| Titel: | Die Gewinnung von Eisen und Stahl auf elektrischem Wege. | 
| Autor: | Albert Neuburger | 
| Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 737 | 
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                        Die Gewinnung von Eisen und Stahl auf
                           								elektrischem Wege.
                        Von Dr. Albert
                                 									Neuburger-Berlin.
                        Die Gewinnung von Eisen und Stahl auf elektrischem
                           								Wege.
                        
                     
                        
                           Wir haben über die neuen und aussichtsreichen Verfahren zur
                              									elektrometallurgischen Gewinnung von Eisen und Stahl bereits 1902, Bd. 317, S. 784, und 1904, Bd. 319, S. 219 berichtet. Seitdem ist noch eine Anzahl weiterer Verfahren
                              									aufgetaucht, die im nachstehenden beschrieben werden sollen.Eine zusammenfassende Darstellung der gesamten
                                    											Materie von Professor Dr. B. Neumann-Darmstadt
                                    											bringt die Zeitschrift „Stahl und Eisen“ 1904, Heft
                                       									12–16.
                           
                        
                           1. Der Prozess Ruthenburg.
                           Das von Marcus Ruthenburg ersonnene Verfahren war lange
                              									Zeit in ziemlich geheimnisvolles Dunkel gehüllt, man kannte es nur aus den
                              									Patentschriften. In neuerer Zeit ist mehr darüber bekannt geworden und insbesondere
                              									ist in dieser Hinsicht eine Veröffentlichung von Dr. Hans
                                 										Goldschmidt in der „Zeitschrift für Elektrochemie“ X, 30, 529 zu
                              									erwähnen. Sie ist deshalb von ganz besonderem Wert, weil Goldschmidt auf einer amerikanischen Reise Gelegenheit hatte, das
                              									Verfahren an Ort und Stelle zu sehen und zu studieren. Dasselbe wird auf den „Cowles Electric Smelting & Aluminium Works“
                              									zu Lockport im Staate New-York ausgeübt und unterscheidet sich nicht nur
                              									ausserordentlich von allen bisherigen Verfahren, sondern lehnt sich auch nicht im
                              									entferntesten an eines der bekannten Verfahren an. Diese Originalität ist schon
                              									durch die Natur der Erze, auf deren Verarbeitung es zugeschnitten ist, bedingt. Es
                              									sind dies Eisenerze von hervorragender Reinheit – einer Reinheit, die so gross ist,
                              									dass die Erze nach ihrer magnetischen Aufbreitung fast genau der chemischen Formel
                              										Fe3O4 entsprechen. Diese
                              									Erze sind im Hochofen schwer oder garnicht zu verarbeiten. Sie haben nämlich die
                              									unangenehme Eigenschaft, dass sie bei der Behandlung im Pochwerk zu feinem Pulver
                              									zerfallen, das teilweise fast staubförmig ist, im Hochofen das Weitergleiten der
                              									Beschikkung nach unten zu hindert, deren Entmischung bewirkt und so einen geordneten
                              									und regelmässigen Betrieb nicht ermöglicht. Ausserdem sackt sich dieses Pulver im
                              									Schachtraum, hindert den Abzug der Gase und „versetzt“ also den Hochofen. Man
                              									hat nun schon alles mögliche versucht, um diese sehr reinen Erze zur Verhüttung
                              									brauchbar zu machen. So wurden sie mit geeigneten Bindemitteln in Brikettform
                              									gebracht und in dieser Weise in die Gicht des Hochofens eingeführt. Das Verfahren
                              									ist jedoch teuer und in mancher Hinsicht kompliziert. In Gröndal (Norwegen) sind
                              									sogar für die Reduktion derartiger Briketts besondere Flammöfen konstruiert worden
                              									und es soll dort gelungen sein, die Kosten des Brikettierverfahrens auf 2 Kronen f.
                              									d. Tonne Erz herabzudrücken.Ausser dem Brikettieren hat man auch vorgeschlagen,
                              									die Erze mit Zement zu mischen, und Professor Mathesius
                              									stellt die Briketts nach einem besonderen Verfahren unter Verwendung von
                              									Hochofenschlacke dar, die er nach einem eigenen Verfahren aufschliesst und in Zement
                              									verwandelt. Wie man sieht, hat man sich in verschiedenster Weise bemüht, die in den
                              									erwähnten reinen Erzen vorhandenen Werte auf irgend eine Weise in nutzbarer Form zu
                              									gewinnen und aus diesen Bemühungen heraus ist auch das Verfahren der elektrischen
                              									Eisendarstellung von Ruthenburg hervorgegangen, das die
                              									Nachteile der Brikettierung beseitigen soll, die, abgesehen von den Kosten darin
                              									bestehen, dass die Briketts teils nicht gasdurchlässig, teils im Ofen nicht haltbar
                              									sind und teils zu viel Flugstaub bilden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 737
                              Fig. 1. Magnetischer Fülltrichter von Rutenburg.
                              
