| Titel: | Neuerungen im Wagenbau. | 
| Autor: | Kurt Arndt | 
| Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 337 | 
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                        Neuerungen im Wagenbau.
                        Von Dr. Kurt Arndt.
                        Neuerungen im Wagenbau.
                        
                     
                        
                           Eines der wichtigsten Messwerkzeuge, deren sich der Mensch bei der Erforschung
                              									der Natur, wie im alltäglichen Leben bedient, ist die Wage. Im gewöhnten Leben wird
                              									von ihr neben einer gewissen nicht allzu grossen Genauigkeit besonders
                              									Bequemlichkeit und Schnelligkeit der Handhabung gefordert; der Forscher wird ausser
                              									diesen, auch ihm angenehmen Eigenschaften vornehmlich auf Genauigkeit der Wägung
                              									Wert legen. Für ihn ist oft das Gewicht eines Papierschnitzels schon eine Grösse,
                              									die bei seinen mühseligen Untersuchungen eine gewaltige Rolle spielt.
                           Da ist es kein Wunder, dass fortdauernd eine Unsumme von Geschicklichkeit und
                              									Scharfsinn darauf verwandt wird, um immer grössere Vollkommenheit in der Herstellung
                              									von Wagen zu erreichen und all die vielseitigen, oft schwer zu vereinenden Ansprüche
                              									zu erfüllen.
                           Ich will versuchen, im Folgenden einen Ueberblick über Neuerungen im Wagenbau zu
                              									geben. In diesem Beginnen haben mich eine Anzahl von Firmen, die auf diesem Gebiete
                              									der Präzisionstechnik tätig sind, durch schätzenswerte Angaben auf das
                              									zuvorkommendste unterstützt. Es sind dies: L Reimann,
                              									Berlin SO. 16; Oskar A. Richter, Dresden; A. Verbeek & Peckholdt, Dresden-A.; August Sauter, Ebingen (Württemberg); Stückrath, Friedenau bei Berlin; R. Brunnée, (vormals Voigt
                                 										& Hochgesang), Göttingen; Max Bekel,
                              									Hamburg; Paul Bunge, Hamburg-Eilbeck; Beckers Söhne, Rotterdamm, J.
                                 										& A. Bosch, Strassburg i. E.; Albert
                                 										Rueprecht, Wien. In hohem Grade bin ich auch Herrn Dr. Felgenträger von der Normal-Eichungs-Kommission zu
                              									Charlottenburg und Herrn Geh. Rat Witt zu Dank
                              									verpflichtet, die mir wertvolle mündliche Mitteilungen gemacht haben.
                           Aus der Fülle des Stoffes habe ich eine Auswahl getroffen und um der
                              									Uebersichtlichkeit willen manche interessante Anordnung nur flüchtig erwähnt oder
                              									gar mit Stillschweigen übergangen.
                           Auch habe ich mich in bezug auf den Begriff Neuerung an keine bestimmte Jahreszahl
                              									gebunden, sondern in den Zusammenhang einige Anordnungen, die schon allgemeiner
                              									verbreitet sind, eingefügt, wenn sie mir besonders bemerkenswert schienen.
                           Zunächst will ich einige gröbere Wagen besprechen, dann die analytischen Wagen für
                              									chemische Laboratorien und schliesslich jene kostbaren Wagen, mit denen eine
                              									staunenswerte Genauigkeit der Gewichtsbestimmung erreiht wird.
                           In das erste Gebiet fallen drei Wagenkonstruktionen von L.
                                 										Reimann.
                           Für die Küche des bekannten Weinrestaurants von Kempinski in Berlin stellte Reimann eine
                              									Portionenwage her, die gestattet, rasch die vielen Hunderte von Fleischstücken
                              									abzuwägen, die dort alltäglich angerichtet werden. Es ist eine ungleicharmige Wage,
                              									deren langer Schenkel als Zeiger vor einem Kreisbogen mit Gewichtseinteilung spielt,
                              									während der kurze Schenkel die Wageschale trägt und zur Dämpfung der Schwingungen,
                              									die die Ablesung erschweren, mit einem Zylinder verbunden ist, der sich in einem mit
                              									Glyzerin gefüllten Kolben mit gewissem Spielraum bewegt. Nach einigen Sekunden steht
                              									der Zeiger auf der Skala ein, und die nächste Wägung kann vorgenommen werden. Auch
                              									in grossen Konditoreien sind solche Wagen in Gebrauch, um die verschiedenen Zutaten
                              									zu Torten usw. rasch abzuwägen,
                           Von Reimann werden auch die bekannten automatischen
                              									Wagen gefertigt, bei denen durch Einwurf eines Geldstückes eine zweiteilige Blende
                              									vor der Skala geöffnet wird, so dass das von der Wage angezeigte Gewicht abgelesen
                              									werden kann.
                           Ausführlichere Erwähnung verdient schliesslich eine verbesserte Kartoffelwage von Reimann. Aus dem spezifischen Gewichte der Kartoffeln
                              									kann man auf ihren Stärkegehalt schliessen. Um die Ermittlung des spezifischen
                              									Gewichtes für diesen Zweck möglichst bequem zu gestalten, hat Reimann über einem Blecheimer eine Zentesimalwage
                              									angebracht, deren kurzer Arm zwei Drahtkörbe über einander trägt, deren unterer von
                              									dem Wasser im Eimer bedeckt ist (Fig. 1). Nach
                              									bekannter Weise wägt man die Kartoffeln erst im oberen Korbe in der Luft und findet
                              									so ihr absolutes Gewicht, dann schüttet man sie in den unteren Korb und wägt wieder,
                              									wobei man sie wegen des Auftriebs um das Gewicht des von ihnen verdrängten Wassers
                              									leichter findet. Da ein Kilogramm Wasser den Raum von einem Liter einnimmt, so
                              									ergibt der Gewichtsunterschied in Kilogramm den Rauminhalt der Kartoffeln in Litern
                              									und das absolute Gewicht, geteilt durch den Rauminhalt das spezifische Gewicht, aus
                              									dem der Stärkegehalt durch Tabellen gefunden wird. Natürlich müssen die Kartoffeln
                              									von Sand und von anhängenden Luftblasen befreit sein. Bei der bisherigen
                              									Konstruktion entstand ein Fehler dadurch, dass beim Füllen des unteren Korbes das
                              									Wasser im Eimer stieg und so die Ketten bezw. die Stangen, an denen der Korb hing,
                              									tiefer in das Wasser eintauchten, also ihrerseits mehr Gewichtsverlust erlitten als
                              									bei der oberen Wägung. Das konnte nach Reimann einen
                              									Fehler von 0,1 bis 0,2 v. H. im Resultat geben. In seiner neueren Anordnung bringt
                              									er deshalb am Eimer seitlich eine Tülle (Fig. 1 und
                              										2) an, durch die das von den Kartoffeln verdrängte Wasser
                              									abläuft, so dass die Oberfläche in gleicher Höhe bleibt. Ferner können bei der
                              									verbesserten Form beide Drahtkörbe jeder für sich abgenommen werden, wodurch das
                              									Umfüllen der Kartoffeln erleichtert wird. Um die Wage auch für andere Zwecke zu
                              									benutzen, wird an Stelle der Körbe eine Wageschale eingehängt (Fig. 2). Der Gewichtskasten ist am Bügel der Wage
                              									fest angebracht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 338
                              Fig. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 338
                              Fig. 2.
                              
