| Titel: | Ueber neuere Riemengetriebe. | 
| Autor: | Rudolf Hundhausen | 
| Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 436 | 
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                        Ueber neuere Riemengetriebe.
                        Von Rudolf Hundhausen,
                           								Berlin-Halensee.
                        (Schluss von S. 410 d. Bd.)
                        Ueber neuere Riemengetriebe.
                        
                     
                        
                           Zum Schlusse sei nochmals darauf hingewiesen, dass die moderne Maschinentechnik,
                              									wie auf anderen Gebieten, so namentlich auch bei den Triebwerksanlagen
                              									(Transmissionen) eine gewisse Verfeinerung durchmacht, die besonders den Zweck
                              									verfolgt, alle unnötigen Kosten zu vermeiden eine möglichst günstige Nutzwirkung zu
                              									erzielen.
                           Die von der Berlin-Anhaltischen
                                 										Maschinenbau-Aktien-Gesellschaft herausgegebene „Anleitung zur Einrichtung und Instandhaltung von
                                    											Triebwerken“ sagt darüber (S. 2):
                           
                              „Es muss daher immer wieder darauf aufmerksam gemacht werden – und dies kann gar
                                 										nicht genug geschehen –, dass sich Ersparnisse nicht allein bei Maschinen und
                                 										Kesseln, sondern auch bei Triebwerken erzielen lassen und zwar meist bedeutend
                                 										höhere, als man gewöhnlich anzunehmen pflegt. Schlecht ausgeführte und schlecht
                                 										bediente Triebwerke verursachen häufige Betriebsstörungen, welche Unkosten und
                                 										viel Aerger herbeiführen. Sie geben ferner Anlass zu vielen Ausbesserungen, die
                                 										zumeist besondere Arbeitskräfte mit besonderer kleiner Werkstätte erfordern. Sie
                                 										verbrauchen ausserordentlich viel Kraft, also Kohlen und eine grosse Menge
                                 										Schmiermaterial. Endlich auch erfordert ein solches Triebwerk einen grossen
                                 										Aufwand an persönlicher Willensstärke, da man durch alle Schwierigkeiten
                                 										hindurch Herr der Fabrikation bleiben möchte.
                              
                           
                              Bei Anlagen in der Kleinindustrie, bei welchen nur mit wenigen Pferdestärken
                                 										gearbeitet wird, kommt es häufig vor, dass der grösste Teil der vom Motor
                                 										geleisteten Arbeit auf Bewegung der Wellenleitung aufgewendet wird und dass die
                                 										Freude des Besitzers sich in dankbaren Briefen äussert, wenn nach Einbau einer
                                 										neuen Kraftleitung sich die Leistung erhöht und die Geldausgabe vermindert
                                 										hat.
                              
                           Die Sparsamkeit im maschinellen Betriebe spielt eine so grosse Rolle, dass es
                                 										unbedingt geboten ist, diesem bisher vernachlässigten Teile einer Fabrik
                                 										grössere Sorgfalt zuzuwenden“.
                           Ueber „Riementriebe“ besonders sagt die
                              									vorerwähnte „Anleitung“ (S. 20):
                           
                              „Die Anwendung der Riemen für grosse Kräfte hat sich bisher noch nicht genügend
                                 										eingebürgert; es fehlt offenbar noch an der Erkenntnis der grossen Vorteile,
                                 										welche man mit leicht gespannten, schnell laufendenBeachtenswert ist auch die Bemerkung auf
                                       												S. 23: „Die Riemengeschwindigkeit wählt man mit Vorteil zu 25 m in
                                          													der Sekunde, doch findet man leider zu häufig 10 bis 15 m
                                          													angewendet. Die Geschwindigkeit von 30 m in der Sekunde ist nicht zu
                                          													überschreiten, da alsdann die Fliehkraft die Scheibe gefährden und
                                          													die Uebertragungsfähigkeit des Riemens zu stark beeinflussen
                                          													würde.“Bei dem weiter unten besprochenen „Lenix“ (Eig. 41) verringerte
                                       													Zuppinger in einem Beispiele die
                                       												Riemengeschwindigkeit von 11,40 auf 6,45 m, was nach Obigem nicht als
                                       												Verbesserung erscheinen kann. Riemen erzielt.
                              