                           RuthenburgD. R.
                                    											P. 138659, Amerika 687505, England 13867. verwendet für sein
                              									Verfahren die aufbereiteten Erze, die in Amerika „Concentrates“ genannt
                              									werden. Er füllt dieselben in einen grossen Trichter a
                              									(s. Fig. 1), der in seinem unteren Teile bei b mit Drahtwicklungen versehen ist, die durch die
                              									Leitung c mit elektrischem Strom gespeist werden
                              									können. Auf diese Weise entsteht eine Art magnetischen Einfülltrichters, bei dem
                              									durch Verstärken oder Abschwächen des Stromes die Geschwindigkeit, mit der die Erze
                              									aus der unteren Oeffnung herausfallen, genau geregelt werden kann. Dieser
                              									magnetische Einfülltrichter hat sich jedoch nicht bewährt und Ruthenburg wendet ihn daher jetzt nicht mehr an,
                              									sondern benutzt einen gewöhnlichen Trichter. Unterhalb des Trichters befinden sich
                              									zwei Walzen, die sich im entgegengesetzten Sinne drehen und von denen in Fig. 1 nur die eine sichtbar ist. Diese Walzen f sind aus Bronze und laufen in Bronzelagern. Ihre
                              									Oberfläche ist mit einer Kohlenschicht g bedeckt, die
                              									sich mit ihnen dreht. Die Drehung wird durch einen in der Abbildung punktiert
                              									angedeuteten Elektromotor, dem durch d und e der Strom zugeleitet wird, bewirkt. In das Innere der
                              									Walzen ragen die beiden Pole eines Hufeisenmagneten hinein, von denen in Fig. 1 nur der Kern des einen Poles h nebst der Wicklung i
                              									angedeutet ist. Das Erz fällt aus dem Trichter in den Raum zwischen die beiden Walzen hinein, wo es
                              									durch den Strom geschmolzen wird. Es bildet dann eine Brücke zwischen den beiden
                              									Walzen, die sich infolge ihres elektrischen Widerstandes stark erhitzt, wodurch
                              									flüssiges Eisen entsteht, das unten abtropft. Um zu grosse Erhitzung der Walzen zu
                              									vermeiden, sind sie mit Wasserkühlung versehen. Das entstandene fertige Produkt
                              									besteht aus nussgrossen zusammengebackenen Massen, die Ruthenburg
                              									„beans“ (Bohnen) nennt. Es ist selbstverständlich, dass dem Erze, ehe es in
                              									den Einfülltrichter kommt, noch besondere Reduktionsmittel in Form von Koksstaub
                              									oder Holzkohlenstaub zugesetzt werden. Ferner werden, um den elektrischen Widerstand
                              									auf das richtige Mass zu bringen, noch etwas Eisenfeilspäne beigemengt. Die
                              									Umhüllung der Walzen wurde erst sehr mitgenommen, bis es Ruthenburg gelang, in der Retortenkohle ein Material zu finden, das
                              									einesteils das Erz im Augenblick des Schmelzens nicht anbacken lässt und das
                              									andererseits selbst dauerhaft ist. Ruthenburg verwendet
                              
                              									jetzt mit einem Bindemittel gemengte Retortenkohle, die allen diesen Ansprüchen
                              									genügt. Die Reduktion zu Eisen war niemals eine vollständige und Ruthenburg hat daher sein Verfahren jetzt in der Weise
                              									abgeändert, dass er den Zuschlag weglässt und nur die reinen Erze zu „beans“
                              									sintert; diese tropfen unten ab und fallen in einen Schacht, in dem sie durch
                              									entgegenströmende reduzierende Gase zu Eisenschwamm reduziert werden sollen; auch
                              									sind sie in gesintertem Zustande zur Verarbeitung im Hochofen geeignet.
                           Die Angaben über den Stromverbrauch bei diesem Verfahren weichen sehr ab. Ruthenburg behauptet mit 250 KW-Stunden eine Tonne
                              									Rohmaterial schmelzen zu können.Elektrochemische Zeitschr. X, 124, 216. Transactions of the American
                                    											Electrochemical Society 1903, 4, 19.
                              									Neumann gibt hingegen an,Stahl und Eisen 1904, 12–16. dass
                              									ein Gemisch aus Magneteisensteinkonzentraten von Port Henri mit 10 v. H.
                              									Gusseisenbohrspänen und 15 v. H. Holzkohle 1500 Ampère und 75 Volt = 450 KW-Stunden
                              									f. d. Tonne benötige. Der Ofen soll hierbei 6 Tonnen Erz täglich verarbeiten.
                           Diese Angabe Neumanns stimmt besser mit der Berechnung,
                              									die Goldschmidt theoretisch für den Kraftverbrauch des
                              									Prozesses aufgestellt hat,Zeitschrift für
                                    											Elektrochem. X, 30, 529. und die sich in folgender Weise
                              									ergibt:
                           
                              
                                 Schmelzpunkt des Fe3O4
                                 1506° (Angenommen)
                                 
                              
                                 Spezifische Wärme
                                      0,156° (Kopp)
                                 
                              
                                 Latente Schmelzwärme
                                    50 Kalorien (Angenomm.)
                                 
