| Titel: | Ueber neuere Riemengetriebe. | 
| Autor: | Rudolf Hundhausen | 
| Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 341 | 
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                        Ueber neuere Riemengetriebe.
                        Von Rudolf Hundhausen,
                           								Berlin-Halensee.
                        Ueber neuere Riemengetriebe.
                        
                     
                        
                           Den Gegenstand des vorliegenden Aufsatzes bilden Kiemen- und Reibrädergetriebe,
                              									wie sie in neuerer Zeit von verschiedenen Seiten (– zum Teil auch vom Verfasser –)
                              									ausgebildet wurden. Insbesondere handelt es sich hierbei um Anordnungen, in denen
                              									zwei solche Reibungsgetriebe miteinander vereinigt wurden zu einem sogenannten
                              									doppelten Riemen- oder Reibrädervorgelege mit selbsttätiger Nachstellung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 341
                              Fig. 1. Spannrollengetriebe von Brown.
                              
                           Wie Reuleaux im zweiten Bande seiner Kinematik („Die
                                 										praktischen Beziehungen der Kinematik zur Geometrie und Mechanik“,
                              									Braunschweig, 1900) auf 176 sagt, „ist die Aufgabe, den
                                    											Riemen ganz angemessen anzuspannen, nicht zu wenig, aber auch nicht zu viel,
                                    											neuerdings sorgfältiger als je zuvor erwogen worden, namentlich bei den
                                    											Dynamomaschinen,Unter
                                       													„Dynamomaschinen“ sind hier sowohl
                                       												„dynamoelektrische“, als auch „elektrodynamische“
                                       												Maschinen, d.h. „primäre“ und „sekundäre“ oder
                                       													„Stromerzeugungs-“ und „Kraft-“ oder
                                       													„Umtriebs-“Maschinen zu verstehen. Letztere bezeichnet man
                                       												gewöhnlich als „Elektromotoren“ oder kurz als „Motoren“;
                                       
                                       												erstere als „Generatoren“, als „Dynamos“ oder als
                                       													„Dynamomaschinen“, welche Bezeichnung im weiteren Sinne aber
                                       												auch die „Elektromotoren“ mit umfasst. Mechanisch sind jene und
                                       												diese gleichwertig.und hat zur Ausbildung besonderer Mechanismen zum
                                    											Anspannen des Riemens geführt.“
                           An letzteres anschliessend seien hier zunächst die beiden dort auf 177
                              									abgebildeten Beispiele von Spannrollen wiedergegeben (Fig.
                                 										1 und 2). Durch das Zahnrädchen a wird der Spannrollenträger verstellt, und durch die
                              									Sperrklinke b wird er alsdann an seiner Stelle
                              									gehalten, und zwar erfolgt hierbei die Anspannung des Riemens von Hand bezw. durch
                              									Muskelkraft vermittels einer besonderen Spannrolle.
                           In mancher Beziehung vorteilhafter liess sich nun aber die Einrichtung gestalten bei
                              									Einführung des elektrischen Betriebes, wobei nämlich die Entfernung zwischen der
                              									treibenden und der getriebenen Riemscheibe verändert werden konnte, indem der
                              									Elektromotor mit Leichtigkeit entsprechend beweglich aufzustellen ist.
                           Hierdurch ergab sich zunächst die Möglichkeit, eine besondere Spannrolle entbehrlich
                              									zu machen, wobei, namentlich auch infolge Fortfalles der Zapfenreibung, ein etwas
                              									höherer Nutzeffekt erzielt wurde. Einen solchen Riementrieb in mehrmaliger
                              									Ausführung, wobei die Dynamomaschinen mittels Spannschrauben, sogenannten Knarren,
                              									zu verstellen sind, zeigt beispielsweise Fig. 3,
                              									welche die Kraftstation des Elektrizitätswerkes Weimar
                              									darstellt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 341
                              Fig. 2. Spannrollengetriebe von Brown.
                              
