| Titel: | Schnellfahrversuche mit Dampflokomotiven. | 
| Autor: | –l. | 
| Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 236 | 
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                        Schnellfahrversuche mit
                           								Dampflokomotiven.
                        Schnellfahrversuche mit Dampflokomotiven.
                        
                     
                        
                           Die grossen Erfolge, welche die Studiengesellschaft für elektrische
                              									Schnellbahnen bei ihren Versuchsfahrten zu verzeichnen gehabt hatte und die für die
                              									Gegner des Dampfbetriebes zu beweisen schienen, dass nunmehr das Ende der Herrschaft
                              									der Dampflokomotive gekommen sei, veranlassten den preussischen Minister der
                              
                              									öffentlichen Arbeiten, im Anschluss an die Versuchsfahrten der beiden elektrischen
                              									Schnellbahnwagen Fahrversuche mit Dampflokomotiven auf derselben Strecke vornehmen
                              									zu lassen. Das Ziel dieser Versuche war allerdings nicht die Erreichung einer
                              									besonders hohen Geschwindigkeitsziffer oder die Feststellung der Dauerleistung
                              									moderner, für den Schnellverkehr gebauter Lokomotiven, sondern der Wunsch, die
                              									Sicherheitsgrenze für einen geregelten Betrieb zu finden unter der Voraussetzung,
                              									dass schwere Züge mit hoher Geschwindigkeit gefahren werden sollen. Trotzdem ging
                              									man bei den Versuchsfahrten stets bis zur vollen Ausnutzung der Leistungsfähigkeit
                              									der Maschinen, die mit ihrem vierachsigen Tender entweder einen Zug von sechs
                              									D-Wagen oder einen solchen von drei D-Wagen zu befördern hatten.
                           Ein amtlicher Bericht über das Ergebnis der Versuchsfahrten liess recht lange, fast
                              									ein Jahr, auf sich warten, und zwar, wie aus dem nunmehr vorliegenden Berichte
                              									selbst hervorgeht, aus sachlichen Gründen; dagegen erschien schon im Heft 15 des
                              									Jahrganges 1904 der „Woche“ ein kurzer Bericht, aus dem man wenigstens die
                              									erreichten Höchstgeschwindigkeiten entnehmen und ersehen konnte, dass man in den
                              									Erwartungen, die man bei Anstellung der Versuchsfahrten gehegt hatte, nicht
                              									getäuscht war. Aus dem amtlichen Berichte, der inzwischen im 1. Heft des Jahrganges
                              									1905 des „Organs für die Fortschritte des Eisenbahnwesens“ erschienen ist,
                              									lässt sich ferner erkennen, dass es, für die nächste Zukunft wenigstens, sehr wohl
                              									möglich erscheint, einen wirtschaftlichen
                              									Schnellverkehr noch immer mit Dampflokomotiven aufrecht zu erhalten. Gerade der
                              									wirtschaftliche Gesichtspunkt dürfte bei der Beurteilung der Frage, ob elektrischer
                              									Betrieb oder Dampfbetrieb zweckmässiger sei, vorderhand für den Dampfbetrieb sprechen; ein Schnellverkehr mit elektrischen
                              									Lokomotiven oder Motorwagen und mit Geschwindigkeiten wie diejenigen der
                              									Versuchsfahrten für den Dauerbetrieb würde nicht nur
                              									einen viel schwereren Oberbau als den gegenwärtig auf den Hauptstrecken liegenden
                              									erfordern, sondern auch eine ganz andere Linienführung mit sehr grossen
                              									Krümmungsradien, also einen vollständigen Umbau oder eine Ergänzung des bestehenden
                              									Bahnnetzes notwendig machen. So interessant diese Frage ist, so kann an dieser
                              									Stelle auf sie doch nicht näher eingegangen werden, da ihre Behandlung zu weit vom
                              									Thema abführen würde. Es sei daher nur auf den schon genannten kurzen Bericht in der
                              										„Woche“ hingewiesen und bemerkt, dass auch in vielen Fachzeitschriften
