| Titel: | Ein neuer Nachweis für die Analogie der sichtbaren und elektrischen Strahlung. | 
| Autor: | A. Prasch | 
| Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 267 | 
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                        Ein neuer Nachweis für die Analogie der
                           								sichtbaren und elektrischen Strahlung.
                        Ein neuer Nachweis für die Analogie der sichtbaren und elektrischen
                           								Strahlung.
                        
                     
                        
                           Für die von Hertz bereits im Jahre 1888 nachgewiesene Erscheinung, dass
                              									elektrische Schwingungen, welche an der Luft auf Gitter aus Metalldrähten senkrecht
                              									auffallen, in zwei Komponenten zerlegt werden, von denen die eine, den Drähten
                              									parallele Schwingung reflektiert, die dazu senkrechte hingegen ungeschwächt
                              									durchgelassen wird, fand sich bisher auf dem Gebiete der sichtbaren Strahlung kein
                              									Analogon.
                           Die Bestrebungen, diese als Gitterpolarisation bezeichnete Erscheinung, auch dort
                              									aufzusuchen, mussten jedoch insolange vergeblich bleiben, als man versuchte, hierfür
                              									Drahtgitter zu verwenden, da die feinsten überhaupt herstellbaren Gitter aus 0,01 mm
                              									Draht mit gleichen Zwischenräumen gegenüber den in Betracht kommenden Wellenlängen,
                              									die rund ein Zwanzigstel des Zwischenraumes betragen, noch viel zu gross waren.
                              									Allerdings konnten auch hier durch du Bois und Rubens Polarisationserscheinungen festgestellt werden,
                              									doch lieferten diese keine direkte Bestätigung der Theorie, da im sichtbaren
                              									Spektrum durch die Gitter gerade diejenige Komponente stärker hindurchging, welche
                              									nach der elektromagnetischen Lichttheorie hätte abgeschwächt sein sollen.
                           Der Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen auf diesem Gebiete musste demnach auf
                              									anderem Wege gefunden werden. Hierfür boten die von Kundt im Jahre 1886 gemachten Beobachtungen einen Anhaltspunkt. Kundt stellte sich auf Glasplatten, welche wagerecht im
                              									Abstand von wenigen Millimetern unter einem dünnen Metalldraht lagen, der im
                              									luftverdünnten Raume als Kathode diente, durch Zerstäuben des Drahtes dünne
                              									Metallspiegel her, die im allgemeinen die Gestalt eines ausserordentlich flachen
                              									Kegels besassen. Bei Untersuchung der Metallschicht in nahezu parallelem Lichte,
                              									zwischen zwei gekreuzten Nikols, fand er nicht nur, dass die Metallplatte das
                              									Gesichtsfeld erhellte, sondern er beobachtete auch gleichzeitig ein dunkles Kreuz,
                              									dessen Arme den Polarisationsebenen parallel lagen, wobei sich die
                              									Durchkreuzungsstelle immer genau an der Spitze der konischen Metallschicht befand.
                              									Diese Erscheinung wurde von Kundt als Doppelbrechung
                              									gedeutet, wenn er auch die Schwierigkeit, wie eine solche in einem sonst isotropen
                              									Materiale entstehen sollte, klar erkannte und auch aussprach.
                           Nach Prof. Dr. Ferdinand Braun in Strassburg liesse sich
                              									jedoch eine ungezwungene Erklärung für die Kundtsche
                              									Beobachtung dann finden, wenn man annehmen könnte, dass die radial orientierten
                              									Metallteilchen des Spiegels, welche zwar unter dem Mikroskop wie eine homogene
                              									Schicht erscheinen, sich dennoch wie Hertzsche Gitter
                              									verhalten. Trifft dies zu, so ist zu erwarten, dass die parallel zu den
                              										PolarisatorschwingungenWenn hier der
                                    
