| Titel: | Kinetik und Kinetostatik des Schubkurbelgetriebes. | 
| Autor: | Hermann Meuth | 
| Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 533 | 
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                        Kinetik und Kinetostatik des
                           								Schubkurbelgetriebes.
                        Von Dr. ing. Hermann Meuth,
                           								Karlsruhe.
                        (Fortsetzung von S. 519 d. Bd.)
                        Kinetik und Kinetostatik des Schubkurbelgetriebes.
                        
                     
                        
                           
                              Ausgleich der von den bewegten Massen herrührenden
                                 										Reaktionen.
                              
                           Die vom Kolbendruck herrührenden Reaktionen finden ihren Ausgleich durch Vermittlung
                              									des Maschinenrahmens in den gleich grossen Drucken auf die Zylinderdeckel. Die
                              									sogen. freien Massenkräfte dagegen suchen die Maschine auf ihrem Fundament zu
                              									verschieben und zu verdrehen. Bei grossen Geschwindigkeiten wird es notwendig,
                              									dieses durch Ausgleich der Massenkräfte zu verhindern. Vollkommen würde ein
                              									Ausgleich der die Ortsveränderung der Maschine verursachenden Kräfte und Momente nur
                              									durch die Anordnung von Massen möglich sein, welche eine entgegengesetzte und nach
                              
                              									demselben Gesetze veränderliche Bewegung haben, wie die Massen des Getriebes, so
                              									dass der Schwerpunkt der ganzen bewegten Masse seine Lage nicht ändert. Man begnügt
                              									sich indessen für den Ausgleich mit der Anbringung rein rotierender Massen im
                              									Kurbelkreis, wenn auch, wie bei einer liegenden Maschine, die Horizontalkomponente
                              									der Bewegung einer solchen Masse nicht genau der Bewegung des Getriebes entspricht
                              									und durch die Vertikalkomponente neue Massenkräfte erzeugt werden, welche aber den
                              									senkrechten Lagerdruck in einer nicht schädlichen Weise beeinflussen. Letzteres gilt
                              									auch bei stehenden Maschinen für die freien Massenkräfte in Richtung der
                              									Kolbenbewegung; würde man hier Ausgleichsmassen anwenden, so würden die viel
                              									gefährlicheren horizontalen Kräfte entstehen. Man könnte damit zwar gleichzeitig
                              									einen für die Gleichförmigkeit des Ganges nützlichen Gewichtsausgleich der
                              									Getriebeteile erzielen, was aber besser durch Verschiedenheit der Füllung auf der
                              									Kurbel- und Deckelseite erreicht wird. – Von dem Ausgleich der Massen-Kräfte bei
                              									Mehrkurbelmaschinen ist bei der Besprechung des Ausgleichs der Gesamtreaktionen
                              									später die Rede.
                           
                        
                           
                              b) Reaktion der Kreuzkopfführung.
                              
                           In der Kreuzkopfführung tritt eine Reaktion nur in einer Richtung senkrecht zur
                              									Kolbenbewegung auf, da in der Kolbenstangenrichtung keine Stützung stattfindet. Der
                              									Druck auf die Gleitbahn wird, abgesehen von den Gewichten, durch die Lenkstange in
                              									ihrer Schräglage erzeugt. Fasst die Lenkstange den Kreuzkopf nicht in dessen
                              									Mittelpunkt, so tritt noch eine Verdrehung der Führung ein, von welcher aber im
                              									folgenden abgesehen werde.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 533
                              Fig. 6.
                              
                           Zur Bestimmung der Reaktion wird eine Trennung des Fundamentrahmens durch den in Fig. 6 angedeuteten Schnitt angenommen, so dass sich
                              									die Führung gegenüber dem festen Kurbellager um einen Betrag u senken kann. Die lebendige Kraft des so in seiner Bewegung erweiterten
                              
