| Titel: | Neuerungen auf dem Gebiete der drahtlosen Telegraphie. | 
| Autor: | Adolf Prasch | 
| Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 140 | 
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                        Neuerungen auf dem Gebiete der drahtlosen
                           								Telegraphie.
                        Von Ingenieur Adolf Prasch,
                           								Wien.
                        (Schluss von S. 126 d. Bd.)
                        Neuerungen auf dem Gebiete der drahtlosen Telegraphie.
                        
                     
                        
                           Die Strahlentelegraphie von Dr. Rudolf Blochmann.
                              									Den bestehenden Systemen der drahtlosen Telegraphie haften nach Ansicht des
                              									Erfinders die Mängel an, dass es unmöglich ist, störungsfrei zu arbeiten, die
                              									Nachrichten geheim zu halten, und deren Herkunftsrichtung zu bestimmen. Die Analogie
                              									zwischen Licht und elektrischen Strahlen führte zur Ausarbeitung eines Systems der
                              									drahtlosen Telegraphie, welche seitens des Erfinders als elektrische
                              									Strahlentelegraphie bezeichnet wurde. Zu diesem Zwecke wird von der Verwendung eines
                              									Luftdrahtes zum Ausstrahlen bezw. Aufnehmen der elektrischen Wellen ganz abgesehen.
                              									Die Apparate der Sendestation werden vielmehr in eine für elektrische Strahlen oder
                              									Wellen undurchlässige Kammer eingesetzt. In dieser Kammer ist eine Oeffnung
                              									freigelassen, welche durch eine Paraffinlinse von 80 cm Durchmesser verschlossen
                              									ist. Die ausgestrahlten Wellen werden durch diese Linse ganz ähnlich wie die
                              									optischen Strahlen parallel in eine bestimmte Richtung gelenkt. Der
                              									Wellenausstrahler ist hierbei genau im Brennpunkte der Linse angeordnet. In der
                              									Empfangsstation wird der Wellenanzeiger gleichfalls in einem ähnlichen Kasten mit
                              									Paraffinlinse so eingebaut, dass er wieder in den Brennpunkt der Linse zu liegen
                              									kommt. Alle Apparate ausser dem Wellenstrahler und dem Wellenanzeiger können
                              									ausserhalb der Kammer untergebracht werden. Da die Linsen für die elektrischen
                              									Strahlen durchlässig sind und diese Strahlen von der Senderlinse parallel gerichtet
                              									werden, ist sofort ersichtlich, dass die in der Empfangsstelle einlangenden
                              									elektrischen Wellen nur dann eine Wirkung ausüben können, wenn sie die Linse treffen
                              									und von selber im Brennpunkte auf den Wellenanzeiger konzentriert werden. Es müssen
                              									daher die Linsen für diesen Zweck parallel oder nahezu parallel einander gegenüber
                              									liegen. Ebensowenig wie es nun bei Scheinwerfern gelingt, die Lichtstrahlen nur in
                              									achsialer Richtung auszusenden, ebensowenig ist dies bei den elektrischen Strahlen
                              									der Fall. Es pflanzen sich diese Strahlen infolge der Streuung auch in seitlicher
                              									Richtung fort und erhält man daher statt eines Strahlenzylinders einen
                              									Strahlenkegel, was sich für die angestrebten Zwecke als! vorteilhaft erweist, weil
                              									sonst das Auffinden anderer Stationen von grossen Schwierigkeiten begleitet wäre.
                              
                              									Will man nun mit einer Station in Verbindung treten, so ist es notwendig, den Kasten
                              									mit dem Wellenanzeiger so lange zu verdrehen, bis Zeichen anlangen. Sobald dies
                              									erfolgt, ist man sicher, die Richtung der Station, mit welcher man in Verbindung
                              									treten will, gefunden zu haben. Da der Streukegel der elektrischen Wellen kein zu
                              									grosser ist, wird die Geheimhaltung der Nachrichten wesentlich gefördert und die
                              									Wahrscheinlichkeit einer Störung durch eine andere Station in gleichem Masse
                              									herabgemindert. Das wichtigste hierbei ist jedoch die genaue Richtungsorientierung.