                                    											Einfachheit halber von Schwingungen des Lichtes gesprochen wird, so ist
                                    											darunter der Fresnelsche Vektor zu verstehen,
                                    											welcher senkrecht zur Polarisationsebene liegt und dem elektrischen Vektor
                                    											der elektromagnetischen Theorie entspricht. gelegenen
                              									Metallstäbchen das Licht reflektieren, wofür sich der Beweis darin finden müsste,
                              									dass sich auch ohne Gegenwart eines Analysators, ein dunkler Streifen vorfindet,
                              									welcher den Drehungen des Polisators folgt.
                           Diese Erwägungen führten den genannten ForscherDer Hertzsche
                                    											Gitterversuch im Gebiete der elektrischen Strahlung von Prof. Ferdinand Braun in Strassburg. Sitzungsbericht
                                    											der Kgl. preussischen Akademie der Wissenschaften vom 21. Januar
                                    										1904. dazu, die Kundtschen Beobachtungen
                              
                              									als Ausgangspunkt seiner weiteren von Erfolg gekrönten Untersuchungen zu wählen.
                           Vorerst wurden die noch vorhandenen Präparate von Kundt
                              									und Dessau einer Untersuchung unterzogen, welche jedoch
                              									ebensowenig wie die Herstellung neuer Präparate zu einem positiven Ergebnisse
                              									führten. Auch die durch Zerstäubung von im Vakuum glühend gemachten Palladiumdrähten
                              									hergestellten Metallspiegel, erwiesen sich für den angestrebten Zweck als nicht
                              									entsprechend.
                           Nach diesen Misserfolgen wurde versucht, ob nicht Metallbeschläge, wie sie erhalten
                              									werden, wenn man eine kräftige Flaschenentladung durch einen dünnen Metalldraht
                              									sendet, ein geeigneteres Untersuchungsmaterial liefern würden. Diese Zerstäubung
                              									geschieht in einfacher Weise dadurch, dass man einen dünnen Metalldraht über eine
                              									Glasplatte spannt, dessen Enden mit etwas aufgetropftem Siegellack festkittet,
                              									sodann den Draht an zwei Stellen mit an ihrer Unterfläche ebenen Gewichten, die als
                              									Elektroden dienen, belastet und dann durch denselben Entladungen von sieben bis
                              									zwanzig parallel geschalteten Flaschen hindurchgehen lässt. Der verwendete Draht
                              									soll nicht über 0.06 mm stark sein. In der Regel genügte für die Zerstäubung ein
                              									einziger Entladungsschlag. Sobald die Funkenstrecke durchschlagen wurde, erschien
                              									ein helles Licht über dem ganzen Draht und wird demnach von Braun vermutet, dass der Draht zuerst an einer Stelle durchbrochen wird
                              									und von hier aus ein Gleitfunke den Draht bis an die Enden der Elektroden zerstäubt.
                              									Wurde der Draht mit einer zweiten, einfach darauf gelegten Glasplatte bedeckt, so
                              									konnte man auf diese Weise feine Zerstäubungen bis zu mehreren cm Abstand von der
                              									Drahtachse erhalten.
                           Für die optische Untersuchung wurde ein Seibertsches
                              									Mikroskop benützt, bei welchem sich unterhalb des Objektivtisches der feststehende
                              									Polarisator befand, welcher ein schwach konvergentes Licht auf die Platte warf. Der
                              									Objektivtisch konnte genau zentriert werden und war dann gut zentrisch drehbar.
                              									Zwischen Objektiv und Kollimatorlinse konnte ein Nikol, gegen den Polarisator
                              									gekreuzt, von aussen eingeschoben werden.
                           Eine einwandfreie Untersuchung war nur in dem zentrierten Teil des Objektes möglich
                              									und musste das Gesichtsfeld gleichmässig hell sein. Für die meisten Zwecke eignete
                              									sich am besten diffuses Tageslicht, doch konnte als Ersatz dafür auch das von einem
                              									weissen Papierschirme rückgeworfene Licht eines Auerbrenners verwendet werden,
                              									wiewohl es für feinere Nuancierungen nicht ausreichte. Bei künstlichem Lichte durfte
                              									der Mikroskopspiegel von keinem direkten Lichte getroffen werden und musste in allen
                              									Fällen der ganze obere Teil des Objekttisches und das Auge vor Beleuchtung geschützt
                              									sein.
                           Bei der fast ausschliesslich verwendeten 28 fachen linearen Vergrösserung zeigte der
                              									zerstäubte Draht annähernd folgendes Bild: In der Achse, wo der Draht auflag, war ein heller
                              
