| Titel: | Neuerungen auf dem Gebiete der Wellentelegraphie. | 
| Autor: | Adolf Prasch | 
| Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 444 | 
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                        Neuerungen auf dem Gebiete der
                           								Wellentelegraphie.
                        Von Ing. Adolf Prasch,
                           								Wien.
                        (Fortsetzung von S. 427 d. Bd.)
                        Neuerungen auf dem Gebiete der Wellentelegraphie.
                        
                     
                        
                           Fessendens Sendereinrichtung zur Ablenkung und Führung
                                 										der erzeugten Wellen längs der Erdoberfläche. Die Abweichung dieser
                              									Anordnung gegenüber anderen Einrichtungen besteht darin, dass die eine Funkenkugel
                              									statt unmittelbar mit der Erde mit einem Metallkonus K
                              										(Fig. 33) verbunden ist, während die andere
                              									Funkenkugel statt mit einem senkrechten mit einem wagerechten Draht h von der Länge des Durchmessers der Basis des Konus in
                              									Verbindung steht. Der Konus ist geerdet und besteht entweder aus einem Metallblatt
                              									oder einem Netz von Drähten. Durch diese Anordnung erhält der eigentliche
                              									Wellenstrahler nicht nur eine grosse Kapazität, sondern es sollen auch die Wellen in
                              									der Richtung des wagerechten Drahtes längs der Erdoberfläche zum Weiterwandern
                              									gezwungen werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 444
                              Fig. 33.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 444
                              Fig. 34.
                              
                           Fessendens Einrichtung zur Erzielung hochfrequenter
                                 										Schwingungen unter Anwendung einer mit einer Dampfturbine unmittelbar
                                 										gekoppelten Wechselstrommaschine. In Fig.
                                 										34 stellt D die Dampfturbine, G den Wechselstromgenerator und T einen Transformator für Spannungserhöhung dar. Die Spannung der
                              									Sekundären dieses Transformators ladet den Kondensator K und dieser entladet sich wieder über die Funkenstrecke f, so in dem Luftdrahte in der bekannten Weise
                              									elektrische Schwingungen hervorrufend. Durch die Anwendung einer Dampfturbine kann
                              									der Armatur des Generators eine so hohe Umfangsgeschwindigkeit erteilt werden, wie
                              									dies bei Anwendung einer Kolbenmaschine ohne zu grosse Uebersetzungsverluste niemals
                              
                              									möglich ist. So lassen sich mit der Dampfturbine 25000–30000 Umdrehungen in der
                              									Minute erzielen, wogegen die Zahl der Umdrehungen bei der Kolbenmaschine nicht über
                              									3000–4000 in der gleichen Zeit getrieben werden kann.
                           Dies ermöglicht es, die Abmessungen der Wechselstrommaschine, als welche eine solche
                              									mit drehenden Polen verwendet wird, möglichst klein zu machen und trotzdem eine
                              									grosse Zahl von Wechseln zu erhalten. Beträgt die Umfangsgeschwindigkeit der Armatur
                              									eines Generators von 0,6 m Durchmesser 16 km in der Minute, so lassen sich bei einer
                              									Weite der Polstücke von 2,5 mm 100000 Perioden oder 200000 Wechsel in der Sekunde
                              									erreichen. Um die gleiche Leistung mit einer Kolbenmaschine zu erhalten, müsste die
                              									Armatur des Generators bei gleicher Polweite einen Umfang von etwa 80 m
                              
                              									erhalten.
                           Abgesehen von der durchaus gleichmässigen Winkelgeschwindigkeit der Antriebsmaschine,
                              									wird es auch ermöglicht, die Zahl der Pole zu verringern und Störungen durch
                              									Resonanz hintanzuhalten. Die Einrichtung wird klein und kann transportabel gestaltet
                              									werden. Störungen durch mechanische Erschütterungen sollen nicht zu befürchten
                              									sein.
                           Fessendens Anordnung zu einer wahlweisen Telegraphie.
                              									Bei dieser neuen Anordnung stellt A (Fig. 35) die sendende, B
                              									die empfangende Station dar. In der Sendestation ist das eine Ende der sekundären
                              									Windung des Induktoriums J mit dem Luftdraht, das
                              									andere Ende mit der Erde verbunden. Der Luftdraht gabelt sich in zwei Drähte 1 und 2, welche eine
                              									verschiedene Eigenschwingungsperiode haben. In der Empfangsstation wird der
                              									Wellenanzeiger w nicht geerdet, sondern seine Enden
                              									stehen mit je einem von den zwei vorgesehenen Luftdrähten 3 und 4 in Verbindung. Diesen Luftdrähten
                              									sind Selbstinduktionen ll1: vorgeschaltet. Die Verbindung des Wellenanzeigers mit den
                              
