| Titel: | Die Neuanlage des Königlichen Materialprüfungsamtes in Gross-Lichterfelde, West. | 
| Autor: | K. Memmler | 
| Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 561 | 
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                        Die Neuanlage des Königlichen
                           								Materialprüfungsamtes in Gross-Lichterfelde, West.
                        Von K. Memmler, ständiger Mitarbeiter des
                           									Kgl. Materialprüfungsamtes.
                        (Fortsetzung von S. 539 d. Bd.)
                        Die Neuanlage des Königlichen Materialprüfungsamtes in
                           
                           								Gross-Lichterfelde, West.
                        
                     
                        
                           An vielen Festigkeitsprobier-Maschinen im neuen Betrieb erfolgt die Kraftmessung
                              									durch sog. „Messdosen“. In Fig. 7 ist eine
                              									solche wiedergegeben, wie sie mehrfach ausgeführt wurde und wie sie besonders schon
                              									im alten Betriebe der Anstalt eingehenden Prüfungen unterworfen worden ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 561
                              Fig. 7. Messdose von Martens.
                              
                           Die durch die Antriebsvorrichtungen der Maschinen erzeugte und vom Versuchskörper
                              									aufgenommene Belastung wird durch Schneide oder Körnerspitze auf den Dosen-Deckel
                              									oder Dosenkolben übertragen und hydrostatisch gemessen. Die Dose selbst besteht aus
                              									einem starkwandigem Gehäuse, in dem der Kolben durch zwei dünne Stahlblechscheiben
                              										d, die zwischen Ringen g und f eingeklemmt sind, geführt und gut
                              									zentriert ist. Der Kolben drückt auf ein 0,2–0,3 mm starkes Blech aus sehr weich
                              									gemachtem Messing, das den unteren Raum des Messdosengefässes,der mit Wasser
                              									gefüllt ist und mit dem Manometer in Verbindung steht, dicht abschliesst. Der Kolben
                              									hat ringsum nur 0,2 mm Spiel und seine jeweilige Stellung wird durch den Zeiger l mit grosser Uebersetzung angezeigt. Die auf den
                              									Kolben wirkende Kraft ergiebt sich aus der Manometeranzeige und der wirksamen
                              									Kolbenfläche.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 561
                              Fig. 8. Messdose für die 40000 kg Maschine von Martens. Pmax = 40000 kg;
                                 											pmax = 50 atm;
                                 											f = 800 qcm
                              
                           Die Dose ist mehrfachen Prüfungen auf dem später zu erwähnenden Belastungsapparat
                              									nach Hoppe unterzogen worden, wobei eine
                              									ausserordentlich grosse Empfindlichkeit ermittelt wurde. Schon ein Zusatzgewicht von
                              									2 kg auf dem Kolben veranlasste eine Manometeranzeige. Bei höheren
                              									Flüssigkeitsdrucken wird die Abdichtung an den Rändern des Messingbleches
                              									unzuverlässig. In solchen Fällen wurde daher eine andere Konstruktion verwendet.
                              										Fig. 8 zeigt dieselbe für eine 40 t-Presse,
                              									Bauart Martens. Der Unterschied gegen die obige
                              									Ausführung besteht hauptsächlich darin, dass an Stelle des Dosenabschlusses mittels
                              									eines Messingbleches eine Blase aus zwei mit den Rändern aufeinander gelöteten
                              									Blechen verwendet und der Hohlraum zwischen beiden Blechen mit Wasser gefüllt und
                              									mit dem Manometer in Verbindung gebracht ist. Bei sorgfältiger Lötung halten diese
                              									Dosen noch bei Drucken bis zu 200 atm dicht; erschwert ist aber bei ihnen die
                              									Entlüftung, die äusserst sorgfältig geschehen muss; Schwierigkeiten bereitet auch
                              									der Anschluss des Stutzens für die Manometerleitung. Als erhebliche Vorzüge der
                              									Messdose sind besonders zu nennen: die ausserordentlich grosse Empfindlichkeit und
                              									die Möglichkeit, mit ihr sehr gedrungene, wenig sperrige Maschinenkonstruktionen zu
                              									erreichen. Wenn jedoch besonders der zuerst genannte Vorzug voll ausgenutzt werden
                              									soll, müssen auch entsprechend empfindliche, solid gebaute Manometer als
                              									Kraftanzeiger Verwendung finden. Aus diesem Grunde ist der Konstruktion und Ausführung der im neuen
                              									Betriebe verwendeten Manometer und ihrer möglichst einfachen und rasch
                              									durchführbaren Prüfung besondere Aufmerksamkeit gewidmet worden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 562
                              Fig. 9. Martens Manometer rnit Spiegelablesung von Schäffer &
                                 										Budenberg.
                              
