| Titel: | Ueber Heissdampflokomotiven und die Ausnutzung der Abgase des Kessels durch Vor- und Zwischenüberhitzer. | 
| Autor: | Ludwig v. Löw | 
| Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 613 | 
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                        Ueber Heissdampflokomotiven und die Ausnutzung
                           								der Abgase des Kessels durch Vor- und Zwischenüberhitzer.
                        Von Ludwig v. Löw,
                           								Diplom-Ingenieur.
                        Ueber Heissdampflokomotiven und die Ausnutzung der Abgase des
                           								Kessels usw.
                        
                     
                        
                           Wenn man einen gesättigten Dampf komprimiert, so kondensiert er sich, ein
                              									überhitzter Dampf dagegen erhöht infolge der Kompression seine Spannung; dieses
                              									verschiedene Verhalten tritt nur bei isothermischer Zustandsänderung ein, also dann,
                              									wenn die Zylinderwände die durch die Kompressionsarbeit erzeugte Wärme sehr rasch
                              									nach aussen ableiten. Nun geben zwar auch diese Wände, besonders bei Lokomotiven,
                              									viel Wärme nach aussen hin ab, immerhin aber geht dies nicht so rasch vor sich, dass
                              									man von einer isothermischen Zustandsänderung sprechen könnte; bekanntlich
                              									betrachtet man sogar die Kompressionsperiode bei unseren Dampfmaschinen als einen
                              									nahezu adiabatischen Vorgang. Dies ist aber nur für den Gesamtverlauf der
                              									Kompression richtig, während der einzelnen Zeitintervalle jedoch ist die Kompression
                              									keineswegs eine adiabatische Zustandsänderung; denn anfangs, solange die Temperatur
                              									der Zylinderwand höher ist als die des zu komprimierenden Dampfes, findet ein
                              									Wärmeübergang von der Wand auf den Dampf statt, sobald aber die Temperatur des
                              									Dampfes höher wird, als die der Zylinderwand, kommt ein umgekehrter Wärmeaustausch
                              									zustande. Der Gesamtverlauf der Kompressionsperiode könnte dann als eine vollkommene
                              									adiabatische Zustandsänderung aufgefasst werden, wenn die Wärmezufuhr von der Wand
                              									auf den Dampf im ersten Teil, genau ebenso gross wäre, wie die Wärmeabfuhr vom Dampf
                              									auf die Wand im zweiten Teil. Bei vollkommen adiabatischer Kompression würde sich
                              									der gesättigte Dampf ebenso verhalten, wie der überhitzte; anfangs zwar würde er
                              									sich etwas kondensieren, dabei würde die Verdampfungswärme frei und da diese der
                              									wärmedichten Wand wegen nicht entweichen kann, so würde das Kondensat sofort wieder
                              									verdampfen und eine ähnliche Drucksteigerung wie bei überhitztem Dampf eintreten.
                              										Da nun aber die Zylinderwände Wärme nach aussen hin
                                 										abgeben, so ist die Wärmezufuhr im ersten Teil der Kompressionsperiode auf den
                                 										eingeschlossenen Dampf geringer, als die Wärmeabfuhr im zweiten Teil von ihm
                                 										weg; die Zustandsänderung weicht daher von der adiabatischen ab und neigt sich
                                 										zur isothermischen hin und je grösser nun diese Neigung ist, d.h. je mehr die
                                 										Zylinderwandtemperatur unter der mittleren Temperatur des Dampfes zurückbleibt,
                                 
                                 										um so berechtigter ist die Ueberhitzung, denn wie eingangs gesagt, so
                                 										kondensiert sich der gesättigte Dampf bei isothermischer Kompression. –
                              									Hierin liegt auch der Wert der Heizung der Dampfzylinder durch Frischdampf. Infolge
                              									eines solchen Dampfmantels wird natürlich die Oberfläche des Zylinders grösser und
                              									infolgedessen muss auch die – sagen wir – Aussenkondensation (Niederschlag an der Oberfläche) grösser sein, als wenn
                              									der Zylinder keinen Dampfmantel hätte, aber durch diese Mantelheizung wird die Innenkondensation (Kondensation durch Kompression) so
                              									vermindert, dass die vermehrte Aussenkondensation in den Hintergrund tritt. Die
                              									Kulissensteuerungen bringen nun stets sehr hohe Kompressionen mit sich und die
                              									Zylinder sind bei einer Lokomotive mehr als bei ortsfesten Maschinen der Abkühlung
                              									unterworfen, es wird daher der Heissdampf zweifellos hier ein sehr fruchtbares
                              									Gebiet finden.
                           In dieser Verminderung des Niederschlages in den Zylindern ist wohl der Hauptgrund zu
                              									sehen, der für die Anwendung des überhitzten Dampfes spricht und ferner liegt, wie
                              									wir später erkennen werden, noch ein wesentlicherVorteil darin, dass sich durch
                              									Einbau eines Ueberhitzers besonders bei Schnellzugslokomotiven der Wirkungsgrad der
                              									Kesselanlage verbessern lässt.
                           Von den kleineren Vorzügen, die die Verwendung des Heissdampfes mit sich bringt,
                              									wollen wir zunächst die Verminderung des
                                 										Wasserverbrauchs betrachten. Diese ist deshalb, besonders für
                              									Tenderlokomotiven, angenehm, weil sie es ermöglicht, bei gleichen Wasservorräten mit
                              									der Heissdampflokomotive weiter zu fahren als mit der Nassdampflokomotive; ausserdem
                              