                              									Strich, rechts und links davon ein schmales Metallband, von welchem senkrecht zum
                              									Drahte feine aber noch durchsichtige, sich allmählich verjüngende Metallstreifen in
                              									der Form sehr spitzer gleichschenkliger Dreiecke ausgingen, über welche hinaus sich
                              									noch sehr dünne breite Metallstaubbeschläge ausbreiteten. Für die Untersuchung wurde
                              									der zentrale Teil, in welchem sich bei Silber Flecken von wunderschöner Färbung
                              									befanden, ausser Betracht gelassen, da es sich vorzugsweise um jene Stellen
                              									handelte, wo die dichteren, in diffusem Lichte noch ziemlich dunklen Streifen, in
                              									den feinen kaum merklich absorbierenden Metallstaub ausliefen.
                           Bei Absuchung dieser von einem zerstäubten Silberdraht herstammenden Stellen gelang
                              									es Prof. Braun, wenn er die Streifen abwechselnd
                              									parallel und senkrecht zur Schwingungsrichtung des Polarisators drehte, Stellen
                              									aufzufinden, welche für die zu den Strichen parallel auffallenden Lichtschwingungen
                              									dunkler und bei Drehung um 90° heller erschienen. Diese Erscheinung trat viel
                              									deutlicher auf, wenn zwei solcher Stellen mit ihren Metallfäden, die
                              									Streifenrichtung gekreuzt aufeinandergelegt wurden, da dann immer die jeweils den
                              									Polarisatorschwingungen parallelen Streifen deutlicher wurden.
                           Die Auffindung passender Untersuchungsstellen wurde wesentlich erleichtert, wenn ein
                              									Analysatornikol eingeschoben wurde. Bei Drehung des Präparates in der Weise, dass
                              									die Streifenrichtung einen Winkel von 45° mit den gekreuzten Polarisationsebenen
                              									bildete, konnte immer eine Anzahl Büschel gefunden werden, welche hell auf dunklem
                              									Grunde erschienen und bei Drehung um ± 45° verschwanden. Wurde von diesen eine gut
                              									ausgesprochene, nicht zu kleine Stelle ausgesucht, dann auf dem Schnittpunkt des
                              									Fadenkreuzes geschoben und nur im Lichte des Polarisators beobachtet, so erschien
                              									diese Stelle bei diffusem Tageslicht immer, wenn auch schwach, doch unverkennbar
                              									dunkler in Parallelstellung als senkrecht dazu.
                           Verschiedene Abänderungen der Versuche ergaben kein besseres Ergebnis, bestätigten
                              									aber die Richtigkeit der Beobachtung. Auch die Verwendung von Golddrähten im
                              									Durchmesser von 0,1 und 0,6 mm zur Herstellung der Metallniederschläge führten nicht
                              									weiter. Erst als Platindrähte von 0,04 mm Durchmesser zerstäubt wurden, trat die
                              									Erscheinung so stark auf, dass jeder Zweifel beseitigt war. Der Versuch mit diesen
                              									Drähten gelang immer.
                           Die Untersuchung wurde stets in der Weise durchgeführt, dass vorher mittels der
                              									gekreuzten Nikols eine passend erscheinende Stelle aufgesucht, diese sodann in die
                              									Achse des Mikroskopes geschoben, sodann der Analysator entfernt und nur im Lichte
                              									des Polarisators beobachtet wurde. Es fand sich hierbei, dass die Stellen mit gut
                              									ausgesprochener Aufhellung intensiv dunkel (sammetschwarz) gefärbt waren, wenn ihre
                              									Strichrichtung senkrecht zur Polarisationsebene und relativ hell (etwa schwach
                              									zimmtbraun), wenn sie der Polarisationsebene parallel lag.
                           Im Sinne der elektromagnetischen Lichttheorie besagt dies, dass die Streifen wenig Licht durchlassen, wenn sie parallel dem elektrischen
                                 										Vektor liegen, viel dagegen, wenn sie senkrecht zu demselben gestellt
                                 