                              									diese Frage bereits des öfteren eingehend erörtert worden ist. Dass gerade
                              									unter den gegenwärtigen Verhältnissen ein wirtschaftlicher Betrieb mit den
                              									Dampflokomotiven neuester Bauart noch gut aufrecht zu erhalten ist, sollten die
                              									Versuche zeigen und haben es auch gezeigt.
                           In den folgenden Zeilen sollen aus dem amtlichen Berichte einige allgemein
                              									interessierenden Beobachtungen und Versuchsergebnisse mitgeteilt werden. Einen
                              									vollkommenen, unmittelbar einen Vergleich gestattenden Ueberblick über die
                              									Fahrtergebnisse bietet selbst dieser amtliche Bericht nicht, vielmehr gibt auch er
                              									stets nur einige Beispiele aus den einzelnen Versuchsgruppen.
                           Die Versuchsstrecke, Als Versuchsstrecke diente die für
                              									die Versuchsfahrten mit den Schnellbahnwagen bereits besonders vorbereitete 23 km
                              									lange Strecke Marienfelde–Zossen der preussischen Militärbahn Berlin-Jüterbog. Diese
                              									Strecke verläuft ohne besonders starke Steigungen und Gefälle, die sämtlich zwischen
                              									den Grenzwerten 1 : 320 und 1 : 200 liegen, und weist auch sehr lange gerade
                              									Streckenabschnitte auf, die durch Krümmungen von grossem Radius miteinander
                              									verbunden sind. Der kleinste Krümmungsradius beträgt nämlich immer noch 1000 m, der
                              									grösste 6500 m. Die fünf Stationen der Strecke liegen sämtlich in der Wagerechten,
                              									sie wurden stets mit unverminderter Geschwindigkeit durchfahren.
                           Der Oberbau der Versuchsstrecke bestand aus Schienen von 12 m Länge mit einem Gewicht
                              									von 43,4 kg/m.
                              									Jede Schienenlänge ruhte auf 17 Schwellen. Neben den Gleisschienen waren
                              									stellenweise noch Leitschienen vorgesehen, die in den Weichen herausnehmbar
                              									eingerichtet waren, aber bei Fahrten mit Geschwindigkeiten von über 100 km/St. eingebaut
                              									blieben.
                           Die Versuchszüge. Wie schon erwähnt wurde, bestanden die
                              									Versuchszüge aus drei oder sechs D-Wagen, von denen ein Wagen mit verschiedenen
                              									Messeinrichtungen ausgerüstet war. Vor den Zügen lagen moderne Schnellzuglokomotiven
                              									mit vierachsigem Tender, welche in drei Gruppen mit zwei, drei oder vier Zylindern
                              									eingeteilt werden können. An Zweizylinderlokomotiven nahmen teil eine 2/4 gekuppelte
                              									Heissdampflokomotive mit Zwillingswirkung und die bekannte 2/4 gekuppelte
                              									Verbund-Schnellzuglokomotive der Preussischen Staatsbahnen. Die
                              									Dreizylinderanordnung wurde vertreten durch eine 2/6 gekuppelte, dreizylindrige
                              									Verbund-Schnellzuglokomotive, Bauart Wittfeld. Von den
                              									in letzter Zeit sehr beliebt gewordenen Vierzylinderlokomotiven erschienen sogar
                              									drei, und zwar zwei nach der Bauart de Glehn und eine
                              									nach der Bauart v. Borries. Die hauptsächlichsten
                              									Abmessungen all dieser Lokomotiven lässt die nachstehende Tabelle (S. 237) erkennen,
                              									zu der erläuternd nur noch folgendes bemerkt sei:
                           Von den Zweizylindermaschinen trat nur die Heissdampflokomotive mit in den
                              									eigentlichen Wettbewerb, dagegen nicht die 2/4 gekuppelte Verbund-Schnellzuglokomotive, die zu den Fahrten
                              									nur zu Vergleichszwecken herangezogen worden war und garnicht genug Dampf für hohe
                              									Geschwindigkeiten hergeben konnte.
                           