                              									braucht der Kessel der ersteren nicht so oft ausgewaschen zu werden und hat eine
                              									längere Lebensdauer. Der verminderte Wasserverbrauch bildet aber keineswegs eine
                              									Gewähr dafür, dass die Heissdampflokomotive auch einen geringeren Kohlenverbrauch
                              									aufweist als eine vergleichbare Nassdampflokomotive; die beiden folgenden Beispiele
                              									werden dies beweisen. – Eine Nassdampflokomotive verbrauche 10 kg Dampf für 1 PS/St. (s.
                              										„Eisenbahntechn. d. Gegenwart“, 2. Aufl., 1. Teil: Die Lokomotiven, S.
                              									83) und arbeite mit 10 Atm. Ueberdruck; in diesem Fall beträgt der Wärmewert λn für 1 kg Dampf
                           λn =
                              									606,5 + 0,305 t = 606,5 + 0,305 . 183,05 = 661,9 cal.
                           Demnach ist der Wärmeaufwand An für 1 PS/St.
                           An =
                              									661,9 . 10 = 6619 cal.
                           Der Einfachheit des Vergleichs halber arbeite die Heissdampflokomotive auch mit einem
                              									wirksamen Dampfdruck von 10 Atm.; die Ueberhitzung werde auf 350 ° gebracht und die
                              									Lokomotive habe eine Wasserersparnis von 10 v. H. gegenüber der Nassdampflokomotive;
                              									sie verbraucht daher 9 kg Dampf für 1 PS/St.
                           Zu dem berechneten Wert
                           λn =
                              
                              									661,9 cal
                           kommt nun noch der Wärmewert für die Ueberhitzung
                           (350 – 183) . 0,48 = 80,1 cal
                           hinzu, und es ergibt sich
                           λn =
                              									742,0 cal.
                           (Bei dieser Berechnung ist noch zugunsten der Heissdampfmaschine der Wert der
                              									spezifischen Wärme zu 0,48 cal angenommen; Bach [s.
                              									Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1902, S. 7291 glaubt gefunden zu haben, dass diese
                              									Zahl zu klein ist und man zutreffender mit 0,6 cal rechnet). – Multiplizieren wir
                              									nun λh mit dem
                              									Dampfverbrauch für 1 PS/St., so erhalten wir den Wärmeaufwand Ah für 1 PS/St.
                           Ah =
                              									742,0 . 9 = 6678 cal.
                           Diese Zahl ist grösser als diejenige (Ah), die wir bei der Nassdampflokomotive gefunden
                              									haben, und da der Wärmeaufwand dem Kohlenverbrauch proportional ist, vorausgesetzt,
                              									dass beide Lokomotiven mit gleich guter Kesselausnutzung und gleichem Wassergehalt
                              									des Dampfes arbeiten, so hat die Heissdampflokomotive trotz ihrer 10 v. H.
                              									Wasserersparnis mehr Kohlen für 1 PS/St. verbraucht. – Im allgemeinen hat ja die
                              									Heissdampflokomotive mehr als 10 v. H. Wasserersparnis aufzuweisen, aber wir sehen,
                              										Wasserersparnis ist nicht unbedingt mit Kohlenersparnis
                                 										verknüpft; man muss sich daher hüten, Maschinen nach ihrem Wasserverbrauch zu
                                 										beurteilen.
                           
                           Ebenso wie die Verminderung des Wasserverbrauchs keine grosse Bedeutung hat, so
                              									ist auch die Vervollkommnung des Kreisprozesses durch
                              									die Erhöhung des Temperaturgefälles nahezu illusorisch. Bekanntlich ist der
                              									Wirkungsgrad der Wärmemotore bei dem vollkommenen Kreisprozess
                           
                              \eta=\frac{T_1-T_2}{T_1}
                              
                           Wir erhalten hieraus für die oben angenommene Nassdampflokomotive
                           
                              \eta_n=\frac{(273+183)-(273+100)}{(273+183)}=0,16
                              
                           und für die Heissdampflokomotive
                           
                              \eta_h=\frac{(273-350)-(273+100)}{(273+350)}=0,40
                              
                           Diese Zahlen erwecken die irrtümliche Vermutung, dass die Erhöhung des
                              									Temperaturgefälles eine wesentliche Verbesserung mit sich bringt. Betrachten wir
                              									einmal die wirklichen Verhältnisse. Oben haben wir gesehen, dass wir bei der
                              									Nassdampflokomotive
                           6619 cal für 1 PS/St.
                           nötig haben; theoretisch ist
                           1\mbox{ PS/St.}=\frac{75\,\cdot\,3600}{426}=636\mbox{ cal};
                           hieraus ergibt sich
                           \eta'_n=\frac{636}{6619}=0,096.
                           Nehmen wir nun einmal an, es würde gelingen, den Wärmeverbrauch der
                              									Heissdampflokomotive auf
                           6360 cal für 1 PS/St.
                           herabzubringen, so würden wir erhalten
                           
                              \eta'_h=\frac{636}{6366}=0,100.
                              
