| Titel: | Kinetik und Kinetostatik des Schubkurbelgetriebes. | 
| Autor: | Hermann Meuth | 
| Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 487 | 
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                        Kinetik und Kinetostatik des
                           								Schubkurbelgetriebes.
                        Von Dr. ing. Hermann Meuth,
                           								Karlsruhe.
                        (Fortsetzung von S. 469 d. Bd.)
                        Kinetik und Kinetostatik des Schubkurbelgetriebes.
                        
                     
                        
                           
                              2. Bewegungsgleichung des Kurbelgetriebes.
                              
                           Die Bewegung des Kurbelgetriebes geben wir in ihrer Abhängigkeit vom Drehwinkel υ der
                              									Kurbel an; mit dieser Koordinate lautet die Lagrangesche Bewegungsgleichung:
                           \frac{d}{d\,t}\,\left(\frac{\partial\,L}{\partial\,\dot{\varphi}}-\frac{\partial\,L}{\partial\,\varphi}\right)=Q . . . 1 a)
                           Q ist hier, da es sich um eine Drehung handelt, die
                              									Summe der Momente aller äusseren Kräfte in bezug auf das Wellenmittel, also der
                              									treibenden und widerstehenden Kräfte und der Gewichte der Getriebeteile. Der nächste
                              									Abschnitt wird sich eingehender hiermit beschäftigen.
                           Die Lösung der Bewegungsgleichung erfordert die Ausführung der darin bezeichneten
                              									partiellen Differentiationen.
                           Es ist
                           
                              \frac{\partial\,L}{\partial\,\varphi}=\frac{1}{2}\,\varphi^2\,\left[2\,r\,l\,(M_2+a\,M_3)\,\mbox{sin}\,(\varphi+\eta)\,\left(1+\frac{d\,\eta}{d\,\varphi}\right)\,\frac{d\,\eta}{d\,\varphi}-2\,r\,l\,(M_2+a\,M_3)\,\mbox{cos}\,(\varphi+\eta)\,\frac{d^2\,\eta}{d\,\varphi^2}+2\,l^2\,(M_2+b\,M_3)\,\frac{d\,\eta}{d\,\varphi}\,\frac{d^2\,\eta}{d\,\varphi^2}\right]
                              
                           ferner
                           
                              \frac{\partial\,L}{\partial\,\varphi}=\varphi\,\left[r^2\,(M_1+M_2+M_3)-2\,r\,l\,(M_2+a\,M_3)\,\mbox{cos}\,(\varphi+\eta)\,\frac{d\,\eta}{d\,\varphi}-l^2\,(M_2+b\,M_3)\,\left(\frac{d\,\eta}{d\,\varphi}\right)^2\right]
                              
                           und durch weitere Differentiation nach der Zeit folgt
                           
                              \frac{d}{dt}\,\left(\frac{\partial\,L}{\partial\,\dot{\varphi}}\right)=\ddot{\varphi}\,\left[r^2\,(M_1+M_2+M_3)-2\,r\,l\,(M_2+a\,M_3)\,\mbox{cos}\,(\varphi+\eta)\,\frac{d\,\eta}{d\,\varphi}+l^2\,(M_2+b\,M_3)\,\left(\frac{d\,\eta}{d\,\varphi}\right)^2\right]
                              
                           
                              +\dot{\varphi^2}\,\left[2\,r\,l\,(M_2+a\,M_3)\,\mbox{sin}\,(\varphi+\eta)\,\left(1+\frac{d\,\eta}{d\,\varphi}\right)\,\frac{d\,\eta}{d\,\varphi}-2\,r\,l\,(M_2+a\,M_3)\,\mbox{cos}\,(\varphi+\eta)\,\frac{d^2\,\eta}{d\,\varphi^2}+2\,l^2\,(M_2+b\,M_3)\,\frac{d\,\eta}{d\,\varphi}\,\frac{d^2\,\eta}{d\,\varphi^2}\right]
                              
