| Titel: | Der Zugmesser, insbesondere der Differenz-Zugmesser und sein Wert für die Feuerungskontrolle. | 
| Autor: | A. Dosch | 
| Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 103 | 
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                        Der Zugmesser, insbesondere der
                           								Differenz-Zugmesser und sein Wert für die Feuerungskontrolle.
                        Von A. Dosch.
                        (Schluss von S. 90 d. Bd.)
                        Der Zugmesser, insbesondere der Differenz-Zugmesser und sein Wert
                           								für die Feuerungskontrolle.
                        
                     
                        
                           III.
                           Die beiden Arten Zugmessapparate reagieren gewissermassen in entgegengesetztem Sinne
                              									auf die Vorgänge bei der Verbrennung im Feuerraume; wenn daher die Angabe des einen
                              									Apparates unter gegebenen Verhältnissen zu falschen Schlüssen führen kann, so muss
                              									sich aus den Angaben des anderen Apparates folgern lassen, wann dies der Fall ist,
                              									wann nicht.
                           Betrachten wir zunächst die hier in Frage kommenden Angaben des gewöhnlichen Zugmessers. Wenn z.B. der Rost verschlackt
                              									ist und die Normalzugstärke durch geeignete Stellung des Regulierschiebers
                              									eingestellt ist, braucht durchaus keine befriedigende Verbrennung einzutreten und es
                              									wird dies auch nicht der Fall sein. Der Luft wird eben der Zutritt zum Brennstoffe
                              									durch die angesammelten Verbrennungsrückstände erschwert. Trotzdem also eine
                              									normale oder je nach Umständen sogar eine etwas höhere Zugstärke über dem Roste
                              									vorhanden und durch den Unterdruckmesser angezeigt wird, verbrennt der Brennstoff
                              									schlecht.
                           Aehnliche falsche Folgerungen können aus den Angaben des Differenzzugmessers gezogen werden. Derselbe zeigt z.B. auch eine grosse
                              									Zugdifferenz, also ein grosses Gasvolumen in den Zügen an, wenn der Brennstoff auf
                              									dem Roste abgebrannt ist, die Brennschicht also dünn und locker ist, oder aber wenn
                              									der Heizer den Rost derart beschickt hat, dass freie Stellen in der Brennschicht
                              									geblieben sind, durch die die Luft nahezu ungehindert eintreten kann. Aus den
                              									Angaben des Differenzzugmessers allein würde man zu der Meinung kommen, es finde
                              									eine sehr lebhafte Verbrennung unter Entwicklung eines grossen Gasvolumens statt.
                              									Nur wenn gleichzeitig die vorhergehenden Umstände beachtet wurden und wenn
                              									gleichzeitig der Betrieb ein ziemlich gleichmässiger ist, werden solche falsche
                              									Folgerungen selten gezogen.
                           Nehmen wir nun an, es befinden sich an der gleichen Feuerung beide Zugmessapparate,
                              									so wird es sich fragen, wie sich der zweite Apparat verhält, wenn aus den Angaben
                              									des ersten falsche Schlüsse gezogen werden können.
                           Ist – um den gleichen Fall wieder anzuführen – der Rost verschlackt und zeigt der
                              									gewöhnliche Zugmesser den Normalwert, so wird jetzt der Differenzzugmesser einen
                              									kleineren Wert als den normalen anzeigen. Damit ist dann ohne weiteres erkennbar,
                              									dass die Verbrennung nicht mehr vollkommen normal verläuft und dass in geeigneter
                              									Weise Abhilfe zu schaffen ist: entweder durch Abschlacken oder durch Verstärken des
                              									Zuges bezw. Herstellung der normalen Zugdifferenz, solange dies angängig ist.
                           Ist anderseits die Anzeige des Differenzzugmessers zweideutig, so tritt wieder der
                              									Unterdruckmesser helfend ein. Ist, wie oben angenommen, die Brennschicht abgebrannt
                              									oder der Rost ungleichmässig bedeckt, so zeigt der Differenzzugmesser zwar ein
                              									grosses Gasvolumen, doch erfolgt die Verbrennung mit hohem Luftüberschuss.
                              									Gleichzeitig wird aber der Unterdruckmesser einen kleineren Wert als den normalen
                              									anzeigen, der damit andeutet, dass der Rost bezw. der Brennstoff nicht mehr dem
                              									genügenden Druck der Luft ausgesetzt ist, die Verbrennung also wiederum nicht mehr
                              									vollkommen normal erfolgt. Durch geeignete Vorkehrungen: Aufwerfen frischen
                              									Brennstoffes, oder, wenn eben aufgeworfen wurde, gleichmässigeres Bedecken des
                              									Rostes, kann wiederum leicht Abhilfe geschaffen werden.
                           Es ergibt sich mithin, dass die Angaben der beiden Zugmessapparate sich in bester
                              									Weise ergänzen: Stets, wenn die Angaben des einen Apparates Trugschlüsse zulassen,
                              									werden sie durch die Angaben des zweiten Apparates berichtigt.
                           Bei ununterbrochener Beschickung stellen sich die Verhältnisse ganz ebenso, nur dass
                              
