| Titel: | Das Eisenbahn- und Verkehrswesen auf der Weltausstellung in St. Louis 1904. | 
| Autor: | M. Buhle, W. Pfitzner | 
| Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 514 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Das Eisenbahn- und Verkehrswesen auf der
                           								Weltausstellung in St. Louis 1904.
                        Von Professor M. Buhle und Dipl.-Ing. W.
                                 										Pfitzner,
                           								Dresden.
                        (Fortsetzung von S. 372 d. Bd.)
                        Das Eisenbahn- und Verkehrswesen auf der Weltausstellung in St.
                           								Louis 1904.
                        
                     
                        
                           
                              B. Eisenbahnwagen.Als vollkommenstes Werk über den Bau nordamerikanischer
                                       												Eisenbahnwagen sei hier genannt: „The Car Builders Dictionary“,
                                       												New-York, 1898.
                              
                           Die äussere Erscheinung der amerikanischen Eisenbahnwagen ist von einer bei uns
                              									gänzlich ungewohnten Einheitlichkeit. Die ausschliessliche Verwendung von
                              									Drehgestellen sowie des Durchgangsystems gibt allen Wagen für Personenzüge das
                              									gleiche äussere Ansehen, das selbst durch die Färbung nur wenig und selten geändert
                              									wird, und ebenso geben die überall gleichen, fast nur als geschlossene Kastenwagen
                              									oder Selbstentlader gebauten Güterwagen einem jeden Güterzug dieselbe
                              									Erscheinung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 513
                              Fig. 89. De Witt Clinton-Zug.
                              
                           Im Inneren dagegen ist bei den besseren Personenwagen die grösste Mannigfaltigkeit
                              									sowie die weitestgehende Rücksicht auf Bequemlichkeiten aller Art anzutreffen,
                              									und auch innerhalb der gewöhnlichen, der „sogenannten einzigen“
                              									Wagenklasse, treten die verschiedenartigsten Einrichtungen hervor, die sich
                              									natürlich in den zu zahlenden Fahrpreisen geltend machen. In Wirklichkeit hat der
                              									Amerikaner kaum weniger Klassenunterschiede als wir.
                           Die umfangreiche, ausschliesslich amerikanische Wagenausstellung im Transportgebäude
                              									der Weltausstellung bot für diese Vielseitigkeit einen recht guten Ueberblick, da
                              									fast jede Wagenart in einer oder mehreren Ausführungen zu finden war, wenigstens was
                              									Personenfahrzeuge betraf. Unter den Güterwagen waren fast nur Spezialkonstruktionen
                              									vorhanden, Wagen mit besonderen Hilfseinrichtungen, Selbstentlader usw.
                           Der Umfang der Wagenausstellung und die Verteilung innerhalb des Transportgebäudes
                              									auf der Ausstellung war bereits in Fig. 15 auf S.
                              									244 d. Bd. angegeben; hier seien die bemerkenswertesten Fahrzeuge im einzelnen näher
                              									vorgeführt.
                           
                        
                           
                           
                              
                              1. Personenwagen.
                              
                           An erster Stelle sei die Ausstellung der
                           New York Central & Hudson River R. R.
                           genannt, die neben dem ältesten Zug, der auf ihren jetzigen
                              									Gleisen einst verkehrte, ihren modernsten Schnellzug, den Empire State Express vorführte, um an diesen Beispielen die gewaltige
                              									Entwicklung des amerikanischen Eisenbahnwesens zu zeigen. In der Tat ist der
                              									Unterschied zwischen dem alten De Witt Clinton
                                 										Zug,Einige Angaben über
                                    											diesen ersten, im Staate New-York gefahrenen Zug seien hier angefügt. Die
                                    											Maschine „De Witt Clinton“, mit Tender
                                    											etwa 6 t schwer, stammte aus der West Point
                                       												Foundry, New-York. Die Treibraddurchmesser sind 1,37 m, die beiden
                                    											Zylinder haben 140 mm Bohrung und 406 mm Hub, der Kessel besitzt dreissig
                                    											kupferne Siederohre von 63 mm Durchmesser. – Die Teilnehmer der ersten Fahrt
                                    											am 9. August 1831 hatten sehr unter dem Funkenwurf zu leiden, gegen den sie
                                    											sich mit Regenschirmen usw. zu schützen suchten, da die Maschine nur mit
                                    											trockenem Kiefernholz geheizt werden konnte. von dem Fig. 89 eine Ansicht wiedergibt, und dem jetzigen
                              									Wagen des Empire State Express,
                              									Fig. 91 und 92,
                              									sowie der Lokomotive dieses Zuges, Fig. 43 bis 47, S. 321
                              									und 322 d. Bd., ein ganz gewaltiger, der kaum besser zum Ausdruck gebracht werden
                              									konnte.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 514
                              Fig. 90. Fahrplan des Empire State Express-Zuges.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 514
                              Fig. 91. Gepäck- und Rauchwagen des „Empire State
                                    										Express“-Zuges.
                              