                              									Getriebes ist
                           
                           L=\frac{1}{2}\,\dot{\varphi}^2\,[(M_1+M_2+M_3)\,r^2]+\frac{l^2}{2}\dot{\eta'}^2\,(M_2+b\,M_3)-l\,r\,\dot{\varphi}\,\dot{\eta'}\,\mbox{cos}\,(\varphi+\eta')\,(M_2+a\,M_3),
                           da die Koordinaten eines Schubstangenpunktes in bezug auf XY
                           x = r cos φ + z cos η' und
                              										y = r sin φ – z sin η'
                           sind.
                           Die Konnexbedingung des erweiterten Getriebes lautet
                           r sin φ =
                              										l sin η' – u
                           und daraus folgt
                           \dot{\eta}'=\lambda\,\mbox{cos}\,\varphi\,\dot{\varphi}+\frac{\dot{u}}{l} und \mbox{cos}\,(\varphi+\eta')=cos\,\varphi-\lambda\,\mbox{sin}^2\,\varphi-\frac{u}{l}\,\mbox{sin}\,\varphi
                              								
                           wenn, wie früher die Annäherung cos η = 1 ∾ cos η' eingeführt wird. Hiermit
                              									wird
                           
                              L=\frac{1}{2}\,\dot{\varphi}^2\,(M_1+M_2+M_3)\,r^2
                              
                           
                              +\frac{M_2+b\,M_3}{2}\,(r^2\,\mbox{cos}^2\,\varphi\,\dot{\varphi}^2+2\,r\,\dot{\varphi}\,\dot{u}\,\mbox{cos}\,\varphi+\dot{u}^2)
                              
                           
                              -(M_2+a\,M_3)\,l\cdot r\,\dot{\varphi}\,\left(\lambda\,\mbox{cos}\,\varphi\,\dot{\varphi}+\frac{\dot{u}}{l}\right)
                              
                           \left(\mbox{cos}\,\varphi-\lambda\,\mbox{sin}^2\,\varphi-\frac{u}{l}\,\mbox{sin}\,\varphi\right) . . . . . . 2b)
                           Die Ausführung der Differentiation nach u ergibt die
                              									Bewegungsgleichung für den Kreuzkopf; für u = o erhält man daraus die Grösse der Reaktion
                           
                              R_u=r\,\ddot{}varphi}\,\left[\frac{M_2+a\,M_3}{2}\,\lambda-(a-b)\,M_3\,\mbox{cos}\,\varphi\right
                              
                           
                              \left-\left(\frac{M_2+a\,M_3}{2}\right)\,\lambda\,\mbox{cos}\,2\,\varphi\right]+r\,\dot{\varphi}^2\,\left[(a-b)\,M_3\,\mbox{sin}\,\varphi\right
                              
                           \left+(M_2+a\,M_3)\,\frac{\lambda}{2}\,\mbox{sin}\,2\,\varphi\right]-Q_n.
                           Die Summe der äusseren Kräfte Qu erhält man wieder unter Anwendung des Prinzips der
                              									virtuellen Arbeiten:
                           ΣK1δx + ΣK2δy = Qu . δu.
                           Führen wir wieder wie auf S. 503 einen Neigungswinkel der Gleitbahn gegen die
                              									Horizontale = γ ein, so gilt für den
                              									Kreuzkopfzapfen:
                           x = r cos (φ + γ) + l cos
                              										(η' – γ)
                           und
                           y = r sin (φ + γ) – l sin (η –
                                 										γ)
                           daraus δx = – tg η δu, wenn tg η' = tg η gesetzt wird.
                           Die einzige Horizontalkraft in der X-Richtung ist der Kolbendruck – P = K1; senkrecht K2
                              									= – M2gWieviel von dem
                                       												Gewicht der hin- und hergehenden Teile bei liegenden Maschinen durch den
                                       												Kreuzkopf oder durch den Zylinder getragen wird, müsste durch eine
                                       												besondere Untersuchung festgestellt werden. mit δy = (– cos γ – sin γ tg η) δu für die
                              									Lenkstange: im Schwerpunkt derselben greift die Schwerkraft – M3
                              									g = K2 an, K1 = o.
                           Hierfür ist
                           
                              \begin{array}{rcl}\lambda\,y&=&\left(-\frac{z'_0}{l}\,\mbox{cos}\,\gamma-\frac{z'_0}{l}\,\mbox{sin}\,\gamma\,\mbox{tg}\,\eta\right)\,\delta\,u\\
                                 &=&-a\,(\mbox{cos}\,\gamma+\mbox{sin}\,\gamma\,\mbox{tg}\,\eta)\,\delta\,u. \end{array}
                              
