| Titel: | Die Drahtseilbahnen. | 
| Autor: | Stephan | 
| Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 680 | 
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                        Die Drahtseilbahnen.
                        Von Regierungsbaumeister Stephan.
                        (Fortsetzung von S. 537 d. Bd.)
                        Die Drahtseilbahnen.
                        
                     
                        
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 680
                              Fig. 32. Leichte Zugseiltragrolle.Fig. 33. Tragseilspannfeder.
                              
                           Das Zugseil muss auf den Stützen ebenfalls Auflagerung finden. Die hierzu dienenden
                              									Gusseisenrollen erfahren nun eine sehr starke Abnutzung, weshalb man sie entweder
                              									ganz besonders leicht, etwa nach Fig. 32 ausführt, so
                              									dass die Erneuerung nur geringe Kosten verursacht, oder um eine längere Haltbarkeit
                              									zu erzielen, eine recht schwere Konstruktion mit besonders starkem Laufmantel wählt
                              									(vergl. Fig. 30, S. 535). Als zweckmässigste
                              									Ausführung hat sich eine Verbindung beider Gesichtspunkte herausgestellt, eine
                              									gusseiserne Rolle mit schwerem Laufmantel, der in der Mitte, wo das Seil am
                              									stärksten angreift, mit einem leicht auswechselbaren Schmiedeiseneinsatz versehen
                              
                              									ist. Da die normalen Wagen je nach dem Inhalt des Wagenkastens eine von Oberkante
                              									Tragseil bis Unterkante des Wagenkastens gemessene Höhe von 1,75–1,90 m haben, so
                              									ist damit die Höhenlage der Zugseiltragrollen festgelegt, die naturgemäss so hoch
                              									als möglich angeordnet werden sollen.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 680
                              Fig. 34. Tragseilspannvorrichtung.
                              
                           Die Tragseile werden in der einen Endstation fest verankert und am anderen Ende meist
                              									durch angehängte Gewichte gespannt. Da die Seile zur Führung über die nötigen
                              									Ablenkungsscheiben zu steif sind, so werden sie mit Hilfe einer Endkupplung, deren
                              									Konstruktion ganz den Zwischenkupplungen entspricht, gewöhnlich mit einer über die
                              									Ablenkungsrollen gehenden Kette verbunden, an der das Gewicht hängt. Weil die Kette
                              									ständige, wenn auch nur kleine Bewegungen macht, so nutzen sich die einzelnen
                              									Kettenglieder sehr schnell ab; man ist deshalb in letzter Zeit dazu übergegangen,
                              									hier die flachlitzigen Seile von Felten & Guilleaume zu verwenden, die bei sehr glatter
                              									Oberfläche sich den Rollen gut anschmiegen. Allerdings können die Kettenrollen
                              									wesentlich kleiner ausgeführt werden als die je nach der Seilstärke etwa 0,8 bis 1,2 m
                              									messenden Seilscheiben. Die Anschlussketten oder Seile sollenmit
                              									Berücksichtigung der Biegungs-Beanspruchung immer noch dieselbe Sicherheit haben wie
                              									das Tragseil. Eine Tabelle der flachlitzigen Seile findet sich „Hütte“ I, S.
                              									657.
                           Die Spanngewichte wurden früher allgemein als Holzkästen konstruiert, die mit Steinen
                              
                              									oder Eisenbruch angefüllt wurden. Besser nehmen sich die Mäntel alter Dampfkessel
                              									aus. Neuerdings werden die Gewichte vielfach aus Zementbetonplatten gebildet, die
                              									auf einer kleinen, gusseisernen Grundplatte, in deren Mitte eine Zugstange angreift,
                              									aufeinandergesetzt werden. Bisweilen findet man auch keine selbsttätige
                              									Spannvorrichtung, sondern die Tragseile werden mit Hilfe eines eingeschalteten
                              									Flaschenzuges nach Bedarf durch eine Winde angezogen. Für ganz kurze Bahnstrecken
                              									bis zu 120 m Länge genügt die Anspannung durch am Ende angebrachte Federn. Eine
                              									solche Federvorrichtung ist in Fig. 33
                              									abgebildet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 681
                              Fig. 35. Tragseilspannvorrichtung in Eisen.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 681
                              Fig. 36. Längsprofil einer Bahn deutschen Systems.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 681
                              Fig. 37. Uebertriebstation.
                              