                           Wir sehen also, dass die Ueberhitzung den Wirkungsgrad nicht von
                           0,16 auf 0,40
                           sondern in Wirklichkeit noch nicht einmal von
                           0,096 auf 0,100
                           erhöht.
                           Zu ganz ähnlichen Zahlen kommt man, wenn man für ortsfeste Heissdampfmaschinen, von
                              									denen ja zahlreiche Versuchsergebnisse und Betriebsresultate bekannt sind, solche
                              									Rechnungen durchführt; stets ergibt es sich, dass man bei
                                 										Nassdampfmaschinen mit dem erzielten η' viel näher an das durch den vollkommenen
                                 										Kreisprozesse erreichbare η' herankommt, als bei Heissdampfmaschinen.
                           Woran liegt es, dass die Heissdampfmaschine soweit hinter dem Erreichbaren
                              									zurückbleibt? – Alle wärmetechnischen Untersuchungen haben nur dann einen
                              									praktischen Wert, wenn man nicht nur den wärmetragenden Körper, sondern auch seine
                              									Umgebung betrachtet. Wie die elektrischen Leiter erst wertvoll werden unter
                              									Berücksichtigung der Isolationsmittel, wie die Gaskraft- und Dampfmaschinen sich
                              									bedeutend vervollkommneten, als man anfing, den Zylinderwänden die Aufmerksamkeit zu
                              									schenken, so wird wohl auch die Heissdampfmaschine eine wesentliche Verbesserung
                              									erfahren, wenn man dem hohen Temperaturgefälle im Hochdruckzylinder ernste
                              									Untersuchungen widmet. Zweifellos hat das Temperaturgefälle in einem
                              									Heissdampfzylinder lange nicht den schädlichen Einfluss wie bei einem
                              									Nassdampfzylinder, denn der überhitzteDampf kondensiert sich nicht sofort beim
                              									Eintritt, und es dürfte auch fraglich erscheinen, ob die Zerlegung einer ortsfesten
                              									Einzylinderheissdampfmaschine in eine Verbundheissdampfmaschine wirtschaftlich ist,
                              									denn es kommen dann die Anlage- und Unterhaltungskosten eines weiteren Zylinders
                              									hinzu; bei Lokomotiven aber hat man stets zwei Zylinder und deshalb ist das
                              									Verbundsystem hier ganz besonders berechtigt. Dass Verbundlokomotiven sich oft
                              									unbeliebt gemacht haben, weil sie mitunter schlecht anziehen, ist mit dem System
                              									nicht unbedingt verbunden und hat viel häufiger in zu geringer Zylinderfüllung, als
                              
