| Titel: | Die Automobiltechnik im Jahre 1904. | 
| Autor: | W. Pfitzner | 
| Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 769 | 
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                        Die Automobiltechnik im Jahre 1904.
                        Von Dipl.-Ing. W. Pfitzner, Assistent an der
                           									K. Technischen Hochschule,
                              								Dresden.
                        (Fortsetzung von S. 762 d. Bd.)
                        Die Automobiltechnik im Jahre 1904.
                        
                     
                        
                           Naturgemäss war von jeher der Wunsch vorhanden, auch in die inneren Vorgänge bei
                              									der Verbrennung des Gemisches einen Einblick tun zu können. Das gewöhnliche
                              									Hilfsmittel hierbei, der Kolbenindikator, versagt bei den hohen Umdrehungszahlen
                              									vollständig. Selbst mit besonders kleinen Kolben ist es kaum möglich bis über 600
                              									Umdrehungen i. d. Minute zu kommen, der Trommel-antrieb wird unsicher und die
                              									Eigenschwingungen des Indikators vereiteln eine genaue Aufzeichnung des Diagrammes.
                              
                              									Auch der von Güldner beschrittene Weg, Diagramme von
                              									Indikatoren aufzeichnen zu lassen, deren Trommel mit der halben Umdrehungszahl der
                              									Kurbelwelle von einer Steuerwelle aus angetrieben wird, gibt nicht den
                              									unmittelbaren, wünschenswerten Einblick in den Verlauf der Spannung, obwohl einzelne
                              									Teile des Diagrammes gut zu verfolgen sind. Zur Berechnung der indizierten Leistung
                              									sind diese Diagramme auch nicht geeignet. (Vergl. Z. d. V. d. I., 1900, S. 1729 u.
                              									f.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 769
                              Fig. 20. Manograph von Hospitalier und Carpentier.
                              
                           Man hat infolgedessen versucht, auf anderem Wege zu brauchbaren Indikatoren zu
                              									kommen, indem man Apparate mit möglichst geringen bewegten Massen konstruierte. Alle
                              
                              									derartigen Instrumente benutzen als Zeichen- bezw. Schreibvorrichtung einen
                              									Lichtstrahl und die photographische Platte, die Bewegungen selbst werden an einem
                              									Spiegel vorgenommen und können deshalb sehr klein sein. Von den verschiedenen
                              									Ausführungen solcher Apparate sei hier nur der von Hospitalier und Carpentier angegebene und Manograph benannte beschrieben, als einer der meist
                              									verbreiteten.
                           Die Einrichtung des Apparates geht aus den Fig.
                                 										20–22 hervor. In einem länglichen
                              									Holzkasten (Fig. 20) befindet sich bei 5 ein kleiner
                              									Hohlspiegel, der unter dem Einfluss des Druckes im Zylinder und der Drehung der
                              									Kurbelwelle bestimmte Bewegungen ausführen kann. An einer derLängsseiten des
                              									Kastens ist eine Beleuchtungsvorrichtung angebracht, meist eine kleine
                              									Acetylenflamme A mit einer Blende von etwa 1 mm
                              									Durchmesser, von der aus ein Lichtbündel auf das vor der seitlichen Oeffnung
                              									stehende Prisma P strahlt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 769
                              Fig. 21. Manograph. Lagerung des Hohlspiegels.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 769
                              Fig. 22. Manograph. Hohlspiegelbewegung.
                              