                           Ein bedeutend höheres Maass von Ansprüchen wie die eben besprochenen Wagen muss eine
                              										„analytische“ Wage befriedigen.
                           Vier Forderungen werden vom Chemiker an eine Analysenwage gestellt. Sie soll erstens
                              									möglichst empfindlich sein, d.h. für ein sehr kleines Uebergewicht auf der einen
                              									Wageschale schon einen verhältnismässig grossen Ausschlag geben; meist wird
                              									verlangt, dass ein zehntel Milligramm noch einen auf der Skala ablesbaren Ausschlag
                              									gibt. Zweitens soll die Wägung rasch erledigt werden; die Wage darf also nicht zu
                              									langsam schwingen. Drittens soll sie möglichst standfest sein, damit auch bei der
                              									grössten zulässigen Belastung der Wagebalken keine Formänderungen erleidet und auch
                              									sonst die Wage nicht zu empfindlich gegen mechanische Einflüsse ist. Viertens soll
                              									ihr Material gegen den Einfluss von Dämpfen im chemischen Laboratorium geschützt
                              									sein; denn wenn auch gewöhnlich ein besonderes Wägezimmer vorhanden ist, so lässt
                              									sich der Zutritt von Spuren schädlicher Gase nicht immer verhüten.
                           Was nun die Einzelheiten einer solchen feineren Wage anbetrifft, so lässt man, um die
                              									Reibung zu vermindern und die Drehachsen als Linien zu fixieren, den Wagebalken auf
                              									einer Schneide, der „Mittelschneide“, spielen und hängt an seinen Enden die
                              									Wageschalen ebenfalls in Schneiden, den „Endschneiden“ auf.
                           Für die Empfindlichkeit d.h. die Grösse des Ausschlages, den ein kleines Uebergewicht
                              										p verursacht, gilt die Näherungsformal
                           