                           
                              Es unterliegt keinem Zweifel, dass nach den jetzigen Erfahrungen der Riementrieb
                                 										auch für die bedeutendsten Kräfte vorteilhaft ist. Es kann daher die Verwendung
                                 										von Riemen nicht genug empfohlen werden.“
                              
                           Alsdann wird aber unter anderen sehr bemerkenswerten Mitteilungen und Hinweisen
                              									eigentlich nur der wagerecht verlaufende Riementrieb mit möglichst grossem
                              									Achsenabstand in Betracht gezogen (vergl. Fig.
                                 										12), indem es heisst (S. 21):
                           
                              „Das Verhältnis der Scheiben zueinander sei nicht kleiner 1 : 5. Die Entfernung
                                 										derselben sei für Riemen unter 100 mm Breite 4 m, für breitere Riemen mehr, bis
                                 										zu 9 m von Mitte bis Mitte gemessen.
                              
                           
                              Der untere Riemen soll stets der treibende sein. Alsdann wird wegen des
                                 										Riemendurchhängens ein grösserer Scheibenbogen umspannt und die
                                 										Raumbeanspruchung wird möglichst vermindert. Kleine Riemen hängen auf der
                                 										schlaffen Strecke 50 bis 100 mm, breitere 100 bis 200 durch. Bei kurzen
                                 										Entfernungen ist das Gewicht des durchhängenden Riemenstückes nicht ausreichend,
                                 										um die für die Kraftwirkung erforderliche Spannung zu erzeugen; alsdann
                                 										entstehen laufende Betriebsschwierigkeiten; denn bei einer geringen Längung
                                 										zieht der Riemen nicht mehr durch und um die Längung und das immer
                                 										wiederkehrende lästige, störende und zeitraubende Nachspannen zu vermeiden, wird
                                 										er möglichst straff gezogen, worauf dann das Oel in den Lagern weggepresst wird
                                 										und diese dadurch zum Warmlaufen und Fressen gebracht werden. Diese Uebelstände
                                 										bei kurzen Riemen werden am besten durch Anwendung von Spannrollen, welche
                                 										leicht angestellt werden können, vermieden.“
                              
                           Dieses höchst beachtenswerte Urteil der grössten Triebwerksfabrik Deutschlands wie
                              									Europas bestätigt völlig die Ausführungen des vorliegenden Aufsatzes, nur dass es
                              									die selbsttätige Nachstellbarkeit der Spannrollen oder
                              									anderer Einrichtungen noch ganz unberücksichtigt lässt, obwohl diese doch, wie im
                              									Vorstehenden nachgewiesen wurde, eine ausserordentlich wichtige Bedeutung hat; für
                              									wagerechte Riementriebe von genügender Länge ergibt sich jenes Bedingnis freilich
                              									von selbst, auch ohne Spannrollen usw. durch das Gewicht des in entsprechendem Bogen
                              									durchhängenden Riementrums.
                           Wenn auch bei Triebwerken im allgemeinen die Nachstellung der Riemen durch
                              									Veränderung der Achsen-Entfernung wie bei Elektromotoren nicht zu erzielen ist, so
                              									lässt sich doch für sie unter Anwendung von Spannrollen ohne weiteres die
                              									selbsttätige, durch Federn oder Gewichte betätigte Nachstellbarkeit erzielen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 436
                              Fig. 41. Elektromotor mit Spannrolle „System Lenix“. Vertikaler
                                 										Riementrieb für geringen Achsenabstand u. gross Uebersetzungsverhältnis.
                              