                           Da die Auflagerschuhe der freien Bewegung der Tragseile, besonders bei Stützen, die
                              									durch den Seilzug stark belastet werden, einen gewissen Widerstand entgegensetzen,
                              									für den der Reibungskoeffizient μ = 0,1 angenommen
                              									werden kann, so ist es nötig, sobald die Bahn länger als 2,5 km ist, die Tragseile
                              									in Entfernungen von etwa 2 km zu unterbrechen und dort eine Spannvorrichtung
                              									anzuordnen. An der Unterbrechungsstelle laufen die Wagen auf Hängebahnschienen wie
                              									in den Stationen. Die Konstruktions-Einzelheiten einer derartigen, in Holz
                              									ausgeführten Spannvorrichtung gibt Fig. 34 nach
                              									einer Ausführung von Th. Otto in Schkeuditz. Die zu
                              									spannenden Tragseile sind durch nahezu wagerecht liegende Rollen nach der Mitte
                              									abgelenkt und werden vermittels angeschlossener flachlitziger Seile durch die in
                              									hölzernen Kasten untergebrachten Gewichte angezogen. Statt der Ablenkungsrollen
                              									werden auch gebogene Schienen von grossem Radius benutzt, die sorgfältig geglättet
                              									sind (vergl. Fig. 38). Die fest zu verankernden
                              									Seile werden über entsprechend geformte Ablenkungstragschuhe nach der ebenfalls in
                              									der Mitte befindlichen Verankerung geführt. Um zu starkes Pendeln der Wagen beim
                              									Durchlaufen der Spannstation zu verhindern, sind im vorliegenden Falle noch
                              
                              									besondere Führungsschienen angeordnet worden, die häufig auch weggelassen werden,
                              									wie Fig. 35 zeigt, die eine Spannvorrichtung mit
                              									eisernem Gestell nach einer Pohligschen Ausführung
                              									darstellt. Wenn grosse Spannweiten in der Strecke vorkommen, die unter der
                              									wechselnden Belastung grössere Verschiebung der Seile hervorrufen, so sind die
                              									Spannvorrichtungen in entsprechend kürzeren Abständen anzuordnen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 682
                              Fig. 38. Führung- des Zugseiles in den Stationen.
                              