                           Es liess sich aber bei Einführung des elektrischen
                           Dass es sich für unsere vorliegenden Betrachtungen vorzugsweise um „Motoren“
                              									handelt, liegt in der Natur der Sache, weil diese meist in grösserer Anzahl und in
                              									kleinerer Ausführung von einem
                              									„Generator“ oder von wenigen solchen angetrieben werden, die ihren Strom in
                              									dasselbe Leitungsnetz liefern. Diese sind dementsprechend nicht nur weniger
                              									zahlreich, sondern meistens auch beträchtlich grösser und schwerer, so dass für sie
                              									zum Teil die hier beschriebenen Riemenspannvorrichtungen nicht mehr zu benutzen
                              									sind, wenigstens nicht diejenigen mit selbsttätiger Nachstellung; hierfür ist nur
                              									ein einziges Beispiel weiter unten beizubringen, während Fig. 3 eine keineswegs seltene Anordnung zeigt, wonach „Dynamos“
                              									auf Gleitschienen stehend verschoben werden können, um ihre Antriebsriemen zu
                              									spannen. Im übrigen haben wir es hier also nur mit „Motoren“ zu tun.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 342
                              Fig. 3. Kraftstation der Elektrizitätswerkes Weimar.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 342
                              Fig. 4. Elektromotor auf Wippe zum Antriebe einer Milchzentrifuge.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 342
                              Fig. 5. Schiffchen-Stückmaschine, angetrieben durch Drehstrommotor auf
                                 											„Universal-Wippe“ nach Fig. 7.
                              
                           
                           Betriebes gleichzeitig noch ein anderer sehr wichtiger Vorteil erzielen, welcher
                              									darin bestand, das Gewicht des Motors selbst als Kraft zum Anspannen des Riemens
                              									nutzbar zu machen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 343
                              Fig. 6. Drehstrommotor auf Wippe.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 343
                              Fig. 8. Siemens-Schuckertscher Kleinmotor auf Wippe für senkrechten
                                 										Riemenzug.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 343
                              Fig. 9. Siemens-Schuckertscher Kleinmotor auf Wippe für seitlichen
                                 										Riemenzug.
                              
                           Zu diesem Zwecke wurden die bekannten Anordnungen auf
                              										„Wippe“ ausgebildet; beispielsweise stellt Fig.
                                 										6 eine solche Konstruktion dar, wobei noch die Kraft des Eigengewichtes
                              									zum Anspannen des Riemens durch Federn je nach Bedarf zum Teil vergrössert oder
                              									verkleinert werden kann. Eine vollkommenere Anordnung dieser Art wurde von der Gesellschaft für Elektrische Industrie, Karlsruhe,
                              									ausgebildet in ihrer sogenannten Universal-Wippe (D. R. P. No. 144808), welche in
                              										Fig. 7 einzeln, und in Fig. 5 zum Antriebe einer Schiffchen-Stickmaschine dargestellt ist. Der
                              									Motor wird so angeordnet und in die Wippe eingestellt, dass der Riemenzug
                              									möglichst in die Richtung der Federn kommt; es soll dadurch ein sehr ruhiger Gang
                              									der Maschine erzielt werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 343
                              Fig. 7. Universal-Wippe.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 343
                              Fig. 10. Elektrisch angetriebener Webstuhl mit Motor nach Fig. 9.
                              
                           Der Hauptvorzug dieser Karlsruher Konstruktion besteht eben darin, dass die Richtung
                              									der Feder genau parallel zur Richtung des Riemenzuges eingestellt werden kann, indem
                              									der Bolzen, an welchem der Motor drehbar gelagert ist, in seiner bogenförmigen
                              
                              
                              									Gleitbahn mit einem Winkel von 45° um den Gelenkzapfen des Federbolzens zu
                              
                              									verschieben ist. Um grössere Winkel zu beherrschen, bedarf es dann einer senkrechten
                              									Aufstellung der ganzen Wippe, die im übrigen je nach Umständen auch noch um 180° verdreht und im
                              									Bedarfsfälle an der Decke hängend befestigt werden kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 344
                              Fig. 11. Antrieb einer Schnellpresse durch Gleichstrommotor auf Gleitschienen
                                 										verschieblich zum Spannen des Riemens.
                              
