| Titel: | Schnellbetrieb auf den Eisenbahnen der Gegenwart. | 
| Autor: | M. Richter | 
| Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 573 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Schnellbetrieb auf den Eisenbahnen der
                           								Gegenwart.
                        Von Ingenieur M. Richter,
                           								Bingen.
                        (Fortsetzung von S. 138, Bd. 319).
                        Schnellbetrieb auf den Eisenbahnen der Gegenwart.
                        
                     
                        
                           Während in den vorausgegangenen Aufsätzen die Entwicklung der vierachsigen
                              									Schnellzuglokomotive durch Vorführung der neuesten Muster gezeigt werden sollte,
                              									werden sich die folgenden Blätter mit der fünfachsigen Bauart befassen, zu der
                              									allmählich sämtliche Bahnen übergehen müssen, um einerseits den grösseren Ansprüchen
                              									an die Zugkraft, anderseits an die Leistung, auf die Dauer möglichst wirtschaftlich
                              									genügen zu können. Die fortwährende Verstärkung der Zuglasten, die Vergrösserung der
                              									Geschwindigkeiten, die von Zeit zu Zeit eintritt, um dem Zug der Zeit zu folgen und
                              									mit dem Ausland Schritt zu halten, und die gleichzeitige Forderung, den teuren
                              									Vorspann zu vermeiden und trotzdem noch etwaige Verspätungen im Interesse der
                              									Verkehrssicherheit durch ausdauerndes Schnellfahren und scharfes Anfahren möglichst
                              									rasch zu beseitigen, alles dies wirkt zusammen, um der vierachsigen Lokomotive den
                              									Boden der Wirksamkeit zu entziehen und der vielachsigen Platz zu schaffen. Als
                              									Nachfolger der ersteren ist deshalb (vgl. D. p. J. 1902, 317, S. 541) zunächst zu besprechen:
                           
                              
                                 β) Die fünfachsige Lokomotive.
                                 
                              Wird von den Tenderlokomotiven abgesehen, so ist die fünfachsige Lokomotive mit
                                 										Schlepptender, je nach dem zulässigen Achsdruck, der vierachsigen um ein Gewicht
                                 										von 14 bis 25 Tonnen voraus, welches hauptsächlich der Verstärkung des Kessels
                                 										zugute kommt. Ein weiterer für das Schnellfahren wichtiger Umstand ist ohne
                                 										weiteres vorteilhaft mit der fünften Achse verknüpft, nämlich die Verlängerung
                                 										des Radstandes und damit eine Verminderung des Einflusses der störenden
                                 										Bewegungen auf den Gang der Maschine, woraus umgekehrt wieder eine grössere
                                 										Schonung des Oberbaues abzuleiten ist. Die Möglichkeit und die Zulässigkeit
                                 										einer grösseren Geschwindigkeit werden also gleichzeitig durch die fünfte Achse
                                 										gewährleistet, ohne Rücksicht darauf, ob die letztere als Triebachse zur
                                 										Vermehrung der nutzbaren Last, oder als Laufachse zur toten Last beiträgt. Wie
                                 										bei der vierachsigen Lokomotive, so ist auch bei der fünfachsigen eine
                                 										Einteilung in bezug auf Entwicklung von Geschwindigkeit oder von Zugkraft
                                 										vorzunehmen, und demzufolge die ⅕, ⅖, ⅗ gekuppelte Bauart zu unterscheiden.
                              
                           
                              1. Die ⅕ gekuppelte Schnellzuglokomotive.
                              Während die vierachsige Lokomotive mit freier Triebachse als leichter Renner
                                 										noch jetzt in England das grösste Ansehen geniesst, ist noch nie der Versuch
                                 										gemacht worden, eine fünfachsige, ungekuppelte Lokomotive (mit Schlepptender)
                                 										einzuführen; das einzige Beispiel der Bauart ⅕ sind die einigermassen berühmten
                                 										Lokomotiven der breitspurigen (2134 mm) englischen Westbahn aus den Jahren 1850
                                 										bis 1860, welche mit vorderem und hinterem Drehgestell als Tenderlokomotiven
                                 										gebaut waren und deshalb auf ihren fünf Achsen die Vorräte mitschleppten; sie
                                 										kommen mit der ⅛ oder 1/9 gekuppelten Lokomotive mit Schlepptender nicht
                                 										zum Vergleich. Die Zylinder lagen übrigens innen, und bei der ersten Serie
                                 										hatten die Triebräder, welche keinen Spurkranz besassen, bis 2,74 m Durchmesser.
                                 										Es wurden mit den damaligen Zügen von 50 bis 80 t L. T. auf leichten Gefällen
                                 										Geschwindigkeiten bis 130 km/St. erreicht, wobei eines Tages, nebenbei
                                 										bemerkt, eine folgenschwere Entgleisung stattfand.
                              Von Interesse mag es sein zu erwähnen, dass, als in Deutschland die
                                 										Schnellfahrfrage vor mehreren Jahren auftauchte und es sich vor allem darum
                                 