                           Ein interessantes Beispiel hierfür und für die Art der Seilführung gibt Fig. 36, die das Profil einer 8 km langen, von J. Pohlig zum Transport von Holz für eine stündliche
                              									Leistung von 10 t gebauten Drahtseilbahn zeigt. Wie man sieht, schliesst sich die
                              									Bahn in den grossen Tälern dem Terrain so weit als möglich an.
                           Der Antrieb der in Fig. 36 dargestellten Bahn
                              									befindet sich etwa in der Mitte der ganzen Anlage, wo ein Winkelpunkt der Bahntrace
                              									liegt. Im allgemeinen pflegt man bei Bahnen über 7 km Länge das Zugseil nicht mehr
                              									in einer Länge durchzuführen, sondern zerlegt es in zwei getrennte Kreisläufe, die
                              									hier sehr vorteilhaft in der Winkelstation ihren gemeinsamen Antrieb erhalten.
                              									Erfolgt der Antrieb in einer Endstation, so ist in der Mitte eine
                              									Uebertriebstationeinzurichten, Vielfach wird das eine Zugseil über eine
                              									festgelagerte Endseilscheibe geführt und bewegt mit Hilfe eines Kegelräderpaares
                              									eine wagerechte Welle, die ihrerseits die Antriebsscheibe des zweiten Seilkreises
                              									wieder durch ein gleiches Zahnräderpaar antreibt. Wenn es irgend angängig ist, tut
                              									man besser, die Räderübersetzung wegzulassen und die Scheiben beider Kreisläufe auf
                              									derselben dann senkrecht stehenden Welle anzuordnen, wie es Fig. 37 an Hand einer Ausführung von Ceretti & Tanfani
                              									zeigt.
                           Im übrigen können die Einzelheiten der Station dieselben sein wie die einer
                              									Endstation. Die Wagen müssen von Hand auf Hängebahnschienen durch die Station bewegt
                              									werden, doch ist es auch möglich, durch Neigung der Schienen im Verhältnis 1 : 50
                              									die Wagen durch ihr Eigengewicht weiter laufen zu lassen, wenn die
                              									Kupplungsvorrichtung so eingerichtet ist, dass sie vollkommen selbsttätig arbeitet.
                              									Der Grund für die Anordnung von Zwischenstationen ist der, dass bei zu grosser Länge
                              									und ungünstigem Terrain das ganze Zugseil unnötig schwer ausfällt und die
                              									Spannvorrichtung eine erhebliche Länge erhält, während bei einer Teilung das vom
                              									Antrieb entferntere Seil und, wenn letzterer in der Mitte liegt, sogar beide Seile
                              									schwächer sein können. Die Länge der Spannvorrichtung rechnet man gewöhnlich für den
                              									ersten Kilometer zu 3 m und nimmt für jeden folgenden Kilometer 1 m mehr. Bemerkt
                              									sei noch, dass unter günstigen Umständen das Zugseil von J.
                                 										Pohlig bereits in einer Länge von 10 km durchgeführt worden ist.
                           Die Führung des Zugseiles in den Stationen ergibt sich aus den Fig. 38 bezw. 39, je
                              									nachdem es über oder unter dem Tragseil liegt. Im ersteren Falle werden die Achsen
                              									der Seilscheiben kürzer und schwächer, so dass der ganze Antrieb sich etwas billiger
                              									stellt, ausserdem hat man den grossen Vorteil, dass die Station für den Verkehr der
                              									Arbeiter gänzlich freibleibt, also bedeutend übersichtlicher und unfallsicherer ist.
                              									Aus diesem Grunde wird häufig in letzter Zeit der Antrieb selbst dann nach oben
                              									verlegt, wenn das Zugseil auf der Strecke an den Wagen unterhalb der Laufseile
                              									angreift.
                           Durch Vermittlung der kleineren, vorgelegten Umführungsscheibe, die etwas geneigt
                              									liegt, wird das Zugseil aus der ersten Rille der Antriebsscheibe auf die zweite
                              									gebracht, so dass der Umfassungswinkel etwa 2,75 π
                              									beträgt. Durch dieselbe Rechnung wie bei der Ableitung der Gleichung 20) erhält man
                              									die grösste mit Sicherheit auf das Seil zu übertragende Leistung zu
                           N=\frac{10,25}{1000}\,S\,v . . . . 30)
                           
                           worin S die Spannung des auflaufenden Seiltrums
                              									ist, die, wenn die Bahn eine Bergkuppe überschreitet, nicht mehr die grösste im Seil
                              									auftretende Spannkraft zu sein braucht. Ist letzteres doch der Fall, so ergibt sich
                              									wieder unter Benutzung der Gleichungen 3) und 4) und des Zusammenhanges
                              									q\,\sim\,\frac{1}{2}\,\pi\,\frac{d^2}{4}
                           N\,\sim\,\frac{4\,C}{1000}\,d^2\,v . . . . 31)
                           worin die Seilstärke d in cm und
                              									die Geschwindigkeit v in m/sek gegeben ist.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)