                              
                                 
                                 2/4 gek.Heissdampf-Lokomotive
                                 2/4
                                    											gek.Verbund-Schnellzug-Lokomotive
                                 2/6
                                    											gek.Dreizylinder-Verbund-Schnellzug-Lokomotive
                                 2/4
                                    											gek.Vierzylinder-Verbund-Schnellzug-Lokomotivenach
                                    												de Glehn
                                 ⅖
                                    											gek.Vierzylinder-Verbund-Schnellzug-Lokomotivenach
                                    												de Glehn
                                 ⅖
                                    											gek.Vierzylinder-Verbund-Schnellzug-Lokomotivenach
                                    												v. Borries
                                 
                              
                                 1
                                 2
                                 3
                                 4
                                 5
                                 6
                                 
                              
                                 Dampfüberdruck
                                 at
                                 12
                                 12
                                 14
                                 14
                                 14
                                 14
                                 
                              
                                 Zylinderdurchmesser
                                 mm
                                 2 × 530
                                 460/680
                                 3 × 524
                                 
                                    2\,\times\,\frac{340}{530}
                                    
                                 
                                    2\,\times\,\frac{340}{560}
                                    
                                 
                                    2\,\times\,\frac{360}{560}
                                    
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                 „
                                   600
                                   600
                                   630
                                   640
                                   640
                                   600
                                 
                              
                                 Triebraddurchmesser
                                 „
                                 1980
                                 1980
                                 2200
                                 1980
                                 1980
                                 1980
                                 
                              
                                 Heizfläche (einschl. Ueberhitzer)
                                 qm
                                 101,7 + 30,75
                                   118
                                   257
                                   122
                                   155
                                   162
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                 „
                                        2,27
                                        2,27
                                      4,2
                                        2,28
                                       2,72
                                       2,70
                                 
                              
                                 Lokomotivdienstgewicht
                                 t
                                 54
                                 52
                                 88
                                     57,7
                                 66
                                    61,4
                                 
                              
                                 Reibungsgewicht
                                 „
                                 32
                                 31
                                 36
                                 32
                                 32
                                 32
                                 
                              
                                 Tendergewicht beladen
                                 „
                                 43
                                 43
                                    59,6
                                 43
                                 46
                                    44,5
                                 
                              
                                 Achsstand der Lokomotive
                                 m
                                     7,6
                                      7,4
                                       11,485
                                       7,45
                                      8,2
                                      9,0
                                 
                              
                                       „         ganzer, von Lokom. u. Tender
                                 „
                                   15,1
                                        14,715
                                        20,785
                                      14,59
                                     15,4
                                    15,4
                                 
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 237
                              Fig. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 237
                              Fig. 2.
                              
                           Bei der Dreizylinderlokomotive, welche im Grunde genommen nur
                              									eine Verbundlokomotive mit dem Zylinderverhältnis 1 : 2 ist, liegt der
                              									Hochdruckzylinder innerhalb des Rahmens und wirkt auf die vordere Triebachse,
                              									während die Niederdruckzylinder, aussen am Rahmen angeordnet, auf die zweite
                              									Triebachse in der Weise einwirken, dass ihre Kurbeln unter sich gleichgerichtet,
                              									gegen die des Hochdruckzylinders aber um 90° versetzt sind. Vor und hinter den
                              									Triebachsen befindet sich je ein zweiachsiges Laufdrehgestell. Die Anordnung der
                              									Zylinder bei den Vierzylinderlokomotiven nach Bauart de
                                 										Glehn zeigt Fig. 1. Dieselbe lässt
                              									erkennen, dass die aussenliegenden Hochdruckzylinder auf die hintere, die
                              									innenliegenden Niederdruckzylinder auf die vordere Triebachse wirken. Die
                              									Hochdruckzylinder liegen näher nach dem Führerstande zu als der Niederdruckzylinder.
                              									Vor den Triebachsen liegt bei Lokomotive No. 5 der Tabelle noch ein zweiachsiges
                              									Laufachsendrehgestell, hinter demselben eine einfache, d.h. feste Laufach se. Bei
                              									der Bauart v. Borries dagegen liegen, wie Fig. 2 zeigt, alle vier Zylinder in gleicher Höhe und
                              