                              									Empfangsapparaten erscheint nur angedeutet. Durch Aenderung der Selbstinduktionen
                              										l und l1 wird der Empfangsdraht 3 mit dem Sendedraht 1 und der Empfangsdraht
                              										4 mit dem Sendedraht 2 in Abstimmung gebracht, so
                              
                              									dass Draht 3 nur die von 1
                              									und Draht 4 nur die von Draht 2 entsendeten Wellen aufnehmen kann. Nehmen die Drähte 3 und 4 Wellen der
                              									gleichen Frequenz auf, so kann zwischen den beiden Enden des Wellenanzeigers keine
                              									Potentialdifferenz entstehen und dieser daher auch nicht ansprechen. Treffen jedoch
                              									die von der Sendestation entsendeten Wellen verschiedener Periode, welche der
                              									Eigenschwingungsperiode der Empfangsdrähte entsprechen, diese Drähte, dann tritt an
                              									den Enden des Wellenanzeigers eine Potentialdifferenz auf, durch welche er zum
                              									Ansprechen gebracht wird. Eine andere Station, welche nur Wellen einer Frequenz
                              									entsendet, wird daher diese Empfangsstation in keiner Weise zu beeinflussen
                              									vermögen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 445
                              Fig. 35.
                              
                           Das System der Strahlentelegraphie von Dr. Georg
                                 										Blochmann. Ueber dieses System der gerichteten Wellentelegraphie und dessen
                              									Vorteile wurde bereits S. 140 d. Bd. berichtet. Mittlerweile wurde jedoch näheres
                              									über die Art und Weise der Einrichtung bekannt, so dass ein Zurückkommen auf dieses
                              									System gerechtfertigt erscheint.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 445
                              Fig. 36.
                              
                           Die Erfindung stellt sich als eine praktische Anwendung der von Hertz nachgewiesenen Brechung der elektrischen Strahlen
                              									dar. Es erscheinen hier die Vorzüge des Heliographen auf die unsichtbaren Signale
                              									der Wellentelegraphie übertragen. Die Einrichtung besteht für jede Station aus einem
                              									Sende- und Empfangsapparat, die gesondert in einem Metallkasten eingeschlossen sind.
                              
                              									Die beiden Kästen sind (Fig. 36 und 37) übereinander angeordnet und zwangläufig so
                              									verbunden, dass jeder Kasten und die mit demselben verbundenen beweglichen Teile
                              									die Bewegung des anderen Kastens mitmachen müssen. L und L1
                              									stellen je eine Linse aus einem die Wellen brechenden Materiale, wie Harz, Wachs,
                              									Pech usw. dar. Diese Linsen verschliessen die einzige Oeffnung des zugehörigen
                              									Kastens und können demnach die im Inneren des Kastens I
                              									der Senderanordnung erzeugten elektrischen Wellen, da das Metallgehäuse
                              									undurchlässig ist, nur durch diese Linse in das Freie treten. Die Kammern sind
                              									ausreichend geräumig, um nicht nur alle für die Sendung bezw. den Empfang
                              									erforderlichen Einrichtungen aufzunehmen, sondern auch dem Telegraphisten das
                              									Arbeiten darin zu gestatten. Letzteres ist jedoch kein unbedingtes Erfordernis, die
                              