                           Diese Ausdrücke lassen sich nun mit Hilfe der geometrischen Beziehungen im
                              									Kurbelgetriebe umformen; es ist nämlich
                           l sin η =
                                 										r sin φ oder mit \frac{r}{l}=\lambda
                             sin η = λ sin φ und \mbox{cos}\,\eta=\sqrt{1-\lambda^2\,\mbox{sin}^2\,\varphi}
                           Zur Vereinfachung vernachlässigen wir in dem letzteren Wert das Glied mit λ2, setzen also cos
                              										η = 1. Dem entspricht für ein Verhältnis des
                              
                              									Kurbelradius zur Lenkstangenlänge \lambda=\frac{1}{5} ein Fehler von 4 v. H. Auch im
                              									folgenden werden dann Glieder, die unter der Grösse λ2 bleiben, konsequenterweise
                              									vernachlässigt.
                           Hiermit wird
                           \frac{d\,\eta}{d\,\varphi}=\lambda\,\mbox{cos}\,\varphi und \frac{d^2\,\eta}{d\,\varphi^2}=-\lambda\,\mbox{sin}\,\varphi,
                           ferner
                           sin (φ + η) = sin φ (1 + λ cos φ)
                                             und cos (φ + η) = cos φ – λ sin2φ
                           Nach Einführung dieser Werte lautet die Bewegungsgleichung:
                           
                              \frac{d^2\,\varphi}{dt^2}\,\left[\left(M_1+\frac{M_2}{2}+M_3\,\left(1-a+\frac{b}{2}\right)\,r^2\right\right
                              
                           
                              +\frac{r^2\,\lambda}{2}\,(M_2+a\,M_3)\,\mbox{cos}\,\varphi-\frac{r^2}{2}\,\left(M_2+(2\,a-b)\right)
                              
                           
                              \leftM_3\,\mbox{cos}\,2\,\varphi-\frac{r^2\,\lambda}{2}\,\left((M_2+a\,M_3)\,\mbox{cos}\,3\,\varphi\right)\right]
                              
                           
                              +\frac{1}{2}\,\left(\frac{d\,\varphi}{d\,t}\right)^2\,\left[-\frac{r^2\,\lambda}{2}\,(M_2+a\,M_3)\,\mbox{sin}\,\varphi\right
                              
                           
                              +r^2\,\left((M_2+(2\,a-b)\,M_3)\,\mbox{sin}\,2\,\varphi\right
                              
                               \left\left+\frac{3\,r^2\,\lambda}{2}\,(M_2+a\,M_3)\right)\,\mbox{sin}\,3\,\varphi\right]=Q 1 b)
                           Betragen die Massen der rotierenden Teile, auf dem Kurbelzapfen reduziert, mehr als
                              									das Dreifache der hin- und hergehenden Massen, so können die Glieder mit cos φ und cos 3 φ mit
                              									Rücksicht auf die Vernachlässigung: der Glieder mit λ2 weggelassen werden.
                           Schreibt man die Bewegungsgleichung in der Form
                           \frac{d^2\,\varphi}{d\,t^2}\,\Theta'+\frac{1}{2}\,\left(\frac{d\,\varphi}{d\,t}\right)^2\,\Theta''=Q,
                           so erkennt man leicht die darin aus der Lehre für die Drehung
                              									eines starren Körpers bekannten Ausdrücke. Die Klammerwerte [] sind in Analogie zu
                              									den dort auftretenden Grössen als Trägheitsmomente der reduzierten bewegten.! Massen
                              									zu deuten, die aber wegen der darin vorkommenden variabeln Glieder als veränderlich
                              									anzunehmen sind.
                           Man hat darnach in der Bewegungsgleichung eine Gleichgewichtsbedingung zwischen den
                              									Momenten der äusseren Kräfte und der durch die Bewegung entstehenden Massenkräfte,
                              									nämlich einmal der tangentialen Trägheitskräfte, welche infolge der
                              									Geschwindigkeitsschwankungen im Kurbelkreis entstehen, ausgedrückt durch das 1.
                              									Glied mit \frac{d^2\,\varphi}{d\,t^2} dessen Klammerfaktor erkennen lässt, dass alle bewegten Massen
                              									zu diesen Trägheitskräften einen Beitrag liefern. Das 2. Glied ergibt alsdann das
                              									Moment derjenigen Trägheitskräfte in bezug auf das Wellenmittel an, welche infolge
                              									der dem Kurbeltrieb eigentümlichen absetzenden Bewegung in wagerechter und
                              									senkrechter Richtung auftreten.
                           Aus der Bewegungsgleichung kann die Grösse der Winkelbeschleunigung der Drehbewegung
                              									in Abhängigkeit von der Winkelgeschwindigkeit aus dem Drehwinkel angegeben werden. Die
                              									Beschleunigung könnte als ein Mass für die Gleichförmigkeit der Drehbewegung
                              									betrachtet werden. Es ist indessen üblich, unter dem Ungleichförmigkeitsgrad das
                              									Verhältnis der Differenz der maximalen und minimalen Geschwindigkeit zur mittleren
                              									Geschwindigkeit zu verstehen. Als mittlerer Wert der Geschwindigkeit wird gewöhnlich
                              									nicht das arithmetische Mittel der Grenzgeschwindigkeiten, sondern der mittlere Wert
                              									der Geschwindigkeit während einer Umdrehung gesetzt. Dagegen ist solange nichts
                              									einzuwenden, als an der einmal angenommenen Definition festgehalten wird. Die auf
                              									den Ungleichförmigkeitsgrad bezüglichen später folgenden Stellen sind als Fälle von
                              