                           Das Prisma sendet durch totale Reflektion die Lichtstrahlen
                              									nach dem Hohlspiegel S, der nunmehr auf dem
                              									Mattglasschirm GG, am Ende des Apparates, ein scharfes
                              									Bild der hellbeleuchteten Blendenöffnung entwirft. Bei einer Bewegung des Spiegels wandert der
                              									Lichtpunkt auf der Mattscheibe; für das Auge entsteht bei genügender Geschwindigkeit
                              									der Bewegung der Eindruck einer Lichtlinie, die sich ohne Schwierigkeiten
                              									photographisch festhalten lässt. Die Mattglasscheibe lässt sich wie beim
                              									photographischen Apparat durch eine Kassette mit lichtempfindlicher Platte
                              									ersetzen.
                           Die Bewegung des Hohlspiegels geschieht in zweifacher Weise. Der Spiegel, oder
                              									vielmehr eine mit ihm fest verbundene Metallplatte ist auf drei Punkte in der
                              									Anordnung eines rechtwinkligen Dreiecks gestützt (siehe Fig. 21), von denen einer f festliegt,
                              									während die beiden andern sich senkrecht zur Plattenebene verschieben können Bei
                              									einer Bewegung von v dreht sich das System um die
                              									senkrechte Achse f–p, der Lichtpunkt auf der
                              									Mattscheibe wandert infolgedessen seitlich auf einer wagerechten Geraden.
                              									Andererseits bewirkt eine Verschiebung des Punktes p
                              									eine Drehung des Spiegels um die wagerechte Achse f–v und damit ein Wandern des Lichtpunktes auf der
                              									Mattscheibe in senkrechter Richtung. Bei gleichzeitiger Bewegung beider Punkte p und v entstehen somit
                              									geneigte Linienzüge oder Kurven, die wie im gewöhnlichen Indikator das
                              									Spannungsdiagramm darstellen, wenn man Punkt v
                              									entsprechend dem Kolbenhub und Punkt p entsprechend der
                              									Spannung im Zylinder bewegt.
                           Diese beiden Bewegungen werden mit den in Fig. 22
                              									angegebenen Hilfsmitteln eingeleitet. Es befindet sich in einem Metallblock hinter
                              									dem Spiegel eine dünne Blechmembran M, von der aus nach
                              									dem Punkte p ein Druckstift P führt. Die andere Seite der Membran steht in Verbindung mit dem
                              									Verbrennungsraum des Motorzylinders; ein dünnes Kupferrohr mit einem (nicht
                              									gezeichneten) Abschlusshahn stellt die Verbindung her. Unter dem Einfluss der im
                              									Zylinder entstehenden Spannungen biegt sich die Membran nach aussen durch und diese
                              									geringe Bewegung wird durch den Druckstift auf den Spiegel übertragen. Eine
                              									Blattfeder B1 sichert
                              									ein dauerndes Anliegen der Teile, sowie die Rückbewegung des Spiegels bei sinkender
                              									Spannung. Die Durchbiegung der Membran und damit die Spannung im Zylinder wird also
                              									an der senkrechten Bewegung des Lichtpunktes in erheblich vergrössertem Masstabe
                              									gemessen.
                           Die Kolbenbewegung kann bei der Kleinheit aller Abmessungen nicht in der gewöhnlichen
                              									Weise mit einfacher Hubreduktion übertragen werden. Die Erfinder sind dazu
                              									übergegangen, einen eigenen kleinen Kurbeltrieb von normalen Verhältnissen an den
                              									Apparat anzubauen, der in der Nähe des Spiegels sitzend mit ganz geringen Massen die
                              									hin- und hergehende Bewegung bewirkt. Der Antrieb vom Motor geschieht dann nur mit
                              									einer dünnen biegsamen Welle, ist also nur drehend, nicht schwingend, ausserdem hat
                              									man den Vorteil, den ganzen Apparat bequem in fast beliebiger Entfernung vom Motor
                              									aufstellen zu können.
                           Der Kurbeltrieb besteht (Fig. 22) aus dem mittleren
                              									kleinen Zahnrad Z1 als
                              									Kurbel und der kurzen Stange S als Schubstange. Der
                              									Kreuzkopf ist ersetzt durch die doppelarmige Schwinge H, gegen die sich unmittelbar der zweite Druckstift V legt. Eine zweite Feder B2 bewirkt auch hier die kraftschlüssige Rückbewegung
                              