                              									wirken auf dieselbe Triebachse, dagegen liegen die Hochdruckzylinder innerhalb, die
                              									Niederdruckzylinder ausserhalb des Rahmens. Die hintere Laufachse ist beweglich,
                              									vor den Triebrädern ist noch ein zweiachsiges Laufdrehgestell angeordnet.
                           Aus der Tabelle kann man eine ziemliche Gleichwertigkeit der Lokomotiven vermuten.
                              									Dass die 2/4
                              									gekuppelte Verbund-Schnellzuglokomotive nur 12 at Dampfüberdruck aufweist, erklärt
                              									sich aus ihrem Alter, denn erst in der jüngsten Zeit ist man zur allgemeinen
                              									Erhöhung des Dampfüberdruckes auf 14 at übergegangen. Auch die Heissdampflokomotive
                              									zeigt einen Dampfüberdruck von nur 12 at, was sich aus dem Bestreben erklärt, bei
                              									Heissdampflokomotiven aus wirtschaftlichen Gründen überhaupt auf einen geringeren
                              									Dampfüberdruck wieder herabzugehen – selbst bis auf 10 at herab –, ohne die
                              									Leistungsfähigkeit der Maschine zu beeinträchtigen. Grössere Unterschiede zeigen
                              									auch die Heizflächen, doch genügten die Kesselleistungen auf der Versuchsstrecke, um
                              									die Höchstleistung der Maschinen zu erproben; allerdings stellenweise unter
                              									ziemlicher Anstrengung des Kessels. Nur in Einzelfällen liess die Kesselleistung zu
                              									wünschen übrig.
                           Versuchsfolge. Die Versuchsfahrten wurden mit jeder
                              									Maschine einzeln in gewisser Reihenfolge vorgenommen. Nachdem man zunächst mit dem
                              									Zuge aus sechs Wagen die Strecke mit einer Geschwindigkeit von 60 km/St. durchfahren
                              									hatte, um die richtige Wirkung aller Messinstrumente festzustellen und zugleich
                              									einen Anhaltspunkt für das Wachsen der Ausschläge bei Steigerung der Geschwindigkeit
                              									zu erhalten, ging man zu 80 und 100 km in der Stunde über und behielt diese
                              									Geschwindigkeiten so lange bei, bis die Messergebnisse völlig einwandfrei waren;
                              									erst dann ging man zu noch höheren Geschwindigkeiten über, die man entweder bis zu
                              									den gewollten 120 km/St. oder bis zur Höchstgrenze unter voller Ausnutzung der Maschine und
                              									meist auch des Kessels steigerte. Die Fahrt mit der Höchstleistung wurde stets
                              									mehrmals wiederholt. Aehnlich verfuhr man bei den Fahrten mit den Zügen aus drei
                              									D-Wagen, doch begann man hier gleich mit Geschwindigkeiten von 100 km/St. Um bei der
                              									verhältnismässig kurzen Strecke möglichst lange mit der Höchstgeschwindigkeit fahren
                              									zu können, fuhr man mit möglichster Beschleunigung an, so dass die erstrebte
                              									Geschwindigkeit auch möglichst schnell erreicht wurde, und führte am Schluss der
                              									Fahrt eine Notbremsung aus, die den Versuchszug noch vor dem Einfahrtssignal zum Halten brachte.
                           Messungen und Aufzeichnungen, Versuchsergebnisse.
                              									Während jeder Fahrt wurden verschiedene Messungen und Aufzeichnungen vorgenommen;
                              									sie erstreckten sich auf:
                           
                              a) die Feststellung allgemein wichtiger Grössen, wie z.B. Zeit,
                                 										Weg, besonders bemerkenswerte Punkte, Windgeschwindigkeit,
                              b) das Verhalten des Zuges und der einzelnen Fahrzeuge,
                                 										namentlich der Lokomotiven und des Tenders während der Fahrt,
                              c) die Beobachtung der Lokomotivmaschine.
                              