                              
                              									Inkonsequenz nach dieser Richtung zu bezeichnen.
                           Wie sich aus der Bewegungsgleichung 1 b) ersehen lässt, hängt die
                              									Winkelbeschleunigung der Drehbewegung der Kurbel von dem Drehmoment der äusseren
                              									Kräfte Q, von den oben an zweiter Stelle bezeichneten
                              
                              									Trägheitskräften und von dem Trägheitsmoment Θ' der
                              									bewegten Massen ab. Der konstante Teil von Θ' enthält
                              									die einer bestimmten Geschwindigkeitsschwankung entsprechende Schwungradmasse
                              									einschliesslich der übrigen rotierenden Teile. \left[\frac{M_2}{2}+\left(1-a+\frac{b}{2}\right)\,M_3\right] gibt den konstanten Betrag
                              									an, mit welchem die Masse der Lenkstange und der hin- und hergehenden Teile an der
                              									Schwungradwirkung beteiligt sind. Dieser Betrag ist in den meisten Fällen belanglos.
                              									Wichtiger dagegen ist die Wirkung der Triebwerksmassen auf das Drehmoment an der
                              									Kurbel, welche in dem Gliede mit \left(\frac{d\,\varphi}{d\,t}\right)^2 zum Ausdruck kommt und gerade bei
                              									höheren Geschwindigkeiten hervortritt.
                           Es ist das Verdienst Radingers, in seinem Werke:
                              										„Dampfmaschinen mit hoher Kolbengeschwindigkeit“, im Gegensatz zu den
                              									bisherigen mehr kinematischen Behandlungen des Kurbelgetriebes mit allem Nachdruck
                              									auf die Massenwirkungen des Gestänges in ihrem Einfluss auf die Bewegung des
                              									Getriebes, auf das Glied mit \left(\frac{d\,\varphi}{d\,t}\right)^2 der Bewegungsgleichung, hingewiesen zu
                              									haben.
                           Radinger kombiniert in einem äusserst anschaulichen
                              									graphischen Verfahren den Dampfdruck mit dem wagerechten Massendruck des Gestänges,
                              									um hieraus die Drehkraft im Kurbelkreis zu bestimmen. Das Moment des Massendrucks in
                              									bezug auf das Wellenmittel, einschliesslich des von dem transversalen Ausschwingen
                              									der Lenkstange herrührenden Anteiles, wird aber durch unser Glied der
                              									Bewegungsgleichung mit \left(\frac{d\,\varphi}{d\,t}\right)^2 dargestellt. Dieses erscheint bei Radinger nur auf die rechte der Gleichung gesetzt und
                              									dort mit dem Moment der äusseren Kräfte Q vereinigt,
                              									wodurch das Verständnis für die Wirkung der Massen auf das Drehmoment sehr gefördert
                              									wird. Man hat Radinger vielfach als den Entdecker des
                              									Massendrucks bezeichnet; nicht mit Recht. Die Wirkung der Massen auf die Bewegung
                              									der Maschinengetriebe und auf die Reaktionen in denselben ist vor Radinger in der Literatur,s. Bach:
                                    											Maschinenelemente. 9. Aufl., S. 677. insbesondere von Poncelel und Le Chatelier
                              									behandelt worden, jedoch in einer Form, die bei den Ingenieuren wenig Eingang fand.
                              									Auch der ausführende Maschinenbau hatte, wo es sich um die Beanspruchung rasch
                              									bewegter Teile handelte, lange vorher mehr oder weniger zielbewusst die
                              									Massenwirkungen berücksichtigt, Es bleibt jedoch das unbestreitbare, grosse
                              									Verdienst Radingers, durch seine äusserst klare und