                                 									sind.
                           Auch bei den besten Präparaten war das den Streifen parallel liegende Licht nicht
                              									völlig ausgelöscht. Es setzen sich daher beide Komponenten, wenn sie, wie dies bei
                              									Platin der Fall zu sein scheint, ohne Phasendifferenz hindurchgehen, wieder zu einer
                              									linearen Schwingung zusammen. Diese wird jedoch, je nach der Dichte der Streifen
                              									verschiedenes Azimuth haben. Es liess sich dies am besten beobachten, wenn der
                              									Analysator ausdem Rohre entfernt und durch einen drehbaren Okularnikol ersetzt
                              									wurde. Bei Kreuzung desselben gegen den Polarisator (die Streifen im Azimuth 45°)
                              									und folgende Drehung um kleine Winkelbeträge, wurde das Wandern einer dunklen Stelle
                              
                              									über die Nadeln hinweg deutlich bemerkt.
                           Wiewohl das angegebene Verhalten die Regel ist, kamen doch Fälle vor, welche nicht in
                              									Uebereinstimmung zu sein schienen. Die Ursachen hieran dürften jedoch gewissen von
                              									der Zerstäubung herrührenden Unregelmässigkeiten zuzuschreiben sein, welche von
                              									Knickungen im Draht oder schlechtem Aufliegen des Drahtes stammten.
                           Alle Versuche, die Zerstäubung unter Anwendung verschiedener Hilfsmittel zu
                              									verbessern, führten zu keinem besseren Ergebnis. Ebensowenig war durch Bedecken mit
                              									Wasser, Schwefelkohlenstoff oder Methylenjodid eine Aenderung mit Sicherheit zu
                              									erkennen, oder ein Einfluss der Farbe (roten oder blauen Glases) zu beobachten.
                              									Scheinbare Aenderungen liessen sich auf geänderte Lichtintensität zurückführen und
                              									konnten auch durch eingeschobenes berusstes Glas hervorgerufen werden.
                           Eine Struktur, welche die Erscheinungen erklären könnte, liess sich auch bei
                              									Beobachtung mit 100 bis 150 facher Vergrösserung nicht mit Sicherheit nachweisen.
                              									Während gewöhnliches Tageslicht gar keine Differenzierungen bemerken liess, wurden
                              									bei Verwendung direkten Auerlichtes feine Streifungen, welche auch beim Drehen ihre
                              									Helligkeit änderten, beobachtet, da sich dazwischen aber auch Felder ohne erkennbare
                              									Struktur vorfanden, welche fast gleichmässig heller und dunkler wurden und nicht
                              									anzunehmen war, dass diese Helligkeitsänderungen durch die sichtbaren Streifen
                              									bedingt wurde, war dieser Beobachtung wenig Bedeutung beizumessen.
                           Die Untersuchung eines derartigen Präparates durch Dr. H.
                                 										Siedentopf der Firma Karl Zeiss in Jena mit
                              									noch stärkeren Vergrösserungen ergab bei der homogenen Immersion von 2 mm und der Apertur 1 . 3 folgendes Bild: Eine Anzahl
                              									von ohne Regelmässigkeit verteilter Körnchen, zwischen welchen sich ein nicht mehr
                              									auflösbares gleichmässig helles Feld befand, welches die charakteristischen
                              									Erscheinungen der Gitterpolarisation und scheinbaren Doppelbrechung noch sehr scharf
                              									erkennen liess.
                           Durch diese Versuche erscheint nun die vollkommen optische Analogie zu den Hertzschen Gittern festgestellt. Das Interesse an
                              									diesen Erscheinungen ist jedoch nicht auf den Nachweis des optischen Analogons zum
                              									elektrischen beschränkt, sondern sie haben auch ein selbständiges optisches
                              									Interesse. So liegen bereits Beobachtungen auf mineralogischem Gebiete vor, welche
                              									nunmehr unter einem anderen Gesichtspunkte erscheinen werden. Eine Beobachtung von
                              										Lasoulx an Würfeln von Chlorsilber, welche in einer
                              									Richtung gepresst wurden, lässt sich möglicherweise auf entstehende Silberlamellen
                              