                              									Apparate lassen sich auch so anordnen, dass sie von aussen betätigt werden können.
                              									In I stellt nun B die zum
                              									Betriebe des Induktoriums J erforderliche
                              									Elektrizitätsquelle, Z den Zeichengeber, f den Unterbrecher und R'
                              									den Oszillator oder Radiator dar. Dieser Radiator ist gleichfalls von einem nur nach
                              									vorn (rechts) offenen Gehäuse umgeben, an welches sich das die Linse L1 tragende konische
                              									Metallrohr m anschliesst.
                           Die Kammer selbst ist um einen senkrechten Zapfen drehbar, so dass sie in der
                              									Wagerechten nach jeder Richtung verdreht werden kann. Ferner lässt sich der Radiator
                              									samt dem anschliessenden konischen Metallrohr mit Linse um eine wagerechte Achse
                              									verdrehen und zwar beträgt der Drehungswinkel gegen die Senkrechte 30 °. Durch die
                              									vereinigte Bewegung der Kammer und Linse ist es möglich, die Linse nach jeder
                              									Richtung einzustellen. Das gleiche Ergebnis lässt sich aber auch durch Aufhängen der
                              									Kammer in der Art und Weise wie bei Schiffskompassen oder durch die Anordnung wie
                              									bei den Drehtürmen der Schiffskanonen erreichen.
                           Die Empfangseinrichtung II hat die gleiche äussere Form
                              									wie I. Sie sind durch die beiden Hebel hh1 und die
                              									Verbindungsstange v (Fig.
                                 										37) für die senkrechte und durch eine entsprechende mechanische Anordnung
                              									für die wagerechte Drehung gekoppelt. Nach Lösung dieser Verbindungen kann jedoch
                              									jede Kammer für sich unabhängig von der anderen gerichtet werden. Bei dem Empfänger
                              									befindet sich an Stelle des Radiators im Brennpunkte der Linse L1 ein Fritter oder
                              									sonstiger Wellenanzeiger. Die weitere Anordnung besteht aus der Lokalbatterie B1, dem Relais R, dem Morseschreiber oder sonstigen Zeichennehmer M und der diesen betätigenden Batterie B2. Gelangt ein
                              									gewöhnlicher Fritter zur Benutzung, so muss auch ein in Fig. 36 nicht dargestellter Klopfer zum Entfritten vorhanden sein.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 445
                              Fig. 37.
                              
                           Um die Einstellung der Linsen zu erleichtern, werden kleine Fernrohre tt1, „Finder“
                              									genannt, mit den Hebeln hh1 (Fig. 37) in Verbindung gebracht. Wird die Empfang-
                              									bezw. Sendestelle mit dem Fernrohr aufgefunden, so ist auch der eigene Apparat auf
                              