                              									in einer schlechten Anfahrvorrichtung seinen Grund. Man muss sich nicht darüber
                              									wundern, wenn Verbundlokomotiven mit 72 v. H. Maximalfüllung (s. Eisenbahntechn. d.
                              									Gegenw., S. 361) oft schlecht anziehen; bei solch kleinen Maximalfüllungen muss
                              									selbst eine Zwillingslokomotive manchmal erst rückwärtsstossen. Auf Stadtbahnen
                              									kommt es natürlich auf flottes Anziehen ganz besonders an, trotzdem betreibt die
                              									Wiener Stadtbahn ihren Verkehr mit Verbundlokomotiven, die allerdings mehr als 90 v.
                              									H. Zylinderfüllung gestatten. Es wäre zu bedauern, wenn die Heissdampflokomotive die
                              									Verbundmaschine vorübergehend zurückdrängen würde, denn, wie in der Literatur schon
                              									wiederholt ausgesprochen (s. D. p. J. 1903, 318, S. 167,
                              										Richter und Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1903,
                              									S. 123, v. Borries), so wird wohl erst durch die
                              									Vereinigung von Verbund- und Heissdampflokomotive der Nutzen der Ueberhitzung ganz
                              									zu tage treten.
                           Auch der Wert der Leichtflüssigkeit des Heissdampfes infolge seines geringeren
                              									spezifischen Gewichts wird bei Lokomotiven oft überschätzt. Diese Leichtflüssigkeit
                              									gestattet es zwar, die Dampfkanäle enger zu machen und damit die schädlichen Räume
                              									und die Kondensation an der Oberfläche zu verkleinern, aber hiervon kann man bei
                              									Lokomotiven keinen Gebrauch machen, denn die Kulissensteuerung erfordert grosse
                              									schädliche Räume und es hat daher keinen Zweck, die Kanäle eng zu machen, denn der
                              									Schieber und seine Reibung würde doch nicht erheblich verkleinert, weil der mittlere
                              									grosse Kanal unverändert bleiben muss. – Ausserdem ist die Drosselung des Dampfes
                              									beim Eintritt in die Zylinder nicht schlimm; wenn die Diagrammfläche bei 15 v. H.
                              									Zylinderfüllung infolge zu hoher Dampfgeschwindigkeit bei langsamem Schieberschluss
                              									und der steigenden Kolbengeschwindigkeit kleiner ausfällt als man erwartet, so
                              									erhält man das gewünschte Diagramm dadurch, dass man die Steuerung vielleicht auf 20
                              									v. H. Füllung einstellt, und bekommt dabei noch den Vorteil (infolge der
                              									Wirkungsweise der Kulissensteuerungen), dass die Kompression und mit ihr die inneren
                              									Maschinenreibungswiderstände geringer werden. Eine genauere Untersuchung der
                              									Drosselung (s. Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1904, S. 329, Gutermuth) lehrt, dass die hohen Dampfgeschwindigkeiten in den
                              									Steuerungskanälen dieselbe Wirkung haben als eine verminderte Zylinderfüllung; von
                              									einem schädlichen Verlust in Hinsicht auf die Ausbeute des Dampfes kann nicht die
                              									Rede sein, wo sollte auch die Arbeit hinkommen, die der fehlenden Diagrammecke
                              									(zwischen Einströmungs- und Expansionslinie) entspricht? Sie wird zunächst in
                              									Strömungsenergie umgesetzt und später wieder in Wärme, wobei sie durch Trocknung des
                              									Dampfes einen sehr günstigen Einfluss ausübt. Aus diesem Grund werden auch auf
                              									einigen französischen Bahnen sehr enge Reglerschieber verwandt, wodurch der nasse
                              									Dampf, den der Lokomotivkessel liefert, in sehr vorteilhafter Weise vor dem Eintritt
                              									in die Zylinder getrocknet wird. Auch im stationären Dampfmaschinenbau macht man in
                              									neuerer Zeit besonders bei unterirdischen Wasserhaltungsmaschinen, sowie bei
                              									Dampfturbinen von der Trocknung des Dampfes durch Drosselung einen ausgiebigen
                              									Gebrauch. – Schliesslich möchte ich noch erwähnen, dass in den
                              									Eisenbahnwerkstätten die Trickschieber mitunter gegen
                              									gewöhnliche Schieber ausgewechselt werden, und dass die Lokomotiven dann nachher
                              									ebensogut arbeiten sollen als vorher. Man ersieht hieraus, dass man vor den hohen
                              									Dampfgeschwindigkeiten in den Zylinderkanälen eine unberechtigte Furcht hat;
                              									wirkliche Dampfgeschwindigkeiten von 100 m/sek. ergeben bei 10 Atm. Ueberdruck einen
                              									Spannungsabfall von 0.25 Atm. (s. die erwähnte Arbeit von Gutermuth). Ob im Dampfzylinder ein Druckverlust von 2–3 v. H.
                              									stattfindet, oder nicht, ist ziemlich gleichgültig, zumal, wie erläutert, dieser
                              									Verlust einen anderweitigen Vorteil mit sich bringt. Man braucht also bei der
                              									Bemessung der Dampfkanäle nicht so ängstlich zu sein, vorausgesetzt, dass man sich
                              									die wirklichen Dampfgeschwindigkeiten während der
                              									ganzen Füllungsperiode vergegenwärtigt, indem man sie aus den jeweiligen Kolbengeschwindigkeiten und den zugehörigen Kanalöffnungen bestimmt; natürlich darf man
                              									sich nicht mit der rohen Methode begnügen, eine Dampfgeschwindigkeit aus dem
                              									grössten Kanalquerschnitt und der mittleren Kolbengeschwindigkeit zu berechnen.
                           Wir kommen nun zu der Frage, ob sich durch Einbau eines Ueberhitzers der Wirkungsgrad
                              									des Kessels derart verbessern lässt, dass man einen wirtschaftlichen Fortschritt in
                              									der Ausnutzung der Lokomotive erwarten kann oder nicht. Im ersten Augenblick
                              									erscheint die Bejahung dieser Frage naheliegend, denn bei Lokomotiven, besonders
                              									Schnellzugslokomotiven, entweichen die Abgase des Kessels mit viel höherer
                              									Temperatur als bei ortsfesten Kesselanlagen und besitzen auch eine höhere
                              									spezifische Wärme. Aber die Ansichten gehen hierüber sehr auseinander. Kennzeichnend
                              									für die eine Richtung sind die Worte Brückmanns (s.
                              