                              									des Spiegels.
                           Die in der Figur noch eingezeichneten Hilfsräder haben den Zweck, zwischen der
                              									Kurbelbewegung des Motors und der des Apparates genaue Uebereinstimmung
                              									herzustellen. Die biegsame Welle, in der sich meist noch eine Reibungskupplung zum
                              									Einschalten des Manographen während des Betriebes befindet, erfordert stets eine
                              									Nachstellung, sie verdreht sich etwas, auch die Kupplung bringt stets einen Fehler
                              									in die Uebertragung hinein. Um alle diese Einflüsse auszugleichen ist der Antrieb
                              									der kleinen Kurbel erst mittelbar durch das Zahnrad Z2 bewirkt, an dessenAchse die
                              									biegsame Welle angreift, und das sich mit Hilfe der angedeuteten Schraubvorrichtung
                              										J um das Mittelrad Z1 herumbewegen lässt. Die Umführung
                              									bewirkt eine Verstellung der beiden Kurbelmechanismen zueinander, die man auch
                              									während des Ganges zum Ausgleich der Winkelabweichungen benutzen kann.
                           Die Uebertragung beider Bewegungen, der senkrechten und der wagerechten ist keine
                              									vollständig genaue, wie sie für die richtige Darstellung des Diagrammes erforderlich
                              									wäre. Zunächst sind die Durchbiegungen der Membran nicht proportional den Drücken,
                              									der Maasstab für die Spannungen ändert sich, und zwar werden die Bilder zu niedrig.
                              									Ein weiterer Fehler entsteht durch die nicht mathematisch richtige Bewegung des
                              									Spiegels, wenn auch dieser Einfluss nicht gross sein mag. Beide Uebelstände lassen
                              									sich aber berücksichtigen, wenn man eine Eichung mit bekannten Pressungen vornimmt.
                              									Man bekommt einen „veränderlichen Federmasstab“, nach dem man die wahren
                              									Drücke jederzeit ablesen kann und den man auch zum Umzeichnen der Diagramme auf
                              									gleichbleibenden Masstab benutzen kann. Bedenklicher scheint dagegen das dünne,
                              									verhältnismässig (bis 1 m) lange Anschlussrohr nach dem Zylinder. Sein Volumen darf
                              									nicht gross sein, damit das Kompressionsverhältnis der Maschine nicht wesentlich
                              									geändert wird, es kann deshalb nur mit 2–3 mm lichtem Durchmesser ausgeführt werden.
                              									In einem solchen Rohr können sich die schnell wechselnden Drücke aber nur schlecht
                              									fortpflanzen, es müssen bedeutende Druckverluste und zeitliche Verschiebungen
                              									eintreten, die natürlich ein durchaus falsches Bild von den wirklichen Vorgängen
                              									liefern müssen. Um diesem Fehler aus dem Wege zu gehen, empfiehlt es sich daher, an
                              									Stelle des langen dünnen Rohres ein kürzeres von grösserem Durchmesser zu setzen,
                              									selbst auf die Gefahr hin, dass die Membran etwas stärker erhitzt wird. Allerdings
                              									hat man in der Schraubvorrichtung J
                              									Fig. 22, ein Mittel zur Hand, der Phasenverschiebung
                              									in den Drücken eine entsprechende Verschiebung in der Winkeleinstellung des
                              									Kurbeltriebes beizugeben, so dass beide Bewegungen zwar verspätet, aber wenigstens
                              									zu einander richtig im Apparat eintreffen, doch erfordert dieser Ausgleich eine
                              									ständige Nachstellung von Hand entsprechend den verschiedenen Tourenzahlen. Besser
                              									ist es jedenfalls, mit dem dickeren Rohr zu arbeiten, da man dann die sonst
                              									erheblichen Druckverluste auch vermeidet. Mit einem Rohr von etwa 10 mm Durchmesser
                              									arbeitet der Apparat noch bis 2500 Umdrehungen i. d. Minute zuverlässig.
                           Die Bewegungsübertragung durch die biegsame Welle ist natürlich auch mit Fehlern
                              									behaftet, es stellen sich bei hohen Tourenzahlen Torsionsschwingungen ein, die
                              									dauernde Verdrehung ändert sich auch mit der Umdrehungszahl, die Abmessungen des
                              									kleinen Kurbeltriebes sind nicht immer verhältnisgleich denen des untersuchten
                              									Motors. Die biegsame Welle lässt sich durch einen starren Zahn-radtrieb ersetzen,
                              									die kleinen Abweichungen in der Spiegelbewegung muss man in Kauf nehmen. Die Grösse
                              									der Abweichungen lässt sich jedenfalls jederzeit auf der Mattscheibe
                              									feststellen.
                           Wenn somit auch die erhaltenen Diagramme nicht allzugenau sind und namentlich zur
                              									Bestimmung der indizierten Arbeit nicht unmittelbar benutzt werden können, so lässt
                              									sich doch an ihnen schon manches verfolgen, was die gewöhnlichen Indikatoren nicht
                              									so gut zu zeigen vermögen. Man kann über die Widerstände beim Laden und Auspuffen
                              									des Zylinders, über den Verlauf der Verbrennung und über den Einfluss der Vorzündung
                              									hübsche Beobachtungen machen. In Fig. 23 ist
                              									zunächst ein Originaldiagramm eines schnellaufenden Motors von de Dion & Bouton
                              									wiedergegeben, mit dem darüber gezeichneten, veränderlichen Federmasstab und dem
                              									danach umgezeichneten Diagramm für gleiche Abstände der Spannungseinheiten. Das Bild ist bei 1600
                              									Umdrehungen i. d. Minute aufgenommen. Merkwürdig erscheint die Einknickung in der
                              									Ausdehnungslinie, wahrscheinlich der Rest einer sehr stark gedämpften Schwingung der
                              									Membran. Aus dem Verlauf der Kompressionslinie lässt sich annähernd der
                              									Zündzeitpunkt erkennen, die Auspuff- und Ansaugelinie deuten auf sehr starke
                              									Widerstände in den Ventilen hin, es entsteht eine erhebliche Verlustfläche.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 771
                              Fig. 23. Diagramm eines de Dion-Motors, aufgenommen bei n = 1600.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 771
                              Diagramme mit dünner Membrane aufgenommen.
                              