                              
                                 Wärmewert von 1 Watt
                                      0,24 Kalorien
                                 
                              
                           Daher zum Schmelzen von 1 Tonne Fe3O4
                           \frac{1500\,\cdot\,0,156+50}{0,24\,\cdot\,3600}\,\cdot\,1000=329\mbox{ KW-Stunden}.
                           Wie man sieht, sind die Kosten bei diesem Verfahren selbst dann noch höhere als bei
                              									fast allen anderen bereits früher erwähnten, wenn man annimmt, dass die Angabe Ruthenburgs richtig ist. Das Verfahren ist also nur da
                              									anwendbar, wo billige Wasserkräfte zur Erzeugung der Elektrizität zur Verfügung
                              									stehen und wo die Erze keine besonderen Transportkosten verursachen. Ein besonderer
                              									Wert des Verfahrens soll aber darin liegen, dass während des Prozesses gleichzeitig
                              									eine Entschwefelung und Entphosphorung des Eisens stattfindet. Der Schwefel wird
                              									nämlich durch Abröstung entfernt, während der Phosphor in die Schlacke geht. Ruthenburg hofft den Prozess noch weiter in der Weise
                              									verbessern zu können, dass er auch Eisen mit geringem Kohlenstoffgehalt
                              									gewinnt,indem er dem aus dem Zwischenraum zwischen den beiden Walzen
                              									abtropfenden Eisen reduzierende Gase entgegenführt. Wieweit diese Versuche von
                              									Erfolg begleitet sein werden, muss erst die Zukunft lehren. Gegenwärtig sind ausser
                              									der von uns erwähnten Anlage noch zwei weitere im Bau, die eine in Kanada, die
                              									andere im Westen von Amerika, von denen jede in grossem Masstabe mit mehreren
                              									hundert Pferdekräften arbeiten soll.
                           
                        
                           2. Der Prozess Conley.
                           Im Gegensatz zum Ruthenburgschen Prozess ist über ein
                              									zweites in Amerika ausgeübtes Verfahren bis jetzt nur ausserordentlich wenig bekannt
                              									geworden und die erschienenen Veröffentlichungen gleichen sich fast durchweg
                              									wörtlich. Auch wir können uns deshalb hier nur darauf beschränken, von dem Wenigen,
                              									was bekannt ist, das Wesentlichste wiederzugeben.Amerikanisches Patent 697810, 730746,
                                    											französisches Patent 320112. Engineering and Mining Journal 75, 524. Journal
                                    											de l'Electrolyse 141, 3. Elektrotechnische Zeitschrift 10, 82. 126. Science
                                    											Abstracs 5, 592.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 738
                              Fig. 2. Widerstandsofen von Conley.Fig. 3–5. Electrodenkränze zum Ofen
                                 										von Conley.
                              
                           Der hauptsächlichste Bestandteil des Conleyschen
                              									Prozesses ist ein senkrechter Widerstandsofen (Fig. 2), der sich durch
                              									die eigenartige Form seines Schachtraumes auszeichnet. Durch diese Form will Conley einerseits ein langsames Niedergleiten der Erze
                              									und des Zuschlages erreichen, andererseits eine bessere Ausnützung der Wärme
                              									erzielen. Die Erze wie der Zuschlag sollen sich beide in dem Raume a sammeln und von da langsam durch die Einschnürung b hindurchgleiten, wo in die Ofenwand ein Kranz von
                              									Elektroden eingelassen ist, die mittels des zwischen ihnen spielenden Flammbogens
                              									den Schmelzprozess einleiten sollen. Dieser Schmelzprozess wird durch die aus dem
                              									Raume c abziehende Hitze beendet und die nunmehr
                              									vollkommen geschmolzene Beschickung gelangt in den Bereich des zweiten etwas über
                              									der Herdsohle befindlichen Elektrodenkranzes, durch den die Reduktion eingeleitet
                              									und durchgeführt wird. Beim Conleyschen Ofen sind
                              									gewissermassen zwei Oefen, nämlich ein Reduktionsofen und ein Schmelzofen,
                              									übereinander aufgestellt, so dass – ähnlich wie beim Stassano-Prozess – die ganze Eisengewinnung
                              									in einem einzigen Schachtraume vor sich geht, wobei jedoch zwei Elektrodenkränze zur Anwendung kommen.
                           Conley stellt seine Elektroden aus einem Gemenge von
                              									Graphit und Ton dar und Fig. 3 und 4 zeigen die
                              									Unterschiede in der Gestaltung der Elektrodenkränze. Aus Fig. 3, die den oberen
                              									Elektrodenkranz darstellt, ersieht man, wie eng der Raum ist, durch den die Beschikkung
                              									durchgleitet und einer wie intensiven Hitzewirkung dieselbe zwischen den hier
                              									kreuzweise spielenden Flammenbogen unterliegen muss. Fig. 4 stellt den
                              									Elektrodenkranz des Reduktionsraumes dar. Die Elektroden sind hier kürzer, die
                              									Flammbögen länger. Da die Elektroden dieses Kranzes einen beträchtlichen Teil des
                              									zur Reduktion nötigen Kohlenstoffes liefern, so ist ihr Verschleiss ein ziemlich
                              