                           Sämtliche Manometer sind von der Firma Schäffer &
                              										Budenberg in Buckau nach Konstruktionsangaben von
                              										Martens geliefert worden. Hierbei ist besonderer
                              									Wert auf möglichst saubere Teilung der Skala mit gleichmässigen, dünnen Teilstrichen
                              									und auf möglichst feine Zeigerspitzen gelegt worden. Zu dem sind alle Manometer ohne
                              									Nullanschlag gebaut, sodass jegliche Veränderung der Feder und des Triebwerkes sich
                              									sofort an der veränderten Nullstellung des Zeigers zu erkennen giebt. Die meisten
                              									Manometer haben nicht Teilung nach Atmosphären, sondern nach Kreisgraden. Zur
                              									Auswertung der Ablesung dienen Tabellen, die auf Grund der Manometer – Prüfungen
                              									aufgestellt wurden und nach den jeweiligen Wiederholungen der Prüfungen berichtigt
                              									werden.
                           Unter den von Martens für besondere Zwecke entworfenen
                              									und ebenfalls von Schäffer & Budenberg gebauten Manometern seien hier kurz folgende
                              									erwähnt.
                           Bei dem Spiegelmanometer (Fig. 9), von denen einige
                              									für Manometerkontrolle und feine Druckmessungen Verwendung finden, hat Martens seinen Spiegelapparat an die Stelle des
                              									gewöhnlichen Manometergetriebes gesetzt. Die durch den Innendruck veranlasste
                              									Formänderung der Bourdonfeder wird durch die Feder l
                              									auf den auf dem Bock a gelagerten schneidenförmigen
                              									Körper k übertragen, der in der Verlängerung seiner
                              									Längsachse den Planspiegel i trägt. Durch die
                              									Formänderung der Bourdonfeder wird der Schneidenkörper mit dem Spiegel zum Kippen
                              									gebracht; die Spiegeldrehung wird an einer in bestimmter Entfernungvom Spiegel
                              									aufgestellten Millimeterskala beobachtet, indem die Verschiebung des Skalenbildes
                              									gegen das Fadenkreuz eines Ablesefernrohres festgestellt wird. Das
                              									Uebersetzungsverhältnis, gegeben durch das Verhältnis zwischen Breite des
                              									schneidenförmigen Körpers und Entfernung des Spiegels von der Ableseskala, kann
                              									hierbei beliebig verändert werden; mit Leichtigkeit ist 1/5000 des Gesamtausschlages der
                              									Manometerfeder noch messbar.
                           Nachdem gleichen Konstruktionsgrundsatz sind Zeiger-Auslöse- und Schreib-Manometer
                              									gebaut, bei denen an Stelle des Spiegels ein Zeiger angeordnet ist. Bei den
                              									Auslösemanometern, die zur Betätigung der selbstätig wirkenden Steuerungen der
                              									später zu beschreibenden Dauerversuchsmaschinen dienen, schliesst der Zeiger in der
                              									Anfangs- und Endstellung, die verstellbar sind, einen elektrischen Stromkreis,
                              									wodurch bei den genannten Maschinen die Druck-Steuervorrichtung betrieben wird. Bei
                              									den Schreibmanometern, wie solche besonders zur Druckaufzeichnung bei den Messdosen
                              									neben dem Ablesemanometer aufgestellt sind, trägt das Zeigerende eine Füllfeder, die
                              									den Zeigerausschlag auf einen über Trommeln laufenden Papierstreifen aufzeichnet.
                              									Bei jeder Umkehrbewegung des Zeigers wird durch Stromschluss ein Sperrwerk ausgelöst
                              									und die Trommel mit der Papierrolle durch eine Drahtspirale sprungweis vorwärts
                              									bewegt, so dass die Höchst- und Tiefstellung des Zeigers durch kurze Striche
                              									verzeichnet werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 562
                              Fig. 10. Martens Kontrollstabprüfer von Hoppe.
                              