                              									Ein Schiff kann, wenn es mit zwei an verschiedenen Punkten gelegenen Landstationen.
                              									abwechselnd in Verkehr tritt, den Ort, an welchem es J sich befindet, aus dem
                              									Winkel, um welchen der Empfänger oder Sender gedreht werden muss, um von dem
                              									Gespräche mit einer dieser Stationen auf die andere überzugehen, mit ziemlich
                              
                              									grosser Genauigkeit bestimmen, was insbesondere bei Nebel, wo jede andere genaue
                              									Orientierung unmöglich wird, von grossem Vorteile ist. Dieses System der drahtlosen
                              									Telegraphie ist nur für den Verkehr zwischen Schiffen unter sich, oder von Schiffen
                              									und Landstationen bestimmt und soll nicht etwa den allgemeinen drahtlosen
                              									Verkehr mit Luftdrähten verdrängen. Hierzu wäre es auch wenig geeignet, da die
                              									Tragweite dieser Art der drahtlosen Telegraphie nur eine sehr geringe sein kann und
                              									auf Grundlage der bisherigen Versuche 15–20 km kaum überschreiten wird. Es wird
                              									diese Entfernung für die angestrebten Zwecke auch als ausreichend erachtet, in dem
                              									auf grössere Entfernungen jede der bisher üblichen Methoden der drahtlosen
                              									Telegraphie in Verbindung mit den Luftdrähten ohne weiteres benützt werden kann und
                              									sich die beiden Einrichtungen in entsprechender Weise leicht kombinieren lassen. Der
                              									Hauptwert bei dieser Neuerung, welche in grösserem Umfange bisher noch nicht
                              									ausgeprobt wurde, wird auf die Möglichkeit der genauen Bestimmung der Richtung, von
                              									welcher die Signale einlangen, gelegt und ist dies auch vollkommen berechtigt, da
                              									dies bei Nebel eine rasche Orientierung ermöglicht und diese Signale denn doch ä
                              									viel weiter reichen, als die im Nebel bisher allein anwendbar gewesenen akustischen
                              									Signale, wie Nebelhorn oder Glocken, welche gleichfalls zu Täuschungen Veranlassung
                              									geben können.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 140
                              Fig. 19.
                              
                           Neuerungen an dem Systeme der drahtlosen Telephonie bezw.
                                 										Telegraphie von James T. Armstrong und Axel Orling. Die bisherigen Versuche
                              									haben ergeben, dass durch passende Anordnung einer Induktionspule in Verbindung mit
                              									einem entsprechend gebauten Mikrophone, auch die Sprache durch die Luft auf eine
                              									wenn auch beschränkte Entfernung übertragen werden kann. Diese Entfernung lässt sich
                              									beträchtlich vergrössern, wenn sowohl die beiden Funkenkugeln des Senders als auch
                              									die beiden Enden des Empfängers geerdet sind. Auf Grundlage dieser Erfahrungen haben
                              									die erwähnten Erfinder ein System der drahtlosen Telephonie aufgebaut, welches die
                              									Entfernungen, über welche noch gesprochen werden kann, wesentlich erweitert. Das
                              
                              									Prinzip dieser Neuerung beruht darauf, dass Ströme von niederer Spannung und
                              									Entladungen mit hohem Potential gleichzeitig erzeugt werden und zusammen wirken. Zu
                              									diesem Zwecke wird die bei j anderen Systemen verwendete Induktionsspule der
                              									Sendestelle S (Fig. 19)
                              									durch eine Reaktanzspule R ersetzt, und mit dem
                              									Uebermittler T, der Batterie B und der Erde E so verbunden, dass die durch
                              									die Widerstandsschwankungen des Uebermittlers entstehenden Niederspannungswellen
                              									durch die gleichzeitig entstehenden mächtigen Selbstinduktionsströme der Spule
                              									unterstützt werden. Der im Nebenschlusse zu den beiden Erdverbindungen geschaltete
                              									Uebermittler (Mikrophon) ruft nicht nur die Stromänderungen in dem durch die
                              									Erdverbindungen gegebenen Stromkreise hervor, sondern beeinflusst auch gleichzeitig
                              										die
                              									Reaktanzspule. Erhöht sich beispielsweise der Widerstand des Uebermittlers
                              									plötzlich, so wird ein stärkerer Strom, von der Batterie ausgehend, sowohl die
                              									Reaktanzspule als die Erde durchfliessen. Dieser Strom wird durch den in der
                              									Reaktanzspule infolge der Stromänderung erregten Selbstinduktionsstrom unterstützt.