                              									ursprüngliche Darstellung der Massenwirkungen deren Kenntnis zum Gemeingut der
                              									Ingenieure gemacht, oder wie es Sommerfeld an
                              									einer StelleSommerfeld: Naturwissenschaftliche Ergebnisse
                                    											der neueren technischen Mechanik. Z. d. V. d. I. 1904, S. 634.
                              									treffend bezeichnet, das dynamische Gewissen des Technikers geweckt zu haben.
                           Die vollständige Lösung der Bewegungsgleichung, d.h. die Darstellung des
                              									Beschleunigungsprozesses bei der Drehbewegung im Kurbelkreis in seiner Abhängigkeit
                              									vom Kurbelwinkel allein, erfordert noch die Bestimmung der Winkelgeschwindigkeit
                              									\frac{d\,\varphi}{d\,t} als Funktion des Kurbelwinkels.
                           Die Winkelgeschwindigkeit im Kurbelkreis ist die Folge des gesamten
                              									Energieaustausches im Getriebe. Die in dasselbe durch die Triebkraft eingeleitete
                              									Energie samt der potentiellen Energie der Triebwerksgewichte überwindet die
                              									Widerstände. Ist aber in einem Augenblick die Triebkraft ± Schwerkraft der bewegten
                              									Massen grösser oder kleiner als die Widerstände, so bewirkt deren Differenz die
                              									Zunahme bezw. Abnahme der Geschwindigkeit, also der lebendigen Kraft der Maschine.
                              									Mit anderen Worten:, die Aenderung der kinetischen und potentiellen Energie im
                              									Getriebe von einer Anfangslage aus muss nach dem Gesetz von der Erhaltung der
                              									Energie gleich der Arbeitsleistung der treibenden und widerstehenden Kräfte in dem
                              									betrachteten Abschnitt der Bewegung sein.
                           Als Anfangslage ist der innere Totpunkt der Kurbel gewählt. Die Arbeitsleistung der
                              									äusseren Kräfte – der Triebkraft, des Widerstandes und der Schwerkraft der bewegten
                              									Massen – bei der Drehung der Kurbel aus der inneren Totlage um den Winkel φ
                           =\int_o^{\varphi}\,Q\,d\,\varphi;
                           die Grösse Q wird im nächsten
                              									Abschnitt behandelt. Diese Arbeit ist der Aenderung der kinetischen Energie oder der
                              									lebendigen Kraft von der inneren Totlage bis zur Drehung um Winkel φ gleichzusetzen, also
                           L-L_o=\int_o^{\varphi}\,Q\,d\,\varphi . . . . . 3)
                           wenn L die lebendige Kraft bei
                              
                              									Stellung φ und Lo diejenige in der Totlage φ
                                 										= o bedeutet. Wir führen jetzt in den früher gefundenen Ausdruck für die
                              									lebendige Kraft des Kurbelgetriebes die auf 486 bezeichnete Vereinfachung mit cos
                              										η = 1 ein und erhalten
                           
                              L=\frac{1}{2}\,\left(\frac{d\,\varphi}{d\,t}\right)^2\,\left[\left(M_1+\frac{M_2}{2}+M_3\,\left(1-a+\frac{b}{2}\right)\right)\,r^2\right
                              
                           \left-\left(\frac{M_2}{2}+\left(a-\frac{b}{2}\right)\,M_a\right)\,r^2\,\mbox{cos}\,2\,\varphi-\frac{r^2\,\lambda}{2}\,(M_2+a\,M_3)\,(cos\,\varphi-\mbox{cos}\,3\,\varphi)\right] . . . . . . . . . . 2 a)
                           Das letzte Glied in der Klammer [] ist in den meisten Fällen
                              									gegenüber dem konstanten Gliede von der Grössenordnung λ2 und kann vernachlässigt werden.
                           Mit φ = o erhält man die
                              									lebendige Kraft im Totpunkt
                           