                              									Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1901, S. 1665): „Nach den bisherigen Erfahrungen
                                 										steht es aber unzweifelhaft fest, dass die gewöhnliche Rauchkammertemperatur zu
                                 										niedrig ist, als dass sich ein lohnender Ueberhitzungsgrad durch einen bloss
                                 										durch die Abgase erwärmten Ueberhitzer erreichen liesse.“ Als Vertreter der
                              									anderen Richtung führe ich v. Borries an, der in der
                              									Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1903, S. 123, schreibt: „Dazu (nämlich zur
                                 										Erzeugung eines „trocknen massig überhitzten Dampfes“) würde ein
                                 										einfacher in der Rauchkammer liegender Ueberhitzer, wie er sich bei den Wolfschen Lokomobilen so glänzend bewährt hat, bei
                                 										etwas verkürzten Siederohren vollständig ausreichen.“
                           Auch in der Praxis sind beide Wege eingeschlagen worden. Wilh. Schmidt, der wohl die grössten Verdienste und Erfahrungen an
                              									Heissdampfmaschinen und auch an der Einführung des Heissdampfes bei Lokomotiven hat,
                              									arbeitet mit seinen Ueberhitzern nicht auf eine Vervollkommnung der Kesselanlage
                              									hin, sondern führt ihnen stets Heizgase von hoher Temperatur zu. Allerdings werden
                              									bei Lokomotiven diese Heizgase fast ebensogut ausgenutzt, als diejenigen, die die
                              									Kesselheizfläche bestreichen (s. Obergethmann Zeitschr.
                              									1903, S. 377 und Berner Zeitschr. 1903, S. 733). Der
                              										Schmidtsche Ueberhitzer (s. D. p. J. 1903, 318, S. 165) besteht im wesentlichen aus zwei
                              									Röhrenbündel, die der Dampf nacheinander teils im Gegenstrom, teils im Parallelstrom
                              									durchfliesst. Zwischen den beiden Röhrenbündel auf der linken Rauchkammerseite
                              									befindet sich der Nachverdampfer, in dem eine Mischung mit dem schon überhitzten und
                              									dem noch nassen Dampf eintritt. Bei ortsfesten Kesseln wird in diesem Nachverdampfer
                              									ein Temperaturgefälle von ungefähr 20° wahrgenommen. Wichtig für den Schmidtschen Ueberhitzer ist es, dass dem Kessel nasser
                              									Dampf entnommen wird, denn dieser bildet eine Gewähr dafür, dass die Wärme in ihm
                              									aufgenommen wird. Das Unangenehmste an diesem Ueberhitzer ist, dass ein Teil der
                              									Rohre Temperaturen von 500–820 ° (s. die erwähnten Arbeiten von Obergethmann undBerner) ausgesetzt ist. Diese bedenklich hohen Temperaturen sind wohl auch
                              									der Hauptgrund dafür, dass Schmidt den Ueberhitzer, der
                              									anfangs in dem Flammrohr des Langkessels lag (s. Eisenbahntechn. d. Gegenw. Absch.
                              										„Heissdampflokomotiven“ v. Patté, S. 407) in
                              									die Rauchkammer verlegte. – In neuester Zeit (s. Organ f. d. Fortschr. d.
                              									Eisenbahnw. 1904, S. 64 und Tafel 17) ist der Schmidtsche Ueberhitzer in das dritte Stadium seiner Metamorphose eingetreten,
                              									wobei das weite Flammrohr durch eine Anzahl engerer Rohre ersetzt wurde, wohl
                              									hauptsächlich wegen des Unglücksfalles auf der Wannseebahn, wobei drei Menschen
                              									durch das Austreten von Flammen aus der Feuertür zum Teil schwer verletzt wurden.
                              									Auch in der „Eisenbahntechn. der Gegenwart“, S. 422, steht: „Der Einbau
                                 										eines Flammrohres ist nicht als befriedigende Lösung zu bezeichnen. Die
                                 										Zuführung der Heizgase zu dem Ueberhitzer durch die Heizrohre wäre
                                 										vorzuziehen.“ – Denselben Uebelstand, zu hohen Temperaturen ausgesetzt zu
                              									sein, birgt auch der Pielocksche Ueberhitzer (s. D. p.
                              									J. 1904, 319, S. 1), wenn man ihn zu nahe an der
                              									Feuerkiste einbaut. Unbedingt aber haftet ihm der Nachteil an, dass die einmal
                              									herausgenommenen Rohre wertlos sind. Es ist nämlich bei grösseren Bahnverwaltungen
                              									üblich, dass die Rohre, die zwecks Reinigung aus einem Kessel herausgenommen wurden
                              									und nachher an den beiden Enden etwas verkürzt werden mussten, für eine andere
                              									Lokomotive mit kürzerem Kessel verwandt werden. Da aber die Siederohre eines mit Pielockschem Ueberhitzer ausgerüsteten Kessel an vier
                              									Stellen angewalzt sind, so müssen sie auch beim Herausnehmen an vier Stellen
                              									zerstört werden. – Der Reglerschieber wird hinter diesem Ueberhitzer angeordnet,
                              									wodurch die Sicherheit gewährleistet ist, dass sich die Maschine nicht von selbst in
                              									Bewegung setzt, falls die Rohre ungenügend dicht angewalzt sind. – Infolge der
                              									zahlreichen Wirbelungen, die der Dampf beim Durchströmen des Pielockschen Ueberhitzers erfährt, ist hier eine vollkommere Ueberhitzung
                              									der gesamten Dampfmenge, als bei der Schmidtschen
                              									Bauart zu erwarten. – Bei diesen beiden Konstruktionen werden also dem Ueberhitzer
                              									sehr heisse Gase zugeführt; den Gegensatz hierzu bilden die Ueberhitzer der
                              									Lokomobilenfabrik von R. Wolf, bei denen nur den
                              									Abgasen des Kessels Wärme entzogen wird. Vermittels dieses Verfahrens ist es
                              
                              									gelungen, durch Anwendung eines Vorüberhitzers (d.h. Ueberhitzung des Dampfes vor
                              									dem Eintritt in den Hochdruckzylinder) den Kohlenverbrauch für die gebremste
                              									Pferdekraftstunde auf 0,618 kg (s. D. p. J. 1903, 318, S.
                              									21) und in neuester Zeit sogar durch Anwendung noch eines zweiten Ueberhitzers
                              										(„Zwischenüberhitzer“) vor dem Niederdruckzylinder auf 0,56 kg
                              									herabzubringen (s. Zeitschr. f. Dampfkessel- und Maschinenbetrieb 1904, S. 109) und
                              									zwar bei einem Heizwert der Kohle von 7500 cal und bei einer verhältnismässig
                              									kleinen Maschine von 40 PS. Dies sind Kohlenverbrauchsziffern, wie sie im
                              									Dampfmaschinenbau selbst bei den grössten Maschinenanlagen, die mit dreifacher
                              									Dampfdehnung und Ueberhitzung arbeiten, bis jetzt noch nicht erreicht wurden; man
                              									darf aber nicht übersehen, dass für Lokomobilen infolge des Wegfalls der
                              