                              									zurückführen, da nach Beobachtungen von Myers und Braun in Brom-, Jod- und Chlorsilber unter Druck eine
                              									Zersetzung auftritt.
                           Es liessen sich auch einige praktische Anwendungen finden. Gelänge es beispielsweise,
                              									sehr dünne Plättchen einer hochmolekularen Goldverbindung so zu zerstören, dass nur
                              									die Goldmoleküle und zwar wesentlich an ihrem Orte erhalten bleiben, so müsste
                              									hieraus ein Metallgitter resultieren, aus dessen optischen Verhalten an der Hand
                              									einer durchgeführten elektromagnetischen Gittertheorie ein Schluss auf den Abstand
                              									der Metallteilchen gezogen werden könnte. Diesbezüglich unternommene Versuche
                              									liessen aber bis jetzt noch keine sicheren Schlüsse zu.
                           Braun scheint jedoch auf anderem Gebiete etwas weiter
                              									gelangt zu sein. Ambronn hat beobachtet, dass dünne
                              									Schnitte aus Koniferenholz oder aus den Sehnen von Mäuseschwänzen, die mit zweiprozentiger
                              									Goldchloridlösung getränkt und nach dem Trocknen dem Sonnenlichte ausgesetzt wurden,
                              									sehr hübschem Dichroismus zeigten. Zur Erklärung dieser Erscheinung nahm er an, dass
                              									das eingelagerte Metall für sich oder in Verbindung mit der Grundsubstanz, zu einem
                              									anisotropen Gebilde wurde.
                           Würde jedoch angenommen, dass sich hier Gitter aus metallischem Golde im Gewebe
                              
                              									gebildet haben und diese die beschriebene Erscheinung hervorrufen, so liesse sich
                              									umgekehrt, aus den Polarisationserscheinungen, ein Schluss auf eine gitterartige
                              									Molekularstruktur ziehen, deren Auflösung selbst mit den stärksten Mikroskopen nicht
                              									mehr möglich wäre.
                           Um dies nachzuweisen, wiederholte Braun die Ambronnschen Versuche mit Spähnen der gewöhnlichen
                              									Holzwolle und fand, obwohl die Spähne noch zu dick waren, die Ambronnschen Angaben bestätigt.
                           An solchen Fasern, welche nach vorherigem Trocknen in einem Glasrohre erhitzt wurden,
                              									welches in siedendes Quecksilber eintauchte und durch welches ein Strom von
                              									gereinigter und getrockneter Kohlensäure hindurchging, wurde nach Fertigstellen des
                              									Präparates Folgendes beobachtet:
                           1. Zwischen gekreuzten Nikols erschienen die im mittleren Azimuthe gedrehten Streifen
                              									an dünnen Stellen hell mit prachtvollem Rubinrot. Die Hauptmasse wurde aber dunkel,
                              									wenn ihre Fasern parallel oder senkrecht zu den Schwingungen des Polarisators
                              									standen.
                           2. Auch ohne Analysator konnte an einzelnen Fasern die beschriebene Gitterwirkung,
                              									wenn auch schwach, so doch deutlich beobachtet werden.
                           3. Bei Drehen des Präparates unter Anwendung derselben Anordnung, wie unter 2, zeigte
                              									sich, dass die Zeichnungen für gewisse Stellen undeutlich wurden und bisweilen fast
                              									ganz verschwanden, bei einer Drehung um 90° aus dieser Lage heraus jedoch wieder
                              									deutlich und dunkel hervortraten, wobei die ausgezeichneten Lagen zumeist nahezu
                              									parallel oder senkrecht zur einfallenden Schwingungsebene waren.
                           Nach der vorstehenden Auffassung verraten sich damit feine Gitterstrukturen, welche
                              									teils pararallel, teils senkrecht zur Faserrichtung verlaufen,
                           Aschenbestandteile konnten nicht die Ursache dieser Erscheinung sein, da zur Prüfung
                              									daraufhin, die Spähne vorher mit verschiedenen diese lösenden Chemikalien behandelt
                              									wurden und trotzdem kein geändertes Bild zu beobachten war.
                           Da anzunehmen ist, dass organische Goldverbindungen bei der Temperatur des siedenden
                              									Quecksilbers zerstört werden, ist der Schluss berechtigt, dass Gold unter diesen
                              									Verhältnissen als Gitterbildner wirkt. Uebernimmt es, wie wahrscheinlich, auch in
                              									anderen Fällen die gleicheRolle, so wird die Deutung von Bildern im
                              									polarisierten Lichte vielfach eine andere werden.
                           Die Gitterpolarisation tritt wahrscheinlich erst bei Abständen, die kleiner als eine
                              									halbe Wellenlänge sind, und zwar in der Weise ein, dass die den Gitterstäben
                              									parallel schwingende Komponente stärker reflektiert wird. Schliesst man nach der
                              									Analogie der elektrischen Gitter, so soll die Gitterpolarisation mit zunehmender
                              									Feinheit des Gitters wachsen, einen Maximalwert erreichen und dann in der Weise
                              									rasch abnehmen, dass beide durchgelassene Komponenten gegen Null konvergieren, in
                              									welchem Falle man wahrscheinlich schon in der Nähe molekularer Dimensionen ist.
                           Es würde sich dann folgende praktische Beobachtungsregel ergeben. Zeigt ein
                              									Goldpräparat bis zu den Grenzen der mikroskopischen Leistung keine Struktur, aber
                              
