| Titel: | Ueber das Verhältnis der Zahnlänge zur Zahndicke bei Zahnrädern. | 
| Autor: | Wehage | 
| Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 276 | 
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                        Ueber das Verhältnis der Zahnlänge zur Zahndicke
                           								bei Zahnrädern.
                        Ueber das Verhältnis der Zahnstange zur Zahndicke bei
                           								Zahnrädern.
                        
                     
                        
                           Die Länge der Zähne von Zahnrädern, auch Zahnhöhe genannt, wird schon seit
                              									langer Zeit allgemein etwa gleich dem 1,5 fachen der Zahndicke genommen. Vielfach
                              									gilt die Regel, die Höhe des Zahnfusses 0,4 der Teilung t, die Höhe der Zahnspitze 0,3 t, mithin die
                              									Höhe oder Länge des ganzen Zahnes 0,7 t, und die
                              									Zahndicke, auf dem Teilkreise gemessen, 19/40 t zu
                              									setzen, wonach sich das Verhältnis der Zahnlänge zur Zahndicke gleich 28/19 = 1,47
                              									ergibt.
                           Wie die folgende Untersuchung zeigt, scheint dies Verhältnis nicht das günstigste zu
                              									sein, wenn man einerseits die Festigkeit der Zähne, anderseits die Eingriffsdauer
                              									und den damit zusammenhängenden ruhigen Gang, den Arbeitsverlust durch die
                              									Zahnreibung und die Abnutzung der Zähne berücksichtigt.
                           Reibung und Abnutzung sind um so grösser, je grösser der relative Weg der Zähne
                              									gegeneinander ist. Letzterer aber (gleich der Summe der beiden Abstände der
                              									Teilkreise voneinander an den Stellen des Eingriffsbeginns und des Eingriffsendes)
                              									ist allgemein um so grösser, je länger die Eingriffsstrecke ist, und diese ist unter
                              									sonst gleichen Umständen um so länger, je grösser die Zahnlänge ist. Da ausserdem
                              									das Biegungsmoment des Zahndruckes, wenn dieser an der äusseren Kante eines Zahnes wirkt, in dem
                              									am meisten gefährdeten Querschnitt an der Zahnwurzel proportional der Zahnlänge ist,
                              									so erscheint es aus doppeltem Grunde zweckmässig, die Länge der Zähne möglichst
                              									gering zu nehmen. Will man aber mit kurzen Zähnen dieselbe verhältnismässige
                              									Eingriffsdauer erreichen, wie mit längeren Zähnen, so ist eine Verminderung der
                              									Dicke unerlässlich, womit auch das Widerstandsmoment der Zähne, welches proportional
                              
                              									dem Quadrat der Dicke ist, abnimmt. Es fragt sich nun, ob sich bei den kleineren
                              									Zähnen unter sonst gleichen Umständen dieselbe Festigkeit und gleichzeitig dieselbe
                              									Eingriffsdauer erzielen lässt, wie bei den grösseren Zähnen.
                           Dies ist in der Tat der Fall, wenn man das Verhältnis der Zahnlänge zur Zahndicke
                              									kleiner wählt, als üblich ist, wie an den folgenden Beispielen sowohl für Zykloiden-
                              									wie für Evolventenzähne gezeigt ist. Haben aber die kleinen Zähne dieselbe
                              									Festigkeit und dieselbe Eingriffsdauer, wie die grösseren, so sind sie den letzteren
                              									vorzuziehen, weil der Arbeitsverlust durch Reibung bei ihnen geringer ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 276
                              Fig. 1.
                              