                              									rascher und ihre Auswechslung wird ziemlich oft nötig. Die Reste der verbrauchten
                              									Elektroden können an besonderen Handgriffen d
                              									herausgenommen und durch neue Elektroden (Fig. 5) ersetzt
                              									werden.
                           An dem Ofen befinden sich zwei Abstichöffnungen e und
                              										f (Fig. 4), die um 90°
                              									gegen einander versetzt sind. In Fig. 2 ist nur die
                              									untere dieser Abstichöffnungen sichtbar; aus ihr fliesst das fertige Eisen ab,
                              									während die obere Abstichöffnung zum Ablassen der Schlacke dient.
                           Der Conley-Prozess ist Eigentum der „Electric Fournace Company“, die 1902 in
                              									New-York mit einer Million Francs gegründet wurde und die in Elizabethtown eine
                              									Anlage von 8000 PS errichtet hat, nachdem sich ihre Begründer bereits im Jahre 1895
                              									das Vorrecht auf die Erwerbung der Patente Conleys
                              
                              									gesichert hatten. Eine Tochtergesellschaft, die „Messana
                                    											Electric Steel Company“, ist gegenwärtig im Begriff, in Messana
                              									eine weitere grosse Anlage zu bauen.
                           Ueber die Kosten seines Verfahrens, nach dem sowohl Eisen wie Stahl hergestellt
                              									werden können, hat Conley selbst nähere Mitteilungen
                              									gemacht, denen zufolge sich die Unkosten von 100 Tonnen Stahl folgendermassen
                              									berechnen:
                           
                              
                                 500 PS (je 75 fr. f. d. Jahr) f. d. Tag
                                 1250
                                 fr.
                                 
                              
                                   30 t Koks (je 10 fr.)
                                 300
                                 „
                                 
                              
                                 200 t Erz 65 v. H. (je 17,50 fr.)
                                 3500
                                 „
                                 
                              
                                 Reparaturen und Unterhaltung
                                 250
                                 „
                                 
                              
                                 Arbeitskräfte
                                 625
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 
                                 5925
                                 fr.
                                 
                              
                           Der Preis der Tonne Stahl stellt sich demnach auf 59,25 fr. = 47,40 Mk., wobei noch
                              									zu bemerken ist, dass für die Elektrizität die Preise zugrunde gelegt sind, die in
                              									Buffalo für die aus den Niagarafällen bezogene Kraft üblich sind.
                           Der beschriebene Ofen liefert gewöhnlichen Stahl. In einem zweiten Ofen, dessen
                              									Konstruktion aber geheim gehalten wird, und über die noch nichts in die
                              									Oeffentlichkeit gedrungen ist, stellt Conley
                              									Tiegelgusstahl feinster Sorte dar. Dieser Ofen soll noch den Vorzug haben, dass er
                              									in einer Stunde betriebsfertig sein kann. Die Kosten des erzeugten Stahls berechnen
                              									sich nach Conleys Angaben folgendermassen, wobei die
                              									Erzeugung von 24 Tonnen Stahl in 24 Stunden angenommen ist:
                           
                              
                                 Kraftverbrauch 1250 PS
                                     312,50
                                 fr.
                                 
                              
                                 12 t Eisenabfälle je 140 fr.
                                 1680,–
                                 „
                                 
                              
                                 12 t Gusstücke je 80 fr.
                                   960,–
                                 „
                                 
                              
                                 Arbeitskräfte
                                   325,–
                                 „
                                 
                              
                                 Unterhaltung
                                   135,–
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                   3412,50
                                 fr.
                                 
                              
                           
                        
                           3. Der Prozess Harmet.
                           Der Prozess HarmetElectrical World and Engineer 40, 765. Electrochemist and Metallurgist
                                    											18, 93. Engineering and Mining Journal 75, 524. Eisen-Zeitung 21,
                                    										231. lehnt sich ziemlich eng an denin D. p. J. 1904, 319, S. 231 beschriebenen Prozess Héroult an und hat auch eine gewisse Aehnlichkeit mit dem an gleicher
                              									Stelle beschriebenen Kellerschen Prozess.
                           Harmet war Oberingenieur der „Fonderies Forges et Acieries de St. Etienne“, als Héroult dortselbst Versuche machte, und arbeitete dann
                              									sein Verfahren selbständig aus, das gegenwärtig in diesen Acieries ausgeübt wird.
                              									Eine weitere Anlage ist gegenwärtig in Albertville in Savoyen im Bau.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 739
                              Fig. 6. Ofenanlage von Härmet.
                              
                           Harmet trennt den Reduktionsprozess räumlich vollständig
                              									von dem Schmelzprozess und lässt das Reduktionsmittel in festem Zustande in einem
                              									besonderen Apparat auf die bereits geschmolzenen Oxyde einwirken. Er gebraucht
                              									hierzu drei Oefen. Von ihnen dient der erste zum Schmelzen des Erzes, der zweite zur
                              									Reduktion der geschmolzenen Oxyde und der dritte zur Gewinnung von Flusseisen oder
                              									Stahl. Die Oefen (Fig. 6) sind treppenförmig
                              									übereinander angeordnet und führen jeder das entstandene Produkt selbsttätig in den
                              									nächstfolgenden über. Die beiden ersten Oefen arbeiten hierbei ununterbrochen, der
                              