                           Zu a. Vor Beginn jeder Fahrt wurde zunächst die Windgeschwindigkeit in m/Sek. gemessen,
                              									um den Einfluss des Windes und den Luftwiderstand bestimmen zu können; während der
                              									Fahrt wurden ausserdem noch Aufzeichnungen über die Fahrzeit und die durchfahrene
                              									Strecke gemacht, wobei besonders bemerkenswerte Punkte der Strecke und der Fahrt,
                              									wie z.B. Kilometersteine, Anfahrzeit, Beginn und Ende des Bremsens, besonders starke
                              									Bewegungen der Lokomotiven u.a.m. noch besonders aufgezeichnet wurden. Die
                              									Aufzeichnung der Fahrzeit geschah alle zwei Sekunden, die der Strecke nach jeder
                              									Radumdrehung, die der „wichtigen Punkte“ durch besondere Stromschliesser von
                              									der Strecke aus oder von Hand durch den Lokomotivführer. Fig. 3 gibt ein Bild verschiedener Aufzeichnungen auf dem Papierstreifen
                              									des Apparates. Die Figur lässt erkennen, wenn man die Linie der Radumdrehungen mit
                              									derjenigen der Zeit vergleicht, dass die Versuchsstrecke einen sehr langen,
                              									unübersichtlichen Papierstreifen erfordert, so dass auch die Ausmittlung der
                              									einzelnen Werte aus den Aufzeichnungen, namentlich die Feststellung der
                              									Geschwindigkeit aus den Radumdrehungen und den Zeitabständen sehr umständlich
                              									war.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 238
                              Fig. 3.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 238
                              Fig. 4.
                              