                              									In der Empfangsstelle werden die beiden Enden des Empfängers J ebenfalls in geeignetem Abstande geerdet.
                           Nach den durchgeführten Untersuchungen scheint der Strom nicht in gerader Linie von
                              									einer der Erdplatten des Senders zur anderen zu gehen, sondern sich über eine weite
                              									Fläche in Form von elektrischen Kräuselwellen nach allen Richtungen auszubreiten,
                              									wobei die von den beiden Erdstellen ausgehenden Wellen um 180° in Phase zu einander
                              									verschoben sind. Wird nun der Empfänger so geerdet, dass seine Enden in
                              									entgegengesetzter und hinreichend kräftiger Weise von den zwei Wellenkreisen
                              
                              									beeinflusst werden können, so wird im Empfänger der Ton zu vernehmen sein, welcher
                              									das Entstehen dieser Wellen veranlasst hat.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 141
                              Fig. 20.
                              
                           Diese Art der Einrichtung eignet sich auch zur Uebertragung telegraphischer Zeichen,
                              									zu welchem Zwecke ein äusserst empfindliches Relais konstruiert wurde, welches auf
                              									scharfe Stromimpulse anspricht und die Uebertragung auf einen Fernschreiber besorgt.
                              									Hierzu wird der telephonische Uebertrager durch einen Taster in Verbindung mit einem
                              									Kondensator ersetzt. Die über die beiden Erden E (Fig. 20) der Empfangsstelle einlangenden Stromimpulse
                              									wirken auf den Elektromagneten M, welcher die Membrane
                              									des Mikrophons m in Schwingungen versetzt, die sich
                              									wieder auf das Telephon T übertragen. Die
                              									Telephonmembrane wirkt nun indirekt auf eine von einer Kammer umschlossene, äusserst
                              									empfindliche Flamme ein. Diese Flamme F ist normal so
                              									eingestellt, dass sie einen äusserst feinen Platindraht p gerade beleckt und ihn entsprechend erhitzt. Die hierdurch
                              									hervorgerufene Erhöhung des Widerstandes dieses Drahtes ist ausreichend um eine
                              									Wirkung des Relais R zu behindern. Wird nun die Flamme
                              									unter dem Einflüsse der Diaphragmawirkung des Telephons in der bekannten Weise
                              									verkürzt, so verringert sich infolge Abkühlung der Widerstand des Platindrahtes
                              									ausreichend, um die Batterie C und mit ihr das Relais
                              										R zur Wirkung zu bringen. Diese Art Relais soll
                              									sich besonders empfindlich und wirksam erweisen.
                           Ein neuer Wellenanzeiger für drahtlose Telegraphie.