                           Der ausgestellte Schnellzug umfasste ausser der schon auf S. 321 u. ff. beschriebenen
                              									Lokomotive No. 3000 einen Gepäckwagen mit Rauchabteilung, einen Küchenwagen, einen
                              									normalen Personenwagen der Bahnlinie und einen Salonwagen von Pullman, einen sogenannten Parlor Car. Aus dieser
                              									Zusammensetzung ist schon zu erkennen, dass dieser Schnellzug nicht eigentlich als
                              									Luxuszug zu betrachten ist; er ist vielmehr ein gewöhnlicher Schnellzug, der sogar
                              									trotz seiner ganz bedeutenden Geschwindigkeit zu gewöhnlichen Fahrpreisen benutzt
                              									werden kann.Der Zug kann
                                    											überhaupt als Vorbild eines zweckmässigen Schnellzuges betrachtet werden.
                                    											Wie aus beistehendem Ausschnitt aus dem graphischen Fahrplan der N. Y. C. & H. R. R. R. hervorgeht, Fig. 90, hat der morgens 8 Uhr 30 Min., also
                                    											zu bequemer Zeit aus New-York abfahrende „Empire State Express“ auf
                                    											der ganzen, 708 km langen Strecke bis Buffalo nur vier Aufenthaltstationen.
                                    											Trotzdem ist er auch für fast jede Zwischenstation hinter Albany zu
                                    											benutzen, da auf jeder Hauptstation unmittelbar hinter ihm her Personenzüge
                                    											gefahren werden, die die Verteilung der Reisenden an die kleineren
                                    											Zwischenstationen besorgen. Auch für die Zuführung von Reisenden zu diesem
                                    											Schnellzug ist vorzüglich gesorgt, so dass er also auch von den
                                    											Zwischenstationen nach Buffalo recht gut benutzt werden kann.In gleicher Weise ist sein Gegenzug, der Buffalo um 1 Uhr mittags verlässt,
                                    											mit Zuführungszügen ausgestattet, die immer kurz vor dem Eintreffen des
                                    											Schnellzuges auf den Hauptstationen ankommen, so dass also der Schnellzug
                                    											wiederum die beste Verbindung von fast allen Stationen nach New-York
                                    
                                    											darstellt, trotzdem er selbst nur viermal im ganzen anhält.Bemerkenswert ist bei dem ganzen Plan, dass die gegenseitigen Wartezeiten
                                    											recht kurz bemessen sind, höchstens zehn Minuten, meist weniger. Dadurch
                                    											wird natürlich der Vorteil der Schnellfahrt wirklich ausgenutzt. Der
                                    											Expresszug selbst hat nirgends länger als drei Minuten Aufenthalt, Wasser
                                    
                                    											nimmt er während der Fahrt auf.Die durchschnittliche Geschwindigkeit ergibt sich für den einen Zug, No. 51,
                                    											zu 86 km/St. über die ganze Strecke von 708 km, für den Gegenzug No. 50
                                    											nach New-York zu 79 km/St. Die grösste Durchschnittsgeschwindigkeit
                                    											zwischen zwei Aufenthalten ergibt sich bei dem Zuge No. 51 zu 93 km/St.,
                                    											zwischen Albany und Utica, eine Strecke von 154 km, die in 99 Minuten
                                    											zurückgelegt wird.
                           Die Einrichtung der einzelnen Wagen ist folgende: Der Gepäck- und Rauch wagen (Fig. 91) enthält im vorderen Ende eine Abteilung für
                              