                              									sie sich hier noch insofern einfacher gestalten, als hier die günstigste bezw.
                              									normale Zugstärke und normale Zugdifferenz stets gleichbleibend sein sollen;
                              									Abweichungen der einen oder anderen von dem normalen Werte zeigen auch hier anormale
                              									Zustände im Feuerraume an.
                           Das Gesagte gilt zunächst nur für normalen Betrieb; soll letzterer verändert werden,
                              									so ist – ausgenommen bei veränderlicher Rostfläche – sowohl mit verändertem
                              									Unterdruck als auch mit verändertem Differenzzug zu arbeiten, und zwar ist beides zu
                              									verkleinern, wenn die Rost- und Kesselleistung kleiner werden soll, oder zu erhöhen,
                              									wenn die Leistung grösser werden soll. Genaue Angaben über das Mass der Veränderung
                              									lassen sich allerdings nicht geben, es sei denn, man stelle es durch besonderen
                              									Versuch fest.Kombinierte
                                    											Unterdruck- und Differenzzugmesser werden ausgeführt von der Firma G. A. Schultze,
                                    										Berlin-Charlottenburg.
                           
                        
                           IV.
                           Des öfteren war in vorstehendem von der günstigsten Zugstärke bezw.
                              									Differenzzugstärke oder auch von dem Normal werte derselben die Rede; es wird nun
                              									keine müssige Frage sein, wie denn dieser Wert möglichst einfach und genau ermittelt
                              									werden kann. Auch in den Prospekten der meisten Firmen, die Zugmessapparate liefern,
                              									wird von einer günstigsten Zugstärke gesprochen, ohne jedoch über deren nur
                              									annähernde Bestimmung gewöhnlich Aufschluss zu geben. Aber gerade diese Bestimmung
                              									der günstigsten Zugstärke (vor allem für normalen Betrieb), auf der dann
                              									weitere Folgerungen für kleinere oder grössere Kesselbeanspruchungen aufgebaut
                              									werden können, ist von äusserster Wichtigkeit für die Nutzanwendung eines
                              									Zugmessapparates. Es ist dies eine geringe Mühe, der man sich aber auf jeden Fall
                              									unterziehen sollte, wenn man einen wirklichen Vorteil von der Anlage solcher
                              									Apparate haben will.
                           Zunächst ergibt sich für einen bestimmten Betrieb eigentlich von selbst, dass die
                              									günstigste Zugstärke oder auch die günstigste Zugdifferenz jene ist, bei welcher die
                              									gewünschte Dampfmenge oder Wärmeleistung mit der geringsten Brenn st off menge
                              									erreicht wird. Dies ist sehr einfach gesagt, immerhin aber nicht gar zu leicht
                              
                              									festgestellt. Es wird hierbei erforderlich, während gewisser, nicht zu kurz zu
                              									wählender Zeitabschnitte die verbrauchte Kohlenmenge abzuwiegen und bei dem
                              									Uebergang von dem einen Betriebsabschnitt in den anderen die Zugstärke zu ändern.
                              									Soll die Bestimmung einigermassen genau sein, so nimmt sie immerhin ziemliche Zeit
                              									in Anspruch.
                           Von anderer wird gesagt, die günstigste Zugstärke oder Differenzzugstärke sei
                              									derjenige geringste Wert, bei welchem die gewünschte Dampfmenge eben noch erreicht
                              									wird. Für einen ganz bestimmten Fall kann dies zwar zutreffend sein, im allgemeinen
                              									ist dies jedoch unrichtig, da hierbei keinerlei Rücksicht auf die Schichthöhe des
                              