                           In gleicher Weise sind die Hauptschreibmanometer konstruiert, von denen je einer in
                              									den Hauptversuchshallen aufgestellt ist und mit Hilfe von Schaltventilen mit allen
                              										Maschinen der
                              									Halle verbunden werden kann. Die Manometer dienen hauptsächlich zur
                              									Betriebskontrolle; der Papierstreifen wird bei ihnen durch einen kleinen
                              									Elektromotor bewegt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 563
                              Fig. 11. Amagatzzylinder.
                              
                           Die so ausgiebige Verwendung von Manometern verschiedener Konstruktion macht
                              									natürlich eine sehr sorgfältige, möglichst einfache und schnell durchführbare
                              									Manometerprüfung nötig. Sie geschieht durch Vergleich der Betriebsmanometer mit
                              									Kontrollmanometern, die niemals Stössen ausgesetzt und dadurch gegen Veränderungen
                              									gut gesichert sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 563
                              Fig. 13. Quecksilbermanometer.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 563
                              Fig. 14. Martens Quecksilber-Satzmanometer.
                              
                           Für die Nachprüfung der Kontrollinstrumente, besonders bei höherem Druck bis zu 5000
                              									atm dient der bereits im alten Betriebe für Eichung der Kontrollstäbe verwendete,
                              									von Hoppe gebaute Apparat für direkte Gewichtsbelastung
                              										(Fig. 10). Der zu prüfende Rtab wird in die
                              									Traverse g eingehängt, die mittels der Singe h auf den feststehenden Säulen b ruht. Das untere Stabende wird mit der Traverse e verbunden. Sie trägt die Stangen l, an
                              									welche die zehn Scheiben a sich nach und nach anhängen,
                              									sobald der Zylinder f entleert wird und sein Kolben,
                              									der die Scheiben trägt, sich senkt. Das Gewicht jeder Scheibe beträgt 1000 kg mit
                              									einem Fehler von ± 2 kg.
                           Für die Manometerprüfung werden die Stangen l durch die
                              									Stange ii nach oben verlängert und oben wird die dritte
                              									Traverse k angebracht. Zwischen k und der mittleren Traverse g wird eine
                              									Messdose oder ein sog. „Amagatzylinder“
                              									p eingebaut, so dass die Dose oder der Kolben des
                              									Zylinders durch die angehängten Gewichtsscheiben belastet werden kann,wobei der
                              									Dosen- bezw. Zylinderraum durch Kupferrohrleitung mit dem zu prüfenden Manometer in
                              									Verbindung steht. Einer dieser Amegatzylinder ist in
                              
                              										Fig. 11 dargestellt. Kolben und Zylinder sind
                              									aus zähem, in Oel gehärtetem Nickelstahl hergestellt und durch Abschleifen sauber
                              									ineinander eingepasst. Als Pressflüssigkeit dient dickes Mineralöl. Die Kolben
                              									sollen, wenn irgend angängig, ohne Manschettendichtung arbeiten; zur Verminderung
                              									der Reibung werden sie durch besonderen Elektromotor und Schnurzug während der
                              									Belastung in Drehung erhalten. Es ist je ein solcher Zylinder für 500, 1000 und 5000
                              									atm Druck beschafft worden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 563
                              Fig. 12. Wagemanometer für 600 atm.
                              