                              									Ingenieur W. Schloemilch hat bei seinen Versuchen über
                              									das Verhalten von Polarisationskapazitäten gegenüber elektrischen Wellen, die
                              									Beobachtung gemacht, dass sich eine Polarisationszelle für die Bestrahlung durch
                              									elektrische Wellen empfindlich erweist. Auf Grund der eingehenderen Untersuchung
                              									dieser Eigenschaft ist es Schloemilch gelungen, einen
                              									Wellenempfänger zu schaffen, mittels welchem die Aufnahme wellentelegraphischer
                              									Zeichen durch den Morseapparat ermöglicht wird. Die Grundlage für den Aufbau
                              									dieser neuen Einrichtung bildet folgender Versuch. Wird eine Polarisationszelle aus
                              									Gold oder Platinelektroden an eine Stromquelle angeschlossen, deren
                              									elektromotorische Kraft um einen geringen Betrag höher ist als die elektromotorische
                              									Kraft der Zelle, so wird durch die Zelle ein dauernder Zersetzungsstrom fliessen und
                              									sich eine schwache Gasentwicklung an den Elektroden einstellen. Wird diese Zelle von
                              									elektrischen Wellen bestrahlt, so zeigt ein in den Stromkreis eingeschalteter
                              									Stromanzeiger eine Verstärkung des Stromes an. Von dieser Erfahrung ausgehend suchte
                              										Schloemilch die beobachtete Wirkung zusteigern und
                              									erhielt hierbei sehr günstige Ergebnisse, wenn er der positiven Elektrode eine sehr
                              									kleine Oberfläche gab. Die auf Grund dieser Ergebnisse von der Gesellschaft für drahtlose Telegraphie gebauten
                              									Wellenanzeiger sind mit Elektroden versehen, welche einen Durchmesser von 0,001 mm
                              									und eine Länge von annähernd 0,01 mm besitzen. Die negative Elektrode spielt hierbei
                              									keine wesentliche Rolle und kann ihr daher jede beliebige Form und Grösse gegeben
                              									werden.
                           Der physikalische Vorgang an der elektrolytischen Zelle hat sich noch nicht
                              									vollständig erklären lassen, ebenso lässt sich z. Z. noch nicht feststellen, ob
                              
                              									dieser Wellenanzeiger eine Kapazität oder einen Ohmschen Widerstand darstellt, wiewohl für die letztere Annahme mehr
                              									Wahrscheinlichkeit vorhanden ist. Tatsache ist jedoch, dass bei Bestrahlung dieser
                              									Zelle durch elektrische Wellen eine leichtere Ablösung der Gasblasen von den
                              									Elektroden erfolgt, welche bei stärkerer Beeinflussung so auffällig bemerkbar wird,
                              									dass sich die Wellenimpulse bezw. die Morsezeichen an der Zelle direkt ablesen
                              									lassen. Durch Umkehren der Polarität dieser Zelle, indem man den negativen Pol an
                              									die kleinere Elektrode anschliesst, verschwindet diese Erscheinung fast vollständig,
                              									wodurch der Beweis gegeben ist, dass auch die Gasart eine wesentliche Rolle
                              									spielt.
                           Die Zelle hat ferner die Eigenschaft, bei zu geringer und zu reicher Gasentwicklung
                              									in bezug auf die Empfindlichkeit gegenüber dem Einflüsse elektrischer Wellen
                              									nachzulassen, und ist es daher notwendig, die für jede Zelle verschiedene kritische
                              									Spannung vorher festzustellen. In gewissen Fällen kann auch die Hilfsbatterie
                              									entbehrt werden, nur müssen dann für die Elektroden Materialien gewählt werden, die
                              									in der Spannungsreihe möglichst weit auseinander liegen, so dass die Zelle selbst
                              									ein kleines galvanisches Element bildet, welches sich nach der Bestrahlung durch
                              									elektrische Wellen immer von selbst wieder in Bereitschaft setzt.
                           Die Empfindlichkeit einer solchen Zelle ist aber bedeutend geringer als die einer
                              									mittels Hilfsbatterie betätigten Zelle und kann daher nur dort mit Erfolg Anwendung
                              									finden, wo grössere Wellenenergien zur Aufwendung gelangen.
                           Die Empfindlichkeit der Zelle lässt sich leicht und sicher durch Veränderung des
                              									Zersetzungsstromes regulieren, sie ist in ihrer Wirkung stets gleichbleibend und
                              									gegen Erschütterungen unempfindlich. Diese Zelle zeigt ferner die Eigenschaft, bei
                              									abnehmender Wellenintensität im Verhältnis schwächer zu reagieren, nie aber gänzlich
                              									zu versagen. Alle diese Eigenschaften machen diese Zelle in Verbindung mit einem
                              									Telephon, einem Galvanometer oder einem anderen ähnlichen Instrumente zu einem sehr
                              									brauchbaren Hilfsmittel für Wellenuntersuchungen.
