| Titel: | Der Spiritus-Kongress auf der internationalen Ausstellung für Gährungsgewerbe und Spiritusverwertung in Wien 1904. | 
| Autor: | Arthur Wiesler | 
| Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 318 | 
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                        Der Spiritus-Kongress auf der internationalen
                           								Ausstellung für Gährungsgewerbe und Spiritusverwertung in Wien
                           								1904.
                        Der Spiritus-Kongress auf der internationalen Ausstellung für
                           								Gährungsgewerbe usw.
                        
                     
                        
                           Der Spirituskongress, welcher anlässlich der internationalen Ausstellung für
                              									Spiritusverwertung und Gährungsgewerbe in Wien unter
                              									Beteiligung aller berufenen Kreise der Gährungsindustrie vom 23.–25. April
                              									stattgefunden hat, wurde durch den Präsidenten der Fachgruppe der
                              									Spiritusgrossindustrie im Bunde österreichischer Industrieller, Kaiserl. Rat Julius Kraus eröffnet.
                           Den ersten Vortrag hielt Geh. Regierungsrat Prof. Max Delbrück
                              										(Berlin), betitelt: „Welches sind die gährungs- und
                                 										betriebstechnischen Aufgaben zur Herstellung von billigem Spiritus für
                                 										technische Zwecke?“
                           Trotzdem die Wissenschaft und Technik in den letzten 25 Jahren so viel für das
                              									Gährungsgewerbe geleistet haben, dass man nicht mehr v/eit von den theoretischen
                              									Ausbeuten entfernt sei, so müsse der Spiritus dennoch verbilligt werden, wenn er
                              									seine grossen Aufgaben erfüllen soll, nämlich die Konkurrenz mit der Elektrizität
                              									und dem Petroleum aufzunehmen. Um diese Konkurrenz erfolgreich durchführen zu
                              									können, habe man nach einem Grundgedanken von Grass
                              									(Klanin) dem Landwirt und Gewerbetreibenden gestattet, den nicht Trinkzwecken
                              									dienenden Spiritus zu billigen und zwar zu Konkurrenzpreisen mit dem Petroleum
                              									herzugeben. Obzwar der Liter Spiritus in Deutschland im Mittel ungefähr 30 Pfennige
                              									kostet und der Liter Petroleum nur etwa 20 Pfennige und der Brennwert des Spiritus
                              									6000 Wärmeeinheiten beträgt; während der des Petroleums sich auf 10000
                              									Wärmeeinheiten beziffert, so dürfe der Spiritus dennoch im Verhältnis 2 : 3 teurer
                              									sein als das Petroleum, um mit diesem erfolgreich in Wettbewerb treten zu können,
                              									weil beim Spiritus die Ueberführung in Licht eine viel bessere ist; er gibt nicht
                              									nur mehr Licht, bezogen auf den Energievorrat, sondern auch ein reineres, helleres
                              									Licht. Der niedrige Spirituspreis sei in Deutschland und Oesterreich möglich
                              									geworden durch die Gesetzgebung, welche den Brennereien durch die Kontingentierung
                              									Vorteile in Bezug auf den Verkauf von Trinkbranntwein gewährt hat. Dieser Vorteil
                              									schwinde aber in dem Maasse, als der Verbrauch an technischem Spiritus steigt. Da
                              									Anwachsen des Trinkverbrauchs nicht anzunehmen ist, so liege die Notwendigkeit vor,
                              									den Brennereibetrieb zu verbilligen. Die Herstellung von billigem Spiritus für
                              									technische Zwecke bedinge zunächst billige Beschaffung der dazu notwendigen
                              									Rohmaterialien. Kartoffel und Rübe, die wichtigsten Rohprodukte sind sehr leicht
                              									Verlusten ausgesetzt, indem ein Teil verdirbt, ein anderer erfriert. Besonders seien
                              									aber diejenigen Früchte, welche die grösste Fähigkeit besitzen, die sogenannten
                              									Enzyme hervorzubringen, gefährdet, indem durch Umwandlung der in der Kartoffel
                              									vorhandenen Stärke in Zucker eine Selbstauflösung der Kartoffel sich vollziehe. Es
                              									handelt sich also darum, enzymarme, haltbare Kartoffeln hervorzubringen und
                              									dieselben möglichst schnell zu verarbeiten. Auf diesem Gebiete sind in Deutschland
                              									Erfolge zu verzeichnen, indem die Kartoffelernten durch neu gezüchtete Sorten und
                              									bessere Kulturen um 50 v. H. gestiegen sind. Ein zweiter Rohstoff, welcher für die
                              									billige Beschaffung des technischen Spiritus in Frage kommt, ist die Rübe.
                           In Deutschland ist die Zuckerrübe für die Spirituserzeugung durch die Gesetzgebung
                              									ausgeschlossen, in Oesterreich hat sie geringe Bedeutung, grosse dagegenin
                              									Frankreich. Ob die Rübe oder die Kartoffel mehr Spiritus hervorbringt, bleibt noch
                              									dahingestellt. Bei den Grossbetrieben übt auch der Absatz der Schlempe, welche bei
                              									der Erzeugung des Melassenspiritus ein wichtiges Abfallsprodukt bildet, auf die
                              									Verbilligung des technischen Spiritus einen grossen Einfluss. Die Einführung des
                              									Schlempetrocknungsverfahrens ist nur möglich durch wirtschaftliche Ausnutzung der
                              									Wärme. Dann kann die Schlempe, auf billige Weise getrocknet, als wertvolles
                              									Futtermittel der Landwirtschaft zur Verfügung gestellt werden. Auf die Erhöhung der
                              									Erzeugung an billigem, technischen Spiritus hat die Dauer des Gährverfahrens einen
                              									grossen Einfluss. Während die Brennerei heute in Deutschland täglich 1–2 Bottiche
                              									bemaischt, und dazu 4–5 Stunden gebraucht, könnte man bei gesteigerter Betriebszeit
                              									diese Erzeugung verdoppeln und vervierfachen und dazu eine schnellere Gährung
                              									benutzen, wie sie bereits in früherer Zeit, besonders in Oesterreich geübt wurde.
                              									Der Nachteil ist dabei der, dass man bei Schnellgärung höhere Temperaturen anwenden
                              									muss und Infektion der Maische und dadurch Verminderung der Ausbeute an Spiritus
                              									bewirkt. Für diese Schnellgährung muss man sich mit Vorteil bestimmter
                              									Schnellgährungshefen bedienen, welche nicht nur eine grosse Gährkraft entwickeln,
                              