                           In vorzüglicher Weise ist von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht worden bei dem
                              									Riementrieb „System Lenix“, worüber
                              									Zivilingenieur W. Zuppinger in Turin kürzlich eine
                              									recht verdienstvolle Abhandlung veröffentlicht hat in der „Schweizerischen Bauzeitung“ (Bd.
                              									XLV No. 15) unter dem Titel: „Antrieb durch elektrische
                                    											Motoren im Fabrikbetriebe“. Es sei hier nur, um den Leser mit
                              									dieser neuen Anordnung bekannt zu machen, in Fig. 41
                              									das Schema derselben wiedergegeben und dazu bemerkt, dass zur Zeit die sämtlichen 28
                              									Motoren einer Fabrik in der Nähe von Turin mit Leistungen von 6 bis 150
                              									Pferdestärken (zusammen 500 PS) nach diesem System ausgeführt werden. „Dasselbe
                                 										erlaubt neben kürzester Achsendistanz und grösster Reduktion der Geschwindigkeit
                                 										die Anwendung sowohl von wagerechtem, wie von schrägem oder senkrechtem Riementrieb. Letzterer gibt bekanntlich
                                 										bei gewöhnlichem Riementrieb viel Anlass zu Betriebsstörungen, weil sich der
                                 										Riemen bei Verlängerung von der unteren Scheibe abtrennt und schleift; um
                                 										letzteres zu verhüten, muss ein solcher Riemen eben übermässig gespannt werden.
                                 										Die Fig. 41 zeigt dagegen einen senkrechten
                                 										Riementrieb mit „Lenix“, mit minimaler Spannung ohne Rutschen und für
                                 										eine Uebersetzung von 1 : 12. Daneben nützt man durch senkrechten Antrieb eines
                                 										elektrischen Motors den Raum am besten aus und hemmt keine Passage; der Motor
                                 										lässt sich am vorteilhaftesten unten auf dem Fussboden oder besser auf einem
                                 										niederen Sockel aufstellen und ist deshalb leicht zu beaufsichtigen und zu
                                 										bedienen.“
                           Ausser der hier wörtlich wiedergegebenen Erklärung sei nur kurz erwähnt, dass Zuppinger rechnerisch ein Beispiel durchführt, woraus
                              									sich ein recht günstiges Resultat für den „Lenix“ ergibt: Durch den erheblich
                              									vergrösserten Umschlagwinkel der kleinen (Motor-) Scheibe wird das Verhältnis der
                              									Zugspannungen T : t im ziehenden und im schlaffen Trum
                              									etwa auf die Hälfte verringert, so dass die Reibungsarbeit in den Lagern bedeutend
                              									verkleinert wird. Irrtümlicherweise ist aber vernachlässigt die Zapfenreibung der
                              									Spannrolle s, indem von dem Druck P2, welcher sich aus
                              									der Spannung t des schlaffen Trumes ergibt (vergl. Fig. 42), gesagt wird: „Dieser Druck wird durch
                                 										das Gegengewicht Q – ‚aufgehoben‛ –, so dass
                                 										sozusagen keine Zapfenreibung an der Rolle auftritt.“
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 437
                              Fig. 42. Kräfteplan für den „Lenix“ nach Fig. 41: Lagerdrücke P1 für die Achse des Motors, P2 für den Zapfen der Spannrolle.
                              
                           
                              
                              Fig. 42 enthält übrigens eine Berichtigung des
                                 										Originals (Abb. 8), in welchem für das Kräfteparallelogramm der Motorachse
                                 										irrtümlich die Richtung von T in der umgekehrten,
                                 										nämlich in der Laufrichtung des Riemens, angenommen war, während die Zugkraft
                                 										des Riemens T ja dieser entgegengesetzt gerichtet
                                 										ist.
                              
                           In dieser unklaren und missverständlichen DarstellungFig. 42
                                    											enthält übrigens eine Berichtigung des Originals (Abb. 8), in welchem für
                                    											das Kräfteparallelogramm der Motorachse irrtümlich die Richtung von T in der umgekehrten, nämlich in der
                                    											Laufrichtung des Riemens, angenommen war, während die Zugkraft des Riemens
                                    												T ja dieser entgegengesetzt gerichtet
                                    											ist.
                              									ist offenbar ein nicht ganz unbedeutender Fehler enthalten, da die
                              									Reibungsverluste, welche durch die Spannrolle i verursacht werden, wohl nicht zu
                              									unterschätzen sind, zumal diese Rolle sehr klein zu halten ist und daher sowohl eine
                              									hohe Umlaufsgeschwindigkeit haben muss, als auch den Riemen sehr stark biegend
                              									beansprucht.
                           Es sei übrigens auf die ähnlichen Riementriebe nach Reuleauxs „Konstrukteur“ (IV. Aufl.) S. 756 hingewiesen,
                              									insbesondere auf die in Fig. 43b und 43c (nach Fig. 844) wiedergegebenen Riementriebe für
                              									starke Uebersetzungen, wobei die Leitrolle C, die
                              									zugleich als Spannrolle dienen kann, so gross ist als die Triebrolle A: ersterer Mechanismus wurde von Eckert benutzt zum Betriebe der Trommel an
                              									Dreschmaschinen; letzterer, aus zwei Riementrieben der vorigen Art zusammengesetzt,
                              									wurde von Weaver bei Sägen angewandt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 437
                              Fig. 43. Aeltere Riemengetriebe mit Spannrollen (C), insbesondere für grosse
                                 										Umschlingung der kleinen Treibrolle (B) bei starken Uebersetzungen.
                              
