| Titel: | Sonderbauarten der Hebezeuge für den Eisenbahnbetrieb. | 
| Autor: | Hans A. Martens | 
| Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 552 | 
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                        Sonderbauarten der Hebezeuge für den
                           								Eisenbahnbetrieb.
                        Von Regierungsbaumeister Hans A.
                                 								Martens.
                        (Fortsetzung von S. 516 d. Bd.)
                        Sonderbauarten der Hebezeuge für den Eisenbahnbetrieb.
                        
                     
                        
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 552
                              Fig. 18. Feststehender Bockkrahn mit seitlich angeordnetem Windwerk und
                                 										Antrieb von unten von Butz & Leitz.
                              
                           Hebevorrichtungen, die im Verladeverkehr mit demEisenbahnbetrieb in
                              									Wechselwirkung treten, erscheinen nur in ihrem Aufbau durch diesen beeinflusst, während
                              									das Triebwerk selbst davon unberührt bleibt und den Verkehrsbedürfnissen
                              									entsprechend für Hand- oder mechanischen Antrieb ausgebildet wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 553
                              Fig. 19. Bock- und Ueberladekran von De Fries & Cie.
                              
                           Die für Verladezwecke so häufig gebrauchten Drehkrane sind, da Hubhöhe und Ausladung
                              									unter gleichen örtlichen Verhältnissen stets die gleichen sind, zu Regelbauarten
                              									ausgearbeitet worden, bieten aber weder in Form noch Triebwerk
                              									Aussergewöhnliches.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 553
                              Fig. 20. Fahrbarer Ueberladekran für 2500 kg Tragkraft und 15 m Spannweite von
                                 										Findeisen.
                              
                           Bei den ortfesten und fahrbaren Bock- oder Ueberladekranen ist das Krangerüst
                              									bestimmt durch die Aufgabe, Lasten aus den Eisenbahnwagen unmittelbar auf
                              									nebenstehende Strassenfahrzeuge oder andere Eisenbahnwagen umzuladen und umgekehrt.
                              									Die „Umgrenzung des lichtenRaumes“ giebt die Form für das Krangerüst bei
                              									diesen und den Kranen der folgenden Gruppe. Es überspannt ein oder mehrere Gleise
                              									und den Fahrdamm. Der Antrieb geschieht bald von oben, bald von unten, mechanisch
                              									oder von Hand, der geforderten Leistungsfähigkeit angepasst. Als Beispiele seien
                              									genannt der von Butz & Leitz, Mannheim ausgeführte
                              									Bockkran Fig. 18, der Bock- und Ueberladekran von
                              										De Fries & Cie,
                              									Düsseldorf Fig. 19 und der fahrbare Ueberladekran
                              									von Findeisen, Chemnitz-Gablenz. Fig. 20.
                           An Hafen- und Quaianlagen treffen wir besonders zwei Bauarten von Kranen an, deren
                              									Gerüst durch den Eisenbahnbetrieb gegeben ist. Während bei älteren Anlagen auf dem
                              									ersten Gleis an der Quaimauer Krane mit eigenem Fortbewegungsantrieb liefen, nutzt
                              									man heut dies Gleis für den Verkehr mit Eisenbahnwagen aus und führt die Krane auf
                              									fahrbaren Portalen als Drehkrane aus, unter denen der Verkehr unbehindert auf den
                              									Gleisen stattfinden kann. Der Antrieb für Heben und Drehen ist stets mechanisch. Für
                              									die Fahrbewegung ist die Notwendigkeit der Kranverschiebung ausschlaggebend.
                           Eine Abart der Torkrane sind die Winkel- oder Einbeinkrane, die mit dem einen
                              									senkrechten Schenkel auf der Schiene in Höhe der Hafenbahn laufen, während der
                              									andere wagerechte auf der Mauer des nahen Güterschuppens läuft. Das Kranhubwerk ist
                              									meist noch selbst fahrbar auf dem Krangerüst. Der Antrieb ist stets mechanisch. Fig. 21 stellt einen von der Gesellschaft für elektrische Industrie, Karlsruhe i. B. gebauten
                              									Halbtorkran mit elektrischem Antrieb dar. Das Verladegeschäft findet zwischen
                              									Schiff, Eisenbahnwagen und Güterhalle oder Lastfuhrwerk statt.
                           Im Kohlenumschlagsverkehr haben sich bemerkenswerte Einrichtungen entwickelt, die für
                              									die Verfrachter und die Eisenbahnen gleich wirtschaftlich bedeutsam sind: die
                              									Kohlenkipper. Darunter werden Vorrichtungen verstanden, mittels deren ein
                              									Eisenbahnwagen um einen bestimmten Winkel geneigt wird, um nun seine Ladung – die
                              									auch aus anderem Schüttstoff wie Kohle bestehen kann, dem Gesetz der Schwere
                              