                           Sonach ist
                           Q = P tg η + M2g (cos γ + sin γ tg η)
                                                + M3ga (cos γ + sin γ tg η)
                           für liegende Maschinen γ = 0°
                           Q1 =
                              										P tg η + M2g+M3g . a,
                           für stehende Maschinen γ =
                              									90°
                           Qst =
                              										P tg η + M2g tg η + M3ga tg η
                                                                    =
                                 										(P + M2g+M3ga) tg η
                           Dieses Resultat hätte man in dem vorliegenden einfachen Falle auch direkt anschreiben
                              									können. Die Anwendung des Prinzips der virtuellen Arbeiten gibt aber, besonders bei
                              									komplizierterer geometrischer Konfiguration des Getriebes, eine sichere Prüfung für
                              									die Richitgkeit der Vorzeichen.
                           Die aus der Bewegung entstehenden Kräfte, welche zur Reaktion Ru einen Beitrag liefern, rühren her von
                              									den Trägheitskräften der Lenkstange senkrecht zu ihrer Achse, dann auch von den
                              									Trägheitskräften der Lenkstange und der Masse M2 in Richtung der Kolbenbewegung, welche infolge der
                              									Schräglage der Stange eine Komponente senkrecht zur Gleitbahn liefern.
                           Das im Vorstehenden angewandte Verfahren ermöglichte die getrennte Ermittlung der Einzelreaktionen im Kurbellager und im Kreuzkopf.
                              									Die Horizontalreaktion im Kurbellager hätte auch leicht unter Anwendung des d'Alembertschen Prinzips angegeben werden können; sie
                              									setzt sich aus dem Kolbendruck und dem horizontalen Beschleunigungsdruck des
                              									Gestänges zusammen. Dagegen lässt sich die Vertikalreaktion im Kurbellager und im
                              									Kreuzkopf, wohl in ihrer Summe, aber nicht in den Einzelwerten auf diese Weise
                              									ermitteln, sie ist gleich der Vertikalkomponente des Kolbendruckes aus der
                              									senkrechten: Beschleunigungskraft des Gestänges. Die Vertikalkomponente des
                              									Kolbendruckes hat am Kurbellager und am Kreuzkopf dieselbe Grösse und
                              									entgegengesetzte Richtung. Für die Verteilung der vertikalen Beschleunigungskraft
                              									des Gestänges auf das Kurbellager und den Kreuzkopfzapfen gibt LorenzDynamik
                                       												der Kurbelgetriebe, S. 20. an, dass man die auf diese
                              									Punkte entfallenden Einzelreaktionen durch Anwendung des Satzes von den statischen
                              									Momenten finden könne. Das würde aber eine Massenverlegung in einen Punkt des
                              									Getriebes zur Voraussetzung haben, was mit einer konstanten reduzierten Masse
                              									unmöglich ist. Die Anwendung des Momentensatzes muss daher auf andere Werte der
                              									Einzelreaktionen führen, als wir sie oben gefunden haben. Uebrigens ist der
                              									Unterschied nicht sehr gross und könnte allein die Anwendung der Lagrangeschen Methode in diesem Falle noch nicht
                              									rechtfertigen, wenn nicht gerade die Einfachheit des Kurbelgetriebes besonders dafür
                              									geeignet erschiene, die Leistungsfähigkeit der Lagrangeschen Mechanik in der dargelegten Richtung zu erkennen und sich mit
                              									derselben vertraut zu machen.
                           Nebenbei sei bemerkt, dass Lorenz die Unsicherheit
                              									seines vorgeschlagenen Weges gefühlt zu haben scheint, sonst wäre die Bemerkung, die
                              									er bei der Besprechung der Reaktionen hinzufügt, nicht recht verständlich, dass
                              									selbst bei völlig bekannten Werten der Massen und Geschwindigkeiten eine
                              									zahlenmässige Angabe der Einzelreaktionen unmöglich sei.
                           
                              Beispiel.
                              