                              									Dampfleitung und deshalb, weil das Kondenswasser der Zylindermantelheizung wieder in
                              									den Kessel zurückfliesst, die Verhältnisse günstiger liegen als bei allen anderen
                              									Dampfmaschinen. Leider beanspruchen diese Wolfschen
                              
                              									Ueberhitzer einen so grossen Raum (s. D. p. J. 1903, 318,
                              									S. 21, Fig. 139) wie er für Lokomotiven kaum als zulässig erachtet werden kann.
                              									Schuld daran tragen die beiden Umstände, die das Ueberhitzen des inneren Dampfkerns
                              									beim Durchströmen von Rohren sehr erschweren, nämlich: 1. dass der überhitzte Dampf
                              									ein sehr schlechter Wärmeleiter ist und 2. dass sich der Dampf in der Mitte des
                              									Rohres viel rascher bewegt als an den Heizflächen; aus diesen Gründen müssen
                              									sehr lange Rohre und grosse Heizflächen angewandt werden, falls man nicht dafür
                              									sorgt, dass, wie bei dem Schmidtschen Ueberhitzer, im
                              									Nachverdampfer eine Mischung des schon überhitzten mit dem noch gesättigten Dampf
                              
                              									eintreten kann, die bei dem Pielockschen Ueberhitzer
                              									und einer Konstruktion von mir (s. D. p. J. 1903, 318, S.
                              									440) durch zahlreiche Wirbelungen gesichert ist.
                           Bei der weiteren Betrachtung derjenigen Ueberhitzer, die nur die Abgase des Kessels
                              									zur Erzeugung des Heissdampfes verwenden, müssen wir zunächst den Einfluss der
                              									lebhaften Temperaturschwankungen untersuchen, die in der Rauchkammer einer
                              									Lokomotive vorkommen, je nachdem die Maschine mehr oder weniger kräftig arbeitet. –
                              									Für Ventilmaschinen ist es sehr unangenehm, wenn der Dampf bald stark, bald schwach
                              									überhitzt in die Zylinder eintritt; denn bei der Form, die die Rohr- und und
                              									Glockenventile unserer Ventildampfmaschinen haben, wird das während des Oeffnens
                              									ganz vom Dampf umspülte Ventil rasch die Temperatur des Dampfes annehmen und
                              									infolgedessen bei Temperaturschwankungen eine verschiedene Durchlässigkeit zeigen.
                              									Bei Schiebern und Stopfbüchsen aber bleibt stets eine reichliche, die Wärme gut
                              									leitende Verbindung dieses Organs mit den übrigen Maschinenteilen bestehen, so dass
                              									den Reibflächen rasch dieselbe Temperatur erteilt wird. Ausserdem kann man die
                              									letztgenannten Teile durch federnde Metallringe dichten, wodurch sich die
                              									vorkommenden Ausdehnungsdifferenzen unschädlich machen lassen. Für Lokomotiven wären
                              									also die Schwankungen in der Temperatur des Eintrittsdampfes nicht schlimm, es steht
                              									aber auch nichts im Wege, einen mit den Abgasen arbeitenden Ueberhitzer so zu
                              									konstruieren, dass es, ebenso wie bei dem Schmidtschen
                              									Ueberhitzer, dem Ermessen des Lokomotivführers anheimgestellt wird, die Heizgase
                              									mehr oder weniger durch den Ueberhitzer hindurch oder an ihm vorbei zu leiten und
                              									dadurch die Temperatur des Eintrittsdampfes zu regeln. Schliesslich aber muss noch
                              									erwähnt werden, dass der Grad der Ueberhitzung wohl viel weniger von den
                              									Temperaturschwankungen der Heizgase, als von dem stark wechselnden Wassergehalt des
                              									vom Kessel gelieferten Dampfes abhängt.
                           Für einen zuverlässigen Lokomotivbetrieb (das richtige Einhalten eines Fahrplanes)
                              									ist die Energieaufspeicherung im Kesselwasser (die Möglichkeit des Nachspeisens
                              									während des Aufenthaltes oder des langsameren Fahrens auf Bahnhöfen) von grosser
                              									Bedeutung, sie bringt aber notwendigerweise ein starkes Schwanken der Höhe des
                              									Wasserspiegels mit sich und da der normale Wasserstand im oberen Viertel des
                              									Kesselkreises liegt, so verändert sich auch die Grösse des Wasserspiegels
                              									wesentlich; wir haben es demnach bald mit einer grossen, bald mit einer kleinen
                              									Verdampfungsoberfläche zutun, was mit einem sehr verschiedenen Wassergehalt des
                              									gelieferten Dampfes verbunden ist. Ueber die Grösse dieses Wassergehaltes macht die
                              									neueste Auflage der „Eisenbahntechn. d. Gegenw.“ keine Zahlenangaben, dagegen
                              									ist sie in der ersten Auflage auf S. 92 zu 15–20 v. H. angegeben. Andere Quellen
                              									z.B. das Taschenbuch der „Hütte“ nehmen für Lokomotivkessel im Mittel 20 v.
                              									H. an. Aber selbst, wenn man mit viel kleineren Werten rechnet, ist es doch
                              									unmöglich, dass bei der geringen Grösse der Ueberhitzerfläche und ihrer schwachen
                              									Wirksamkeit, im Verhältnis zur Heizfläche der Feuerkiste und des benachbarten Teiles
                              									der Siederohre, die gesamte Dampfmenge im Ueberhitzer und beim Eintritt in die
                              									Zylinder so hohe Temperaturen hat wie die Termometer und Pyrometer auf den
                              									Versuchsfahrten anzeigen (s. Zeitschr. d. Ver. deutsch, Ing. 1903, S. 376 und
                              									733).
                           Wie die folgende Zusammenstellung lehrt, so ist beiLokomotiven die
                              									Ueberhitzerfläche ungefähr gleich ¼ der Kesselheizfläche, bei ortsfesten
                              									Heissdampfkesseln aber ist das Verhältnis gerade umgekehrt (s. Zeitschr. d. Ver.
                              									deutsch, Ing. 1896, S. 1393).
                           