                           Zur Prüfung der Manometer mit geringen Laststufen dient das aus dem alten Betriebe
                              									übernommene Stückrathsche Wagemanometer (Fig. 12), eine Einrichtung, die sich auch in der
                              									Physikalischen Technischen Reichsanstalt gut bewährt hat.
                           Der hydraulische Druck wird durch den nach Amagatschem
                              									Prinzip gebauten, ständig gedrehten Kolben eines Presszylinders von 1 qcm
                              									Querschnitt auf dem ungleicharmigen Hebel der Wage übertragen und durch Aufsetzen
                              									von geeichten Gewichten auf die am Ende des langen Hebelarmes hängende Wageschale
                              									der sehr empfindlichen Wage gemessen. Der Apparat ist eingehenden Versuchen in Bezug
                              									auf seine Empfindlichkeit im alten Betriebe und auch in der Physikalischen
                              									Technischen Reichsanstalt unterzogen worden und hat sehr zufriedenstellende
                              
                              
                              									Ergebnisse geliefert. Um jederzeit den Anschluss aller Messvorrichtungen an das
                              									Quecksilbermanometer ermöglichen zu können, ist ein nach Die Kettenschaltgetriebe am
                              									mechanischen Webstuhle.
                           Entwürfen von Martens gebautes sogenanntes Satzmanometer
                              									aufgestellt worden. Da die gewöhnlichen Quecksilbermanometer sehr bald wegen der
                              									erforderlichen Höhe der Skala unbequem werden, ist durch die in Fig. 13 und 14 im
                              									Prinzip wiedergegebene Einrichtung der Versuch gemacht, dem Quecksilbermanometer
                              									eine etwas handlichere Form zu geben.
                           Die Einrichtung besteht aus mehreren nebeneinander angeordneten Mannesmannstahlrohren
                              									von abwechselnd engem und weiterem Querschnitt, die zum grossen Teil mit Quecksilber
                              									gefüllt sind. Jedes enge Rohr mündet am unteren Ende in das nächstfolgende weiter;
                              									am oberen Ende sind alle Rohre durch den gemeinsamen Kanal im Sammelstück (Fig. 14) miteinander verbunden. In diesen gemeinsamen
                              									Kanal wird Presswasser aus der Druckleitung eingeführt, dessen Weg man durch
                              									Schliessen und Oeffnen der Ventile 200–20 vorschreiben und dessen Zuflussgeschwindigkeit man
                              									durch ein vor dem Sammelstück liegendes Hauptabsperrventil regeln kann. Bei
                              									geschlossenem Hauptabsperrventil kommunizieren die Quecksilbersäulen in allen
                              									Rohren. Schliesst man das Ventil 20, während 200 bis 40 geöffnet
                              									bleiben, so wird das durch den gemeinsamen Kanal zugeführte Presswasser die
                              									Queksilbersäule aus dem letzten engen Rohr in das letzte weite Rohr
                              									verdrängenund am Fusse des weiten Rohres angelangt, in diesem zwischen
                              									Rohrwandung und Quecksilber aufwärts strömen und durch die Abflussleitung
                              									abfliessen. Der Druckzuleitungsstrang zwischen Hauptabsperrventil und dem unteren
                              									Ende der letzten Quecksilbersäule steht dann unter dem Druck dieser Quecksilbersäule
                              									(vermindert um die entgegenwirkende Wassersäule im zugehörigen engen Rohr) und ein
                              									an diese Leitung angeschlossenes Manometer muss diesen Druck anzeigen. Schliesst man
                              									die Ventile 20 und 40, so
                              									wird das Presswasser seinen Weg durch das vorletzte enge Rohr, an der vorletzten
                              									Quecksilbersäule vorbeiströmend, hierauf wie vorher durch das letzte enge Rohr und
                              									an der letzten Quecksilbersäule vorbeiströmend in die Abflussleitung nehmen.
                              									Druckzuleitungsstrang und Manometer stehen dann unter dem Druck von zwei
                              									Quecksilbersäulen. In dieser Weise kann durch nacheinander erfolgendes Schliessen
                              									der Ventile eine Säule nach der anderen eingeschaltet werden.
                           Die Anlage stellt wie oben schon bemerkt vorläufig nur einen Versuch dar und ist mit
                              									fünf Säulen zur Druckmessung bis zu 50 atm Druck verwendbar. Man darf auf die
                              									Versuchsergebnisse, deren Veröffentlichung in den „Mitteilungen“ in Aussicht
                              									gestellt wird, wohl gespannt sein.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)