| Titel: | Die Graphitschmierung. | 
| Autor: | K. Lenz | 
| Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 11 | 
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                        Die Graphitschmierung.
                        Von Diplom-Ingenieur K. Lenz,
                           								Gross-Lichterfelde.
                        Die Graphitschmierung.
                        
                     
                        
                           Der Dampfmaschinenbau hat sich in den letzten Jahren in der Richtung entwickelt,
                              									dass man zur Verwendung immer höher gespannten und überhitzten Dampfes übergegangen
                              									ist. In dem Masse, wie man hierbei zu immer höheren Dampftemperaturen gelangte,
                              									wuchsen aber auch die Schwierigkeiten der Schmierung der unter Dampf gehenden
                              									reibenden Teile, also der Schieber, Kolben und Stopfbüchsen. Es ist bekannt, dass
                              									die meisten Zylinderöle bei den höheren Dampftemperaturen nicht mehr benutzt werden
                              									können, weil sie sich teils zersetzen, teils verflüchtigen oder ihre Schlüpfrigkeit
                              									verlieren. Nur besonders behandelte und deswegen kostspielige Zylinderöle halten den
                              									höheren Temperaturen stand.
                           In den letzten Jahren ist nun eine neue Art der Schmierung eingeführt worden, durch
                              									die die Ausgaben für die Schmierung der Zylinder ganz bedeutend ermässigt werden,
                              									nämlich die Schmierung mit Oel mit Graphitzusatz. Da durch diese Schmierung auch
                              									noch andere Vorteile erzielt werden, hat sie bald eine grössere Verbreitung
                              									gefunden. Die Vorteile der Graphitschmierung sind, kurz zusammengefasst, die
                              									folgenden:
                           1. Es wird eine Schmiermaterialersparnis bis zu 50 v. H. erzielt.
                           2. Auf den Gleitflächen stellt sich eine spiegelblanke Politur ein. Die Folge davon
                              									ist eine längere Dauer der betreffenden Teile, eine Verkleinerung der
                              									Leerlaufsarbeit und Verminderung der Dampflässigkeitsverluste.
                           3. Die Stopfbüchsen halten besser dicht.
                           4. Die Beschädigungen der Gleitflächen durch abgebrochene Oelkrusten werden
                              									vermieden, da es möglich wird, auch bei hohen Dampftemperaturen lediglich Mineralöl
                              									zu verwenden, welches nicht eintrocknet und daher keine Krusten absetzt.
                           Man hat ferner in letzter Zeit vielfach versucht, an Stelle des Graphitölgemisches
                              									nur Wasser mit Graphitzusatz oder auch trockenen Graphitstaub zu verwenden. Diese
                              									Schmiermethode ist in allen denjenigen Fällen von Wert, wo die Oelschmierung
                              									Nachteile mit sich bringt. Dies ist z.B. der Fall bei der Schmierung der
                              									Kompressoren, bei denen sich durch Verdampfen des Oeles im Windkessel zuweilen
                              									explosible Gemische von Fettgasen und Luft gebildet haben, die zu Unglücksfällen
                              									geführt haben.Zeitschr. d. Ver.
                                    											deutsch. Ing. 1897, S. 1293. Ferner ist die Abwesenheit von Oel
                              									erwünscht, wenn man aus irgendwelchen Gründen ein ölfreies Kondenswasser zu erzielen
                              									wünscht. Die Schmierung ohne Oel wäre ferner von bedeutendem Werte für
                              									Explosionsmotoren und Heissdampfmaschinen, bei denen die Temperatur der
                              									Zylinderwandungen heute der Oelschmierung wegen eine bestimmte Grenze nicht
                              									überschreiten darf.
                           Die Graphitschmierung ohne Oel soll in Amerika verbreitet sein. So sind auch die in
                              									Amerika verbreiteten und patentierten Graphitschmierapparate meistens für reine
                              									Graphitschmierung bestimmt. Authentische Angaben über den praktischen Wert dieser
                              									Schmiermethode liegen jedoch zur Zeit nicht vor.
                           Als Nachteil der Graphitschmierung muss bezeichnet werden, dass es im
                              									allgemeinen nicht möglich ist, die vorhandenen Schmiervorrichtungen bei bestehenden
                              									Anlagen ohne weiteres für die Graphitschmierung zu benutzen. Es ergibt sich dies
                              									daraus, dass der Graphit infolge seines bedeutenden spezifischen Gewichtes im
                              									Schmieröl schnell zu Boden sinkt und infolgedessen die feinen Bohrungen, die bei den
                              									gebräuchlichen Apparaten meist in der Nähe des Bodens vorhanden sind, verstopfen
                              									würde. Es folgt hieraus also die Notwendigkeit besondere Graphitschmiervorrichtungen
                              									anzuwenden. Im folgenden soll eine Uebersicht über die zur Zeit bekannten Haupttypen
                              									der Graphitschmierapparate gegeben werden.
                           An eine zweckentsprechende Graphitschmierung müssen die folgenden Anforderungen
                              									gestellt werden:
                           1. Der Graphit muss in möglichst feiner Verteilung und Gleichmässigkeit auf die
                              									Gleitflächen gebracht werden. Dieses Ziel sucht man, da die direkte gleichmässige
                              									Zuführung zu den Gleitstellen im Innern des Zylinders ganz bedeutende
                              									Schwierigkeiten verursacht, heute im allgemeinen dadurch zu erreichen, dass man den
                              									Graphit in feiner Verteilung in das Treibmedium einführt und es diesem überlässt,
                              									den Graphit auf die reibenden Flächen gleichmässig zu übertragen. Dabei muss man
                              									allerdings den Uebelstand in den Kauf nehmen, dass ein bedeutender Bruchteil des
                              									Schmiermittels, der sich nicht niedergeschlagen hat, mit dem Abdampfe oder den
                              									Abgasen unbenutzt entweicht.
                           2. Der Graphit muss stets gleichmässig in kleinen Mengen zugeführt werden. Wenn es
                              									auch bei kleinen Betrieben zulässig erscheint, nur zeitweilig und nach Ermessen
                              									Graphit zuzuführen, muss doch bei grösseren Anlagen gefordert werden, dass die
                              									Schmiereinrichtung, wenn einmal eingestellt, stets gleichmässig und unabhängig von
                              									der Beihilfe des Wärters arbeitet.
                           3. Die in der Zeiteinheit zuzuführende Graphitmenge muss regelbar sein, um sie auf
                              									das geringste noch zulässige Mass einregeln zu können.
                           4. Alle Bohrungen und Durchgänge müssen derart angelegt sein, dass sie sich nicht
                              									verstopfen können.
                           Die zur Zeit bekannten Graphitschmierapparate kann man nun in zwei Hauptgruppen
                              									einteilen, nämlich solche, bei denen der Graphit trocken in Staubform oder doch mit
                              									wenig Wasserbeimengung zugeführt wird, und solche, bei denen er in geringer Menge
                              									einer Flüssigkeit zugesetzt wird, die in das Treibmedium eingespritzt wird. Diese
                              									als Träger für den Graphit dienende, gleichzeitig aber auch schmierende Flüssigkeit
                              									kann, wie bereits oben erwähnt, Oel oder Wasser sein. Auch Glyzerin ist
                              									vorgeschlagen worden.
                           Eine Schmiervorrichtung der ersten Gruppe, die in England unter No. 4984 im Jahre
                              									1899 patentiert ist, zeigt in schematischer Darstellung die Fig. 1. Das Gefäss a mit dem trocknen Graphitstaube ist durch die beiden
                              									Rohre bc mit der zum Zylinder des Gasmotors oder des
                              									Kompressors führenden Luftzuleitung d verbunden.
                              									Jedesmal, wenn ein Luftstrom durch das Rohr d fährt,
                              									wird durch die durch die Rohre b und c tretende Luft etwas Graphitstaub mitgerissen und zum
                              									Zylinder geführt, wo
                              									er sich auf den Gleitflächen in feiner Verteilung niederschlägt. Durch den Hahn e
                              									ist die durchtretende Luftmenge und infolgedessen auch die Graphitmenge
                              									regelbar.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 12
                              