                              									sondern auch eine Verzuckerungskraft in sich bergen und das in den Maischen
                              									enthaltene, schwer vergärbare Dextrin verzuckern helfen. Ein weiteres Mittel zur
                              									Herstellung von billigem Spiritus ist zu verzeichnen in dem neuen Amyloverfahren,
                              									welches in Japan entstanden, später nach den Vereinigten Staaten gewandert ist und
                              									in Frankreich fertiggestellt wurde.
                           Dieses bewirkt eine leichte Verzuckerung der Maische ohne Anwendung von Malz durch
                              									Einimpfen mit dem Amylopilz und Zusatz von Schwefelsäure. Das Verfahren ist bereits
                              									in Ungarn in Betrieb und hat die technischen Schwierigkeiten, die in der Ausdämpfung
                              									der grossen, eisernen Gefässe bestanden, geschickt zu umgehen gewusst. Während man
                              									früher die Nebenerzeugnisse der Raffinerien für den Beleuchtungsspiritus und den
                              									Motorenspiritus verwendet hat und dadurch Verharzen und Verschmieren der Dochte bei
                              									den Spirituslampen bewirkt hat, wodurch der Einführung der Spiritusbeleuchtung der
                              									Boden entzogen wurde, so ist man jetzt dazu gekommen, wenigstens derartig reinen
                              									Spiritus zu verwenden, dass er ohne Rückstand verbrennt, und darauf zu achten, dass
                              									er bis zu seinem Verbrauch rein bleibt, indem man den Verschleiss nicht mehr in
                              									Holzfässern, sondern in Eisenfässern vornimmt. Um die Verschlechterung des
                              									technischen Spiritus durch Wasserzusatz unmöglich zu machen, hat man in Deutschland
                              									den Verschleiss in plombierten Gefässen eingeführt.
                           Hierauf sprach Professor Dr. Neumann-Wender (Czernowitz)
                              									über: „Sauerstoffgährung“. Der Vortragende führte aus, dass die
                              									Gährungsvorgänge durch sogenannte „Enzyme“ hervorgerufen werden. Seit den
                              									grundlegenden Forschungen Buchners über zellenfreie
                              									Gährung, ( welcher nachgewiesen hat, dass die
                              									Spaltung des Zuckers in Alkohol und Kohlensäure durch ein in der Hefezelle
                              									enthaltenes Enzym, „Zymase“, bewirkt wird, sind die Enzyme in den Vordergrund
                              									des Interesses getreten. Bis jetzt sind in der Hefe neun verschiedene Enzyme
                              									nachgewiesen worden, welche verschiedenartig wirken, sich jedoch in ihrer Tätigkeit
                              									unterstützen. Besonders interessant sind die Oxydasen und Peroxydasen, welche die Eigenschaft
                              									besitzen, den Sauerstoff der Luft zu aktivieren in ähnlicher Weise, wie es die
                              									Katalysatoren, z.B. fein verteiltes Platin, tun. Ein Beispiel bietet die
                              									Ameisensäure, welche sowohl durch fein verteiltes Platin als auch durch Fermente
                              									katalytisch zersetzt wird in Kohlensäure und Wasserstoff. Neumann-Wender ist es gelungen, in Getreidearten und Mehlen ein Enzym zu
                              									Polieren, welches imstande ist, dem Wasserstoffsuperoxyd den Sauerstoff zu entziehen
                              									und ihn zu übertragen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es gelingen wird, die
                              									alkoholische Gährung durch anorganische Katalysatoren herbeizuführen, wodurch eine
                              									Umwälzung in der Gährungstechnik erfolgen würde.
                           Kammerherr Konrad Gaus Edler Herr zu Putlitz (Berlin)
                              									hielt einen Vortrag „Ueber die Entwicklung des Brennereigewerbes in
                                 										Deutschland“, in welchem er hervorhob, dass nur die Kartoffel, welche in
                              									Deutschland weite Strecken Landes bedeckt, die Basis für die Entwicklung des
                              									Brennereigewerbes bilde. Als die Landwirtschaft in Deutschland begann unrentabel zu
                              									werden, suchte man den Kartoffelbau in den Brennereibetrieb einschränken. Nachdem
                              									diese und ähnliche Versuche gescheitert waren, wurde eine gesunde Organisation
                              									geschaffen, welche beide Parteien, die landwirtschaftlichen Brenner und die
                              									Raffineure vereinigt hat, in dem „Verwertungsverband deutscher
                                 										Spiritusfabrikanten.“ Das Bestreben dieses Verbandes ging dahin, annehmbare
                              									Preise für Rohspiritus und rektifizierten Spiritus zu schaffen und den Verbrauch zu
                              									erhöhen. Letzteres war nur möglich dadurch, dass man der Anwendung des Spiritus in
                              									der Technik neue Bahnen wies. Die Verwendung des Spiritus für Beleuchtungszwecke ist
                              									heuten stetig aufsteigender Bahn begriffen, besonders aber die Einführung des
                              									Spiritus zum Betriebe von Motoren bedeutet eine Steigerung des Konsums und eine neue
                              									Aera des Brennereigewerbes, denn bis Anfang 1903 hat die „Zentrale für
                                 										Spiritusverwertung“ in Berlin allein mit 770 Besitzern von Spiritusmotoren
                              									Verträge abgeschlossen und in den ersten vier Monaten 800000 Liter Spiritus für
                              									diese Zwecke abgesetzt.
                           Professor Dr. Paul Wittelshöfer (Berlin) eröterte „Die wirtschaftliche Bedeutung der Verwendung des
                                    											Spiritus für technische Zwecke“ und legte zunächst die
                              									wirtschaftlichen Bedingungen dar, die erfüllt werden Müssen, um diese Bestrebungen
                              									erfolgreich durchzuführen. Die Hauptbedingung sei, dass der Spiritus für technische
                              									Zwecke vollkommen steuerfrei in den Handel gelange, während der Genusszwecken
                              									dienende Spiritus mit einer erheblichen Steuer bemessen werde, welche das vielfache
                              