                              									Gepäck, dahinter einen weit grösseren Raum für Reisende mit 24 Bänken zu je 2
                              									Plätzen, ausserdem einen kleinen Waschraum. Bei einer Länge der beiden Haupträume
                              									von 8,8 m bezw. 12,2 m misst der ganze Wagen von Puffer bis Puffer 21,336 m.
                           Der als Küchenwagen bezeichnete zweite Wagen unterscheidet sich vom gewöhnlichen
                              									Personenwagen, wie dem dritten des Zuges, nur durch den Einbau einer Küche und eines
                              									Anrichteraumes. Auch hier wird der meiste Raum für Sitzbänke ausgenutzt; es ist
                              									Platz für 58 Personen. Aehnlich wie in unseren D-Zügen ohne Speisewagen werden hier
                              									wie auch in allen anderen Wagen des Zuges die Speisen auf kleinen wegnehmbaren Tischen
                              									serviert. Die Länge dieses Wagens ist 23,9 m.
                           Der in Fig. 92 und 93
                              									abgebildete normale Personenwagen enthält Sitzbänke (für 84 Personen) – wie üblich
                              									in zwei Reihen an den Fenstern hin aufgestellt, mit umlegbaren Lehnen, so dass die
                              									Reisenden immer in der Fahrtrichtung sitzen können. An beiden Enden des Wagens
                              									befinden sich Waschräume. Die Länge ist ebenfalls nahezu 24 m.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 515
                              Fig. 92. Normaler Personenwagen des „Empire State
                                    										Express“-Zuges.
                              
                           Alle drei Wagen, die den normalen Personenfahrzeugen der amerikanischen Bahnen
                              									entsprechen, laufen auf je zwei dreiachsigen Drehgestellen; die Räder haben
                              									Papierfüllung zwischen Nabe und Radreifen, so dass der Gang selbst auf schlechterem
                              									Gleis noch sehr sanft ist. Die Heizung der Fahrzeuge geschieht bei diesem Zuge mit
                              									Lokomotivdampf; jeder Wagen besitzt eine selbsttätige Vorrichtung zur Regelung der
                              									Temperatur. Die Beleuchtung ist elektrisch, und zwar ist jeder Wagen mit einer
                              									Dynamomaschine und einer Akkumulatorenbatterie ausgerüstet; der Antrieb der Dynamo
                              									erfolgt durch einen Riemen von einer Wagenachse aus (s. D. p. J. 1904, 319, S. 18). Ausser der elektrischen Beleuchtung, die,
                              									wie Fig. 93 erkennen lässt, an den unteren Kanten
                              									des Oberlichtaufbaues angebracht ist, befindet sich noch eine Reihe Gaslampen (Pintsch) in der Mitte des Wagens, die aber nur im
                              									Notfall gebraucht werden. Jeder Wagen ist mit zwei elektrischen Ventilatoren
                              									versehen, die den Betriebstrom von der Beleuchtungsanlage erhalten.
                           Die Ausstattung des Inneren ist einfach, aber durchaus nicht ärmlich. Die Wandflächen
                              									haben, soweit sie neben den grossen Fenstern noch vorhanden sind, Mahagonitäfelung;
                              									auf die Formgebung der Fenster und der Decke mit dem sehr geräumigen Lichtaufbau ist
                              									viel Sorgfalt verwendet. Die Sitze sind mit grünem Plüsch gepolstert; nur im
                              									Rauchwagen sind sie mit schwarzem Leder überzogen. Auffällig und sehr nachahmenswert
                              									ist 'die starke Abrundung aller Ecken und Kanten, an die man sich stossen
                              									könnte.
                           Der letzte Wagen des Zuges, ein von den Pullmanwerken in
                              									Buffalo (früher Wagner Palace Car Co.) erbauter
                              									Salonwagen, Parlor Car, übertrifft in Länge und Gewicht
                              									die anderen Wagen des Zuges; er ist 24,8 m lang und wiegt nicht weniger als 52,8
                              										t.Der schwerste Wagen
                                    											von des deutschen Kaisers Hofzug wiegt rd. 48 t (vereinigter Speise- und
                                    											Küchenwagen). Die dreiachsigen Drehgestelle sowie die Ausrüstung
                              									des Wagenrahmens usw. entspricht der normalen Bauart der Pullmanwagen (s. unten). Die innere
                              									Einteilung, die besonders für den „Empire State Express“ entworfen ist,
                              									umfasst einen Hauptsalon mit 22 drehbaren Sesseln und 6
                              									beweglichen, grün gepolsterten Stühlen, einen kleineren Salon mit Sopha und zwei
                              									Stühlen in stahlblauer Farbe, einen Waschraum für Damen, ein Rauchzimmer mit roten
                              									Ledersitzen und einen zweiten Waschraum. Die hintere Plattform ist als
                              									Aussichtsplatz ausgebildet, d.h. sie ist sehr geräumig gehalten und ringsum mit
                              									einem Messinggeländer versehen, sonst aber vollständig offen. Die Reisenden können
                              									hier während der Fahrt auf Feldstühlen sitzen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 515
                              Fig. 93. Normaler Personenwagen des „Empire State
                                    