                                 										handelte, dem elektrischen Schnellwagen Berlin–Zossen eine ebenbürtige
                                 										Dampflokomotive entgegen zu stellen, ein Entwurf von v.
                                    											Borries (Glasers Annalen 15. Juni 1901) ebenfalls eine ⅕ gekuppelte
                                 										Tenderlokomotive zugrunde legte, welche ziemlich genau dem alten englischen
                                 										Vorbild sich anschloss, dabei aber mit sämtlichen Errungenschaften des heutigen
                                 										Lokomotivbaues ausgestattet war: Verbundsystem, Ueberhitzung, Luftschneiden usw.
                                 										waren vorgesehen. Von dem Gesamtgewicht von 64 t sollten 16 t auf die Triebachse
                                 										kommen, – und das bricht in Deutschland jeder ungekuppelten Lokomotive den Hals,
                                 										mag sie im übrigen noch so ideal sich erweisen; denn 16 t ist eben zu wenig,
                                 										wenn schwere Züge zu befördern oder mit leichteren Zügen lange Steigungen von
                                 										über 1 : 100 zu überwinden sind. Für die Würdigung eines solchen Entwurfs müsste
                                 										das Betriebsprogramm in betreff der Zuglast als streng eingehalten vorausgesetzt
                                 										werden, und ferner sind auch dann noch beste Geländeverhältnisse (Berlin-Hamburg
                                 										usw.) Bedingung. Für das Anfahren wäre ein sparsamer, aber sehr wirksamer
                                 										Sandstreuer anzubringen, und ein Zugkraftverstärker, welcher durch Aenderung der
                                 										Federspannungen bezw. Armverhältnisse der Ausgleichshebel vorübergehend die
                                 										Laufachsen entlastete und die Triebachslast auf 18 bis 20 t
                                 										brächte, – wie gesagt, nur für die Dauer des Anfahrens; auch in Deutschland
                                 										könnte eine solche Vorrichtung riskiert werden, ohne Schaden für den Oberbau,
                                 										dem man zu wenig zutraut. Mit verhältnismässig einfachen Lokomotiven, die nicht
                                 										teuer, nicht zu schwer und weder im Verbrauch noch in der Unterhaltung zu
                                 										kostspielig sind, liesse sich dann ein Schnellverkehr auf günstigen Strecken
                                 										einrichten. Da die geringe Zugkraft der freien Triebachse, vielleicht \frac{1}{6}\cdot 18t=3000\mbox{ kg}
                                 										durchschnittlich, erst bei Geschwindigkeiten über 90 km/st. die volle
                                 										Kesselleistung von 900 bis 1000 PS verzehrt, so ist eine ungekuppelte Lokomotive
                                 										für geringere Dauergeschwindigkeiten nicht brauchbar; bei grösseren Kesseln, bis
                                 										1500 PS, wie sie auf fünf Achsen untergebracht werden (⅕ mit Schlepptender),
                                 										müsste zur Tilgung der grossen Kesselleistung die Geschwindigkeit sogar
                                 										mindestens 120 bis 130 km/St. auf die Dauer betragen, während beim
                                 										Anfahren und bei schärferen Steigungen künstliche Mittel aushelfen müssten, wie
                                 										Nachschub, Zugkraftverstärker usw.
                              Mit vorderem und hinterem Drehgestell versehen, wobei die Triebachse mit nicht zu
                                 										hohen Rädern (weil über ihnen der grosse Kessel
                                 										Platz finden muss) in die Mitte genommen wird; mit breitem, über dem hinteren
                                 										Gestell liegendem Rost in einer tiefen Feuerkiste; mit Luftschneiden, inneren
                                 										Verbundzylindern, gutem Dampftrockner, und endlich mit leichtem Tender, der mit
                                 										Wasserschöpfvorrichtung versehen und mit der Maschine möglichst steif gekuppelt
                                 										ist, so dass sein Radstand und Gewicht demjenigen der Maschine zuzurechnen sind
                                 										und den Ausgleich der hin- und hergehenden Massen bedeutend erleichtern, – eine
                                 										solche Maschine lässt sich unbedenklich für die höchsten Geschwindigkeiten
                                 										verwenden und kann den Kampf mit der Elektrotechnik am wirksamsten aufnehmen.
                                 										Selbstredend muss sie noch anderen Bedingungen nachkommen: durch weite Kanäle
                                 										muss die Dampfdrosselung vermindert, durch gute Entlastung, Kolbenschieber usw.
                                 										die Schieberreibung verkleinert werden; durch Vergrösserung der schädlichen
                                 										Räume und passende Wahl der negativen inneren Deckung wird einer allzu hohen
                                 										Kompression vorgebeugt und der Gang stossfrei gemacht; die Verfeuerung flüssiger
                                 