                              									diese Stelle gerichtet. Mit Ausnahme sehr nebeligen Wetters wird sich dies, da eine
                              									Nachrichtenvermittlung auf grosse Entfernungen nicht beabsichtigt ist, fast
                              									regelmässig erreichen lassen.
                           Die Wirkung der Einrichtung erklärt sich nun einfach wie folgt: Die von dem
                              									Oszillator oder Radiator ausgehenden Strahlen, welche die Linse divergierend
                              									treffen, werden parallel gerichtet und in einem Strahlenbündel in den freien Raum
                              									entsendet. Treffen diese Strahlen die Linse der Empfangstelle, so werden sie
                              									konzentriert zu dem im Brennpunkte gelegenen Wellenanzeiger geleitet und bringen ihn
                              									zur Wirkung. Die aus der Optik bekannte und auch hier auftretende Streuung
                              									ermöglicht es, dass die Einstellung des Senders auf den Empfänger keine ganz genaue
                              									zu sein braucht. Dies ist besonders für die Schiffahrt von grosser Bedeutung, da das
                              									Einhalten der genauen Richtung zwischen zwei sich bewegenden Schiffen
                              									Schwierigkeiten bietet. Der Spielraum bleibt aber trotzdem nur ein geringer, da
                              									schon eine Ablenkung von wenigen Graden den Verkehr zur Unmöglichkeit macht.
                           Durch diese genaue Richtungsbestimmung ist eine Geheimhaltung der Nachrichten so
                              									ziemlich gewährleistet. Für den allgemeinen Verkehr eignet sich diese Einrichtung
                              									selbstredend nicht, doch kann sie mit einer der bereits bestehenden
                              									wellentelegraphischen Einrichtungen leicht und ohne jede Schwierigkeit in Verbindung
                              									gebracht werden.
                           Artoms System der gerichteten
                                 										Hellentelegraphie. Dem Erfinder dieses Systems, Professor Allesandro Artom, soll es mit einer besonderen
                              									Anordnung gelungen sein, die elektrischen Wellen in eine bestimmte Richtung zu
                              									lenken. Soviel bisher bekannt, verwendet er an Stelle gewöhnlicher Hertzscher Wellen zirkulär oder elliptisch polarisierte
                              									Wellen, wobei er die Polarisierung nicht durch Prismen aus Holz oder anderen
                              									dielektrischen Substanzen, welche einen bedeutenden Energieverlust bedingen würden,
                              									erzielt. Er benutzt für seine Zwecke eine Vereinigung zweier oszillatorischer
                              									Entladungen von verschiedener Phase und verschiedener Richtung, die in einfachster
                              									Weise durch drei oder vier Entladungskugeln erzeugt werden sollen. In den
                              									Primärkreis des verwendeten Induktoriums ist ein Wehnelt-Unterbrecher eingeschaltet. Die beiden Enden der Sekundärwicklung
                              									schliessen an zwei Funkenkugeln an, welchen gegenüber eine dritte so angeordnet ist,
                              									dass die drei Funkenkugeln ein gleichseitiges Dreieck bilden. Die dritte Kugel ist
                              									über eine Selbstinduktion und eine Kapazität mit einem Ende der Sekundärwicklung des
                              									Induktoriums verbunden. Es kann auch noch eine vierte Kugel hinzugefügt werden, die
                              									dann über eine Kapazität mit dem zweiten Wicklungsende in Verbindung steht. Der
                              									Luftdraht wird entweder unmittelbar oder über einen Transformator an die dritte oder
                              									mittlere Funkenkugel angeschlossen. Für die Empfangsstation soll es von Vorteil
                              									sein, dem Luftdraht eine kreisförmige Form zu geben und dessen Enden unmittelbar,
                              									also ohne Erdung, mit dem Fritter zu verbinden.
                           Diese unzureichenden Mitteilungen lassen wohl das Entstehen einer zirkulären
                              									Wellenpolarisation als wahrscheinlich annehmen, geben aber in keiner Weise eine
                              									Erklärung für die Lenkung der Wellen in eine bestimmte Richtung.
                           Lee de Forests praktische Winke für die Einrichtung von
                                 										Sonderstationen. Nach Lee de Forest wurde der
                              									Notwendigkeit, für Zwecke der Abstimmung in der Sendestation einen langen Zug
                              									schwach gedämpfter Wellen zu erzeugen, viel zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Die
                              									scharfe Abstimmung der Empfangsstation auf eine bestimmte Wellenlänge ist nicht
                              									zu erreichen, wenn der Sender für jede Kondensatorentladung nur drei oder vier
                              									Impulse ausstrahlt, weil in diesem Falle keine Resonanzwirkung auftreten kann.
                           Die Ursachen sind hier teilweise einer unvollkommenen Konstruktion und Anordnung der
                              									Kondensatoren und der Funkenstrecke, sowie der mangelhaften Isolation des
                              
                              									Sendedrahtes usw. zuzuschreiben.
                           Die rasche Dämpfung der Senderschwingungen findet ihre Ursache sowohl in den
                              									nützlichen und notwendigen Verlusten durch die Ausstrahlung, als auch in den durch
                              									Ableitung, Erwärmung, dielektrische Hysterisis usw. entstehenden schädlichen
                              									Verlusten. Wenn auch Ableitungen durch den Luftdraht nicht ganz vermieden werden
                              									können, so ist doch dessen sorgfältigste Isolation, namentlich an den Querstützen
                              									und Spannleinen nicht genug zu empfehlen. Bei der induktiven Kupplung des
                              									Luftdrahtes mit dem Resonatorkreis bildet sich an dem oberen freien Ende fast stets
                              									ein Spannungsbauch aus, während an dem geerdeten Ende das Potentiale nahezu Null
                              
                              									wird. Es vereinfacht sich hierdurch die Isolation des Luftdrahtes dort, wo er in das
                              									Stationshaus einführt, wesentlich. Hingegen muss die Isolierung des Drahtes gegen
                              									die Spitze zu mit aller Sorgfalt durchgeführt werden. Hierfür sind Isolatoren mit
                              									grosser trockener Oberfläche aus Ebonit, Glas oder glasiertem Porzellan zwischen
                              									jeden Berührungspunkt des Drahtes mit den Stützen zu setzen. Durch die aus
                              									mechanischen Gründen verwendeten Stahlmaste können sowohl durch Uebertritt der
                              									Elektrizität bei feuchter Luft, als auch durch Induzierung von Strömen in den Masten
                              									Verluste entstehen. Die Mäste sollen daher aus kurzen Stücken zusammengesetzt
                              									werden, wobei die einzelnen Stücke gegenseitig wohl zu isolieren und durch
                              									Spannisolatoren miteinander zu verbinden sind. Desgleichen ist der so
                              									zusammengestellte Mast mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln in der
                              									sorgfältigsten Weise gegen den Erdboden zu isolieren.
                           Bei feuchter Luft finden unsichtbare Büschelentladungen von dem Luftdraht auf dieses
                              									halbleitende Medium statt und wirken wie eine zusätzliche Kapazität zwischen
                              									Luftdraht und Erde, wodurch auch die Eigenschwingungsperiode des Drahtes vergrössert
                              									wird. Abgesehen davon, dass, soll der Strahlkreis mit dem Resonatorkreis in
                              									Uebereinstimmung erhalten bleiben, die Konstanten des letzteren entsprechend
                              