                           Zuppinger sagt in seinem Bericht, er habe die Wahl
                              									gehabt unter folgenden Reduktionssystemen:
                           1. Gewöhnlicher Riementrieb mit Vorgelegen; 2. Grissongetriebe; 3. Zentratorkupplung von Welter,
                                 										Elektrizitäts- und Hebezeuge- Werke Aktiengesellschaft in Köln; 4.
                              									Reduktionskupplung von Paul Heuer in Leipzig und 5.
                              									Riementrieb „System Lenix“.
                           Er fährt dann fort: „Ich setze die Systeme 2, 3 und 4 als bekannt voraus; es sind
                                 										alles mehr oder weniger komplizierte Rädermechanismen, die ich nicht verdammen
                                 										will, die mir aber doch nicht das nötige Zutrauen für einen absolut sicheren,
                                 										reparaturfreien Betrieb und für ruhigen und geräuschlosen GangAuf diesen Punkt sollte noch viel grössere
                                       												Aufmerksamkeit gewandt werden. Mir ist eine im übrigen geradezu
                                       												mustergültige neue Maschinenfabrikanlage bekannt, in welcher fünf
                                       												Hauptwellen durch je einen 22-pferdigen Elektromotor mit
                                       												Zahnrädervorgelege angetrieben werden. Obwohl letztere von einer ersten
                                       												Spezialfabrik geliefert, der Triebling aus Rohhaut und das grosse
                                       												Zahnrad aus Gusseisen sauber gefräst wurden, so verursachen diese
                                       												Getriebe doch einen betäubenden Lärm und bedürfen wegen starker
                                       												Abnutzung häufigen Ersatzes. Im vorliegenden Falle handelt es sich um
                                       												parallele Achsen, also um Stirnräder. Schlimmer noch wird die Sache bei
                                       												konischen und bei Schraubenrädern, die sich ebenfalls durch Riementriebe
                                       												ersetzen lassen, wie die beistehende Figur zeigt. Von der Rolle A aus werden mit einem Riemen zwei
                                       												parallele Wellen getrieben, von denen die eine B rechtwinklig schneidend, die andere C desgleichen geschränkt zu A
                                       												liegt (Reuleauxs „Konstrukteur“,
                                       												Fig. 859).Textabbildung Bd. 320, S. 437Die oben erwähnte Schrift der Berlin-Anhaltischen
                                          													Maschinenfabrik sagt darüber: „Riemenleiter wendet man
                                          													überall an, wo grosse Umdrehungsgeschwindigkeiten vorkommen und die
                                          													Kraft von einer Welle auf eine andere übertragen werden soll, welche
                                          													in irgend einem Winkel zur ersteren liegt. Auch wenn die Lage und
                                          													Geschwindigkeit der Wellen die Anwendung von Zahnrädern
                                          													zulässt, pflegt man doch Winkelriementriebe zu bevorzugen, um das Geräusch, welches auch
                                             														bestausgeführte Räder verursachen, zu vermeiden; ferner um
                                          													den Kraftverlust zu verringern und endlich auch um die Anordnung zu
                                          													vereinfachen, da die Benutzung von Leitrollen einen grossen
                                          													Spielraum in der Entfernung und in der Lage der Wellen zueinander
                                          													gewährt.“ einflössten. Dagegen schien mir das System
                                 											„Lenix“ mit Riemen in ernstliche Erwägung gezogen werden zu sollen,
                                 										um so mehr, als ich an einer ausgeführten Anlage bereits dessen praktische
                                 										Vorteile kennen gelernt hatte. Obwohl dieses System schon auf der
                                 										Weltausstellung 1900 in Paris vorgeführt war, ist es merkwürdigerweise erst in
                                 										neuerer Zeit zur Geltung gekommen und auch heute noch vielen Fachleuten
                                 