                              tg\,\alpha=\frac{p\,\cdot\,l}{G\,a+2\,P\,b}
                              
                           worin α den Ausschlagswinkel, 2
                              										l die Länge des Wagebalkens und P die Belastung jeder Endschneide bedeutet; a ist der Abstand, um welchen der Schwerpunkt des
                              									Balkens tiefer liegt als die Mittelschneide, um die der Balken schwingt, und b der Abstand, um den die Mittelschneide über der Ebene
                              									der Endschneiden liegt. (Fig. 3.)
                           Soll die Empfindlichkeit einer Wage unabhängig von ihrer Belastung sein, so muss
                              										b = 0 sein, d.h. die Mittelschneide genau in einer
                              									Ebene mit den Endschneiden liegen, eine Forderung, die bei guten Wagen sehr
                              									angenähert erfüllt wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 338
                              Fig. 3.
                              
                           Mit der Abnahme von a wächst die Empfindlichkeit; a darf aber nicht unendlich klein werden, weil dann
                              									schon ein sehr kleines Uebergewicht einen unendlich grossen Ausschlag geben d.h. den
                              									Wagebalken zum Umkippen bringen würde. Natürlich darf auch der Schwerpunkt des
                              									Balkens nicht über der Mittelschneide liegen, weil dann
                              									bei der geringsten Veränderung der im labilen Gleichgewicht befindliche Balken
                              									umschlagen würde. Man wird sich also mit einer gewissen Grösse von a begnügen, die ein ruhiges Einspielen des Zeigers
                              									ermöglicht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 338
                              Fig. 4.
                              
                           Die Empfindlichkeit lässt sich durch Verlängerung des Balkens und durch Verringerung
                              									seines Gewichtes G erhöhen. Je länger wir aber den
                              									Balken machen, um so grösser wird sein Gewicht, um so langsamer schwingt er und um
                              									so leichter biegt er sich durch. Aus al diesen Gründen benutzt man jetzt meist
                              									kurzarmige Wagen.
                           Durch Wahl einer durchbrochenen Form mit zweckmässigen Versteifungen macht man das
                              									Gewicht Balkens möglichst gering, ohne dass der Balken bei festgesetzten
                              									Höchstbelastung – bei chemischen Wagen meist 200 g auf jeder Schale – gefährdet
                              									wird. Am weitesten geht Brunnée mit dieser Auflösung
                              									des Balkens in ein Gitterwerk; seinen neuesten Wagebalken, einen hochabgesteiften
                              									Dreiecksbalken mit seitlicher Absteifung zeigt Fig.
                                 										4.
                           
                           Was das Material der Balken anbetrifft, so verendet man neben Messing oder
                              									Rotguss jetzt oft Phosphorbronze, die ausgezeichnete mechanische Eigenschaften
                              									besitzt, nicht selten auch Argentan, das sehr starr ist. Neuerdings verarbeitet man
                              									das leichte Aluminium und besonders das noch leichtere Magnalium zu sehr gefällig
                              									ausschauenden Wagebalken von geringem Gewicht. Während beim Aluminium einige
                              									Schwierigkeiten bei seiner Verarbeitung und seine geringere Widerstandsfähigkeit zu
                              									bedenken sind, wird Magnalium wegen seiner Steifheit sehr gelobt, vorausgesetzt,
                              									dass das richtige Mischungsverhältnis der Legierung gewählt ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 339
                              Fig. 5.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 339
                              Fig. 6.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 339
                              Fig. 7.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 339
                              Fig. 8.
                              