                           Eine Ueberreizung dieses Wellenanzeigers und die damit verbundene Unsicherheit, wie
                              									solche bei Frittern mit Metallpulvern bei zu intensiver Bestrahlung leicht auftritt,
                              									ist nicht möglich, da er nur um so stärker anspricht, je kräftiger die Wellenimpulse
                              									einwirken. Bei diesem Wellenanzeiger kann das für gewöhnlich benutzte Relais für den
                              									Empfang entbehrt und ein Telephon benutzt werden, da sich mit diesem
                              									Empfänger die Morsezeichen ebenso gut abhören lassen.
                           Die Abstimmung des Empfangssystemes bei Anwendung dieses Wellenanzeigers lässt sich
                              									ebenso gut durchführen, wie bei Verwendung anderer Wellenanzeiger. Wenn auch die
                              									bisherigen Ergebnisse dafür sprechen, dass dieser Wellenanzeiger eher ein Ohmscher Widerstand, denn eine Kapazität sei und sich
                              									hieraus auf eine weniger scharfe Abstimmung schliessen lässt, so erweist sich diese
                              									Befürchtung dennoch nicht als gerechtfertigt, wenn, wie dies aus Fig. 21 ersichtlich, zu dem Wellenanzeiger F eine regulierbare Kapazität K parallel gelegt wird. Diese Schaltung, bei welcher ausserdem B die Zersetzungsbatterie, W einen regulierbaren Widerstand, T das
                              									Empfangstelephon, E die Erde und L den Luftleiter darstellt, soll sich in der
                              									praktischen Anwendung bestens bewährt haben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 142
                              Fig. 21.
                              
                           Die Anwendung einer Zersetzungszelle für die Anzeige elektrischer Wellen wird seitens
                              									des Erfinders als vollkommen Fig. 21. neu
                              									bezeichnet. Dies ist jedoch nur insofern zutreffend, als hier unter dem Einflüsse
                              									der elektrischen Wellen eine Widerstandsverminderung aufzutreten scheint. Es ist
                              									jedoch hervorzuheben, dass Lee de Forest in seinem
                              									bekannten „Responder“ bereits eine Zersetzungszelle anwendet, bei welcher
                              									jedoch im Gegensatze zur vorbeschriebenen Neuerung unter der Einwirkung elektrischer
                              									Wellen eine Widerstandserhöhung eintritt.
                           Die verhältnismässige Zuverlässlichkeit der drahtlosen
                                 										Telegraphie und der Telegraphie über Drähte, Zu der wichtigen Frage, ob die
                              									drahtlose Telegraphie jene wünschenswerte Zuverlässigkeit hat, wie die Telegraphie
                              									über Drähte, bringt Professor Reginald A. Fessenden in
                              									Electrical World and Engineer auf Grund mehrjähriger Beobachtung sehr wertvolle
                              									Angaben. Wenn sie sich auch nur auf Beobachtung mit dem Systeme von Fessenden beziehen, so gestatten sie dennoch einen
                              									Rückschluss auf das Arbeiten anderer, vollkommen ausgebildeter Systeme, welche nicht
                              									minder verlässlich arbeiten dürften.
                           Im Jahre 1900 und 1901 war zwischen Cape Hatteras und
                              										Manteo, Roanake eine drahtlose Verbindung in
                              									ununterbrochenem Betriebe. Diese beiden Stellen waren ausserdem durch eine
                              									Telegraphen- und eine Telephonleitung verbunden. Während der ganzen Zeit der
                              									Versuche waren die beiden erwähnten Leitungen gleichzeitig durch 27 Tage
                              									unbrauchbar, da sie durch Stürme zerrissen waren. Der Betrieb zwischen den beiden
                              									drahtlosen Stationen konnte jedoch jederzeit aufrecht erhalten werden. Zu Beginn der
                              									Versuche wurde auch keine Behinderung durch atmosphärische Störungen wahrgenommen.