                              
                                 
                                 Heizfläche
                                 
                              
                                 des Kessels
                                 des Ueberhitzers
                                 
                              
                                 2/4 gek. Schnellzugslok
                                   109 qm
                                         28 qm
                                 
                              
                                 4/4 gek. Güterzugslok
                                   136   „
                                         31   „
                                 
                              
                                 ortsfester Heissdampfkessel
                                     11   „
                                         50   „
                                 
                              
                           Da in den ortsfesten Schmidtschen Heissdampfkesseln
                              									nicht viel höhere Dampftemperaturen erzielt wurden, als in den Lokomotivüberhitzern,
                              									nämlich 360° gegenüber 335°, so spricht auch dies für die Ansicht, dass bei Lokomotiven nur ein geringer Teil des Dampfes hoch
                                 										überhitzt wird und dass dieser dann rasch zugunsten der Dampftrocknung und
                                 										massigen Ueberhitzung seine Marine wieder verliert. Wenn man aber erkannt hat,
                                 										dass der Hauptnutzen unserer Heissdampflokomotiven aus der Dampftrocknung und
                                 										massigen Ueberhitzung entspringt, dann braucht man den Ueberhitzer nicht mehr so
                                 										hohen Temperaturen auszusetzen, die die Betriebszuverlässigkeit gefährden,
                              									sondern kann sich mit einfachen Konstruktionen begnügen, wie sie beispielsweise von
                              										Kuhn angegeben sind (s. Glasers Ann. Heft 617, S. 94 und Tafel 2).
                           Eng verknüpft mit der Ausnutzung der Abgase des Lokomotivkessels ist die Frage der
                              										Zwischenüberhitzung, denn durch den
                              									Zwischenüberhitzer wird natürlich noch eine viel weitergehende Wärmeentziehung der
                              									Heizgase ermöglicht (s. Teuscher, Zeitschr. d. Vereins
                              									deutsch, Ing. 1903, S. 132). Der Zwischenüberhitzer hat noch eine weitere sehr
                              									wichtige Aufgabe, dieselbe wie die Heizung des Aufnehmers bei ortsfesten Maschinen
                              									durch Frischdampf, nämlich die Widerverdampfung des Kondensats vom
                              									Hochdruckzylinder. Man findet mitunter einwandfreie Berechnungen, die den Nachweis
                              									liefern sollen, dass die Zwischenüberhitzung oder Aufnehmerheizung sehr geringwertig
                              									sei oder sogar einen negativen Einfluss hervorrufe, und dass die stets erzielte
                              									grosse Kohlenersparnis einen entfernteren Grund und mit dem Zwischenüberhitzer
                              