                                    										Express“-Zuges.
                              
                           Die Ausstattung der einzelnen Räume ist entsprechend den Polstersitzen in
                              									verschiedenen Farben gehalten; die Wände sind mit gefärbter Holztäfelung versehen,
                              									die Fussböden mit passenden Teppichen belegt.
                           Die Beleuchtung des Wagens geschieht ebenfalls durch Elektrizität und Gas; die
                              									Beleuchtungskörper sind vereinigt und künstlerisch gut ausgestattet, Ventilatoren
                              									sind reichlich vorgesehen.
                           Einen zweiten vollständigen Personenzug führte die
                           
                              American Car and Foundry Co.
                              
                           vor, eine Vereinigung von 19 grossen Wagenfabriken
                              									Nordamerikas, die alle Arten von Eisenbahnfahrzeugen, hauptsächlich aber Güterwagen
                              										herstellt.Ueber die
                                    											Leistungsfähigkeit dieser im Jahre 1899 gegründeten Gesellschaft geben
                                    											folgende Zahlen Auskunft. In ihren gesamten Werkstätten können jährlich
                                    											hergestellt werden:100000Güterwagen,1000Personenwagen,4000t Achsen,1500000Räder,125000t Eisen in Barren,30000t Rohre,175000t sonstiger Guss.Besonderes Gewicht legt die Gesellschaft zur Zeit auf die Herstellung von
                                    											eisernen Güterwagen, von denen sie jährlich über 25000 Stück herzustellen
                                    											vermag. Die verschiedenen Fabriken sind über das ganze Land verteilt, so
                                    											dass stets günstige Transportwege und kurze Lieferzeiten möglich
                                    										sind. Der ausgestellte Zug war ein Personenzug der Missouri Pacific Railway, hergestellt in den
                              									Werkstätten zu St. Charles, Mo. Er bestand aus sechs Wagen, nämlich einem
                              									Staats-Postwagen, einem normalen Gepäck- und Express- (Paketbeförderungs-)wagen,
                              									zwei normalen Personenwagen, einem Chaircar, d.h. Personenwagen mit verstellbaren
                              									Lehnsesseln, und einem Speisewagen. Alle diese Fahrzeuge waren rund 19 m lang; mit
                              									Ausnahme der beiden gewöhnlichen Personenwagen hatten alle dreiachsige Drehgestelle,
                              									deren Ausführung der bekannten amerikanischen entspricht.s. z.B. „Drehgestelle für
                                       												Schnellzugwagen“, Erg.-Bd. zu Glasers
                                    											Annalen, Berlin, 1904.
                           Das Rahmenwerk der Fahrzeuge ist verhältnismässig stark gehalten; insbesondere ist
                              									überall Rücksicht auf besondere Festigkeit an den Stirnwänden genommen worden –
                              									durch eingelegte Eisenbalken und Eckversteifungen des im übrigen ganz aus Holz
                              									gebauten Gestelles. Diese Bauart, nach dem Vorgehen der Pullman-Werke Anti-Telescoping Construction genannt, soll sich bei
                              									Zusammenstössen recht bewährt und dem bekannten Ineinanderschieben der langen Wagen
                              									vorgebeugt haben.
                           Die Beleuchtung ist ähnlich wie bei den schon erwähnten Wagen doppelt ausgeführt:
                              									elektrische Beleuchtung mit Dynamomaschine und Riementrieb von der Achse, (Consolidated Railway Electric Lighting & Equipment