                                 										unbekannt. Ich glaube daher etlichen von ihnen einen Dienst zu erweisen, wenn
                                 										ich in folgendem dieses System näher beleuchte.“
                           Der Verfasser wollte die sich ihm hier bietende Gelegenheit nicht verabsäumen,
                              									ebenfalls auf den sogen. „Lenix“ (Fig. 41)
                              									hinzuweisen, um so mehr, als er einen überaus willkommenen Beweis bietet für die an
                              									zahlreichen Beispielen von ihm erläuterte Wichtigkeit der selbsttätigen Nachstellung bei Riementrieben.
                           Diese Selbsttätigkeit beim „Lenix“ ist auch für
                              									die oben berührte Frage der Zapfenreibung bei der Spannrolle s von massgebender Bedeutung, insofern, als der Druck P2 (Fig. 42) stets durch das Gewicht Q begrenzt wird, also von der Kraft unabhängig ist, die
                              									man beim Nachstellen der Spannrollen von Hand (vergl. auch Fig. 12, 22 und 23) anwenden kann.
                           Ein sehr hübsches und anschauliches Beispiel eines Seiltriebes mit belasteter
                              									Spannrolle zeigt übrigens die aus Reuleauxs
                              										„Kinematik II“, S. 181 entnommene Fig.
                                 									44: von den Rillenscheiben aa eines
                              									Deckenvorgeleges aus wird bei c ein verstellbares
                              									Bohrwerkzeug angetrieben durch ein über Leitrollen a1 und Spannrollen a2 geführtes Seil, dessen Länge durch die in dem
                              									hängenden Trum angeordnete gewichtsbelastete Spannrolle nach Bedarf ausgeglichen
                              									wird.
                           Etwas anderes als diese Spannrolle ist auch die des „Lenix“ nicht, welche ganz richtig als „Enrouleur“ bezeichnet wird, da sie die je nach der Belastung
                              									des ziehenden Trums und nach der Streckung des Riemens sich ändernde Länge der
                              									Schleife gewissermassen „aufwickelt“.
                           Dass hierbei der Umschlagwinkel etwas vergrössert wird, wenn die durch den Riemen
                              									übertragene Kraft zunimmt, ist ein günstiger Umstand, auf den aber deswegen weiter
                              									kein Wert zu legen ist, weil für die grösste Beanspruchung das Belastungsgewicht
                              									ausreichen muss, weil dieses bei geringerer Beanspruchung sich nicht etwa
                              									entsprechend verringert und weil auch die dann eintretende Verkleinerung des
                              									Umschlagwinkels ganz ohne Einfluss auf die Nutzwirkung des Riementriebes bleibt.
                           Zuppinger vergleicht noch mit dem „System Lenix“
                              									„eine gewöhnliche Spannrolle, wie sie an Orten gebräuchlich ist, wo kurze Distanz
                                 										und senkrechte Lage des Riemens zur Anbringung einer solchen zwingen“
                              									(vergl. Fig. 43a), und sagt darüber: „Leider
                                 										findet man solche Spannrollen selten mit dem nötigen Verständnis angewandt,
                                 										weshalb sie ziemlich in Misskredit gekommen sind. Wenn sie aber rationell
                                 										ausgeführt sind und gute und gut geleimte Lederriemen verwendet werden, so liegt
                                 										kein Grund vor, dass sie nicht zur Zufriedenheit gehen sollen.“
                           Eine Hauptbedingung ist die grösste Gleichmässigkeit und Schmiegsamkeit des Riemens,
                              									wie auch Reuleaux zu den Fig.
                                 										43b und 43c bemerkt:
                           
                              
                              „In beiden Fällen muss der Riemen glattläufig sein, d.h. darf kein vorspringendes
                                 										Schloss haben.“
                              
                           Endlich erörtert Zuppinger noch den Kostenpunkt und die Patentansprüche bezüglich des „Enrouleurs
                                    											Lenix“, welcher von dem französischen Kapitän Leneveu auf Grund langjähriger Studien und Proben
                              									erfunden und ihm angeblich in allen Industriestaaten patentiert wurde und zu dessen
                              									Ausbeutung sich in Paris eine Gesellschaft gebildet hat (5 Rue Fénelon).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 438
                              Fig. 44. Dehnbarer Seiltrieb von Lane und Bodley mit belasteter
                                 										Spannrolle.
                              