                           Zu b. Die Messungen des Verhaltens der Fahrzeuge, namentlich von Lokomotive und
                              									Tender während der Fahrt, erstreckten sich zunächst auf eine Messung des
                              									Zugwiderstandes. Um diesen bestimmen zu können, war zwischen dem Tender und dem
                              									ersten Wagen an Stelle der Kupplung ein Zugkraftmesser eingehängt, dessen
                              									hauptsächlichste Anordnung aus Fig. 4 hervorgeht.
                              									Derselbe bestand aus zwei gebogenen, an ihren Enden mit dem Zughaken des Tenders
                              									bezw. dem des folgenden Wagens verbundenen Stäben a und
                              										b, die sich infolge der in ihnen auftretenden
                              									Spannungen gegenseitig verschieben. Die Verschiebung wird mittels eines an dem einen
                              									Stabe angebrachten Stiftes d auf eine am andern Stabe
                              									vorgesehene Papiertrommel übertragen. Da die Stäbe a
                              									und b auch eigenen Schwingungen unterworfen sind, kann
                              									die Aufzeichnung wohl einzelne Höchstwerte genau angeben, ist jedoch nicht zum
                              									Ablesen der mittleren Zugkraft geeignet, da man statt einer Geraden eine
                              									Zickzacklinie von bisweilen sehr erheblichen Ausschlägen erhält. Für die
                              									Versuche wurde als gemessener Zugwiderstand der Wert angenommen, welcher der
                              									Mitte der Zickzacklinie entsprach. Im Mittel wurden im Zustande der grössten
                              									Geschwindigkeit Zugkräfte von 1300–1500 kg gemessen. Ferner wurden gemessen die
                              									Ausschläge des Zapfens und des äussersten Punktes des Drehgestelles sowie die
                              									Bewegungen der Laufachsen gegen den Lokomotivrahmen. Diese Messungen fanden in der
                              									Weise statt, dass mit den Drehgestellrahmen oder mit der Achse verbundene Arme die
                              									Bewegungen auf den Schreibstift einer seitlich am Lokomotivrahmen angeordneten
                              									Papiermesstrommel mittels Hebel übertrugen, während der Ausschlag des Tenders gegen
                              									die Lokomotive in einfacher Weise mittels eines an der Lokomotive befestigten
                              									Schreibstiftes, der durch eine Feder auf ein am Tender befestigtes Stück Papier
                              									gedrückt war, aufgezeichnet wurde. Im allgemeinen haben sich die Ausschläge des
                              									Drehgestells und der Laufachsen beim Anfahren etwas grösser erwiesen als während des
                              									Dauerzustandes, was sich wohl aus dem stärkeren Arbeiten der Lokomotiven beim
                              									Anfahren erklären mag. Starke Ausschläge ergaben sich auch beim Durchfahren von
                              									Weichen oder beim Einlaufen in Gleisbögen. Die Unterschiede in den Ausschlägen der
                              									Drehgestelle am Zapfen und an den äussersten Punkten gegen den Lokomotivrahmen sind
                              									zum Teil, namentlich auch bei hohen Geschwindigkeiten, ziemlich bedeutend gewesen,
                              									woraus hervorgeht, dass die Drehgestelle infolge des Anlaufens der Spurkränze an die
                              									Schienen ziemlich stark arbeiten. Ferner zeigte sich auch, dass schlechte Stellen im
                              									Gleis von starkem Einfluss auf die störenden Lokomotivbewegungen waren, dass also im
                              									regelmässigen Betriebe die Lokomotiven im allgemeinen nicht so ruhig wie auf der gut
                              									unterhaltenen Versuchsstrecke laufen werden. Dagegen tragen starke, nicht leicht
                              									nachgiebige Rückstellfedern sehr zur Ruhe des Ganges bei hohen Geschwindigkeiten
                              									bei, da sie das Drehgestell weniger nachgiebig machen und damit das Schlingern, das
                              									hierdurch bedingt ist, vermindern. Sehr erhebliche Zuckungen traten bei der
                              									Heissdampflokomotive bei einer Geschwindigkeit von etwa 125 km/St. und bei der
                              									Dreizylinderlokomotive Bauart Wittfeld bei einer
                              									Geschwindigkeit von etwa 115 km/St. auf, wenn der Zug nicht fest gekuppelt war. Die
                              									Zuckungen waren zum Teil so stark, dass sie im Zugkraftmesser Spannkräfte bis 11000
                              									kg hervorriefen; sie sind nach dem amtlichen Bericht auf ein Zusammenfallen der
                              									Schwingungszeit der Tenderfedern und der Umdrehung der Lokomotivmaschine
                              									zurückzuführen. Für diese Erklärung spricht, dass die Zuckungen aufhörten, wenn die
                              									Lokomotive eine um etwa 5 km/St. höhere Geschwindigkeit erlangt hatte, oder wenn
                              									der Zug mit dem Tender fest verkuppelt war. Bei den Vierzylinderlokomotiven traten
                              									derartige Zuckungen nicht auf, selbst wenn die Maschinen bei Leerfahrten eine
                              