                              									des Wertes des besteuerten Objektes betragen dürfe. Das ist besonders im letzten
                              									Jahrzehnt der leitende Gedanke der deutschen Steuergetzgebung gewesen, welche die
                              									Steuerfreiheit und vollkommene Freizügigkeit des technischen Spiritus gewährt hat.
                              									Eine zweite Bedingung für den ausgedehnten Gebrauch von technischem Spiritus ist
                              									seine billige Herstellung. Sie Werde erreicht durch ein billiges
                              									Denaturierungsmittel, als welches jetzt eine Mischung von 2 Liter Holzgeist und ½
                              									Liter Pyridin (bei Motorenspiritus auf 1¼ v. H. allgemeines Denaturierungsmittel 2
                              									v. H. Benzol und ⅛ v. H. Krystallvioletlösung in Deutschland allgemein verwendet
                              									wird, deren Preis 1,50 Mark auf 100 Liter reinen Alkohol beträgt. In Frankreich und
                              									besonders in England, wo mit einem Mittel, welches 11 v. H. des zu denaturierenden
                              									Spiritus beträgt, denaturiert wird, stellt sich der Preis erheblich höher. Das
                              									Denaturierungsmittel muss so beschaffen sein, dass es in geringer Menge zugesetzt,
                              									genügende Sicherheit gegen missbräuchliche Verwendung des Spiritus bietet und
                              									denselben für die neuen Zwecke, die ihm eröffnetwerden, vollkommen geeignet
                              									macht. Ferner ist dafür Sorge zu tragen, dass der technischen Zwecken dienende
                              									Spiritus überall zu einem niedrigen und gleichmassigen Preise zu haben sei. Dies ist
                              									in Deutschland erreicht worden durch die fortgesetzten Bemühungen der Zentrale für
                              									Spiritusverwertung, welche eine Organisation geschaffen hat, die das ganze deutsche
                              									Reich umfasst und den Bezug des technischen Spiritus in leichtester und bester Weise
                              									ermöglicht. Um die Gewähr zu haben, dass der Spiritus überall die entsprechende
                              									Konzentration habe, führte man die Versendung und den Verkauf des Spiritus in
                              									plombierten Flaschen mittels der Originalmarke „Herold“ ein, welche an mehr
                              									als 50000 Verkaufsstellen unter Gewährleistung der Gradstärke und Menge zu gleichen
                              									Preisen in den Kleinhandel gebracht wird. Der Absatz dieses Flaschenspiritus betrug
                              									im Jahre 1902/1903 21,2 Millionen Liter gegen 2,2 Millionen Liter im Geschäftsjahr
                              									1900/1901. Endlich müsse auch die Industrie der Spiritusapparate gefördert werden
                              									dadurch, dass ihr Gelegenheit geboten wird, die Apparate abzusetzen und das
                              									Interesse des Publikums für die Apparate zu wecken. Dies könne geschehen durch alle
                              									Mittel der Propaganda, Ausstellungen, Preisausschreiben, Vorträge, Zeitungsartikel,
                              									Inserate usw. In dieser Hinsicht biete sich der Industrie ein reiches Arbeitsfeld,
                              									was am besten dadurch bewiesen werde, dass der Verbrauch an denaturiertem Spiritus
                              									im Jahre 1902/1903 1,5 Millionen Liter betrug gegen 0,29 Millionen Liter im Jahre
                              									1887/1888, also in 15 Jahren beinahe um den sechsfachen Betrag gewachsen ist.
                              									Während die Motorenfabrik Oberursel (bei Frankfurt a. M.) noch vor wenigen Jahren
                              									die einzige war, welche Spiritusmotoren baute, so sind ihr bereits eine grosse
                              									Anzahl von Maschinenfabriken gefolgt; die Zentrale für Spiritusverwertung lieferte
                              									am 1. Oktober 1902 Spiritus für 620 Motoren, hingegen am 1. April 1904 bereits für
                              									1370 Motoren.
                           Dr. Werner Kues (Wien) sprach über „Die Anwenwendung der Reinhefe in Melassebrennereien und
                                    											die Verarbeitung der Melasseschlempe zu Dünger“
                           Nachdem die Gewinnung von Zucker aus Rüben am Ende des achtzehnten Jahrhunderts
                              									eingeführt worden war, wurde die Rübenzuckermelasse bald als ein vorzügliches
                              									Material zur Gewinnung von Spiritus erkannt und die Verarbeitung der so
                              									resultierenden Schlempe zur Pottasche fand grosse Verbreitung. In der Abfallbierhefe
                              									wurde ein passender Gährungserreger gefunden; man liess die Bierhefe in verdünnter
                              									Melasse angähren und brachte sie dann in die konzentrierte Melasse. Die Anwendung
                              									von rein gezüchteter Hefe, mit welcher man in der Bierbrauerei und bei der
                              									Weinbereitung erfolgreich arbeitete, wurde anfangs der Neunzigerjahre von Jaequemin in den Melassebetrieb eingeführt. Derselbe
                              									züchtete aus südländischen Weinen eine Reinhefe, welche im Betriebe in kupfernen
                              									Reinzuchtapparaten kontinuierlich in sterilisierter Melassenmaische weiter gezüchtet
                              									wird. Als Hefenährmittel wird ein Extrakt aus Malzkeimen oder mit Schwefelsäure
                              									verzuckerter Maismaische hinzugegeben, und das Ganze wird in einem geschlossenen
                              									Kupferapparat durch Kochen während 10 Minuten sterilisiert. Nach dem Einführen der
                              									Reinhefe ist die Hefemaische unter fortgesetztem Einleiten von steriler Luft in
                              									ungefähr 10 Stunden auf die Hälfte vergohren. Inzwischen hat man einen zweiten
                              									kleinen Kupferapparat in derselben Weise bemaischt und mit der reinen Hafermaische
                              									aus dem ersten Kupferapparat in der Weise beimpft, dass man 30–40 Liter aus
                              									demselben durch einen schwachen Luftdruck in den zweiten bemaischten Kupferapparat
                              									überführt. Inzwischen ist auch ein grösserer Kupferapparat mit sterilisierter
                              									Maische vorbereitet, und der Rest der reifen Hefemaische aus dem ersten kleineren
                              									Apparat wird durch schwachen Luftdruck in den grösseren Apparat gebracht. In den grossen
                              									Apparaten ist die Hefemaische in 10 Stunden ebenfalls auf die Hälfte vergohren und
                              									der ganze Inhalt des grösseren Kupferapparates wird in einen offenen hölzernen
                              									Vorgärbottich abgelassen, welcher mit verdünnter Melasse aufgefüllt wird. Auch
                              									dieser hölzerne Vorgärbottich ist mit einer Lüftungsvorrichtung versehen, und es
                              									wird auch hier während der ganzen Gährdauer schwach gelüftet. Nach 6–10 Stunden ist
                              									die Maische auf die Hälfte vergohren und wird in den Hauptbottich abgelassen, in
                              