                           Hinsichtlich des Kostenpunktes sagt er, die „Compagnie
                                    											Universelle des Transmissions Lenix“ berechne z.B. einen
                              										„Lenix“ für einen 15-pferdigen Motor franko Paris mit 450 Fr., das sei
                              									rund 12 Fr. f. d. kg oder ungefähr 33 v. H. vom Werte des Motors (!), während eine
                              									seiner Ansicht nach gleichwertige und infolge einer geringfügigen Aenderung nicht
                              									unter das Patent fallende, ähnliche Anordnung auf kaum den vierten Teil, d.h. etwa 8
                              									v. H. vom Werte des Motors, zu stehen komme. „Es ist schade, schliesst er, dass
                                 										diese Umstände nicht erlauben, das System Lenix
                                 										allgemein einzuführen, wie es dies verdienen würde“.
                           Beachtenswert ist bei demselben die möglichst grosse Umschlingung der Riemscheibe und die selbsttätige Nachstellung der Spannrolle; in
                              									dieser Kombination dürfte vielleicht auch die Patentfähigkeit anzuerkennen sein,
                              									nicht aber in der Veränderlichkeit des Umschlagwinkels, die keinen Vorteil mit sich
                              
                              									bringt, wie oben nachgewiesen wurde. Von grossem praktischen Werte ist dagegen die
                              									Veränderlichkeit der Belastung der Spannrolle, worüber Zuppinger sagt:
                           „Ich habe ferner die Beobachtung gemacht, dass, wenn einmal ein Riemen gehörig
                                 										eingelaufen und geschmeidig geworden ist (es sind natürlich immer nur einfache,
                                 										geleimte und dünne Riemen zu verwenden), man das Gegengewicht Q bedeutend verringern oder oft sogar wegnehmen
                                 											kann.Dieselbe
                                       												Beobachtung macht man auch bei Kreisseiltrieben, deren Spannrollen nach
                                       												längerer Betriebszeit beträchtlich zu entlasten sind. Es
                                 										führt mich dies zu der Vermutung, dass die Spannung t in
                                 										Wirklichkeit bedeutend kleiner sei als obige Rechnung ergibt. Auch Leneveu gibt an, t
                                 										betrage kaum \frac{1}{10}\,T anstatt \frac{1}{3,6}\,T nach den üblichen Formeln.
                                 										Gewiss wäre es eine höchst dankbare Aufgabe für ein technisches
                                 										Versuchslaboratorium, die uns von altersher überlieferten Formeln und
                                 										Koeffizienten einer Kontrolle zu unterziehen“.
                           Letztere Anregung erscheint in hohem Grade beherzigenswert, da die Beurteilung der
                              									verschiedenen Uebertragungsmechanismen jetzt wohl vielfach vorwiegend Ansichtssache
                              									ist, und da namentlich gegen die Anwendung von Riemengetrieben gewiss nachteilig
                              									gewirkt hat die bisherige, immer noch starke Vernachlässigung der Aufgabe, „den Riemen ganz angemessen anzuspannen, nicht zu wenig,
                                    											aber auch nicht zu viel“, von der wir in der Einleitung
                              									ausgingen.
                           Als Endergebnis dieser Betrachtungen müssen wir nun feststellen, dass die ganze Frage
                              									darauf hinausläuft: Selbsttätigkeit der Nachstellung
                              									ist Grundbedingung für eine vollkommene Lösung der Aufgabe. Die Spannung hängt
                              									nämlich ab einerseits von der Länge des Riemens und anderseits von der Entfernung
                              									der Achsen bezw. von der Summe der Längen des berührten Umfanges der Riemscheiben
                              									und der Verbindungstangenten; wenn aber letzteres Mass sich nicht vergrössert um
                              									ebensoviel, als das ziehende Riementrum sich dehnt bei verstärkter Beanspruchung und
                              									als der ganze Riemen sich verlängert durch dauernde Streckung, dann muss das
                              									Verhältnis von t : T sich
                              									derart ändern, dass keine Mitnahme mehr erfolgen würde, wenn sein Wert nicht von
                              									Haus aus umsoviel grösser gewesen wäre, dass auch nachher noch ein genügender Rest
                              									bliebe.
                           Der Unterschied also Wird gewissermassen als Vorrat in die elastische Dehnbarkeit des
                              									Riemens hineingelegt, wodurch aber eine ungeheure Ueberlastung bedingt wird, während
                              									diese fortfällt, wenn man anstatt den Riemen übermässig
                              									zu spannen, Federn oder Gewichte für diesen Zweck
                              									benutzt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 439
                              Fig. 45. Reuleauxs doppeltwirkender Riementrieb mit verdoppeltem
                                 										Umfassungswinkel.
                              