                              									Geschwindigkeit von 130 km/St. erreichten. Der Grund hierfür liegt offenbar in
                              									der Massenausgleichung, die bei den Vierzylinderlokomotiven eine sehr günstige ist,
                              									dagegen bei den Zweizylinderlokomotiven – denen in diesem Falle die dreizylindrige,
                              									aber ebenfalls nur einfache Verbundlokomotive nach Wittfeld gleich zu achten ist – bekanntlich nur bis zu einem gewissen
                              									Grade zu erreichen ist. Die beobachteten starken Zuckungen waren also teilweise mit
                              									durch die Eigenart der Zweizylinderlokomotiven begründet. Die Bewegungen der
                              									Lokomotive gegen den Tender zeigten keine auffallenden Erscheinungen, weite
                              									Ausschläge traten nur beim Durchfahren einzelner Weichen ein.
                           Zu c. Die Beobachtungen der Lokomotivmaschine wurden in der Weise vorgenommen, dass
                              									auf der Lokomotive selbst in Zwischenräumen von 1–2 Minuten Aufschreibungen gemacht wurden über
                              									Zeit, Geschwindigkeit, Ort, Füllung im Hochdruck- und Niederdruckzylinder,
                              									Kesselspannung, Luftverdünnung in der Rauchkammer und besonders auffällige
                              									Eigenbewegungen der Lokomotive. Bei der Heissdampflokomotive wurden auch noch
                              									Messungen des Druckes im Schieberkasten vorgenommen.
                           Wie schon erwähnt wurde, bieten die Ergebnisse dieser Beobachtungen kein Bild, das
                              									einen unmittelbaren Vergleich der einzelnen Maschinen miteinander gestattete. Der
                              									Grund hierfür liegt in der verschiedenen Leistungsfähigkeit der Kessel. So blieb bei
                              									der vierachsigen Vierzylinderlokomotive, Bauart de
                                 										Glehn (No. 4) die Dampfentwicklung hinter der Maschinenleistung zurück. Aus
                              									demselben Grunde musste während einer Fahrt der anderen Vierzylinderlokomotive nach
                              									Bauart de Glehn beim Anfahren des aus sechs Wagen
                              									gebildeten Versuchszuges mit Dampf gespart werden, um beim Erreichen der
                              									Höchstgeschwindigkeit genügend Dampf zur Verfügung zu haben. Gut abgeschnitten hat
                              
                              									dagegen die v. Borriessche Bauart, die gegen die zuerst
                              									erwähnte Lokomotive eine Mehrleistung aufwies. Der Bericht erblickt den Grund
                              
                              									hierfür in dem geringen Eigenwiderstand der Lokomotive, in dem Einbau der
                              									Kolbenschieber statt Flachschieber im Hochdruckzylinder, in der günstigen Anordnung
                              									des Triebwerkes und in dem Ausgleich der Kolbenkräfte an einer Welle.
                           Der amtliche Bericht zieht aus den auszugsweise mitgeteilten Betriebsergebnissen
                              									die Folgerung, „dass die jetzt im Betriebe befindlichen Schnellzuglokomotiven auf
                                 										einer Strecke mit schwerem Oberbau ohne Gefahr noch mit 120 km/St. laufen
                                 										können, dass es sich jedoch mit Rücksicht auf Krümmungen und schlechte Stellen
                                 										im Gleise nicht empfiehlt, die ⅖ gekuppelten Schnellzuglokomotiven bei
                                 										Geschwindigkeiten über 110 km/St. zu verwenden. Für Fahrten über 110 km/St. dürfte
                                 										es sich empfehlen, nur 2/4 gekuppelte Lokomotiven zu verwenden, wenn aber
                                 										die Kesselleistung bei diesen nicht ausreichen sollte, zur 2/6
                                 
                                 										gekuppelten Lokomotive überzugehen“. Hierbei ist die Frage nach Zahl und
                              									Anordnung der Zylinder ganz offen gelassen, doch wird gelegentlich der Besprechung
                              
                              									der störenden Bewegungen der Lokomotiven betont, dass die Schlingerbewegungen auch
                              									bei Schnellbetrieb eine Zweizylinderlokomotive ohne weiteres zulassen würde, dass
                              									man aber doch wegen des besseren Massenausgleiches gegen Zucken zur
                              									Vierzylinderlokomotive übergehen wird – trotzdem der Eigenwiderstand grösser wird!
                              									–, wenn es nicht gelingt, durch Abstimmung der Tenderfedern das Zucken zu
                              									beseitigen. Die Verwendung von Heissdampf wird empfohlen, wie es ja nach den
                              									bisherigen Erfahrungen mit den Heissdampflokomotiven nicht anders zu erwarten war. –
                              									Die Versuche haben also den Weg gewiesen, in welcher Richtung der Lokomotivbauer
                              									vorzugehen hat, wenn er in dem Wettbewerb zwischen Dampfbetrieb und elektrischen
                              									Betrieb im Schnellverkehr nicht unterliegen will.
                           
                              –l.