                           Im folgenden soll für das Kurbelgetriebe einer einzylindrigen Dampfmaschine ein
                              									Zahlenbeispiel durchgerechnet werden. Es lassen sich dabei mehrere Fragen erörtern,
                              									über die man erst nach Angabe zahlenmässiger Grössen ein Urteil gewinnt. Hieran
                              									werden sich noch einzelne Bemerkungen anschliessen, die mit dem Kurbelgetriebe in Zusammenhang
                              									stehen.
                           Damit für das Zahlenbeispiel die Geschwindigkeitsschwankungen nicht zu klein
                              									ausfallen und ihr Einfluss auf das Drehmoment an der Kurbel und auf die Reaktionen
                              									überhaupt zu erkennen ist, erschien es zweckmässig, die Grösse der Schwungmasse
                              									gegenüber der Masse der hin- und hergehenden Teile, abweichend von normalen
                              									Verhältnissen, nicht zu sehr überwiegen zu lassen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 535
                              Fig. 7. Indikatordiagramm.Druckmasstab 7,64 mm = 1 kg.
                              
                           Es werde eine liegende Einzylindermaschine mit Kondensation zugrunde gelegt, welche
                              
                              									bei 85 Umdrehungen i. d. Minute und einem absoluten Dampfdruck von 6 Atm. eine
                              									Nutzleistung von 300 PS aufweist. Ein Satz Indikatordiagramme der Kurbel- und
                              									Deckelseite liegt vor (Fig. 7). Die Gewichte der
                              									Triebwerksteile betragen:
                           
                              
                                 Kolben 600 Dmr. mit Ringen und Mutter
                                 300 kg,
                                 
                              
                                 Kolbenstange
                                 130  „
                                 
                              
                                 Kreuzkopf mit Zapfen
                                 370  „
                                 
                              
                                 Lenkstange, 3 m lang
                                 660  „
                                 
                              
                                 Kurbel mit Zapfen
                                 260  „
                                 
                              
                           Der Kurbelradius r beträgt 0,6 m; der
                              									Schwerpunktsabstand der Kurbel von der Wellenmitte k' =
                              									0,4 m, das Verhältnis der Kurbel- zur Lenkstangenlänge \lambda=\frac{1}{5}.
                           Das Gewicht des Schwungrades, ferner der Welle, der Kurbel und sonstiger rotierender
                              									Teile betrage auf den Kurbelzapfen reduziert insgesamt 5000 kg.
                           Es ist daher
                           M1 =
                              									500,
                           M2 =
                              									80,
                           M3 =
                              									66.
                           Nach der Tabelle auf S. 469 werde der Schwerpunktsabstand der Lenkstange vom
                              									Kurbelzapfen z'o = 1,05
                              									m mit a = 0,35 und deren Trägheitsradius mit bezug auf
                              									den Kurbelzapfen z' = 1,65 m mit b – 0,3 angenommen.
                           Die lebendige Kraft des Triebwerks ist dann nach Gleichung 2)
                           L=0,18\,\left(\frac{d\,\varphi}{dt}\right)^2\,(593+10,3\,\mbox{cos}\,\varphi-53\,\mbox{cos}\,2\,\varphi-10,3\,\mbox{cos}\,3\,\varphi).
                           Vernachlässigen wir noch die Glieder mit cos φ und. cos 3 φ gegenüber
                              									dem konstanten Glied, so wird
                           L=0,18\,\left(\frac{d\,\varphi}{dt}\right)^2\,(593-53\,\mbox{cos}\,2\,\varphi).
                           Die Bestimmung der Kurbelgeschwindigkeit \frac{d\,\varphi}{dt} aus der Energiegleichung
                              
                              									erfordert zunächst die Aufstellung des analytischen Ausdrucks für die äusseren
                              									Kräfte: für die Gewichte der Getriebeteile, den Dampfdruck und den Widerstand.
                              									Die Gewichte sind bekannte Grössen, der Widerstand soll zunächst, tangential im
                              									Kurbelkreis wirkend, während der Dauer einer Umdrehung konstant angenommen werden.
                              									Den Verlauf des Dampfdruckes geben die Indikatordiagramme der Kurbel- und
                              									Deckelseite. Um diesen Verlauf analytisch darzustellen, und zwar in Abhängigkeit vom
                              									Drehwinkel der Kurbel, bilden wir die Tangentialkomponente des Dampfdruckes P im Kurbelkreis mit Hilfe der Beziehung auf S. 504
                           