                           Eine nicht in dieser Weise „universal“ verwendbare Anordnung namentlich zum
                              									Antriebe von Maschinen der Textilindustrie stellen die beiden Modelle (Fig. 8 und 9) von
                              									Kleinmotoren mit federnder Riemenspannung der Siemens-Schlickert-Werke dar, deren ersteres für senkrechten Riemenzug,
                              									letzteres dagegen für seitwärts geneigten Zug bestimmt ist. In dieser Anwendung
                              									stellt Fig. 10 einen Webstuhlantrieb dar, nahezu
                              									gleichartig der vorher besprochenen Anordnung nach Fig.
                                 										5.
                           Die um 45 ° geneigte Richtung des Federzuges dürfte übrigens für die weitaus meisten
                              									Fälle allein ausreichen, da sie ja auch noch für senkrechten und für wagerechten
                              									Riemenzug geeignet ist.
                           Das gleiche Verhältnis trifft auch zu, wenn der Motor hauptsächlich durch sein Gewicht anspannend auf den Riemen wirkt und wenn er in
                              									der meist üblichen Weise um einen Bolzen drehbar gelagert ist, der gegen die Achse
                              									des Motors um etwa 45 ° nach unten versetzt steht. Dies ist beispielsweise der Fall
                              									bei dem Motor nach Fig. 4, welcher mittels einer
                              									Lederschnur eine Milchzentrifuge von der her antreibt.
                           Auch wenn von diesem Motor aus ein Riemen senkrecht aufwärts gerichtet wäre, würde
                              									dieser durch das Motorgewicht mit nahezu derselben Kraft gespannt werden wie der
                              									wagerecht verlaufende. Um nun auch für alle Zwischenstellungen geeignete
                              									Verhältnisse zu bekommen, benutzt man gewöhnlich Federn, die nach Bedarf das
                              									Motorgewicht verstärken oder ihm entgegenwirken.
                           In jedem Falle sind aber solche selbsttätig sich einstellende Spannvorrichtungen
                              									vorzuziehen jenen, bei denen der Motor nur von Hand, mittels Schrauben usw.
                              									verstellt werden kann, um dann aber wieder auf seinem Fundamente bezw. seinen
                              									Gleitschienen fest angeschraubt zu werden, wie es der Antrieb einer Schnellpresse
                              									nach Fig. 11 zeigt. Hierbei ist stets eine grössere
                              									Riemenlänge erforderlich, um die nötige Elastizität zu gewähren.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 344
                              Fig. 12. Elektromotor auf vierräderigem Wagen für landwirtschaftlichen Betrieb
                                 										mit sehr langen Riemen.
                              
                           Eine der ursprünglichsten Anordnungen dieser Art ist in Fig. 12 dargestellt; hier steht der Motor auf einem kleinen vierrädrigen
                              									Wagen und treibt mittels eines langen Riemens eine Vorgelegewelle, die aussen an
                              									einem landwirtschaftlichen Gebäude angebracht ist. Solche Anordnungen sind übrigens
                              									schon lange vor Einführung des elektrischen Betriebes üblich gewesen bei der
                              									Verwendung von Lokomobilen zum Antriebe von Dreschmaschinen usw. in der
                              									Landwirtschaft. Der Abstand zwischen der treibenden und der getriebenen Achse kann
                              									hierbei wegen der Ortsbeweglichkeit der Maschinen oder wenigstens einer von beiden
                              									leicht der Riemenlänge angepasst werden, um eine geeignete Anspannung zu erzielen.
                              									Eine sehr genaue Einstellung bezw. Nachstellung ist dabei übrigens deshalb nicht
                              									erforderlich, weil die Riemen meist wagerecht verlaufen und vermöge ihrer grossen
                              									Länge entsprechend durchhängen, um auf diese Weise mit ziemlich gleichmässiger Kraft
                              									angespannt zu werden.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)