                           Eine ähnliche, für Heissluftmaschinen bestimmte Einrichtung ist der Firma Siemens
                              									& Halske patentiert (D. R. P. 136052). Das Saugventilgehäuse f (Fig. 2) der Luftpumpe
                              									g, die ohnehin zum Ersatze der aus den Zylindern durch Undichtigkeiten entweichenden
                              									Luft vorhanden sein muss, ist mit einem nach unten reichenden trichterförmigen
                              									Ansätze versehen, der in eine nach oben offene Vorlage des mit trockenem
                              									Graphitstaube gefüllten Gefässes h eintaucht. Die Höhe der abgeböschten Staubschicht
                              									in der Vorlage kann durch einen Schieber i geregelt werden. Beim Ansaugen der Luft
                              									durch die Pumpe wird infolge der lebhaften Luftbewegung über der Graphitschicht eine
                              									kleine Menge Graphitstaub mitgerissen werden, die von der Pumpe in das Rohrsystem
                              									des Motors gefördert und durch die kreisende Luft an alle gleitenden Dichtungsteile
                              									gebracht wird. Die Regelung der Graphitmenge erfolgt durch Verstellen des Schiebers
                              										i. Der Graphitstaub könnte auch durch ein
                              									Schüttelwerk in den Luftstrom gebracht werden. Die sich an tieferen Stellen der
                              									Zylinder und der Leitungen ansammelnde Graphitmenge muss durch besondere, durch
                              									Schrauben verschliessbare Oeffnungen von Zeit zu Zeit entfernt werden.
                           Bei beiden Schmiervorrichtungen wird die jeweils geförderte Menge des Graphitstaubes
                              									von dem Grade der Trockenheit des letzteren abhängig sein. Falls der Graphit durch
                              									irgend welche Zufälligkeiten feucht wird, ist die Wirksamkeit in Frage gestellt.
                              									Diese Schmiervorrichtungen können natürlich zusammen mit und neben der
                              									Oelschmiereinrichtung Verwendung finden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 12
                              Fig. 3.
                              
