken, dass diese Einrichtungen den Einwirkungen der atmosphärischen
                              									Elektrizität sehr stark unterworfen sein müssen, hat sich nach den bisherigen
                              									Erfahrungen nicht bestätigt. Die Einrichtungen waren schon über ein Jahr
                              									aufgestellt, ohne jedoch in Betrieb zu gelangen. Es hätten sich sonach derartige
                              									Einflüsse in der ziemlich gewitterreichen Gegend bald bemerkbar machen müssen. Es
                              									konnte jedoch diesbezüglich nicht der geringste Schaden ermittelt werden. Allerdings
                              									waren sämtliche Apparate durch entsprechend ausgestattete Blitzschutzvorrichtungen
                              
                              									geschützt. Bei Abtragung der Einrichtung zeigte sich jedoch nicht das geringste
                              									Anzeichen, dass irgend eine atmosphärische Entladung durch dieselbe erfolgt
                              									wäre.
                           Wenn nun auch die besprochenen Versuche ein endgiltiges Urteil über den praktischen
                              									Wert dieser Neuerung nicht zulassen, und erst längerwährende Erfahrungen im
                              									praktischen Betriebe hierzu berechtigen würden, so sind die Vorergebnisse dennoch
                              									als vielversprechend anzusehen und jedenfalls geeignet, die an der Entwicklung des
                              									Signalwesens in erster Linie interessierten Bahnen zur Durchführung eingehenderer
                              									Versuche anzuregen. Derartige Versuche allein ermöglichen es, irgend ein System auf
                              									jene Stufe der Vollkommenheit zu bringen, welche bei der heutigen Entwicklung des
                              									Bahnverkehrs im Interesse der Sicherheit erfordert werden muss. Die zu gewinnenden
                              
                              									Erfahrungen weisen die Wege für die etwa noch erforderlichen Verbesserungen, welche
                              									bei einem Systeme wie dieses, das den Vorzug der grössten Einfachheit mit grösster
                              									Anschmiegbarkeit vereint, ohne Zweifel in leichter Weise geschaffen werden
                              									können.