                                 										Brennstoffe oder die selbsttätige Beschickung, sowie die Speisewasservorwärmung
                                 										ist einzurichten und trägt nicht nur zur Schonung von Maschine und Mannschaft,
                                 										zur Ersparnis an Unterhaltung, sondern auch zur Erhöhung der Wirkungsgrade
                                 										bei.
                              Der Ausbau einer solchen Lokomotive wäre für eine wirkliche Schnellbahn mit häufig fahrenden, selten haltenden, nicht zu
                                 										schweren Zügen ein dankbarer Gegenstand.
                              Für den gegenwärtigen Eisenbahnbetrieb kommt nun
                                 										freilich eine solche Lokomotive im allgemeinen nicht in Betracht. Die
                                 										Längenprofile, vielfach auch die Querprofile (Neigungs- und
                                 										Krümmungsverhältnisse) der meisten Bahnen sind zu ungünstig, die Züge zu selten
                                 										und deshalb zu schwer, und die Fahrgeschwindigkeiten schon aus diesen Gründen
                                 
                                 										nicht hoch genug, als dass die freie Triebachse sich bezahlt machen würde. So
                                 										sieht man überall, wo bisher die ungekuppelte Lokomotive ihre Fähigkeiten
                                 										entwickeln durfte, die zweifach und gar dreifach gekuppelte erscheinen, um die
                                 										erstere, die sich eben nur für ein Schnellbahnprogramm eignet, zu vertreiben; so
                                 										in England, wo bis in die neueste Zeit die freie Triebachse den Boden
                                 										behauptete. Auch in Amerika, wo der Achsdruck bis 25 t zu betragen pflegt,
                                 										greift man trotzdem lieber zu 3/6 mit 70 t als zu ¼ mit 25 t Adhäsionsgewicht.
                                 										Dies beweist gar nichts gegen die freie Triebachse, wohl aber deutet es eben
                                 										darauf hin, dass die Dampflokomotive in des Wortes wahrer Bedeutung „im alten
                                    											Gleise“ weiterfährt und sich noch nicht auf das Schnellbahngleis
                                 										hinaufwagt, wenn auch ab und zu, da und dort Versuche in dieser Beziehung
                                 										stattfinden; der Fahrplan zeigt wenigstens in Deutschland nichts davon.
                              