                           Gegen den schädlichen Einfluss der Dämpfe im chemischen Laboratorium, von denen trotz
                              									aller Vorsicht auch in den Wagekasten Spuren eindringen können, schützt man Messing
                              									und Argentan durch Vergoldung, Platinierung oder Vernickelung. Lack ist unzulässig,
                              									weil er Wasser anzieht. Ueber die Nachteile der galvanischen Vergoldung urteilt Felgenträger in seinem Vorfrage über „Die
                                 										Fortschritte in der Konstruktion von Analysenwagen“, den er in der Sektion I
                              									des V. internationalen Kongresses für angewandte Chemie zu Berlin hielt, in der Art,
                              									dass galvanische Vergoldung nicht sehr Zuverlässig sei. „Es bleiben nämlich in
                                 										den kleinsten Poren leicht Spuren von Cyankali zurück, die sich bald in
                                 										Pottasche verwandeln und dabei erheblich an Volumen zunehmen. Dadurch wird der
                                 
                                 										Goldüberzug gesprengt, und es entstehen die kleinen weissen, stark Wasser
                                 										anziehenden Flecken, die man ja leider auch auf den vergoldeten Gewichtssätzen
                                 										findet. Besser als Vergoldung ist Platinierung und auch Vernickelung.“Der Sekretär des Kongresses, Herr Dr. Pulvermacher, hatte die Freundlichkeit mir
                                    											einen Bürstenabzug dieses Vortrages zu überlassen. Ich habe in der
                                    											angeführten Stelle zwei Fachausdrucke verdeutscht, um sie auch dem
                                    											Nichtchemiker ganz verständlich zu machen. Auf Hochglanz
                              									poliertes Magnalium bedarf nach Rueprechts Angabe eines
                              									weiteren Schutzes nicht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 339
                              Fig. 9.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 339
                              Fig. 10.
                              
                           Eine wichtigere Rolle wie das Material des Balkens spielt für die Güte einer feinen Wage die Beschaffenheit der Schneiden.
                              									Sie müssen mit der grössten Genauigkeitgeschliffen und ausgerichtet sein, damit
                              									die Wage die theoretischen Anforderungen nach Möglichkeit erfüllt. Man fertigt sie
                              									aus gehärtetem Stahl und lässt sie auf ebenen Platten, den „Pfannen“, aus
                              									Achat, Karneol oder Bergkristall spielen. Schneidon aus Achat haben zwar den
                              									Vorteil, dass sie nicht rosten; aber es gehört besonderes Geschick dazu, sie gut zu
                              									schleifen; wenn das Material nicht sehr sorgfältig gewählt ist, springen leicht
                              									winzige Stückchen aus den Schneiden aus. Felgenträger
                              									macht ferner darauf aufmerksam, dass Achat, wohl, wegen seines porösen Gefüges,
                              									stark Wasser anzieht.
                           Was die Befestigung der Schneiden im Balken anlangt, so kann man sie entweder fest
                              									einfügen und ihnen dann durch Schleifen auf besonderen Maschinen die rechte Form
                              									geben oder man kann ihr nachträgliches Ansrichten durch Justiervorrichtungen
                              									bewerkstelligen. Der letztere Weg ist bei Steinschneiden allein gangbar, weil sei
                              									fertig geschliffen eingesetzt werden müssen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 339
                              Fig. 11.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 339
                              Fig. 12.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 339
                              Fig. 13.
                              