                           In dieser Richtung also sind allein Vervollkommnungen des Riementriebes zu erzielen.
                              									Bemerkenswert ist dabei allerdings auch noch das Streben, den Umschlingungswinkel
                              									möglichst zu vergrössern, wie es vom „Lenix“ in der beschriebenen Weise
                              									erreicht wird, wofür aber auch andere Anordnungen geeignet sind wie z.B. die von Reuleaux angegebene nach Fig.
                                 										45 (vergl. Konstrukteur, IV. Aufl., S. 762). Dabei wird „das ablaufende
                                 										(schlaffe) Riementrum durch Leitrollen C1 oder C2 ein zweites Mal auf die Treibrolle geführt,
                                 										wodurch eine reichliche Verdoppelung des Umfassungswinkels erzielt und der
                                 										Reibungsmodul entsprechend gesteigert wird. Man kann diesen Riementrieb einen
                                 										doppeltwirkenden nennen. Der Riemenquerschnitt kann bei ihm auf 6/10 des für
                                 										die einfache Wirkung erforderlichen Masses gebracht und daher trotz der
                                 										grösseren Riemenlänge eine Ersparnis erzielt werden. Eine der Leitrollen kann
                                 										als Nachspannrolle dienen“.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 439
                              Fig. 46. Amsler-Laffonsches Dynamometer mit Stahldraht-Schraubenfedern als
                                 										Treibriemen.
                              