                              									folgend, zu entleeren. Die Vorrichtung stellt sich im allgemeinen als eine um eine
                              									wagerechte Achse
                              
                              									drehbare Bühne dar, auf welcher der Wagen mittels Fanghaken hefestigt wird. Die
                              									Wagen werden nach Entleeren entweder auf dem Zuführungsgleis zurückbefördert oder
                              									gehen über die Bühne hinweg. Ersteres findet naturgemäss bei Kohlenkippern an
                              									Hafenanlagen, letzteres auf industriellen Werken gemäss dem Prinzip des stets in
                              									einer Richtung laufenden Arbeitsfortganges statt. Die Einleitung der Kippbewegung
                              									geschieht auf verschiedene Weise. Man hat das Drehmoment des beladenen Wagens
                              									ausgenutzt, welches bei bestimmter Stellung des Wagens auf der Bühne nach Lösen
                              									einer Sperre den Wagen kippte. Durch eine geschickte Anordnung lag der Schwerpunkt
                              									des ganzen Systems, Bühne und leerer Wagen so, dass die in ihm angreifende
                              									Gesamtmasse auf Zurückschwingenwirkte. Beide Wirkungen, Kippen und
                              									Zurückschwingen, traten jedoch infolge verschiedener Bauart der Wagen nicht immer
                              									mit Sicherheit ein, so dass durch Eingriff von Hand an einem Windwerk nachgeholfen
                              									werden musste. Dies führte zu den mechanisch betriebenen Kippern, die, in früheren
                              									Jahren hydraulisch betrieben, in der Neuzeit die elektrische Energie sich dienstbar
                              									machen. Jedoch scheinen auch diese vervollkommneten Wagenkipper verdrängt werden zu
                              									sollen durch billiger und schneller arbeitende Vorrichtungen, durch die selbsttätig
                              									entladenden Eisenbahnwagen, die sog. Selbstentlader. Die Wagen haben trichterförmige
                              									Laderäume, die durch Boden- oder Seitenklappen leicht entleert werden können.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 554
                              Fig. 21. Halbtorkran mit elektrischem Antrieb von der Gesellschaft für
                                 										elektrische Industrie, Karlsruhe i. B.
                              
                           Für die Beförderung von Langholz dienen als Spezial-Wagen bezeichnete Eisenbahnwagen,
                              									so dass es nicht verwunderlich erscheint, wenn sich für das Verladegeschäft auch
                              									Sonderbauarten herausgebildet haben. Die Langholz-Ladekräne der Firma Piechatzek, Berlin haben schnell Wegen ihrer
                              									Brauchbarkeit Eingang gefunden. Die Krane, wohl besser Winden genannt, werden immer
                              									paarweise verwendet und in einer von der Länge der Baumstämme abhängigen Entfernung
                              									voneinander hinter dem Wagen, d.h. auf der dem lagernden Holz entgegengesetzten
                              									Seite vom Gleis aufgestellt. Bei der Verwendung von Wagenpaaren mit Drehschemmel
                              									wird an jedem Wagen eine Winde aufgestellt, welche an den Füssen durch Hakenketten
                              									mit der ihr zunächst liegenden Schiene verbunden wird. Im Ruhezustand hindert eine
                              									hölzerne Strebe auf der Rückseite des Gestells das Umfallen. Beim Anziehen der Last
                              									lehnt sich das Brustgestell gegen denWagenlängsträger. Das Verladen geschieht
                              									durch Heraufrollen der Stämme mittels Kettenschlinge auf einer schiefen Ebene, die
                              									aus zwei schräg gegen die Wagenkante gelegten Hölzern oder leichteren
                              									Eisenbahnschienen gebildet wird. Bei sehr schweren Lasten arbeiten je zwei Mann an
                              									einer Winde, bei mittleren und kleinen genügen im ganzen zwei Mann. Das Verladen ist
                              									gefahrlos und geht schnell und billig vor sich. Sehr wertvoll ist das Vermeiden des
                              