                              T=P\,\frac{\mbox{sin}\,(\varphi+\eta)}{\mbox{cos}\,\eta}
                              
                           unter Benutzung der Tabelle auf 504 oder in der in Fig. 9 angedeuteten Weise, nachdem wir zuvor den
                              									Betrag für die Reibung schätzungsweise in Abzug gebracht haben.Streng genommen hätte die Bestimmung der
                                    											Tangentialdrucke aus den Kolbendrucken auch unter Berücksichtigung der
                                    											Abweichungen der Kräfte von den durch die Konfiguration des Getriebes
                                    											bestimmten Richtungen, welche durch die Grösse des Reibungswinkels gegeben
                                    											sind, zu geschehen. Im vorliegenden Fall begnügen wir uns jedoch, die
                                    											Gesamtreibungsarbeit = 0,1 der indizierten Arbeit mit einem konstanten
                                    											Betrag für Kolben, Stopfbüchse und Kreuzkopf zu 60 v. H. und mit einem vom
                                    											Kolbendruck abhängigen Betrag für Kurbel- und Wellenzapfen zu 40 v. H. von
                                    											der Kolbenkraft in Abzug zu bringen. Die so bestimmten Werte der
                              									Tangentialkomponente tragen wir auf der Basis des abgewickelten Kurbelkreises als
                              									Ordinaten auf und erhalten damit das weiterhin zu analalysierende
                              									Tangentialdruckdiagramm in Fig. 10.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 535
                              Fig. 8. Kolbenüberdruck.Druckmasstab 15,28 mm = 1 kg.
                              
                           Bei der harmonischen Analyse des Tangentialdruckdiagrammes, d. i. der Zerlegung
                              									desselben in einzelne Kraftschwingungen von bekannter Gesetzmässigkeit, mögen in der
                              									periodischen Reihe noch die Glieder mit 4 φ
                              									berücksichtigt werden. Der Tangentialdruck stellt sich hiernach dar durch die
                              									Reihe
                           T = A0+ A1 cos φ + A2 cos 2 φ + A3 cos 3 φ + A4 cos 4 φ
                                        + B1 sin φ + B2 sin 2 φ + B3 sin 3 φ + B4 sin 4 φSind die Diagramme für Hin- und Rückgang
                                       												gleich, so verschwinden die Glieder mit ungeraden Koeffizienten; sie
                                       												drücken also die Ungleichheiten beider Diagrammhälften aus, welche von der
                                       												endlichen Schubstangenlänge und der Verschiedenheit der Füllungen
                                       												herrühren.
                           
                           Die Koeffizienten dieser Reihe werden so bestimmt, dass der durch die Reihe
                              									dargestellte Verlauf des Tangentialdruckes in den Hauptpunkten die gleichen
                              									Ordinaten wie das vorliegende Diagramm zeigt. Als charakteristische Punkte sind zu
                              									betrachten die Werte des Tangentialdruckes in den Totlagen bei 0 und π, dessen
                              									Maxima bei \frac{\pi}{3} und \frac{4\,\pi}{3} und Minima bei \frac{11\,\pi}{12} und \frac{23\,\pi}{12}.
                              									Weiter wurden noch die Punkte \frac{\pi}{2} und \frac{3\,\pi}{2} gewählt. – Das
                              									Tangentialdruckdiagramm erstreckt sich über eine volle Umdrehung, der abgewickelte
                              									Kurbelkreis ist in 24 gleiche Teile geteilt. – In den angegebenen 8 Punkten wird die
                              									Grösse des Tangentialdruckes dem Diagramm entnommen, womit für einen bestimmten Wert
                              										φ die Grösse T bekannt
                              									ist. Man kann daher zur Bestimmung der Koeffizienten mit Benutzung der im Anhang
                              									beigefügten Tabelle die 8 Gleichungen anschreiben:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 536
                              Fig. 9. Zur Bestimmung der Tangentialkomponente des Dampfdruckes.
                              