                              L_o=\frac{r^2}{2}\,[M_1+M_3\,(1-2\,a+b)]=\left(\frac{d\,\varphi_o}{d\,t}\right)^2\,\frac{\Theta_o}{2}
                              
                           Hierin ist \frac{d\,\varphi_o}{d\,t} die Geschwindigkeit im toten Punkt.
                           Diese setzt man in der Regel gleich dem Werte der mittleren Geschwindigkeit während
                              									einer Umdrehung
                           
                              =\frac{d\,\varphi_m}{d\,t}-\frac{2\,\pi\cdot n}{60}
                              
                           wenn n die Anzahl der Umdrehungen in der Minute
                              									ist. Für geringe Schwankungen der Geschwindigkeit ist dies mit grosser Annäherung
                              									zutreffend. Man erhält jedoch einen genaueren Wert für die Totpunktgeschwindigkeit
                              									durch die Betrachtung des Ausdruckes
                           
                              \left(\frac{d\,\varphi}{d\,t}\right)^2=\frac{\left(\frac{d\,\ddot{\varphi_o}}{dt}\right)^2\,\frac{\Theta_c}{2}+\int_o^{\varphi}\,q\,d\,\varphi}{\frac{1}{2}\,\Theta'}
                              
                           (dessen Glieder sich aus konstanten und periodischen Faktoren
                              									zusammensetzen). Die vollständige Entwicklung ergibt, wie das ein Beispiel an
                              									späterer Stelle noch näher zeigen wird, eine periodische Reihe. Die konstanten
                              									Glieder derselben, die auch die Totpunktgeschwindigkeit enthalten, können im
                              									Beharrungszustand der Maschine dem Quadrat der mittleren Geschwindigkeit gleich
                              									gesetzt werden, da die mit dem Kurbelwinkel φ
                              									periodischen Glieder im Verlaufe einer vollen Umdrehung verschwinden. Es muss noch
                              									auf eine Ungenauigkeit hingewiesen werden, welche der Bestimmung der Geschwindigkeit
                              									aus der Energiegleichung bei dem hier eingeschlagenen Wege anhaftet. Der Verlauf der
                              									Geschwindigkeit während einer Umdrehung ist in Beziehung gebracht worden mit ihrem
                              									mittleren Wert \frac{2\,\pi\,n}{60}\cdot \frac{60}{n} ist aber die Zeit einer Umdrehung in Sekunden, wenn n die Zahl der Umdrehungen in der Minute ist; es sollte
                              									daher als unabhängige Variable die Zeit und nicht der Kurbelwinkel eingeführt
                              									werden. Der Ausdruck von Q ist jedoch, wie aus dem
                              									nächsten Abschnitt hervorgeht, auf der Basis des abgewickelten Kurbelkreises
                              									gegeben, enthält also φ als Variable. Mit der
                              									Einführung des auf den Kurbelwinkel bezogenen Momentes der äusseren Kräfte in die
                              									Energiegleichung ist stillschweigend die Voraussetzung gemacht worden, dass gleichen
                              									Zeiten auch gleiche zurückgelegte Drehwinkel entsprechen. Das ist natürlich nur für
                              									konstante Umdrehungsgeschwindigkeit der Fall. In Anbetracht einer Durchführung der
                              									Aufgabe mit einfachen Mitteln wird man diese Ungenauigkeit, die erst bei
                              									beträchtlichen Geschwindigkeitsschwankungen hervortritt, in Kauf nehmen.In Kürze sei noch ein Weg angedeutet, der bei
                                    											starken Geschwindigkeitsschwankungen einzuschlagen wäre und darauf
                                    											hinausläuft, die äusseren Kräfte in Abhängigkeit von der Zeit darzustellen.
                                    											Zu diesem Zwecke bildet man nach den obigen Ausführungen einen ersten Wert
                                    											für das Quadrat der Winkelgeschwindigkeit. Die erste Potenz jeder Ordinate
                                    											derselben auf der Basis des abgewickelten Kurbelkreises aufgetragen, gibt
                                    											den Verlauf der Geschwindigkeit selbst; nach dessen Analyse nach dem später