                              									letzte wird von Zeit zu Zeit abgestochen. Alle drei Oefen sind elektrische Oefen; da
                              									jedoch die beiden ersteren in ihrem Zusammenwirken gewöhnliches Roheisen liefern, so
                              									könnte man an ihre Stelle ebenso gut einen gewöhnlichen Hochofen aufstellen und dann
                              									dessen Produkt im dritten Ofen mit Hilfe der Elektrizität in Stahl oder Flusseisen
                              									umwandeln. Die Frage, ob man zur Gewinnung des Roheisens elektrische Oefen oder
                              									Hochöfen nehmen will, ist bei diesem Prozesse eine reine Preisfrage; sie hat mit der
                              									Qualität des entstandenen Produktes wohl kaum etwas zu tun und wird je nach den
                              									örtlichen Preisverhältnissen verschieden zu beantworten sein. Der dritte Ofen muss
                              									jedoch unbedingt ein elektrischer sein, da nur durch einen solchen ein Flusseisen
                              									von den hervorragenden Eigenschaften erzeugt werden kann, wie sie das Harmetsche Eisen hat. Harmet behauptet zwar,Le mois
                                    											scientifique et industriel 3, 39. Journal de l'Electrolyse 136, 2, 140, 3,
                                    											142, 5. in neuerer Zeit den Prozess in den beiden ersten Oefen so
                              									vervollkommnet zu haben, dass er als dritten Ofen, sobald er die beiden ersten
                              									elektrisch betreibt, an Stelle eines elektrischen Raffinierapparates einen
                              									gewöhnlichen Frischherd verwenden kann. Es dürften aber einige Zweifel in diese Angaben immerhin ihre
                              									Berechtigung haben.
                           Der erste Ofen, der Schmelzofen, besteht aus einem ziemlich hohen Schacht, der sich
                              									nach unten allmählich und kurz über der geneigten Herdsohle plötzlich sehr stark
                              									erweitert.
                           Diese Art der Ausgestaltung des Schachtraumes soll den Zweck haben, ununterbrochenes
                              									und ungehindertes Niedergleiten der Beschickung zu gewährleisten und Verstopfungen
                              									hintanzuhalten. Als Wärmequelle für die Schmelzung werden die Gase benutzt, die aus
                              									der Gicht des zweiten Ofens, des Reduktionsofens, entweichen und die mit Hilfe eines
                              									gepressten Windstromes verbrannt werden. Die Düsen, die diesen Windstrom liefern,
                              									sind so angeordnet, dass die Flamme den ganzen Herdraum erfüllt und den unteren Teil
                              									des Beschickungskegels vollkommen umspielt. Wie man sieht, ist bis jetzt der
                              									Unterschied in der Anlage dieses Ofens gegenüber der eines Hochofens kein allzu
                              									tiefgreifender. Zwar sind oberhalb des Herdraumes durch die Ofenwandung hindurch in
                              									zwei übereinander liegenden Kränzen und in ringförmiger Anordnung je acht Stück
                              									Kohlenelektroden angebracht, doch kann ihr Einfluss auf den Gang des
                              									Schmelzprozesses stets nur ein untergeordneter sein. Dieser untergeordneten
                              									Bedeutung der Elektrodenwirkung ist sich Harmet auch
                              									bewusst und er begründet ihre Berechtigung damit, dass er ihnen die Rolle als
                              									Hitzeregulatoren zuweist. Sie sollen nämlich für den Fall, dass die Reduktionsgase
                              									zur Schmelzung nicht genügen, zur Deckung des Wärmeausfalles beitragen und zwar soll
                              									sich in diesem Falle durch genaue Regulierung des Stromes auch eine genaue
                              									Regulierung der Wärme erzielen lassen.
                           Mit diesem ersten Ofen ist der zweite, der Reduktionsofen, durch eine gemeinsame
                              									Gichtbühne verbunden. Seine Basis steht jedoch tiefer als die des ersten Ofens und
                              									seine Sohle ist so angeordnet, dass die aus dem Schmelzofen kommenden geschmolzenen
                              									Erze durch die unteren Schichten des weissglühenden Kohlenmaterials hindurchfliessen
                              									müssen, ehe sie in den dritten Ofen gelangen. Sie breiten sich hierbei auf der Sohle
                              									des Reduktionsofens aus und in Berührung mit dem aus dem senkrechten Ofenschachte
                              									niedergleitenden Reduktionsmaterial tritt nicht nur die Reduktion, sondern zugleich
                              									auch die vollständige Bildung der Schlacke ein. Für diese ist eine besondere
                              									Abstichöffnung vorhanden.
                           Die Beschickung des Reduktionsofens erfolgt mit Koks, Holzkohle oder Anthrazit. Die
                              									Reduktion erfordert jedoch mehr Wärme als durch die Verbrennung des Kohlenstoffs zu
                              									Kohlenoxyd entsteht, deshalb soll auch hier der Wärmeausfall durch den elektrischen
                              									Flammenbogen gedeckt werden. Hierzu sind etwas über der Herdsohle eine oder mehrere
                              									Reihen von Elektroden angebracht. (In Fig. 6 nicht
                              									sichtbar.) Der Reduktion kann jedoch auch in der Weise nachgeholfen werden, dass in
                              									den Herd des Ofens verbrannte kohlensäurehaltige Abgase eingeblasen werden, die sich
                              									mit dem Koks zu Kohlenoxyd umsetzen. Der dritte Ofen endlich dient der Raffination
                              									und Harmet nennt ihn „Regulateur“. Er ist ganz
                              									genau nach dem Prinzip des in D. p. J. 1904, 319, S. 231
                              									abgebildeten Héroultschen Ofens gebaut, der sich
                              									seinerseits wieder an den Lavalschen anschliesst.
                              									Besonders interessante Einzelheiten bietet daher dieser Ofen nicht dar; hier sei nur
                              									erwähnt, dass die Bindung etwa im Eisen vorhandenen Schwefels durch die künstliche
                              									Erzeugung stark kalk- oder manganhaltiger Schlacken geschieht.
                           Die für seinen Prozess benötigte Kraft gibt HarmetJournal de l'Electrolyse 142, 5.
                              									mit 3500 PS-Stunden für eine Tonne erzeugten Stahlsan; die Kosten sollen sich
                              									auf 23,5 fr f. d. Tonne belaufen, eine Angabe, die ebenfalls von Härmet herrührt und in die man wohl berechtigtes
                              									Misstrauen setzen darf. Das Verfahren ist übrigens auch in Deutschland unter No.
                              									142965 patentiert worden und in der Patentschrift wird besonders darauf hingewiesen,
                              									dass die Vorwärmung und Reduktion der Erze durch den Kreislauf der Gichtgase bewirkt
                              									werden soll. Die Gichtgase sollen nach den dortigen Ausführungen die bei alleiniger
                              									Anwendung der Elektrizität mangelnden Reduktionsgase ersetzen, während durch den
                              									elektrischen Strom die Hitze erzeugt wird, die bei ausschliesslicher Zuführung der
                              									Gichtgase fehlen würde. Als besonderen Vorzug bezeichnet es Harmet noch, dass man den Betrieb sogar ohne Eintritt von Aussenluft in
                              									einem einzigen geschlossenen System durchführen kann. Es ist zu bezweifeln, ob dies
                              									in der Tat und zwar insbesondere im ersten Ofen möglich ist.
                           