                           T1= A0+ A1+ A2+ A3+ A4 = 0 . . . . 1)
                           T_2A_0+\frac{A_1}{2}-\frac{A_2}{2}-A_3-\frac{A_4}{2}+\frac{B_1}{2}\,\sqrt3+\frac{B_2}{2}\,\sqrt3-\frac{B_4}{2}\,\sqrt3=11500 . . . . . . . 2)
                           T3 =
                              										A0
                              									– A2
                              									+ A4
                              									+ B1
                              									– B3 = 5750 . . .
                              									3)
                           T_4=A_0-0,966\,A_1+\frac{A_2}{2}\,\sqrt3-\frac{A_3}{2}\,\sqrt2+\frac{A_4}{2}-0,259\,B_1-\frac{B_2}{2}+\frac{B_3}{2}\,\sqrt2-\frac{B_4}{2}\sqrt3=-700 4)
                           T5 = A0
                              									– A1 + A2 – A3
                              									+ A4 = 0 . . . . 5)
                           T_6=A_0-\frac{A_1}{2}-\frac{A_2}{2}+A_3-\frac{A_4}{2}-\frac{B_1}{2}\,\sqrt3+\frac{B_2}{2}\,\sqrt3-\frac{B_4}{2}\,\sqrt3=9500 6)
                           T7 =
                              										A0
                              									– A2
                              									+ A4
                              									– B1+ B3 = 5750 . . .
                              									7)
                           T_8=A_0+0,966\,A_1-\frac{A_2}{2}\,\sqrt3+\frac{A_3}{2}\,\sqrt2+\frac{A_4}{2}+0,259\,B_1-\frac{B_2}{2}-\frac{B_3}{2}\,\sqrt2-\frac{B_4}{2}\,\sqrt3=980 8)
                           Ausserdem liefert die Forderung der Flächengleichheit mit dem gegebenen Diagramm den
                              									Wert von A0 aus
                           F=\int_0^{2\,\pi}\,T\,d\,\varphi=A_0\cdot 2\,\pi,
                           da die periodischen Glieder bei der Integration von 0 bis 2 π verschwinden. Ao ist eben der mittlere Wert des Tangentialdruckes
                              									während einer Umdrehung = 4200 kg. Durch Zusammenfassen entsprechender Gleichungen,
                              									z.B. von 1 und 5, 2 und 6 usw., und durch Addition und Subtraktion derselben erhält
                              									man ohne Mühe die Koeffizienten
                           A1 =
                              									620, A2
                              									= – 2870, A3
                              									= – 620, A4
                              									= – 1330,
                           B1 =
                              									520, B2 = 4470, B3 = 520, B4
                              									= – 390.
                           Damit lautet die Reihe für den Tangentialdruck:
                           
                              
                                 T = 4200
                                 + 620 cos φ – 2870 cos 2 φ
                                 
                              
                                 
                                 – 620 cos 3 φ – 1330 cos 4 φ
                                 
                              
                                 
                                 + 520 sin φ + 4470 sin 2 φ
                                 
                              
                                 
                                 + 520 sin 3 φ – 390 sin 4 φ,
                                 
                              
                           wofür man auch unter Einführung eines Phasenwinkels schreiben
                              									kann:
                           
                              
                                 T = 4200
                                 + 810 cos (φ – 40°) – 5320
                                 
                              
                                 
                                 cos 2 (φ + 28 ¾°) – 810
                                 
                              
                                 
                                 cos 3 (φ + 13 ⅛) – 1385
                                 
                              
                                 
                                 cos 4 (φ – 4 ⅛°).
                                 