                           Eine amerikanische, für Dampfmaschinen bestimmte Schmiervorrichtung, bei der mit
                              									Wasser angefeuchteter Flockengraphit zur Verwendung gelangt, zeigt die Fig. 3. Der Apparat beruht auf dem Prinzip der
                              									Schmierschleusen. Der Hahn k wird durch ein von der
                              									Maschine angetriebenes Schaltwerk lmn in langsam
                              
                              									drehende Bewegung versetzt. In der Stellung I tritt ein kräftiger Dampfstrahl aus
                              									dem Schieberkasten, auf dem der Apparat befestigt ist, durch die feine Bohrung o in
                              									den Behälter p und rührt den Graphit auf. Durch
                              									Kondensation des Dampfes wird sich der Behälter p bald
                              									mit Wasser füllen, so dass sich eine Graphitwassermischung einstellt. Die kräftige
                              									Durchwirbelung des Gemisches durch den durch die Bohrung o tretenden Dampfstrahl hat den Zweck, das Zusammenballen des Graphits zu
                              									verhindern und das Gemisch gleichartig zu erhalten. Im weiteren Verlauf der Drehung
                              									des Hahnes k schliesst die Bohrung o ab und die Schleuse q
                              									füllt sich mit Graphit und Wasser. Sobald die Stellung II erreicht ist, fliesst
                              									das von der Schleuse mitgenommene Gemisch infolge seines Eigengewichtes hinab und
                              									gelangt in den Dampfstrom.
                           Es müsste natürlich Sorge getragen werden, dass das Gemisch auch in feiner Zerteilung
                              									zu den Gleitflächen gelangt. Andernfalls liegt die Gefahr vor, dass der feuchte
                              									Graphit in einzelnen kleinen Klümpchen im Schieberkasten und Zylinder niederfällt.
                              									Der Apparat lässt also in dieser Beziehung zu wünschen übrig.
                           Das Bestreben, den Graphit gehörig zu zerstäuben, ist bei der Konstruktion des in
                              										Fig. 4 dargestellten, ebenfalls für
                              									Dampfmaschinen bestimmten amerikanischen Apparates massgebend gewesen. Der Graphit
                              									befindet sich in dem Gefässe r und wird durch einen
                              									belasteten Kolben s abwärts gedrückt. Der Kolben t wird durch ein (nicht gezeichnetes) Schaltwerk in
                              									langsam hin- und hergehende Bewegung versetzt, wobei er durch eine Stange u den
                              									Graphit aufrührt. Er drückt bei jedem Hube eine geringe Menge des Graphits durch die
                              									Bohrung v und das Rückschlagventil w in den Raum x. Hier wird
                              									der Graphit von einem kräftigen, vom Kessel zum Schieberkasten gerichteten, durch
                              									das Rohr y kommenden Dampfstrahle erfasst,
                              
                              									umhergewirbelt und zerstäubt. Das Schauloch z gestattet
                              									eine Kontrolle des Vorganges. Der Apparat könnte natürlich auch für
                              									Explosionsmotoren Verwendung finden, wenn man an Stelle des Dampfstromes einen
                              									Druckluftstrom setzte. Bei diesem sowohl wie bei dem in Fig. 3 dargestellten Apparate kann eine Regelung der in der Zeiteinheit
                              									zuzuführenden Graphitmenge nur in ziemlich grober Weise durch Verstellung des
                              									Schaltwerkes erzielt werden, etwa dadurch, dass man die Schaltklinke statt eines
                              									Zahnes des Schaltrades deren zwei greifen lässt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 12
                              Fig. 4.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 12
                              Fig. 5.
                              
                           Fig. 5 zeigt einen amerikanischen Apparat, bei dem
                              									der Graphit ebenfalls durch einen Dampfstrom zur Maschine geführt wird. Der
                              									Kesseldampf, gemischt mit Niederschlagwasser, tritt durch das Rohr a ein, strömt durch das mittels Gewindes b verstellbare Rohr c und
                              									reisst von dem im Gefässe d befindlichen Graphit etwas
                              									mit fort. Die Regelung wird bewirkt erstens durch Auf- und Niederschrauben des
                              									Rohres c, wodurch die Grösse der Berührungsfläche des
                              									Dampfes mit dem Graphit verändert wird, und zweitens durch den Regelungshahn e, durch den die Stärke der Strömung geregelt wird. Der
                              									Graphit wird durch das Rohr g gegen das Schauglas f geschleudert, so dass eine Kontrolle der Wirksamkeit
                              									vorhanden ist.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)