                        
                           4. Der Prozess Girod.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 740
                              Fig. 7. Ofen von Girod.
                              
                           Eine Anlage, die nach diesem Prozesse arbeitet, ist bei Courtepin in der Nähe von
                              									Freiburg (Schweiz) in Betrieb gesetzt worden, ohne dass Einzelheiten über dieselbe
                              									in die Oeffentlichkeit gedrungen sind. Nur so viel ist bekannt,L'industrie électrochemique 10, 72. Journal de
                                    											l'Electrolyse 176, 1. Französisches Patent 329822. dass bei der
                              									Durchführung des Prozesses ein Ofen benutzt wird, der (Fig. 7) aus einem Tiegel A besteht, der aus
                              									Graphit oder feuerfesten Steinen hergestellt ist. Dieser Tiegel ist vollständig in
                              									eine aus einem Graphit-Tongemenge bestehende Widerstandsmasse B eingebettet, die mit Hilfe der beiden Elektroden P1 und P2 in Glut versetzt
                              									werden soll. Derartige Elektroden sind eine ganze Anzahl um die Widerstandsmasse
                              									herum angeordnet und durch Zwischenschichten aus Ton von einander isoliert. Der Ofen
                              									ist nach Art einer Bessemerbirne um eine wagerechte Achse kippbar, durch die
                              									gleichzeitig die Stromzuleitung stattfindet. Zur Zu- und Ableitung des Stromes
                              									dienen die Klemmvorrichtungen FF. Der Strom wird in der
                              									Weise geschlossen, dass man die Elektroden beim Anlassen desselben mit Hilfe dünnen
                              
                              									Eisendrahtes in leitende Verbindung setzt. Der Eisendraht schmilzt sofort beim
                              									Anlassen durch und der Strom geht dann durch die Widerstandsmasse, diese
                              									erhitzend.
                           Mit Hilfe dieses Ofens sollen unter Verwendung von 150 KW i. d. Stunde 150–200 kg
                              									Stahl darzustellen sein. (?) Ein besonderer Vorzug des Ofens soll darin bestehen,
                              									dass das Eisen mit den Elektroden nicht in Berührung kommt, so dass es sich aus
                              									diesen nicht durch Kohlenstoffaufnahme kohlen kann und dass andererseits die
                              									Abnützung der Elektroden selbst aus eben diesem Grunde nur gering ist.
                           
                        
                           
                           5. Der Prozess Gin.
                           Das Ginsche Verfahren wurde in Frankreich 1897
                              									patentiert. Die ersten Angaben darüber gelangten nach Deutschland durch den Erfinder
                              									selbst, der im Juni 1903 auf dem internationalen Chemikerkongress in Berlin sich
                              									über das Prinzip, das seinem Verfahren zugrunde liegt, aussprach. Nach vielen
                              									Bemühungen ist es ihm im Jahre 1904 gelungen, in Deutschland eine Gesellschaft mit
                              									einem Kapitale von 50000 Mark zu begründen, die auf Grund einer Versuchsanlage in
                              									Westfalen die Verwertung des Verfahrens in die Hand genommen hat.Elektrochemische Zeitschrift XI, 3,
                                    										67.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 741
                              Ofen von Gin.
                              