                              									Brennstoffes genommen ist. Es kann ja durchaus nicht gleichgültig sein, bei welcher
                              									Schichthöhe dieser geringste Wert der Zugstärke festgestellt wurde: war diese gross,
                              									so wird, wenn später mit kleinerer Schichthöhe gearbeitet wird, eine zu grosse
                              									Luftmenge eintreten, war sie klein, so wird die Verbrennung, wenn die Schichthöhe
                              									vergrössert wird, unvollkommen. Im übrigen ist diese Feststellung natürlich nur für
                              									ganz gleichbleibenden Betrieb auszuführen.
                           Am sichersten gelangt man zur Ermittlung der günstigsten Zugstärke, wenn man sich der
                              									Bestimmung des Kohlensäuregehaltes der Gase mittels eines Handabsorptionsapparates
                              									bedient, der ja in den meisten Betrieben vorhanden ist und dessen Anschaffung selbst
                              									für kleine Betriebe zu empfehlen sein würde. Er könnte dann jederzeit zur
                              									Nachkontrolle der Zugkraft und zu ihrer Neubestimmung dienen, falls zur Verwendung
                              									einer anderen Kohlensorte übergegangen werden soll.
                           Unter Zuhilfenahme des Kohlensäuregehaltes verfährt man bei der Bestimmung der
                              									günstigsten Zugstärke oder der günstigsten Differenzzugstärke etwa in folgender
                              									Weise: Man geht z.B. von der grössten Zugstärke – also bei ganz geöffnetem Schieber
                              									– aus und treibt den Kohlensäuregehalt durch entsprechende Massnahmen auf etwa 12 v.
                              									H. bis höchstens 14 v. H. Dies kann geschehen durch Verkleinern der Zugkraft,
                              									anderseits durch Halten einer grösseren Schichthöhe, je nach dem das eine oder das
                              									andere erforderlich ist.
                           Voraussetzung bei diesen Bestimmungen bezw. bei ihrer Nutzanwendung bleibt, dass auch
                              									späterhin möglichst immer dieselbe Schichthöhe beibehalten bezw. möglichst immer die
                              									gleiche Brennstoffmenge aufgeworfen wird.
                           Sobald zur Verfeuerung eines anderen Brennstoffes übergegangen wird, ist es
                              									erforderlich, die günstigste Zugstärke (Unterdruck) von neuem festzustellen. Ist die
                              									Verbrennung dieses anderen Brennmittels bei gleichem Kohlensäuregehalte zu
                              									erreichen, so bleibt die günstigste Zugdifferenz die gleiche. In diesem Umstände
                              									liegt aber zweifellos eine Ueberlegenheit des gewöhnlichen Zug- oder
                              									Unterdruckmessers gegenüber dem Differenzzugmesser, denn letzterer könnte die
                              									günstigste Zugdifferenz anzeigen, ohne dass eine gute Verbrennung eintritt. Es ist
                              									daher von Vorteil, auch die günstigste Zugdifferenz wieder von neuem zu bestimmen,
                              									sobald ein anderer Brennstoff benutzt nutzt werden soll, vorausgesetzt, dass die Apparate
                              									einzeln benutzt werden sollen.
                           Die Veränderung dieser so ermittelten günstigsten Zugstärke (oder Differenzzugstärke)
                              									bei grösserer oder geringerer Kesselleistung war in den Abschnitten II und III des
                              									näheren erörtert.
                           Unter Beachtung des daselbst Gesagten und unter Benutzung der zuletzt erörterten und
                              									mit einfachen Mitteln feststellbaren günstigsten Zugstärke bezw. günstigsten
                              									Differenzzugstärke, ist es somit wohl möglich, eine gewisse Kontrolle über eine
                              									Feuerung zu schaffen, besonders dann, wenn die Angaben beider Zugmessapparate
                              									vereint benutzt werden. Der Wert der Feuerungsüberwachung durch die letzteren
                              									Apparate liegt allerdings nicht darin begründet, dass aus ihren Angaben, sofern sie
                              									aufgezeichnet wurden, mit Sicherheit zu ermitteln wäre, ob der Heizer die Feuerung
                              									wirklich sachgemäss bediente, als vielmehr darin, dass dem Heizer selbst ein Mittel
                              									gegeben ist, den Stand des Feuers und den Vorgang der Verbrennung bei einiger
                              									Aufmerksamkeit nahezu sicher beurteilen zu können. Hierbei muss also für den Nutzen
                              
                              									der Zugmesser in erster Linie mit vorausgesetzt werden, dass auch der Heizer die
                              									Angaben der Apparate wirklich beachtet und für den Betrieb nutzbar macht.
                           Wenn somit eine Hauptbedingung für den durch Anlage von Zugmessapparaten
                              									eintretenden Nutzen ein zuverlässiger, aufmerksamer und gewissenhafter Heizer ist,
                              									so darf man doch anderseits nicht ausser Acht lassen, dass eben auch ein guter
                              									Heizer gewisse Anhaltspunkte für die Bedienung einer Feuerung nötig hat, ohne deren
                              									Vorhandensein ihm eine gute Bedienung erschwert wird und er nur nach eigenem
                              									Gutdünken handeln kann. Umsomehr muss jedoch ein Wegweiser über die Vorgänge in
                              									einer Feuerung vorhanden sein, je weniger durchgebildet der Heizer ist; bei einem
                              									solchen haben die ihm durch Zugmessapparate gegebenen Andeutungen nicht nur insofern
                              									Wert, als sie ihn auf nicht sachgemässe Behandlung der Feuerung aufmerksam machen,
                              									sondern auch insofern, als sie ihn zu einer sachgemässeren Handhabung aller
                              									Obliegenheiten erziehen helfen. Dies darf auch dann noch als zutreffend gelten, wenn
                              									ihm ein Teil seiner Tätigkeit durch selbsttätige Feuerungen abgenommen wird, denn
                              									auch hier bedarf das Anpassen der Rostleistung an die verlangte Dampfproduktion
                              									besonderer Aufmerksamkeit.
                           Die angegebenen Gründe sind daher wohl wichtig genug, die Anlage von Zugmessapparaten
                              									zu befürworten.