                              									eingestellt werden müssen, bedeuten diese Büschelentladungen einen unmittelbaren
                              									Verlust durch Ableitung, welcher wieder einen bedeutenden Hysteresisverlust mit sich
                              									bringt, so dass die Schwingungen hierdurch noch weiter abgedämpft werden.
                           Aehnliche Erscheinungen sind auch an den Kondensatoren festzustellen. Man bemerkt an
                              									Leydenerflaschen oder Glasplattenkondensatoren in Luft häufig lebhafte Büschel,
                              									welche von der Zinnfolie ausgehend sich bis auf 5–6 cm ausdehnen. Das Glas erwärmt
                              									sich, insbesondere wenn es bleihaltig ist, an diesen Stellen oft bedeutend, ein
                              									Beweis, dass auch hier beträchtliche Energieverluste auftreten. Es sind aber, auch
                              									wenn das beste Flintglas verwendet wird, dielektrische Hysteresisverluste nicht zu
                              									vermeiden.
                           Glaskondensatoren in Luft werden mit Vorliebe verwendet, weil die Büschelentladungen
                              									wie eine zusätzliche Kapazität wirken und sich als Buffer für allenplötzliche Ladung
                              									des Kondensators auf ein hohes Potential erweisen und hierdurch das Dielektrikum
                              									gegen das Durchschlagen schützen. Mit Oel gefüllte Leydenerflaschen schlagen viel
                              									leichter durch, insbesondere wenn auch der äussere Belag mit Oel oder Paraffin
                              									bedeckt ist. Beim Einschalten eines Kondensators in einen oszillierenden
                              									Entladungskreis, welcher Selbstinduktion enthält, entwickeln sich an den Rändern der
                              									Zinnfolie Potentiale, welche das des ladenden Stromes oft um das Vielfache übersteigen, und zeigt
                              									sich diese Erscheinung bei Oelkondensatoren in noch viel ausgesprochenerer Weise.
                              									Zur Erzielung von Resonanz ist aber jede Büschelentladung im Kondensator mit ihrer
                              									dämpfenden Wirkung zu vermeiden und sind sonach alle Mittel anzuwenden, eine solche
                              									zu unterdrücken. Es sollen daher ohne Rücksicht auf die Kosten nur Oel- oder sonst
                              									entsprechend abgeschlossene Kondensatoren von jener Grösse verwendet werden, welche
                              									die erforderliche Kapazität besitzen, um hinreichende Sicherheit zu gewähren.
                           Die die Leydenerflaschen verbindenden Ketten werden nach kurzem Gebrauch aufgezehrt.
                              									Es treten frequente kleine Funken zwischen ihren Gliedern und am Kontaktpunkte mit
                              									der Zinnfolie auf. Häufig wurde auch das Abbrennen der Ketten in zwei Teile
                              									beobachtet. Bei längerem Gebrauch der Flaschen steigern sich diese Fehler und wird
                              									es unmöglich, die Schwingungsperiode eines alte Flaschen enthaltenden Kreises
                              									überhaupt zu messen. Zuweilen löst sich auch die Zinnfolie vom Glase ab und
                              									entstehen dann alle jene Verluste und Unannehmlichkeiten, wie bei Kondensatoren mit
                              									Gas als Dielektrikum. Leydenerflaschen eignen sich demnach bei längerem Gebrauche
                              									wenig für Zwecke der drahtlosen Telegraphie, sind aber trotzdem wegen ihrer
                              									Annehmlichkeit, Stärke und Billigkeit sehr beliebt.
                           Selbst in einer sehr eng verbundenen Batterie von Leydenerflaschen findet sich ein in
                              									der Regel nicht berücksichtigter, erheblicher Betrag an Selbstinduktion vor und ist
                              									daher eine aperiodische Kondensatorentladung, welche aus dem Mangel an
                              									Selbstinduktion im Entladungskreise stammt, unmöglich, da auch die Leitungen und die
                              									Funkenstrecke einen entsprechenden Zuschuss an Selbstinduktion liefern.
                           Von grosser Wichtigkeit ist die Aufstellung und Methode der Verbindung von parallel