                           Durch Einsetzen dünner Membranen kann man die Vorgänge beim Saugen usw. in
                              									vergrösserten Ordinaten unmittelbar sichtbar machen. So geben die beiden Figuren 24
                              									und 25
                              									sehr schön den Spannungsverlauf, wie er sich bei Drosselregulierung einstellt. Die
                              									Linien sind aufgenommen bei von aussen in Bewegung gesetztem Motor, ohne Zündung des
                              									Gemisches, da die Membran den Explosionsstoss nicht ausgehalten haben würde. Fig. 24,
                              									1160 Umdrehungen i. d. Minute, fast ganz geschlossene Drosselklappe, zeigt einen
                              									erheblichen Ansauge-Unterdruck und eine Kompressionsspannung von etwas über zwei
                              									Atmosphären, Fig. 25, vollständig geöffnete Drosselklappe, 730 Umdrehungen, zeigt die
                              									volle Kompression von ziemlichfünf Atmosphären. Auch hier sind die
                              									Ventilwiderstände noch zu erkennen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 771
                              Einfluss der Zündung.
                              
                           In recht anschaulicher Weise hat Prof. H. L. Callendar
                              									den Einfluss der Vorzündung mit dem Manographen sichtbar gemacht. (Technics, No. 4,
                              									April 1904). Er hat gleichzeitig mit dem Spannungsdiagramm auch den Zündfunken
                              									photographisch aufgenommen, mit Hilfe einer zweiten Funkenstrecke, die er in die
                              									Hochspannungsleitung des Zündstromes einschaltete. Diese zweite Funkenstrecke, auch
                              									sonst viel benutzt unter dem Namen „Vorschaltfunkenstrecke“ (vergl. später
                              									unter Zündungen), befand sich im Manographen über der Blendenöffnung, die
                              									Lichtstrahlen des elektrischen Funkens nahmen also denselben Weg wie die der
                              									Beleuchtungsflamme, so dass im Momente der Zündung über der Diagrammlinie das Bild
                              									des Funkens als Punkt mit erschien. Auf diese Weise ist der Zündzeitpunkt
                              									unmittelbar einwandfrei festgelegt. Zwei solcher Diagramme sind in den Figuren 26
                              									und 27
                              									wiedergegeben. Fig. 26 zeigt ein Diagramm mit Nachzündung bei geringer Leistung, 1930
                              									Umdrehungen; das Gemisch verbrennt erst gegen Ende des Hubes, der Kolben eilt der
                              									Zündflamme weit voraus. Wird die Zündung früh genug eingeleitet, wie in Fig. 27,
                              									etwa 40° Kurbelwinkel vor Totpunktstellung, dann entstehen normale Diagramme mit
                              									guter Flächenentwicklung selbst bei so hohen Tourenzahlen wie hier, 1580 i. d.
                              									Minute.
                           Diese wenigen Beispiele mögen genügen. Sie zeigen jedenfalls, dass man beginnt, in
                              									die inneren Vorgänge der schnellaufenden Motoren einzudringen. Für eine Berechnung
                              									reichen die Diagramme natürlich nicht aus. Man ist ebenso wie im
                              									Grossgasmaschinenbau gezwungen, nach Erfahrungswerten die Zylinderdimensionen zu
                              									bestimmen. Die mittleren effektiven Drücke in der Höhe von pme = 4,5 – 5,0 Atmosphären dienen als
                              									Grundlage, das Verhältnis von Hub zu Durchmesser schwankt um die Werte 1,3 bis 1,0,
                              									die letztere Zahl ist bei den grösseren Maschinen üblich bezw. notwendig, damit die
                              