                              									Im Frühjahr des folgenden Jahres verursachten einige heftige atmosphärische
                              									Störungen ein Ausbrennen der verwendeten Wellenempfänger. Dieser Uebelstand wurde
                              									jedoch durch scharfe gegenseitige Abstimmung vollkommen behoben, trotzdem späterhin
                              									noch viel empfindlichere Wellenanzeiger verwendet wurden. Im allgemeinen wird das
                              									Hinneigen der Wellenanzeiger zum Ausbrennen als eine Sache von geringer Wichtigkeit
                              									bezeichnet, weil ein System, welches nicht hinreichend scharf abgestimmt ist, um den
                              									Einfluss atmosphärischer Störungen auszuschliessen, ohnehin nur eine sehr
                              									beschränkte Anwendungsfähigkeit hat.
                           Im Jahre 1902 wurden Stationen auf Cape Charles City,
                                 										Fortress Munroe und Ocean View errichtet,
                              									welche zwischen 40–45 km voneinander entfernt waren. Auch hier konnte während
                              									des ganzen Jahres keine Störung verzeichnet werden, wohingegen die Telegraphen und
                              									Telephonlinien, in drei Fällen durch äussere Einflüsse ausser Betrieb gesetzt
                              									wurden. Selbst bei unterirdischen Telephonlinien traten Störungen durch Ausbrennen
                              									der Schmelzsicherungen auf, und ist dies ein Beweis, dass selbst Untergrundlinien
                              									von atmosphärischen Störungen beeinflusst werden. Im spanisch-amerikanischen Kriege
                              									zeigte sich häufig, dass die Telegraphenlinien unter dem Einflüsse atmosphärischer
                              									Ereignisse gerade zu den kritischsten Zeitpunkten im Dienste durch längere Zeit
                              									versagten.
                           Aus einem Berichte über die Schäden, die ein am 10. Mai 1903 wütender, äusserst
                              									heftiger Sturm an den Leitungen verursachte, geht hervor, dass der grösste Teil der
                              									nach Westen führenden Telegraphenleitungen der „Postal
                                    											Telegraphe Company“ zerstört war, so dass nur die wichtigsten
                              									Nachrichten befördert werden konnten. Der Betrieb der „Southern Bell Telephone Company“ musste wegen Zerstörung von
                              									drei Ueberland-, drei Kabel- und sechs Lokalleitungen gänzlich eingestellt werden.
                              									Die erwähnten Stationen für drahtlose Telegraphie blieben jedoch, trotzdem der Sturm
                              									von einem heftigen Gewitter begleitet war, völlig unversehrt und hielten den Betrieb
                              									aufrecht.
                           Im Jahre 1903 wurde in New-York und in Philadelphia je eine Station für drahtlose
                              									Telegraphie nach dem Systeme von Fessenden errichtet.
                              									Die Entfernung beträgt über Land etwa 128 km. Die Höhe der Luftdrähte betrug 48 m.
                              									Wiewohl nun diese Stationen mit einem Energieaufwand von nur ¼ PS arbeiteten, und
                              									nicht weniger als 135 drahtlose Stationen in beiden Städten zusammen einwirkten,
                              									erwies sich die Abwicklung des Dienstes als vollkommen zufriedenstellend, indem
                              									täglich während der Dienststunden gegen 40 Telegramme entsendet und aufgenommen
                              
                              									wurden. Es zeigte sich auch hierbei, dass durch entsprechende Einstellung der
                              									eigenen Apparate mit jeder anderen Station nach Wahl gesprochen werden konnte. Unter
                              									anderem konnten Nachrichten von den in der Auster-Bay liegenden Kriegsschiffen
                              
                              									aufgenommen werden, während die Schiffswerfte in Brooklyn mit diesen Schiffen nicht in Verbindung zu treten vermochte.
                              									Dieses Ergebnis ist um so bemerkenswerter, als die eingelangten Nachrichten über
                              									ganz New-York mit seinen zahlreichen hohen Häusern geleitet wurden.
                           In gleicher Weise konnten anlässlich der Jachtrennen von der Station Philadelphia
                              									alle Nachrichten aufgenommen werden und war sie in der Lage, jede Station, von
                              									welcher sie Nachrichten zu erhalten wünschte, unter vollkommenem Ausschlusse aller
                              									anderen Stationen genau auszuwählen. Trotzdem während der Zeit des Betriebes dieser
                              									beiden Stationen in der Umgebung ziemlich zahlreiche Gewitterstürme auftraten, ergab
                              									sich in keinem Falle die Notwendigkeit dieselben ausser Betrieb zu setzen.