                           Eine unverrückbar eingesetzte Mittelschneide von Sauter
                              									zeigt im Querschnitt Fig. 5 und in Seitenansicht
                              										Fig. 6. B ist der
                              									Balken, z die Schneide und k
                                 										k zwei Befestigungsbacken von keilförmigen Querschnitt.Das in Fig. 6
                                    											gezeichnete Justiergewicht dient zur Verlegung des Schwerpunktes und damit
                                    											zur Regelung der Empfindlichkeit der Wage.
                           Justiervorrichtungen werden in mannigfacher Form hergestellt. Sartorius macht die Endschneiden durch Schrauben und Keil verstellbar
                              										(Fig. 7 und 8).
                              									Die Schneide ist in dem Gehäuse A befestigt, das mit
                              									etwas Spielraum auf dem Ende des Wagebalkens aufsitzt und durch Stellschrauben in
                              									allen drei Richtungen des Raumes mit grösster Genauigkeit ausgerichtet werden kann.
                              									Die Schrauben 1, 2 und 3
                              									bilden die Ecken eines rechtwinkligen Dreiecks, dessen eine Kathete wagerecht liegt;
                              									die gleichen Schrauben befinden sich auch auf der Rückseite des Gehäuses. Durch Bewegen
                              									der Schrauben 1 dreht man das Gehäuse um die Senkrechte
                              										2, 3, durch Drehen der Schrauben 3 um die Wagerechte 1, 2.
                              									Die richtige Höhenlage der Schneide wird durch Verschiebung eines Keils erzielt, der
                              									in dem Hohlraum zwischen der oberen Balkenkante und der Gehäusewand eingeführt ist
                              									und mit der Stellschraube S, die durch den in der
                              									Zeichnung sichtbaren rechtwinklig umgebogenen Kopf des Keiles geht, verschoben
                              									werden kann. In Fig. 8 vertritt die Stelle des Keils
                              									die obere Balkenkante selbst, die durch einen Einschnitt von der übrigen Balkenmasse
                              									so getrennt ist, dass sie eine federnde Lamelle bildet, auf der sich durch die unten
                              									am Gehäuse befindlichen Zugschrauben 4 und 5 und eine innerhalb des Gehäuses in die Balkenmasse
                              									eingeschraubte, in der Figur nicht sichtbare Druckschraube das Gehäuse und mit
                              									diesem die Schneide in die richtige Höhe einstellen lässt.
                           Um die Entfernungen der Endschneiden von der Mittelschneide gleich zu machen, dienen
                              									die Schrauben 6, die in den Balken eingeschraubt sind
                              									und deren Kopf sich gegen das obere Ende des Gehäuses stemmt. Die feine Justierung
                              									der Gleicharmigkeit geschieht mit den schon erwähnten Schrauben 4 und 5.
                           Fig. 9 und 10 zeigen
                              									eine entsprechende Justiervorrichtung von Sauter. B ist
                              									der Balken, z2 die
                              									Endschneide.
                           Auf den Endschneiden sind die Wageschalen mit einem „Kompensationsgehänge“
                              									aufgehängt. Es ist dies eine Art Cardani scher
                              									Aufhängung, die bezweckt, dass unabhängig davon, ob die Gewichte auf der Mitte der
                              									Schale oder mehr seitlich stehen, die Schneide stets gleichmässig gelastet wird.
                              										Fig. 11 bis 13
                              
                              									stellen ein Kompensationsbehänge von Sauter dar. Der
                              									Drahtbügel des Gehänges c ist in den Scharnierbolzen
                              										f über der Mitte der Endschneide z' pendelnd aufgehängt und mit einem Bügel c' verbunden, in den der Schalenbügel eingehängt
                              									wird.
                           Bei dem Kompensationsgehänge von Sartorius (Fig. 14) ist die ebene Platte aus Karneol, die auf
                              									der Endschneide spielt, die „Pfanne“, in einen Rahmen eingefügt, in dem zu
                              									beiden Seiten der Steinplatte Karneolhütchen sitzen, deren Boden mit der unteren
                              									Pfannenfläche in eine Ebene fällt. In diesen beiden Hütchen spielt der Bügel b mit den Schrauben o und
                              