                              									Gitterpolarisation, so darf auf eine submikroskopische Gitterstruktur geschlossen
                              									werden, deren Fasern parallel den stärker ausgelöschten Schwingungen liegen.
                           Eine Kontrolle gegen wirkliche Doppelbrechung liegt darin, dass die Farbe durch
                              									Drehung des Analysators nicht in die Komplimentäre umspringt.
                           Die gekreuzten Nikols spielen dann eine andere Rolle als man seither annahm. Der
                              									Analysator würde dann durch eine Vorrichtung ersetzbar sein, welche die beiden durch
                              									das Gitter gespaltenen Komponenten zwei getrennten Gesichtsfeldern zuführt und sie
                              									dort nebeneinander legt. Eine solche Anordnung wäre für die Entscheidung, ob wahre
                              									Doppelbrechung oder Gitterpolarisation vorliegt, von Wichtigkeit, vermöchte jedoch
                              									die gekreuzten Nikols in bezug auf Empfindlichkeit und Bequemlichkeit nicht zu
                              									übertreffen, weil man bei letzteren zu enormen auffallenden Lichtstärken übergehen
                              									kann.
                           Nach Prof. Braun sind die vorstehend beschriebenen
                              									Versuche nur die ersten Anfänge mit noch nicht vollkommen ausgebildeten Methoden und
                              									die gezogenen Schlüsse einer Gleichung mit zwei unbekannten ähnlich. Es treten eben
                              									immer noch Nebenbedingungen hinzu, welche die Lösungsmöglichkeiten einschränken.
                              									Wiewohl sich der ganze Kreis der Beweise erst allmählich schliessen lässt, hat sich
                              									aber das bisher Beobachtete in einer widerspruchslosen Weise derart
                              									ineinandergefügt, dass am positiven Endergebnisse nicht gezweifelt werden darf.
                           Tatsächlich erscheint mit vorstehendem jedoch der Beweis für das Auftreten der
                              									Gitterpolarisation auch auf dem Gebiete der sichtbaren Strahlung voll erbracht zu
                              									sein und muss daher dem verdienten Forscher, nicht nur für die geistreiche Art und
                              									Weise, sowie die Gewissenhaftigkeit bei Durchführung der Versuche, sondern auch für
                              									den Scharfsinn, mit welchem die erwähnten Schlüsse gezogen wurden, die vollste
                              									Anerkennung gezollt werden.
                           
                              A.
                                    											Prasch.