                                    											angegebenen Verfahren erhält man \frac{d\,\varphi}{d\,t}=f\,(\varphi) und mit Hilfe der Beziehungt=\int_o^{\varphi}\,\frac{1}{\frac{d\,\varphi}{d\,t}}\cdot d\,\varphidie Abhängigkeit des Kurbelwinkels von der Zeit. Es
                                    											wird jetzt ein neues Tangentialdruckdiagramm gebildet, dessen gleiche
                                    											Abszissenabschnitte gleichen Zeitteilen entsprechen. Die Ordinaten des neuen
                                    											Diagramms erscheinen gegenüber dem ersteren an einigen Stellen
                                    											zusammengedrängt, an anderen auseinander gezogen. Damit erhält man nach
                                    											vorgenommener Analyse in erster AnnäherungQ = F(t)und nach Einführung in die Energiegleichung 3) einen
                                    											zweiten Näherungswert für die Geschwindigkeit. Wenn nötig, müsste dieses
                                    											Verfahren in alternierender Weise fortgesetzt werden.
                           Eine weitere Einschränkung ist bei der Aufstellung der Energiegleichung gemacht
                              									worden, nämlich die Voraussetzung starrer Getriebeteile oder doch solcher, deren
                              									elastische Deformation von untergeordneter Grösse ist.
                           Bei grösseren Formänderungen der die Energie übertragenden Teile, z.B. der
                              									langen Propellerwellen der Schiffsmaschinen, muss zur Bestimmung der
                              									Bewegungsverhältnisse noch die Formänderungsarbeit als weiteres Glied in die
                              									Energiegleichung eintreten.
                           Die Geschwindigkeit als Funktion des Kurbelwinkels wird nun in die Bewegungsgleichung
                              									1 b eingesetzt, welche jetzt als einzige unabhängige Variable nur noch den
                              									Kurbelwinkel enthält. Somit können jetzt alle für die Bewegung des Systems
                              									massgebenden Grössen, die lebendige Kraft, die Winkelgeschwindigkeit und
                              										-beschleunigungStatt die
                                    											Beschleunigung der Drehbewegung aus der Lagrangeschen Bewegungsgleichung zu bestimmen, hätten wir diesen
                                    											Wert auch durch die weitere Bearbeitung der Energiegleichung 3), durch
                                    											Differentiation des aus dieser gewonnenen Ausdruckes für die Geschwindigkeit
                                    											nach der Zeit, finden können. Die Lagrangesche
                                    											Methode ist aber noch weiter verwendbar, zur Ermittlung der vollständigen
                                    											Reaktionen und Spannungen im Kurbelgetriebe in ihrer Abhängigkeit von der
                                    											jeweiligen Kurbelstellung, wie es in Abschnitt B gezeigt wird, unter diesem
                                    											Gesichtspunkte kann ihre vorherige Anwendung bei dem kinetischen Teil dieser
                                    											Arbeit zur Vorbereitung für den folgenden kinetostatischen Teil
                                    										dienen. für jeden Punkt des Kurbelkreises angegeben werden, auch die
                              									Bewegungsverhältnisse der einzelnen Glieder des Kurbelgetriebes auf Grund ihres
                              									geometrischen Zusammenhanges, z.B. die in der Radingerschen Darstellung besonders wichtige Grösse der Beschleunigung in
                              									Richtung des Kolbenlaufes. Diese folgt aus dem Kolbenweg (Ausweichung aus der
                              									Hubmitte)
                           
                              x=r\,\mbox{cos}\,\varphi-\frac{\lambda}{2}\,r\,\mbox{sin}^2\,\varphi
                              
                           durch zweimalige Differentiation nach der Zeit
                           
                              \frac{d^2\,x}{d\,t^2}=-r\,\left(\frac{d\,\varphi}{d\,t}\right)^2\,(\mbox{cos}\,\varphi+\lambda\,\mbox{cos}\,2\,\varphi)-r\,\frac{d^2\,\varphi}{d\,t^2}\,\left(\mbox{sin}\,\varphi+\frac{\lambda}{2}\,\mbox{sin}\,2\,\varphi\right)
                              