                                 										Co., New-York), dazu die Einrichtungen zur Beleuchtung mit Gas von der Safety Car Heating and Lighting Co. (die amerikanische
                              										Pintsch-Gesellschaft), New-York. Auch die Heizung
                              									ist 'in doppelter Weise ausgeführt: jeder Wagen mit Ausnahme des Gepäckwagens
                              									besitzt eine Anlage für Warmwasserheizung mit eigenem Ofen; ausserdem aber ist die
                              									Möglichkeit gegeben, sowohl unmittelbar mit Lokomotivdampf zu heizen als auch diesen
                              									zur Erwärmung des Heizwassers heranzuziehen.
                           Ueber die innere Einrichtung der einzelnen Wagen ist noch folgendes erwähnenswert.
                              									Bei dem Postwagen ist besonders auf Helligkeit gesehen worden. Die Fenster sind
                              									gross und weit hinauf bis an das Dach geführt; die Decke und alle Wandflächen sind
                              									weiss gestrichen. Die Einrichtung für den Postdienst ist verhältnismässig einfach,
                              									da ja nur die Briefbeförderung in Frage kommt; sie besteht hauptsächlich in
                              									Gestellen zum Aufhängen der Briefbeutel und in Verteilungsbriefkästen, die z. T.
                              									beweglich ausgebildet sind, um hinter ihnen befindliche Kleiderschränke sowie
                              									Durchgangstüren nach den benachbarten Wagen zugänglich zu machen. Auf diese Weise
                              									sind alle Wandflächen für die Verteilungsbriefkästen ausgenutzt. Die sehr
                              									einfache Aufnahmevorrichtung von Briefbeuteln während der Fahrt fehlt
                              									selbstverständlich nicht. Ein sehr reichlich bemessener Waschraum mit
                              									Trinkwasserversorgung ist vorgesehen.
                           Bei dem Gepäckwagen befindet sich die Heizungsanlage, die Wascheinrichtung, sowie ein
                              									Schreibpult in der Mitte des ganzen Wagens, so dass auf diese Weise eine Trennung
                              									des Inneren in zwei grosse Räume erfolgt, die für Gepäck- bezw. Paketbeförderung
                              
                              									dienen.
                           Die beiden gewöhnlichen Personenwagen haben je 72 Sitzplätze, in derselben Weise
                              									angeordnet wie bei den Wagen der New York Central R. R.
                              									Die Ausstattung in maurischem Stil ist recht reich gehalten; Polsterung und Vorhänge
                              									scheinen mehr für einen Luxuswagen als für einen gewöhnlichen Personenwagen
                              									geeignet. Auch die Fenster dieser Wagen sind künstlerisch durchgebildet; über je
                              									zwei breiten unteren Scheiben befindet sich noch ein halbelliptisch begrenztes
                              
                              									Fenster aus bunten Gläsern in Bleifassung. Zum Schütze gegen Verschmutzung ist
                              									dieses obere Fenster von aussen mit gewöhnlichem Glas verdeckt. Auch die unteren
                              									Fenster sind als Doppelfenster ausgeführt (was sich sonst nur in den besseren Pullman-Wagen vorfindet), um jeden Luftzug möglichst
                              									auszuschliessen und eine bessere Wärmeisolation zu schaffen. Im ganzen machten diese
                              									Personenwagen einen recht angenehmen Eindruck.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 516
                              Fig. 94. Blick in einen „Free Reclining Chair Car“.
                              