                              									zu schaltenden Leydenerflaschen. Zehn Flaschen in einer Reihe aufgestellt geben
                              									nicht jenen kräftigen scharfen Funken, als wenn sie in Bündelform angeordnet werden.
                              									Am besten erweist sich die kreisförmige Anordnung der Flaschen bei vollkommen
                              									gleichen Abständen. Mangelhafte Aufstellung und Verbindung der Flaschen kann selbst
                              									zu einem vollständigen Versagen der Signalübertragung führen. Diese kleinen
                              									Einzelheiten, die leicht übersehen werden, sind aber, insbesondere wenn Resonanz
                              									erzielt werden will, für die drahtlose Telegraphie von der grössten Wichtigkeit.
                           Die Leitungsführungen zu den Transformatoren bezw. Induktionsspulen sind
                              									gleichfalls nicht ohne Einfluss auf den Schwingungskreis und empfiehlt es sich zur
                              									Beseitigung desselben Drosselspulen in Spiralform nahe den Verbindungen in diese
                              									Leitungen einzuschalten.
                           Die Erhitzung der Metallknöpfe der Funkenstrecke, welche insbesondere bei Verwendung
                              									von Wechselströmen für das Laden stark auftritt, zeigt, dass auch in der
                              									Funkenstrecke Verluste entstehen. Je grösser der Abstand der Funkenkugeln, desto
                              									grösser ist auch die Erhitzung und der Verlust. Um diese Verluste zu verringern,
                              									dabei aber das hohe Potentiale aufrecht zu erhalten, ist die Funkenstrecke zu
                              									unterteilen, d.h. eine Reihe kleiner Funkenstrecken hintereinander zu verwenden. Bei
                              									Anwendung grösserer Kräfte als 3 KW sollen Vorkehrungen getroffen werden, der
                              									Funkenstrecke stets kühle nicht ionisierte Luft zuzuführen. Funkenstrecken mit
                              									flüssigen Dielektrikas sind zu vermeiden, dagegen ist komprimierte Luft sehr
                              									vorteilhaft, weil hierdurch der Abstand der Funkenkugeln verringert werden kann und
                              									der Luftwiderstand plötzlich gebrochen wird, wodurch ein Funke von grosser
                              									Leitfähigkeit und geringer Dämpfung entsteht.
                           Bei Verwendung einer Energiequelle von 1 KW lässt sich an einem in den Luftdraht
                              									eingeschaltetem Hitzdrahtamperemeter leicht eine Stromstärke von 2 Ampere ablesen,
                              									was ungefähr dem zehnfachen Betrage der in dem geschlossenen Stromkreise
                              									auftretenden Stromstärke entspricht. Dies gibt, wenn den Leydenerflaschen 20000 Volt
                              									zugeführt werden, nach einer annähernden Berechnung eine Leistung von 70 KW. Diese
                              									anscheinende Anomalie erklärt sich daraus, dass die dem Kreise in dem Bruchteile
                              									einer Sekunde zugeführte Energiemenge in einem vielfach kürzeren Zeitraume
                              
                              									ausgestrahlt wird. Eine genaue Feststellung der quantitativen Beziehungen ist schwer
                              									möglich, da hierfür eine Reihe von Faktoren in Betracht gezogen werden müssen, die
                              									sich, wie die Dämpfung und die Dauer des Wellenzuges, nur schwer bestimmen
                              									lassen.
                           Es zeigt sich aber hieraus klar, welche grossen Energiemengen ein Luftdraht
                              									auszustrahlen vermag, und welche Energiemengen zuzuführen wären, um ihn zur
                              									Entsendung eines fortlaufenden ungedämpften Wellenzuges zu zwingen. Als
                              
                              									Energiequelle würde sich für diese Zwecke eine mächtige Gleichstromquelle von hohem
                              
                              									Potential am besten eignen, worauf seitens Simon und
                              										Reich (D. p. J. 1903, Bd. 318, S. 776) schon früher hingewiesen wurde.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)