                              									welchem die Vergährung durchschnittlich 40 Stunden beansprucht. Der Vortragende hat
                              									dieses Verfahren verbessert und dadurch folgende Vorteile erzielt:
                           1. eine wesentlich höhere Spiritusausbeute, nämlich 60 Liter Alkohol aus 100 kg
                              									Melasse;
                           2. geringere Hefekosten, die Kosten für die Hefe f. d. Hektoliter Spiritus betrugen
                              									früher 1 fl, während sie nach diesem Verfahren einige Heller betragen;
                           3. war die Güte des Spiritus eine vorzügliche.
                           Da bei der Verarbeitung der Melasseschlempe auf Pottasche der wertvolle Stickstoff
                              									durch die Veraschung verloren geht, so hat man versucht, den Stickstoff aus der
                              									Schlempe in der Weise zu gewinnen, dass man die eingedickte Schlempe einer
                              									Destillation unterwarf und den gebildeten Ammoniak in Schwefelsäure eingeleitet hat,
                              									wobei 60 v. H. des vorhandenen Stickstoffs gewonnen wurden.
                           Dieses Verfahren war aber umständlich und unwirtschaftlich.In neuerer Zeit wird
                              									Melasseschlempe auf Dünger verarbeitet, indem nach dem Verfahren von A. Wenck man auf 100 kg der auf 40–42° Beaurne
                              									eingedampften Schlempe 20–25 v. H. Schwefelsäure und 10–15 v. H. kohlensauren Kalk
                              									zusetzt, das Ganze gründlich durchmischt und in einer Trockenanlage nach Cummer trocknet. Das erhaltene Düngemittel enthält
                           