                           Das Ginsche VerfahrenD. R. P. 148253. Amerikanisches Patent 771872.
                                    											Stahl und Eisen 1904, 12–16. Journal de l'Electrolyse 181, 1.
                              									beruht auf der Verwendung eines Ofens, der weiter nichts ist, als ein vielfach
                              									gewundener Kanal von geringem Querschnitt (Fig. 8 und 9). Dieser
                              									Kanal A, in feuerfestem Material ausgeführt, befindet
                              									sich auf einem kleinen fahrbaren Wagen. An seinen beiden Enden bei B befinden sich Stahlblöcke, die zur Stromzuleitung
                              									dienen. Der Strom tritt bei G ein. Um Verschleiss der
                              									Blöcke hintanzuhalten, werden sie mit Wasser gekühlt. Wärmeverluste durch Strahlung
                              									sollen dadurch vermieden werden, dass der Wagen während des Stromdurchganges unter
                              									ein Gewölbe gefahren wird. Der Prozess geht in der Weise vor sich, dass durch die im
                              									Gewölbe befindlichen Trichter H das Roheisen evtl. mit
                              									Zuschlägen zur Schlackenbildung eingegossen wird. Dann wird der Strom angelassen,
                              									wodurch die für die Raffination nötige Temperatur entsteht. Die Schlacke schwimmt
                              									auf dem Metall und wird abgezogen, während das fertige Produkt bei K abgelassen wird.
                           Gin selbst vergleicht seinen Ofen mit einer elektrischen
                              									Glühlampe, deren Faden aus Roheisen besteht. Es ist klar, dass nach dieser Methode
                              									stets nur geringe Mengen von Eisen bearbeitet werden können. Betriebsergebnisse sind
                              									nicht bekannt und es ist daher auch nicht zu sagen, ob das Produkt immer ein
                              									gleichmässiges wird, noch wie die Kosten des Verfahrens sich stellen. Es lässt sich
                              									daher nicht angeben, worin die wesentlichen Vorteile gegenüber anderen Verfahren
                              									bestehen sollen.
                           
                              Der Kraftbedarf für die einzelnen Verfahren und die
                                 										zukünftigen Aussichten der elektrischen Eisen- und Stahldarstellung.
                              
                           Bezüglich des Kraftbedarfes, der für die einzelnen Verfahren nötig ist, sind im
                              									allgemeinen sehr zuverlässige Angaben nicht zu erlangen; man ist hier meist auf
                              									dieMitteilungen der Erfinder angewiesen, die wohl nicht immer ganz einwandsfrei
                              									sind. Als absolut zuverlässig kann man eigentlich nur die Angaben über den Stassanoprozess (D. p. J. 1904, 319, S. 14, 219) ansehen, da diese von einem vollkommen einwandsfreien
                              									Beobachter, nämlich von Dr. Hans Goldschmidt herrühren,
                              									der im Auftrage des deutschen Patentamtes an Ort und Stelle die Verhältnisse
                              									studierte.
                           Des Weiteren liegt auch kein Grund vor in die Angaben, die Kjellin (D. p. J. 1902, 317, S. 784) macht,
                              									irgend welches Misstrauen zu setzen, da er selbst mitteilt, dass das Verfahren, was
                              									den Kraftverbrauch anbetrifft, unökonomisch arbeitet und dass ein Gewinn nur dadurch
                              									zu erzielen war, weil das erzeugte Eisen so grossartige Eigenschaften hatte, dass es
                              									zu einem angemessenen Preise verkauft werden konnte. Ferner leugnet Kjellin nicht, dass er die grösste Sorgfalt darauf
                              									verwendet, die Oekonomie seines Prozesses zu verbessern. Unter Berücksichtigung
                              									dieser Umstände stellen sich nach den Berechnungen von Neumann, Wedding, Ledebur und Anderen die Verhältnisse im allgemeinen
                              									folgendermassen:
                           Bei der Erzeugung von Roheisen verbrauchte Stassano in seinem kleinen Versuchsofen zu Darfo zur
                              									Gewinnung einer Tonne Metall 3155 KW-Stunden, im grösseren Ofen verbesserte sich das
                              									Verhältnis und der Kraftverbrauch sank auf 2841 KW-Stunden. Ueber den neuen im
                              									Schmelzwerk der italienischen Regierung zu Turin errichteten Ofen und seine
                              									Ergebnisse sind bis jetzt noch keine Nachrichten in die Oeffentlichkeit gelangt und
                              										Stassano hat auch auf eine von mir an ihn
                              									gerichtete Anfrage keine nähere Auskunft gegeben. Es ist daher noch nicht mit
                              									Sicherheit zu sagen, ob dieser Ofen eine Verbesserung in bezug auf den
                              									Kraftverbrauch bedeutet.
                           Keller benötigt nach seiner eigenen Angabe 2800
                              									KW-Stunden, während beim Harmetschen Prozess nach
                              									Rechnung 25073 KW-Stunden verbraucht werden.
                           Bei den Prozessen zur Erzeugung von Stahl haben wir zu
                              									unterscheiden, ob hierbei als Einsatz flüssiges Roheisen, wie es direkt aus dem
                              									Hohofen oder dem Kupolofen kommt, verwendet wird, oder ob mit kaltem Einsatz
                              									gearbeitet wird. Je nach der Art und Weise der Leitung des Prozesses ist der
                              									Kraftverbrauch ein verschiedener, und es ist selbstverständlich, dass er sich bei
                              									einem Einsatz von flüssigem Roheisen wesentlich günstiger stellt.
                           Bei einem solchen verbraucht zur Erzeugung von einer Tonne Metall
                           