                           Alle diese Ergebnisse, welche sich auf Beobachtungen innerhalb einer Reihe von Jahren
                              									beziehen, führen zu dem Schlusse, dass die drahtlose Telegraphie in bezug auf
                              									Sicherheit des Verkehres der Telegraphie über Drähte überlegen ist. Schon bei dem
                              									gegenwärtigen Stand der Entwicklung dieser Art der Telegraphie lässt sich behaupten,
                              									dass bei jeder Wetterbeschaffenheit Nachrichten ohne besondere Schwierigkeit
                              									drahtlos vermittelt werden können. Selbst Gewitter von solcher Heftigkeit, dass
                              									grosse Funken aus den senkrechten Drähten gezogen werden können, vermögen, wiewohl
                              									gelegentlich ein Wort verloren geht, die Uebertragung von Nachrichten nicht zu
                              									verhindern.
                           Die Stationen zwischen New-York und Philadelphia waren zu dem Zwecke errichtet, um
                              									den Einfluss länger währender Sommerdürre und des Winterwetters festzustellen. Es
                              									wurde nämlich vorausgesetzt, dass durch längere Dürre und Temperaturen
                              									unter Null einige Schwierigkeiten entstehen würden. Das Ergebnis der Versuche zeigte
                              									jedoch, dass mit einem entsprechend konstruierten Wellenfall sich keine
                              									Schwierigkeit in der Nachrichtenübertragung bei trockenen Zeiten ergibt. Die Marine
                              									hat bei ihren Versuchen zwischen Washington und Annapolis gefunden, dass die Nachrichtenübertragung
                              									über Land im Winter viel leichter war als im Sommer. Es ist in dieser Beziehung zu
                              									vermuten, dass die Abwesenheit von Pflanzensaft in den Bäumen den Einfluss der
                              									gefrorenen Wasseroberfläche mehr als zu kompensieren vermag, so dass die Kälte sich
                              									nicht als ein ernstes Hindernis erweist.
                           Wiewohl die Einstellung der Station New-York so scharf
                              									gemacht werden konnte, dass nahegelegene Stationen wie Coney-Island unhörbar wurden, so fehlte es nicht an mehrfachen Versuchen
                              									von nahegelegener Stationen, die Uebertragung zwischen New-York und Philadelphia zu stören.
                           Hierbei wurde die interessante Beobachtung gemacht, dass, wenn die störenden Impulse
                              									verstärkt, die Signale von Philadelphia hingegen geschwächt wurden, das Ablesen der
                              									Nachrichten mittels Telephon sehr leicht war. Dies lässt darauf schliessen, dass,
                              									wenn der Intensitätsunterschied hinreichend gross ist, die beiden Töne leicht
                              									unterschieden werden können. Hieraus ergibt sich ein weiterer Vorzug des
                              									Telephonempfängers gegenüber anderen Empfangsinstrumenten.
                           Die Berichte über die gesammelten Erfahrungen bei Uebertragung der Nachrichten
                              									zeigen, dass zu Beginn ungefähr die Hälfte der Nachrichten wiederholt werden musste;
                              									späterhin besserte sich dies zusehends und sank die Zahl der zu wiederholenden
                              									Nachrichten auf 5 v. H. herab, bis endlich nicht mehr als 2 v. H. wiederholt werden
                              									mussten. Es ist dies teilweise der grösseren Uebung, teilweise der verbesserten
                              									Abstimmung zuzuschreiben. Dieses Ergebnis ist um so günstiger einzuschätzen, als mit
                              									einer Geschwindigkeit von 25–35 Worten i. d. Minute telegraphiert wurde und eine
                              									grosse Zahl der Nachrichten in Chiffern oder in fremden Sprachen vermittelt werden
                              									musste.