                              									Drücke der schwingenden Massen nicht unzulässig werden. Als Grenzwert für die
                              									Leistung eines Zylinders kann bei normalen Gebrauchsmotoren 8 PS gelten, jedoch
                              									kommen bei den grössten Rennmotoren unter Umständen über 20 PS auf einen Zylinder,
                              									wobei die übliche Kolbengeschwindigkeit im Betrage von 4,5 bis 5,0 m wesentlich
                              									erhöht wird.
                           Im allgemeinen dringt die vielzylindrige Bauart mehr und mehr durch, weitaus die
                              									meisten Maschinen sind zwei- und vierzylindrig. In der Tat sprechen auch alle
                              									Erwägungen für den Bau mehrzylindriger Motoren. Das Gewicht wächst bedeutend
                              									langsamer bei Zylindervermehrung als bei Vergrösserung eines Einzylindermodelles;
                              									der Gang des Motors wird bedeutend gleichförmiger, man spart an Schwungradgewicht; die
                              									schwingenden und umlaufenden Massen lassen sich bequem gegeneinander ausgleichen,
                              									die Motoren laufen ruhiger und schliesslich ist auch der Preisunterschied für die
                              									Leistungseinheit bei Vielzylindermotoren nur unerheblich. Zweizylindermotoren baut
                              									man in der Regel mit um 180° versetzten Kurbeln, des Massenausgleiches wegen, trotz
                              									einer Verschlechterung des gleichförmigen Ganges. Wie notwendig der Massenausgleich
                              									wird, zeigt das Bestreben mancher Firma, die zäh an den Einzylindermodellen
                              									festhalten will; so haben de Dion & Bouton
                              									versucht, einen Massenausgleich am Einylindermotor nach Art von Fig. 28 auszuführen. Seitlich neben dem
                              									Arbeitszylinder schwingt ein mit Zahnrad und Kurbel angetriebenes totes Gewicht
                              									ebenso wie der Kolben, die Massendrücke in den Totlagen werden durch die sehr
                              									schweren rotierenden Gegengewichte f und p ausgeglichen; Horizontalkomponenten der
                              									Zentrifugalkräfte bleiben nicht frei, da die Gegengewichte entgegengesetzt rotieren.
                              									Der Massenausgleich ist bis auf den Einfluss der endlichen Länge der Schubstangen
                              									vollständig. Es ist nicht recht einzusehen, warum das Laufgewicht nicht gleich zu
                              									einem Arbeitszylinder erweitert wird, viel fehlt dem Gewicht nach doch nicht dazu
                              									und man hätte dann gleich eine Verdopplung der Leistung. Die Anordnung hat sich, wie
                              									vorauszusehen war, wenig bewährt und ist bereits wieder verschwunden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 772
                              Fig. 28. Massenausgleich mit seitlichem Gegengewicht, de Dion &
                                 										Bouton.
                              
                           Mehr bewährt hat sich ein Ausgleich mit totem Gegengewicht bei Zweizylindermotoren,
                              
                              									deren Kurbeln man in Rücksicht auf ein gleichförmiges Drehmoment um 360 ° oder 0 °
                              									versetzt hat. Beidieser Kurbelstellung lassen sich die Perioden des Viertaktes
                              									in den beiden Zylindern so versetzen, dass die Zündungen in gleichen Abständen,
                              									während jeder Umdrehung des Motors einmal stattfinden. (Vergl. auch D. p. J. 1904,
                              									S. 299). Ein Ausgleich der jetzt übereinstimmend schwingenden grossen
                              									Triebwerkmassen nur durch rotierende Gegengewichte genügt nicht, man ist dazu
                              									übergegangen, zwischen die Arbeitskolben ein um 180° versetztes Kurbelgetriebe mit
                              									totem Gewicht einzubauen, Fig. 29 (Compens-Motor der Motorenfabrik Protos, Berlin, etwas später auch de Dion &
                                 										Bouton, Puteaux). Hier lässt sich diese Bauart schon eher verteidigen, die
                              									Baulänge der Motoren kann trotz des Zwischengetriebes kurz gehalten werden, sie ist,
                              									wie Fig. 30, der Compens-Motor Protos zeigt, kaum unterschieden von gewöhnlichen
                              									Zweizylindermotoren. Der Ausgleich ist ebenfalls bis auf die endliche Länge der
                              									Schubstangen vollständig.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 772
                              Fig. 29. Protos Compens-Motor.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 772
                              Fig. 30. Protos Compens-Motor.
                              
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)