                              										oo, deren Spitzen gehärtet und fein poliert sind,
                              									rechtwinklig zur Wagenachse; seine Drehungsachse liegt in der Ebene der Endschneide.
                              									Der Druck wirkt bei dieser Anordnung selbst bei der schiefsten Belastung der
                              									Wageschale stets nur an einem und demselben Punkte.
                           Dieses Kompensationsgehänge erfordert eine besondere Art der Arretierung. Bekanntlich
                              									werden bei feinen Wagen nach der Wägung durch besondere Mechanismen die Schneiden
                              									von ihren Pfannen abgehoben, weil die Berührungsfläche zwischen beiden äusserst
                              									schmal ist und deshalb einen sehr hohen Flächendruck auszuhalten hat. Auf der Güte
                              									der Arretierungsvorrichtung beruht in hohem Grade die Dauerhaftigkeit der Wage.
                           Es gilt die Mittelschneide von ihrem Lager, die Gehänge von den Endschneiden so
                              									vorsichtig abzuheben und beim Auslösen der Wage ebenso sanft wieder aufzusetzen,
                              									dass der geringste Stoss vermieden wird. Meist gibt man der
                              									Arretierungsvorrichtungen die Form von Stangen mit seitlichen Armen, die durch
                              									Exzenter innerhalb der den Wagebalken tragenden Säule gehoben und gesenkt werden
                              									können.
                           Ausserdem werden die Schalen durch Stützen, die sich unter ihnen vom Boden erheben,
                              									aufgenommen. Man kann alle drei Achsen durch die gleiche Vorrichtungentlasten
                              									oder für Balken und für Gehänge getrennte Arretierungen anordnen. Im letzteren Falle
                              									wird die Wage am meisten geschont, aber die Einrichtung ist verwickelter. Ferner
                              									kann man die Arretierung statt durch senkrecht verschiebbare Träger auch durch Hebel
                              									bewirken, die sich in der Achse der Mittelschneide drehen, so dass sie auch bei
                              									schiefer Stellung des Balkens an dem rechten Platze angreifen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 340
                              Fig. 14.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 340
                              Fig. 15.
                              
                           Bei der Arretierung für das Kompensationsgehänge von Sartorius soll die ebene Pfanne immer wieder in derselben Linie auf die
                              									Endschneide aufgesetzt werden; deshalb ist der Rahmen der Pfanne (Fig. 14) mit drei Schrauben 1 bis 3 versehen, von denen 1 sich beim Arretieren in die oben trichterförmig
                              									ausgearbeitete Säule 1 (Fig.
                                 										15), 2 in die Rinne 2 und 3 auf die ebene Platte 3 setzt. Durch diese Anordnung ist die
                              									Unveränderlichkeit der Berührungsfläche zwischen Pfanne und Schneide gesichert und
                              									die Vorrichtung kann sich nirgends klemmen.
                           Die Stützvorrichtung für die Wageschalen kann man mit Lederpolstern versehen; Bunge stützt die Schalen durch halbkugelförmige
                              										Achatsteine.Bunge lässt auch den Wagebalken mit
                                    											Achatkugelflächen nahe der Mittelschneide in einem Hohlkegel und in zwei
                                    											Rinnen von Achat ruhen, bei seinen besten Wagen ausserdem kurz vo den
                                    											Endschneiden auf scharfkantigen Pfeilern. Bei den feineren Wagen
                              									von Rueprecht liegt die Schale auf drei festen Punkten,
                              									über deren Ebene ein feiner Haarpinsel etwas hervorragt, der beim Senken der
                              									Arretierung das Pendeln der freiwerdenden Wageschale zum grössten Teile aufhebt.
                           Dieses störende Pendeln entsteht, wenn die Gewichte nicht in der Mitte der Schale
                              									aufgesetzt sind. Um es gänzlich zu beseitigen, bringt Rueprecht unter den Schalen eine Konusarretierung an, die in einem
                              									Trichter endet, auf dessen oberem Rande die Wageschale in arretiertem Zustande
                              									aufsitzt; die Schale selbst hat in der Mitte ihrer Unterseite einen Stift, der in
                              									den Trichter hineinragt. Wenn nun der zu wiegende Körper oder die Gewichte
                              									ausserhalb der Mitte stehen, so wird beim Senken der Arretierung die Schale in dem
                              									Bestreben, sich mit ihrem Schwerpunkt senkrecht unter die Endschneide zu hängen, mit
                              									dem Stifte solange an der Wand des Trichters gleiten, bis sie die senkrechte
                              									Stellung gefunden hat, dann bleibt sie ohne jedes Schwanken ruhig hängen während der
                              									Trichter noch tiefer geht; umgekehrt wird beim Arretieren die Schale wieder durch
                              									den Trichter gefasst und sanft in seine Mitte geführt.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)