                              
                           Das unregelmässige Tangentialdruckdiagramm erscheint hiernach
                              									aufgelöst in einen konstanten Teil und in 4 Cosinusschwingungen, die in ihrer Phase
                              									gegeneinander verschoben sind. Die Annäherung an den wirklichen Verlauf ist, wie
                              										Fig. 10 zeigt, eine ausreichende; die
                              									Abweichungen beschränken sich auf Stellen von untergeordneter Bedeutung.
                           Der Widerstand soll unserer Voraussetzung nach konstant sein; im Beharrungszustand,
                              									der bei der ganzen Untersuchung betrachtet wird, ist er dann gleich dem mittleren
                              									Tangentialdruck = 4200 kg. Das Drehmoment, welches die Gewichte der Triebwerksteile
                              									liefern, ist
                           – (Gkk' + M3g . r(1 – a)) cos φ = – 360 cos φ.
                           Mithin ist das Moment der äusseren Kräfte
                           
                              
                                 
                                    Q =
                                    
                                 0,6 (20 cos φ – 2870 cos 2 φ – 620 cos 3 φ
                                 
                              
                                 
                                 – 1330 cos 4 φ + 520 sin φ + 4470 sin 2 φ
                                 
                              
                                 
                                 + 520 sin 3 φ = 390 sin 4 φ)
                                 
                              
                           und
                           
                           \int_0^{\varphi}\,Q\,d\,\varphi=1700-310\,\mbox{cos}\,\varphi-1340\,\mbox{cos}\,2\,\varphi,
                           – 100 cos 3 φ + 60 cos 4 φ – 860 sin 2 φ
                           – 120 sin 3 φ – 200 sin 4 φ.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 537
                              Fig. 10.
                              Tangentialkomponente des
                                 										Dampfdruckes am Kurbelzapfen; Analysiertes Tangential-Diagramm;
                                 										Tangentialkomponente des Massendruckes um die Abszissenachse geklappt;
                                 										Tangentialkomponente der Gewichte um die Abszissenachse geklappt.
                              
                           Aus der Energiegleichung folgt dann
                           
                              \left(\frac{d\,\varphi}{dt}\right)^2=\frac{L_0+\int_0^{\varphi}\,E\,d\,\varphi}{0,18\,(593-53\,\mbox{cos}\,2\,\varphi)}
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 537
                              Fig. 11. Quadrat der Winkelgeschwindigkeit im Kurbelkreis.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 537
                              Fig. 12. Winkelbeschleunigung.
                              
                           
                           
                              
                              =\frac{97\,\left(\frac{d\,\varphi}{dt}\right)_0^2+\int_0^{\varphi}\,Q\,d\,\varphi}{105\,(1-0,09\mbox{ cos }2\,\varphi)}
                              
                           Die Auflösung dieses Wertes ergibt mit der Annäherung
                           \frac{1}{1-0,09\mbox{ cos }2\,\varphi}=1+0,09\mbox{ cos }2\,\varphi,
                           
                              \left(\frac{d\,\varphi}{dt}\right)^2=\underbrace{\left[0,925\,\left(\frac{d\,\varphi}{dt}\right)_0^2+15,5\right]}_{\left(\frac{d\,\varphi}{dt}\right)_m^2}-3,00\,\mbox{cos}\,\varphi
                              
                           
                              -\left(11,35-0,083\,\left(\frac{d\,\varphi}{dt}\right)_0^2\right)\,\mbox{cos}\,2\,\varphi-1,0\,\mbox{cos}\,3\,\varphi
                              
                           -8,2\,\mbox{sin}\,2\,\varphi-1,1\,\mbox{sin}\,3\,\varphi-2,3\,\mbox{sin}\,4\,\varphi.
                           Die periodischen Glieder geben die Schwankungen der Geschwindigkeit während einer
                              									Umdrehung an, die konstanten Glieder werden dem Quadrat der mittleren
                              									Geschwindigkeit gleichgesetzt
                           
                              =\left(\frac{d\,\varphi}{dt}\right)_m^2=\left(\frac{\pi\cdot n}{30}\right)^2=79,2.
                              
                           Daraus bestimmt sich die Totpunktgeschwindigkeit
                           
                              \left(\frac{d\,\varphi}{dt}\right)_0^2=\left[\left(\frac{\pi\cdot n}{30}\right)^2-15,5\right]\cdot \frac{1}{0,925}=69,0
                              