                              
                                 
                                    Gin
                                    
                                 600
                                 KW-Stunden
                                 
                              
                                 
                                    Harmet
                                    
                                 620
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    Keller
                                    
                                 694
                                 „
                                 
                              
                           Diese sämtlichen Zahlen sind durch Rechnung gefunden (Neumann).
                           Bei Verwendung kalten Einsatzes benötigen
                           
                              
                                 
                                    Conley
                                    
                                 920
                                 KW-Stunden
                                 
                              
                                 
                                    Héroult
                                    
                                 882
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    Kjellin
                                    
                                 966
                                 „
                                 
                              
                           Diese Zahlen beruhen teils auf Angaben, teils auf Versuchen.
                           Man kann deshalb den durchschnittlichen Kraftbedarf zur Erzeugung einer Tonne Roheisen auf rund 3000 KW-Stunden, den zur Erzeugung
                              									einer Tonne Stahl auf rund 900–950 KW-Stunden bei kaltem Einsatz und auf rund 650 KW-Stunden bei
                              									Verwendung flüssigen Roheisens veranschlagen.
                           Einen besonderen Zweig der Elektrometallurgie des Eisens bildet die
                              									Herstellung hochprozentiger Eisenlegierungen, wie Ferromangan, Ferrochrom,
                              									Ferrosilizium usw., die seit einigen Jahren insbesondere durch die Arbeiten de ChalmotsJournal
                                    
                                    											of the American Chem. Soc. 1899, 21, 59. in erhöhtem Masstabe
                              									aufgenommen wurde und in raschem Aufblühen begriffen ist.
                           Zur Erzeugung einer Tonne 82 prozentigen Ferromangans nach dem Verfahren von Simon berechnet Gin einen
                              									Kraftverbrauch von 2780 KW-Stunden.
                           Bei der Ferrosiliziumdarstellung werden in dem grossen Werke zu Meran 5000
                              									KW-Stunden, unter Verwendung des Kellerschen Prozesses
                              									hingegen 3000 KW-Stunden verbraucht.
                           Was nun die zukünftigen Aussichten der Eisen- und Stahlgewinnung auf elektrischem
                              									Wege anbetrifft, so haben wir bereits in D. p. J. 1904, 319, S. 234, das nötige hierüber gesagt. Im allgemeinen schliesst sich Neumann den dort ausgesprochenen Aussichten an und
                              									insbesondere hebt er hervor, dass für die Raffination von feinen Eisen- und
                              									Stahlsorten für Tiegelmaterial der eine oder andere elektrische Prozess technisch
                              									wie wirtschaftlich den bisherigen Tiegelprozess zu ersetzen vermag und ebenso glaubt
                              									er, dass für die Herstellung von hochprozentigen Eisenlegierungen der elektrische
                              									Ofen das Feld behaupten wird. Wenn Neumann hingegen die
                              									Ansicht vertritt, dass auch für die Umwandlung von Eisen inStahl der
                              									gewöhnliche Martinofen wesentlich billiger arbeite, und dass sich für die
                              									Roheisengewinnung das elektrische Verfahren nur in gewissen Ländern eigne, so ist
                              									ihm hierin nur insoweit recht zu geben, als sich diese Ansicht auf die bisher
                              
                              									besprochenen Ofensysteme bezieht. Neumann
                              									berücksichtigt aber nicht, dass man sich dieser Tatsache in technischen Kreisen
                              									schon lange bewusst geworden ist, und dass man ebenso erkannt hat, dass die Zukunft
                              									eine wirtschaftliche Verschiebung zuungunsten derjenigen Länder bringen dürfte, die
                              									nicht über reine Erze und billige Wasserkräfte verfügen, sofern es nicht gelingt,
                              									Ofenkonstruktionen zu erfinden, die es auch diesen in bezug auf Erz- und
                              									Wasserverhältnisse weniger günstig gestellten Ländern ermöglichen, in den
                              									Konkurrenzkampf einzutreten. Solche Oefen, die durch Anwendung von Vorwärmesystemen
                              									für die Beschickung unter Verwendung billiger Heizgase den Elektrizitätsverbrauch
                              									auf ein Minimum zu reduzieren gestatten und die daher mit dem Vorteil der Billigkeit
                              
                              									des erzeugten Produktes die Eigenschaft der aus der elektrischen Ausbringung
                              									resultierenden grossen Reinheit vereinigen, sind in der Tat bereits nicht nur
                              
                              									konstruiert worden, sondern es steht, wie wir erfahren, ihre demnächstige
                              									Inbetriebsetzung in Frankreich, England und Deutschland bevor, resp. es sollen sogar
                              									einzelne solcher Oefen bereits im Betrieb stehen.
                           Wir werden voraussichtlich bald in der Lage sein, über die mit ihnen erzielten
                              									Ergebnisse, sowie ihre Konstruktion eine eingehende Darstellung zu bringen.