                              
                                 3,8
                                 v. H. Stickstoff
                                 
                              
                                 12,8
                                 v. H. K2O
                                 
                              
                                 27
                                 v. H. Gyps.
                                 
                              
                           Der Rest ist organische Substanz und 3 bis 4 v. H. Wasser. Der Melasseschlempedünger
                              									ist nicht hygroskopisch und daher lagerungsfähig. Er hat sich nach den
                              									Düngeversuchen von Strohmer als ebenso widerstandsfähig
                              									wie Kali und Stickstoff erwiesen. Bei der Veraschung der Melasseschlempe im Porion-Ofen entstehen übelriechende,
                              									gesundheitsschädliche Gase, was namentlich für Städte, in deren Nähe sich
                              									Melassebrennereien befinden, unangenehm ist. Dagegen gestaltet sich die Verarbeitung
                              									der Schlempe zu Dünger beinahe geruchlos. Dieser Melasseschlempedünger kommt in
                              									geeignet präparierter Form als „Heureka-Pflanzennährsalz“ in den Handel. Ob
                              									er sich einbürgern wird, hängt hauptsächlich von den Preisen für Pottasche, Kali-,
                              									und Stickstoffdünger ab.
                           Zum Schluss sprach Kaiserl. Rat Kraus (Prag) über
                              										„Die Berufsfragen der österreichischen Spiritusindustrie.“
                           Dr. Arthur Wiesler.