                           somit
                           \left(\frac{d\,\varphi}{dt}\right)^2=79,2-3,0\,\mbox{cos}\,\varphi-6,1\,\mbox{cos}\,2\,\varphi-1,0\,\mbox{cos}\,3\,\varphi-8,2\,\mbox{sin}\,2\,\varphi-1,1\,\mbox{sin}\,3\,\varphi-2,3\,\mbox{sin}\,4\,\varphi.
                           Bei grösserer Geschwindigkeit treten die Schwankungen derselben gegenüber dem
                              									konstanten Glied, der mittleren Geschwindigkeit, immer mehr zurück.
                           Die Winkelbeschleunigung im Kurbelkreis erhält man nun aus der Bewegungsgleichung
                              									durch Einsetzen des Wertes der Geschwindigkeit in dieselbe zu
                           \frac{d^2\,\varphi}{dt^2}=-8,0\,\mbox{cos}\,2\,\varphi-1,7\,\mbox{cos}\,3\,\varphi-4,7\,\mbox{cos}\,4\,\varphi+2,2\,\mbox{sin}\,\varphi+5,7\,\mbox{sin}\,2\,\varphi-0,4\,\mbox{sin}\,3\,\varphi-0,8\,\mbox{sin}\,4\,\varphi..
                           Der Verlauf von \left(\frac{d\,\varphi}{dt}\right)^2 und \frac{d^2\,\varphi}{dt^2} ist in Fig.
                                 										11 und 12 auf der Basis des abgewickelten
                              									Kurbelkreises aufgetragen durch graphische Summierung der durch die einzelnen
                              									Glieder der Reihen dargestellten harmonischen Kurven. Man bringt zu diesem Zwecke
                              									die Reihen auf die auf S. 504 angegebene Form, in welcher dieselben nur
                              									Kosinusfunktionen enthalten, die dann, um die Phasenwinkel gegeneinander verschoben,
                              									in einfacher Weise aufgezeichnet werden können.
                           Aus der Kurve, welche das Quadrat der Winkelgeschwindigkeit darstellt, lässt sich die
                              									Grösse des periodischen Ungleichförmigkeitsgrades bestimmen, welcher definiert ist
                              									durch
                           
                              \delta=\frac{\left(\frac{d\,\varphi}{dt}\right)_{\mbox{max}}-\left(\frac{d\,\varphi}{dt}\right)_{\mbox{min}}}{\left(\frac{d\,\varphi}{dt}\right)_\mbox{m}}
                              
                           
                              \delta=\frac{\sqrt{8839}-\sqrt{62,6}}{\sqrt{79,2}}=\sim\,\frac{1}{6}
                              
                           Aus der Kurve der Geschwindigkeitsquadrate lässt sich auch leicht die Kurve der
                              									Geschwindigkeit selbst auftragen und daraus durch Integration der während einer
                              									Umdrehung zurückgelegte Weg des Kurbelzapfens bestimmen, wenn wieder Zeitabszissen
                              									statt der Kurbelwinkel als Basis der Geschwindigkeitskurve eingeführt werden. Die
                              									Wegkurve ist in denjenigen Fällen von Bedeutung, in welchen es auf das Voreilen
                              									bezw. Zurückbleiben in der Bewegung gegenüber einer mit konstanter oder variabler
                              									Geschwindigkeit umlaufenden Maschine ankommt. Zur Ausführung der Integration
                              									empfiehlt sich nachstehende Newtonsche
                              									Integrationsformel, welche ein sehr genaues Ergebnis liefert, weil zur Bestimmung
                              									der Fläche eines Streifens immer vier bestimmte Ordinaten, nicht Mittelwerte
                              									derselben herangezogen werden. Werden die Ordinaten der Reihe nach mit y0, y1, y2 usw., die von ihnen
                              									eingeschlossenen Flächenstreifen von der konstanten Breite b mit F0–1,
                              										F1–2 . . . F23–24, so lautet die
                              									Formel für das erste Flächenstück
                           F_{0-1}=\frac{b}{24}\,(9\,y_0+19\,y_1-5\,y_2+y_3),
                           für das zweite Flächenstück
                           F_{1-2}=\frac{b}{24}\,(-y_0+13\,y_1+13\,y_2-y_3),
                           für das dritte Flächenstück
                           F_{2-3}=\frac{b}{24}\,(-y_1+13\,y_2+13\,y_3-y_4),
                           usw. und für das letzte Flächenstück
                           F_{20-24}=\frac{b}{24}\,(y_05-\,y_1+19\,y_2+9\,y_3).
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)