                              									gefährlichen Schwenkens langer Baumstämme, wie es beim Verladen mittels Drehkranen
                              									nötig wird. Zum Abrollen der Kette kann die Kurbelwelle ausgeschaltet werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 555
                              Fig. 22. Doppelaufzug für hydraulischen Betrieb von Butz & Leitz.
                              
                           Der Vollständigkeit halber soll nicht verfehlt werden, die Rollböcke zu erwähnen,
                              									welche den Uebergang der Güter von Regelspurbahnen auf Schmalspurbahnen ohne
                              									Umladung gestatten, indem die Hauptbahnwagen auf Gestelle
                           
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 556
                              Fig. 23. Plateau-Aufzug für Waren und Personen mit direktem Antrieb von
                                 										Findeisen.
                              
                           gesetzt werden, welche auf der Schmalspur laufen. Die
                              									Rollböcke ersparen also Hebezeuge für das Umladen, während sie selbst
                              									Verladevorrichtung und Fahrzeug zugleich darstellen.
                           Das Hochlegen der Bahnsteige in den grösseren Städten hat zu einem ganz bestimmten
                              									Typus von Aufzügen geführt, durch die das Gepäck der Reisenden und die Postsachen
                              									von den meist zu ebener Erde in Strassenhöhe liegenden Abfertigungsstellen zu den
                              									Bahnsteigen gehoben werden. Die Aufzüge machen stets denselben Hub ohne
                              									Fahrtunterbrechung, sind daher meist mitselbsttätiger Abstellvorrichtung an den
                              									Hubgrenzen ausgerüstet. Der stets mechanische Antrieb hat auch seine Entwicklung vom
                              									hydraulischen zum elektrischen genommen. Der hydraulische Antrieb ist wegen der
                              									kleinen Hubhöhe stets unmittelbar. Der elektrische zeigte in älteren Ausführungen
                              									Seil als Huborgan mit Rollenübersetzung und eine Aufzugsmaschine, wie sie bei
                              									Aufzügen zur Regel geworden ist. Neuere Bauarten zeigen Spindelantrieb, bei dem eine
                              									tragende Spindel vom Motor unmittelbar angetrieben wird. Als Beispiel eines
                              									hydraulischen Gepäckaufzuges diene die Ausführung eines Doppelaufzuges von Butz & Leitz. Mannheim
                              										(Fig. 22). Als Beispiel eines älteren
                              									elektrischen Aufzuges, wie er sich noch in vielen Ausführungen vorfindet, gelte
                              										(Fig. 23), nach Herrn.
                                 										Findeisen, Chemnitz-Gablenz. Typisch für alle diese Aufzüge ist der
                              									Abschluss des Aufzugschachtes durch eiserne Falltüren, die durch Stossbügel der
                              									Fahrbühne geöffnet werden und sich selbst wieder schliessen, so dass ein
                              									Hinabstürzen in den Schacht verhindert wird.
                           Aufzüge für Personen finden sich für Eisenbahnzwecke auf dem Festland noch
                              									verhältnismässig selten, jedoch Fig. 23. wird ihre
                              									Einführung mit dem Bau von Hoch- und Untergrundbahnen eine Notwendigkeit, sobald
                              									grössere Höhen- und Personen mit direktem unterschiede zwischen Strasse und
                              									Bahnsteig nicht mehr Antrieb von Findeisen. durch Verwendung von Treppen bequem und
                              									schnell genug durch die Reisenden bewältigt werden können. Ihre Bauart wird aber
                              									kaum von dem Zweck, dem sie als Hilfsmittel im Eisenbahnbetrieb dienen, beeinflusst
                              									werden.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)