                           Hier werden \left(\frac{d\,\varphi}{d\,t}\right) und \left(\frac{d^2\,\varphi}{dt^2}\right) eingesetzt. In vielen Fällen genügt es, die
                              									Kurbelgeschwindigkeit konstant, also \frac{d^2\,\varphi}{d\,t^2}=0 zu setzen. Das ergibt für die
                              									Kolbenbeschleunigung einen graphisch leicht zu behandelnden Ausdruck. Für
                              									beträchtliche Geschwindigkeitsschwankungen im Kurbelkreis ist diese Vereinfachung
                              									nicht mehr zulässig.s. Frahm, Neue Untersuchungen über die dynamischen
                                    											Vorgänge in den Wellenleitungen von Schiffsmaschinen. Z. d. V. d. I. 1902,
                                    											S. 883.
                           Interessiert es, den Anteil zu kennen, der vom äusseren Moment bezw. vom treibenden
                              									Druck am Kolben aufgewendet werden muss, um die Lenkstange allein zu
                              										beschleunigens. Mollier, Der Beschleunigungsdruck der
                                    											Schubstange. Z. d. V. d. I. 1903, S. 1638. – Eine erschöpfende Behandlung
                                    											des Lenkstangenproblems findet sich in einem Aufsatze von Dunkerley im Juniheft des „Engineering“,
                                    											Jahrgang 1899, S. 695. – für die in der Richtung des Kolbenlaufes
                              									bewegten Massen ist der Anteil gleich dem Produkt aus diesen Massen und der
                              									Kolbenbeschleunigung – so führt zur Entscheidung dieser Frage sehr leicht die
                              									Anwendung der Lagrangeschen Methode. Die zur
                              									Beschleunigung der Lenkstange allein erforderliche Drehkraft sei Tb; das Moment Tb . r tritt auf die
                              									rechte der Lagrangeschen Gleichung. Als Koordinate des
                              									Systems nehmen wir wieder den Drehwinkel der Kurbel φ.
                              									Dann lautet die Bewegungsgleichung (für die gewichtslose Stange)
                           
                              \frac{d}{d\,t}\,\left(\frac{\partial\,L_e}{\partial\,\frac{d\,\partial}{d\,t}}\right)-\frac{\partial\,L_e}{\partial\,\varphi}=T_b\cdot
                                 r
                              
                           
                           Die lebendige Kraft der Lenkstange Le entnehmen wir dem Ausdruck der lebendigen Kraft
                              									für das ganze Getriebe 2), indem wir darin die Massen M1 und M2
                              									= o setzen; wir haben dann in gleicher Weise wie früher
                              									die Differentiationen auszuführen, um die Grösse Tb zu erhalten. Ist der am Kolben oder Kreuzkopf
                              									angreifende Druck P' gesucht, so benutzen wir die
                              									später entwickelte Beziehung desselben zum Tangentialdruck
                           
                              P'=\frac{T_b\,\mbox{cos}\,\eta}{\mbox{sin}\,(\varphi+\eta)}
                              
                           Zur Beantwortung der Frage nach der vom Kolbendruck zur Beschleunigung der Lenkstange
                              									aufzuwendenden Kraft mit Hilfe der synthetischen Methode ist die Lenkstange als
                              									aus dem Zusammenhange des Getriebes gelöst zu betrachten. Die
                              									Gleichgewichtsbedingung der an der bewegten Lenkstange angreifenden Kräfte d. s. der
                              									gesuchten Kraft P', der Trägheitskräfte der Lenkstange
                              									und der Ersatzkraft für die Reaktion an der Trennungsstelle vom übrigen Getriebe,
                              									also am Kurbelzapfen, ergibt das gewünschte Resultat, in welchem jedoch noch die
                              									Grösse der Reaktion am Kurbelzapfen unbekannt ist. Es bedarf noch einer weiteren
                              									Beziehung, des Gleichgewichtes gegen Drehung um einen beliebigen Punkt durch die an
                              									der Lenkstange angreifenden Kräfte, um die unbekannte Reaktion, die bei der
                              									Betrachtung der Bewegung des ganzen Systems entfällt, eliminieren zu können.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)