                              									nichts zu tun habe. Dies ist deshalb ein Irrtum, weil die betreffenden Berechnungen
                              									die Nachverdampfung im Zwischenüberhitzer unberücksichtigt lassen. Es ist sehr wohl denkbar, dass im Zwischenüberhitzer nicht
                                 										die geringste Temperaturzunahme wahrzunehmen ist und trotzdem eine grosse
                                 										Wärmemenge aufgenommen wird, die dann im Niederdruckzylinder als Zuwachs der
                                 										Maschinenleistung zum Vorschein kommt. Die Berechnungen des Wärmeaufwandes
                              									für die Pferdekraftstunde, die auf dem Wasserverbrauch und den Dampftemperaturen
                              									beruhen, sind daher stets nur oberflächliche Betrachtungen und lassen die
                              									Wärmeausbeute in der Maschine leicht in falschem Licht erscheinen, weil sie den
                              									Flüssigkeitsgehalt des Dampfes und bei Maschinen mit Aufnehmerheizung auch noch die
                              									Wiederverdampfung ausser Acht lassen. Die so gefundenen Zahlen sind stets zu gross,
                              									da in dem mitgerissenen Wasser die Verdampfungswärme nicht enthalten ist, die
                              									Rechnungen stützen sich nämlich auf den gemessenen Speisewasserverbrauch und die an
                              									Termometern abgelesenen Temperaturen. (Die oben berechneten Werte von An und Ah sind also nur
                              									zulässig, weil es sich um den Vergleich zweier Maschinen handelt, deren Kessel Dampf
                              									von gleichem Feuchtigkeitsgehalt liefert).
                           Am Schlusse dieser Betrachtungen über die Zweckmässigkeit, die Abgase des Kessels und
                              									die Zwischenüberhitzung für die Heissdampflokomotive zu verwerten, muss noch auf den
                              									vom „Verein Deutscher Maschineningenieure“ preisgekrönten Entwurf einer
                              									Dampflokomotive für grosse Fahrgeschwindigkeiten von Peglow (s. Glasers Ann. 1994, Heft 643, S.
                              									135 und Tafel 2) hingewiesen werden, wobei auch ein Vor- und ein
                              									Zwischenüberhitzer angewandt sind, die nur mit den Abgasen des Kessels arbeiten.
                           Bei der Beurteilung der Ergebnisse, die bis jetzt mit Heissdampflokomotiven erzielt
                              									wurden, muss man sehr vorsichtig sein, denn es ist ausserordentlich schwierig, einen
                              									gerechten Vergleich zwischen verschiedenen Lokomotiven aufzustellen; vollkommen
                              									gleiche Lokomotiven (abgesehen von kleinen Unterschieden in der Heizfläche und im
                              									Gewicht, die durch den Ueberhitzer bedingt werden) sind noch nicht verglichen
                              									worden. – In Anbetracht der Volumenvergrösserung, die der Dampf beim Ueberhitzen
                              									erfährt, könnte es berechtigt erscheinen, eine Heissdampflokomotive mit grösseren
                              									Zylindern in Vergleich zu stellen mit einer Nassdampflokomotive mit kleineren
                              									Zylindern; man übersieht aber hierbei, dass die Expansionslinie bei der
                              									Heissdampfmaschine rascher fällt, als bei der Nassdampfmaschine, mithin in grossen
                              									Zylindern stets eine weitergehende Ausnutzung der unteren Diagrammspitze
                              									stattfindet, einerlei, ob der Dampf überhitzt war oder nicht. | Ferner haben
                              									Zwillingslokomotiven des häufigeren Anfahrens wegen stets grössere Zylinder, als für
                              									die Dauerleistung notwendig ist, es liegt daher kein Grund dazu vor, die Zylinder
                              
                              									einer Heissdampflokomotive noch grösser zu machen. – Auch ist es nicht berechtigt,
                              									die Betriebskosten für die Beförderung eines und desselben Zuges zu vergleichen,
                              									wenn derselbe mit wesentlich verschiedenen Lokomotiven gefahren wurde, denn die eine
                              									der Lokomotiven kann gerade in ihrem besten Wirkungsbereich gearbeitet haben,
                              									während die andere vielleicht erst bei wesentlich vermehrter Zugkraft oder
                              									Geschwindigkeit ihre volle Leistungsfähigkeit hätte entfalten können. –
                              									Schliesslichspielt auch noch die Bedienung der zu vergleichenden Lokomotiven
                              									eine wichtige Rolle. Lässt man bei Paradefahrten zwei Lokomotiven durch dasselbe
                              									Personal bedienen, so wird es wenigstens auf einer der beiden nicht recht zu Hause
                              									sein. Vertraut man aber die Wartung der zu vergleichenden Lokomotiven verschiedenen
                              									Mannschaften an, so kann die Geschicklichkeit sowohl des Führers wie des Heizers von
                              									ausschlaggebender Bedeutung für das zu erzielende Ergebnis werden, denn ersterer
                              									kann durch die Regler- und Steuerungsstellung auf den Wassergehalt und den Luftzug
                              									in der Feuerung einwirken, während der letztere durch die Verteilung der Kohle auf
                              									dem Rost eine mehr oder weniger günstige Verbrennung in der Hand hat; hierauf können
                              									die auf der Lokomotive mitfahrenden Versuchsleiter keinen Einfluss ausüben. – Ein
                              									klares Bild von den bis zum Ende des Jahres 1902 vorliegenden Ergebnissen und der
                              									Entwicklung der Heissdampflokomotive gibt die neueste Auflage der
                              										„Eisenbahntechn. d. Gegenw.“, und da seit jener Zeit wesentlich andere
                              									Erfahrungen nicht gemacht wurden, so kann man sich dem Schluss des betreffenden
                              									Abschnitts anschliessen, nämlich, dass der Heissdampf gegenüber dem Sattdampf so
                              									bedeutende Vorteile im Lokomotivbetrieb bietet, dass seine allgemeinere Einführung
                              									wünschenswert ist.
                           Alle technischen Fortschritte müssen natürlich auch einen wirtschaftlichen Vorteil
                              									mit sich bringen; dieser besteht bei Heissdampflokomotiven z. Z. in einer massigen
                              									Kohlenersparnis; man darf also die einzelnen technischen Vorzüge nicht überschätzen,
                              									um nicht durch zu hohe Anlage- und Unterhaltungskosten für den Ueberhitzer die
                              									Wirtschaftlichkeit zu untergraben.