                           Versuche mit der Funkentelegraphie im Bahnbetriebe. Wie
                              									verlautet, wurden auch auf der Schnellbahn Marienfelde–Zossen Versuche unternommen,
                              									um die 'Möglichkeit eines funkentelegraphischen Verkehres zwischen einer
                              									feststehenden Station und dem fahrenden Schnellbahnwagen zu erweisen. Ueber die
                              									Einzelheiten der verwendeten Einrichtungen ist soviel wie nichts bekannt geworden,
                              									doch sollen die hierbei gewonnenen Ergebnisse, trotz der ungünstigen Verhältnisse,
                              									sehr zufriedenstellend gewesen sein.
                           Anlässlich der Industrieausstellung in Teplitz sind über Anregung des Ingenieurs
                              										W. Biscan, Direktor des städtischen
                              									Elektrotechnikums dortselbst, gleichfalls Versuche unternommen worden, um sich vom
                              									fahrenden Zuge aus mit den Stationen auf funkentelegraphischem Wege zu verständigen.
                              									Zu diesem Zwecke wurde in einem von der Aussig-Teplitzer Bahn zur Verfügung
                              									gestellten Salonwagen eine vollständige Telegraphenstation der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft in Berlin nebst
                              									einer Akkumulatorenbatterie von 100 Volt Spannung installiert. Der den Fritter
                              									tragende Apparat und der Morseschreiber wurde federnd angeordnet, um die Stösse des
                              									Wagens zu mildern und ein unbeabsichtigtes Entfritten zu hindern. Dieser Wagen wurde
                              									an einen fahrplanmässigen Personenzug angekuppelt. Als Sende und Empfangsdrähte
                              									wurden zwei starke Kupferdrähte verwendet, welche aus der Stirnseite des Wagens
                              									heraustraten und längs vier Wagen an deren Seiten mittels Isolatoren und Spitzen
                              									befestigt, parallel weitergeführt wurden. Von der ruhenden Station aus wurden die
                              									Drähte längs des Gestänges der Telegraphenleitung nach beiden Seiten auf ungefähr 40
                              									m Entfernung symmetrisch geführt. Die Gesamtanordnung wich mit Ausnahme der durch
                              									die Zugsverhältnisse bedingten abweichenden Lage der Empfangs- bezw. Sendedrähte von
                              									jenen der normalen Stationsanlagen nicht ab.
                           Das Ergebnis der Versuche war ein durchaus günstiges, indem die übermittelten Zeichen
                              									klar und deutlich zum Ausdruck kamen. Die Entfernung betrug etwas über 7 km. Diese
                              									Versuche sollen nach Mitteilung im kommenden Frühjahre auf der Strecke von Teplitz
                              									nach Reichenberg wieder aufgenommen werden.
                           Dass ein funkentelegraphischer Verkehr mit einem fahrenden Zuge möglich ist, hat Marconi bereits im Jahre 1901 erwiesen. Er verwendete
                              									für die auf einer englischen Bahnlinie durchgeführten Versuche die bekannte
                              									Zylinder-Antenne, welche jedoch, statt senkrecht in die Luft zu ragen, wagrecht auf
                              									dem Dache eines Wagens gelagert war. Die erreichte grösste Entfernung betrug gegen
                              									40 km.
                           Einen praktischen Wert dürften jedoch alle derartigen Versuche nicht haben, da vom
                              									betriebstechnischen Standpunkte das Bedürfnis für eine derartige
                              									Verständigungsmöglichkeit nicht besteht und besonders die Wellentelegraphie sich den
                              									eigenartigen Verhältnissen des Bahnbetriebes nicht anpassen lässt. Es sei nur auf
                              									die vielen Hindernisse verwiesen, welche sich der Fortpflanzung der Wellen bis zum
                              									Empfangswagen entgegensetzen, wie hohe Einschnitte, Bahnüberführungen, Tunnels usw.
                              									Der Betrieb dieses Verständigungsmittels wird namentlich in gebirgigen Gegenden nur
                              									ein intermittierender sein können und somit einem Bedürfnisse, wenn ein solches
                              									vorhanden wäre, nicht zu entsprechen vermögen.