                           Gegenüber dem „Lenix“ (Fig. 41) und den
                              									Anordnungen nach Fig. 43b und 43c bietet dieser Riementrieb noch den Vorteil, dass
                              									der Riemen dabei nur einseitig gekrümmt wird, also nicht „glattläufig“ zu
                              									sein braucht.
                           Als Nachtrag zu den obigen Erörterungen sei nun noch ein merkwürdiges Riemengetriebe
                              									besprochen, das als solches freilich nicht in dem bisherigen Sinne gelten kann. Die
                              									Dehnbarkeit der Leder-, Baumwoll- und sonstigen Treibriemen erwies sich nämlich als
                              									eine unerwünschte Eigentümlichkeit, mit der man sich durch Nachstellvorrichtungen
                              									mancherlei Art abfinden musste; die Treibriemenfabriken sind bestrebt, ihre
                              									Erzeugnisse durch geeignete Bearbeitung so herzustellen, dass die nachträgliche
                              									Streckung im Betriebe möglichst ganz vermieden werden möchte; ebenso hat man
                              									versucht, die Länge von Treibriemen – namentlich bei Motorfahrrädern – dadurch
                              									unveränderlich zu machen, dass man den der Anhaftung wegen beizubehaltenden
                              									Lederstreifen mit einem aussen um ihn herumgelegten Stahlbande zu einem Stücke durch
                              									Nieten innig verband.
                           Gerade das Entgegengesetzte ist nun bei dem Treibriemen geschehen, der in dem
                              									Kraftmesser von J. Amsler-Laffon & Sohn in Schaffhausen zur Verwendung gelangt. Fig. 46 zeigt denselben mit einer
                              									Registriervorrichtung, welche die durch das Getriebe von einer Achse zur anderen
                              									übertragene Kraft (bezw. das Drehmoment) fortlaufend aufzeichnet in einer Kurve, aus
                              									der sich die geleistete Arbeit ermitteln lässt.
                           Ohne auf die Theorie dieses Messverfahrens hier näher eingehen zu wollen, sei nur das
                              									Prinzip desselben, soweit es uns nach den vorangegangenen Betrachtungen interessieren kann, kurz
                              									besprochen.
                           Bei dem „Lenix“ (Fig. 41) wurde bemerkt, dass
                              									die selbsttätig verstellbare Spannrolle s in gewissem
                              									Sinne zutreffend als „Enrouleur“, d.h. als „Aufwickler“ bezeichnet wurde; sie bewirkt
                              									nämlich (abgesehen von einer Vergrösserung des Umschlingungsbogens der kleinen
                              									Scheibe) eine Gleichhaltung der Spannung t im schlaffen
                              									Riementrum, dadurch, dass sie dieses bei eintretender Verlängerung in entsprechend
                              									vergrösserter Schleife aufnimmt, d.h. es mehr oder weniger aufwickelt.
                           Wenn dies nämlich nicht geschähe, so würde jede infolge vergrösserter
                              									Kraftübertragung eintretende Verlängerung des ziehenden Riementrums gleichbedeutend
                              									sein mit einer Verlängerung des ganzen Riemens, also auch mit einer Verlängerung des
                              									schlaffen Riementrums, welches somit entspannt würde und wiederum eine Entspannung
                              									der die Scheiben umfassenden Trume verursachen, also ein Gleiten des Riemens
                              									veranlassen müsste. Dieses Gleiten würde sich äussern in einer vergrösserten
                              									Schlipfung, die bis zum völligen Versagen der Bewegungsübertragung sich vergrössern
                              									könnte, wenn das Verhältnis zwischen der zu übertragenden Kraft und der Spannung des
                              									Riemens entsprechend gross wird.
                           Dieses Verhältnis nun lässt sich bei dem Amslerschen
                              									Triebspiralen-Dynamometer leicht dadurch in angemessener Grösse einstellen, dass man
                              									von den dreizehn einzelnen Treibschnüren, aus welchen der Riemen zusammengesetzt
                              									ist, eine grössere oder kleinere Anzahl fortnimmt, so dass die zurückbleibenden eine
                              									für die vorliegenden Messzwecke geeignete Schlipfung bedingen.
                           Aus der letzteren also, d.h. aus dem Verhältnisse der Umlaufzahlen der treibenden und
                              									der getriebenen Scheibe (bezw, ihrer Differenz) lässt sich nun die übertragene Kraft
                              									bestimmen, was durch Ablesung eines Zählwerkes mit doppeltem Antriebe oder durch
                              									eine entsprechende Registriervorrichtung geschieht.
                           Die Treibschnüre bestehen aus Stahldraht- (Spiralen oder richtiger)
                              									Schraubenfedern, die an ihren Enden durch Oesen miteinander verbunden sind. Um eine
                              									bessere Anhaftung derselben auf den Scheiben zu erzielen, sind letztere mit
                              									Baumwollgurte überzogen, wie die Figur an der hinteren Scheibe erkennen lässt.
                           Genau dasselbe Verhältnis wie beim Amslerschen
                              									Arbeitsmesser liegt nun bei allen Riemengetrieben vor, die der wechselnden
                              									Riemenlänge nicht durch eine selbsttätige Nachstellung Rechnung tragen:
                           Vergrösserte Belastung des ziehenden Trums bewirkt eine Verlängerung auch des
                              									schlaffen Trums, also eine Verringerung seiner Spannung t.
                           Um diese nun oberhalb einer gewissen Minimalgrenze zu halten, muss die Länge des
                              									Riemens um soviel kleiner und die Spannung t um soviel
                              									grösser gehalten werden von Haus aus, dass nach dem Eintreten jener Veränderungen
                              									die Kraft t noch ausreichend gross bleibt. Bei
                              
                              									verringerter Belastung ist sie infolgedessen entsprechend grösser, während sie
                              									entsprechend kleiner sein sollte.
                           Diesen Widersinn zu beseitigen, ist das Endziel aller auf Vervollkommnung der
                              									Riementriebe gerichteten Bestrebungen. Unerlässlich ist dafür die selbsttätige Einstellung, wie sie in den Anordnungen
                              									des vorliegenden Aufsatzes nach Fig. 4 bis 10, 13 bis 21, 23 bis 27, 29 bis 33, 36 bis 40, wie auch beim „Lenix“ (Fig. 41) zur Geltung gekommen ist.
                           Eingehendere Mitteilungen über das letztere Getriebe zu bringen, behält sich der
                              									Verfasser vor. Je nach den besonderen Verhältnissen wird die eine oder andere
                              									Anordnung zu bevorzugen sein. Die Selbsttätigkeit der Nachstellung gewährt bei
                              									beiden jedenfalls wesentliche Vorteile.
                           Möchten die obigen Darlegungen dazu dienen, die Vervollkommnung der so ungemein
                              									wichtigen Riemengetriebe und eine entsprechend ausgedehntere Anwendung derselben
                              									anregen und fördern zu helfen.