                           Der Chair Car, Lehnstuhlwagen, in den Fahrplänen meist unter der Bezeichnung „free reclining chair car“ zu finden, ist ein
                              									Wagen, der in vielen Zügen des amerikanischen Westens zu finden ist und als
                              									Mittelding zwischen den gewöhnlichen Personenwagen und den Pullman-Luxuswagen gelten kann. Er hat seinen Namen von den Sitzplätzen,
                              									die als Einzel-Armsessel ausgebildet und mit einer Einrichtung versehen sind, welche
                              									die Lehne weit zurückzulegen gestattet, so dass der Reisende eine mehr liegende als
                              									sitzende Stellung einnimmt (Fig. 94). Da die Lehnen
                              									dieser Stühle gleichzeitig höher als die der Bänke in den gewöhnlichen Wagen sind,
                              									so ist eine lange Fahrt hier allerdings bei weitem nicht so ermüdend als auf den
                              									gewöhnlichen, im allgemeinen etwas engen und niedrigen Sitzen. Diese Wagen sind den
                              									Reisenden ohne Zuschlag zugänglich und erfreuen sich naturgemäss einer grossen
                              									Beliebtheit. Bei dem ausgestellten Wagen waren 54 Plätze vorgesehen, deren Anordnung
                              									ganz derjenigen der Bänke in den anderen Wagen entspricht, d.h. es stehen immer zwei
                              									Stühle nebeneinander an jeder Wagenseite, so dass in der Mitte ein Gang bleibt wie
                              									in Fig. 93. Die Lehnen dieser Sitze sind ebenso wie
                              									der gewöhnlichen Bänke je nach der Fahrtrichtung umstellbar. Ausser den Waschräumen
                              									an beiden Enden des Wagens ist noch ein kleines Rauchzimmer vorgesehen. Auch die
                              									Ausstattung dieses Wagens war ungewöhnlich reich.
                           Der Speisewagen des ausgestellten Zuges war insofern abweichend von der gewöhnlichen
                              									Anordnung, als er
                              									ausser dem grossen Speiseraum noch eine kleinere Abteilung (mit Tisch und sechs
                              									Plätzen) enthielt, die von dem Seitengang durch Vorhänge abschliessbar war. Im
                              									grossen Speiseraum hatten 24 Personen Platz (es waren vier Tische mit je vier, und
                              									vier Tische mit je zwei Plätzen vorgesehen – in der üblichen Anordnung). An den
                              									Enden der Speiseräume waren Vorrats- und Eisschränke aufgestellt, die äusserlich
                              									kaum als solche kenntlich wurden.
                           Anrichteraum und Küche waren mit einer grossen Reihe von Bequemlichkeiten für den
                              									Dienst ausgestattet (Eisbehälter, Speiseeisschrank, Wasserkühler, Wasserfilter.
                              									Tellerwärmer, Kaffeemaschine usw.); über den Tischen befanden sich bis ans Dach
                              									hinauf Vorratsschränke, ebenso waren unter dem Wagen durch Bodenklappen zugängliche,
                              									geräumige Kästen für Esswaren und Heizmaterial angebracht. Die Wasserversorgung
                              									bestand in einem Leitungssystem, das von einem Wasserbehälter unter dem Wagen durch
                              									Pressluft (von der Luftbremse) betätigt ward; für die Küche waren ausserdem drei
                              									Behälter auf dem Dach des Wagens aufgestellt, hauptsächlich für Spülwasser. Bei
                              									der Länge der Fahrten, die ein solcher Wagen zurückzulegen hat, sind die
                              									aussergewöhnlich gross bemessenen Vorratsräume erklärlich.
                           Die Lüftung des Wagens war in besonderer Weise durchgebildet. Ausser fünf
                              									Ventilatoren in den Speiseräumen und einigen Lüftungsklappen waren noch besondere
                              									elektrische Ventilatoren im Dach angebracht, die ständig Luft zuführten bezw.
                              									absaugten. Das mag sehr reichlich erscheinen, aber trotzdem kann die Fahrt über die
                              									heissen Sandstrecken der Prairie noch fast unerträglich werden.
                           Die künstlerische Ausschmückung war ähnlich wie bei den anderen Wagen; die Vorhänge
                              									bestanden aus grüner Seide, der hochgewölbte Oberlichtaufbau war wie die Wände in
                              									mattgrünem Ton gehalten. Die Stühle waren mit gepresstem Leder bezogen, für alle
                              									Metallteile ein dunkler Bronzeton gewählt.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)