                           Für alle folgenden Beispiele ist die Bedingung zugrunde gelegt, dass stets zwei
                              									Zähnepaare gleichzeitig in Eingriff sind, und in dem Augenblick, in welchem das
                              									vorangehende Paar ausser Eingriff kommt ein nachfolgendes Paar in Eingriff tritt, so
                              									dass in diesem Zeitpunkte gleichzeitig drei Paare sich in Eingriff befinden. Die
                              									Eingriffsdauer erstreckt sich dann über zwei Teilungen.
                           Fig. 1 zeigt zunächst eine Zykloidenverzahnung mit
                              									einem Uebersetzungsverhältnis von 1 : 3. Die feinen Linien stellen die Verzahnung
                              									mit den üblichen Verhältnissen dar, während die starken Linien eine Verzahnung mit
                              									denselben Teilkreisen und denselben Rollkreisen veranschaulichen, bei welcher aber
                              									die Zahnlänge ungefähr gleich der Zahndicke ist. Die Zahnlänge dieser kleinen Zähne
                              									beträgt etwa die Hälfte der Länge der grossen Zähne und die Zahndicke in dem am
                              									stärksten beanspruchten Querschnitte an der Zahnwurzel des kleinen Rades etwa ¾ von
                              									der entsprechenden Dicke des grossen Zahnes. Die grösste Biegungsspannung fällt
                              									hiermit bei gleichem Zahndruck und gleicher Breite der Räder (in achsialer Richtung
                              									gemessen) für die kleinen Zähne noch etwas kleiner aus \left(\frac{1/2}{3/4^2}=\frac{8}{9}\right) , als für die
                              									grösseren. Die Eingriffsdauer erstreckt sich bei beiden über zwei Teilungen,
                              									bei den grossen Zähnen von A bis A1 bei den kleinen von
                              										B bis B1. Der relative Weg der
                                 										Zähne gegeneinander, also auch der Arbeitsverlust durch Reibung fällt aber bei
                                 										den grossen Zähnen ungefähr doppelt so gross aus, wie bei den kleinen
                                 										Zähnen. Dasselbe gilt auch von der Gesamtabnutzung. Auch diese ist bei den grossen Zähnen ungefähr doppelt so
                              									gross, wie bei den kleinen. Sie verteilt sich allerdings bei den kleinen Zähnen auf,
                              									eine kaum halb so grosse Fläche. Die verhältnismässige
                                 										Abnutzung, d.h. die Abnutzung in gleichliegenden gleich grossen Flächenelementen wird bei den kleinen Zähnen daher so gross
                              									wie bei den grossen, aber auch nicht grösser. Es werden sich also unter sonst
                              									gleichen Umständen die kleinen Zähne nicht etwa schneller abnutzen als die
                              									grossen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 276
                              Fig. 2.
                              
                           Fig. 2 stellt in gleicher Weise eine
                              
                              									Evolventenverzahnung für zwei gleich grosse Räder dar. Die kleinen Zähne haben auch
                              									hier etwas grössere Festigkeit als die grösseren. Ihre Länge ist gleichfalls etwa
                              									gleich der Dicke. Die Eingriffslinie AA1 für die grossen Zähne ist ein wenig steiler als
                              									die Eingriffslinie BB1
                              									für die kleinen Zähne. Im übrigen gilt alles oben für die Zykloidenzähne Gesagte
                              									auch für diese Evolventenzähne.
                           Für Räder, welche stets in demselben Sinne umlaufen und überhaupt nicht oder nur in
                              									Ausnahmefällen eine Drehung in entgegengesetzter Richtung zulassen müssen, würde
                              									eine unsymmetrische Form der Zähne noch günstiger sein.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 276
                              Fig. 3.
                              
                           In Fig. 3 ist dies für Zykloidenzähne mit einem
                              									Uebersetzungsverhältnis von 3 : 5 und in Fig. 4 für
                              									Evolventenzähne mit einem Uebersetzungsverhältnis von 2 : 3 gezeigt. Bei den
                              									ersteren (Fig. 3) sind für die gewöhnlich nicht in
                              									Eingriff kommenden Rückenflanken der Zähne kleinere Rollkreise benutzt. Der Eingriff
                              									dieser Rückenflanken geht jedoch noch über eine Teilung hinaus, von C bis C1, so dass bei einem Rückgang für kurze Zeit noch
                              
                              									zwei Zähnepaare zusammenarbeiten, im übrigen aber stets ein Paar in Eingriff
                              									sich befindet. Für den normalen Vorwärtsgang ist dieselbe Eingriffsdauer, wie bei
                              										Fig. 1 und 2
                              									angenommen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 277
                              Fig. 4.
                              
                           Auch bei den Evolventenzähnen in Fig. 4 bilden die
                              									Rückenflanken noch eine richtige Verzahnung, für welche allerdings die
                              									Eingriffsdauer (von C bis C1) sehr kurz ist, so dass ein ruhiger
                              									Gang beim Eingriff dieser Rückenflanken nicht zu erwarten ist. Dafür beträgt hier
                              									die grösste Biegungsspannung nur etwa ⅔ und der Arbeitsverlust durch Reibung
                              									nur etwa ¼ dieser Grössen bei den grossen Zähnen. Man würde also bei einer Ersetzung
                              									der grossen Zähne durch die kleinen z.B. die Zahnbreite oder auch – für gleiches
                              									Drehmoment – die Radien der Räder auf ⅔ verkleinern können, ohne die
                              									Biegungsspannung zu erhöhen, während gleichzeitig die Reibungsarbeit bedeutend
                              									herabgezogen wäre.
                           Wehage.