                           
                              2. Die ⅖ gekuppelte Schnellzuglokomotive.
                              Im Jahre 1895 bildete man zum ersten Male, und zwar gleichzeitig in Amerika (Atlantic Coast line) und in Europa (Kaiser Ferdinands-Nordbahn) eine ⅖ gekuppelte
                                 										Gattung aus, indem man an das Hinterende der bisherigen 2/4
                                 										gekuppelten Maschine noch eine Laufachse legte, und zwar zu dem Zweck, um das
                                 										Dienstgewicht der Lokomotive entsprechend dem grösseren Kessel erhöhen zu
                                 										können, ohne die zulässigen Achsdrücke überschreiten oder das Drehgestell
                                 										übermässig belasten zu müssen. In zweiter Linie gewann man dadurch eine Reihe
                                 										von Vorteilen, die die Verwendbarkeit der Lokomotive für das Schnellfahren
                                 										steigerten:
                              Zunächst ergab sich eine Verlängerung des Radstandes, durch welche dem inneren
                                 										Schlingern der Maschine in besserer Weise entgegengewirkt wird als durch
                                 										Gegengewichte, wenn man nämlich die freien Fliehkräfte der letzteren nicht in
                                 										Kauf nehmen will; auch das äussere (eigentliche) Schlingern wird günstig
                                 										beeinflusst; durch die grössere Masse der fünfachsigen Lokomotive wird ebenfalls
                                 										der Einfluss der störenden Bewegungen (inneres Schlingern und Zucken)
                                 										verringert.
                              In konstruktiver Beziehung wirkt die Lage der Laufachse am Hinterende befreiend
                                 										auf die Ausbildung des Rostes der Breite nach, und in gesundheitlicher Beziehung
                                 										endlich ist sie für die Mannschaft von Vorteil, welche das Stossen der
                                 										Kuppelachsen gern vermisst. Die neue Bauart wurde in Amerika ihrer ersten
                                 										Zugehörigkeit wegen als „Atlantic type“
                                 										bezeichnet.
                              Die durch das Mehrgewicht der Lokomotive gewonnene Mehrleistung wird nun in
                                 										Deutschland in den meisten Fällen nicht ausgenutzt, und die ⅖ gekuppelte
                                 										Lokomotive bedeutet deshalb für Deutschland einen kommerziellen Rückschritt, da
                                 										eben auf Kosten der Nutzlast die tote Last von zwei auf drei Achsen vermehrt
                                 										ist, abgesehen von der Grösse des Tendergewichts. Ausgenommen sind solche Fälle,
                                 										wo die ⅖ gekuppelte Lokomotive im Betrieb zeigt, dass sie vorübergehenden
                                 										Mehrbelastungen besser gewachsen ist, als die dauernd aufs höchste beanspruchte
                                 											2/4
                                 										gekuppelte Lokomotive, dass sie also für Notfälle eine Kraftreserve zur
                                 										Verfügung hat und deshalb ohne Zuhilfenahme des früher so häufigen Vorspanns
                                 										auch bei überlasteten Zügen Fahrzeit zu halten oder noch besser auch
                                 										Verspätungen einzuholen imstande ist. Kann sie dies aber nicht, so hat sie ihren
                                 										Zweck verfehlt, und die Ursache davon ist zu bescheiden gewählte Grösse der
                                 										Abmessungen. Mit diesen darf nicht gegeizt werden, da der Eigenwiderstand
                                 										solcher Lokomotiven mit der fünften Achse, dem schweren Tender (und den vier
                                 										Zylindern) bedeutend grösser ist als derjenige der einfachen 2/4
                                 										gekuppelten Lokomotive. So leistet anscheinend die de
                                    											Glehnsche ⅖ der Preussischen Staatsbahnen (von der älteren Bauart)
                                 										infolge zu mässiger Abmessungen nicht mehr als die bisherige 2/4 Verbund,
                                 										wohl aber häufig weniger als diese, während die freigiebig bemessene ⅖ der
                                 										Badischen Staatsbahnen in jeder Beziehung den Erwartungen gerecht wird.
                              In Amerika sind auffallenderweise die Verhältnisse ziemlich dieselben, obwohl die
                                 										hohen Achsdrücke auch für die vierachsige Lokomotive das Verwendungsgebiet sehr
                                 										stark erweitern. Infolge der verhältnismässig grösseren Ansprüche musste auch
                                 										hier das Gewicht noch um 10 bis 20 t hinaufgeschoben werden, um Zugkraft und
                                 										Leistung zu steigern.
                              Hinsichtlich der Bauarten der ⅖ gekuppelten Lokomotive ist die Einteilung
                                 										dieselbe wie bei der vierachsigen, und es sind daher zu besprechen:
                              
                           
                        
                           
                              A. Zwillingslokomotiven.
                              
                           Die alten Vorteile der Zwillingsmaschine: einfaches Triebwerk, einfache Steuerung,
                              									geringer Schmierstoffverbrauch, guter maschineller Wirkungsgrad, sicheres, rasches
                              									Anfahren, geringere Anlage- und Unterhaltungskosten, verhältnismässig geringes
                              									Dienstgewicht, sorgen dafür, dass auf gewissen Bahnen bis jetzt die
                              									Vierzylinder-Verbundmaschine unbekannt geblieben ist, so auf den meisten englischen
                              									und sehr vielen amerikanischen Bahnen. Die ⅖ gekuppelte Lokomotive mit
                              									Zwillingswirkung verdient daher in vielen Fällen dieselbe Beachtung, wie die durch
                              									günstigen Massenausgleich ausgezeichnete Maschine mit vier Zylindern, und sie hat
                              									auch tatsächlich so viele Erfolge aufzuweisen, dass es nicht so bald gelingen wird,
                              									an ihre Stelle etwas besseres zu setzen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 575
                              Zwilling; Verbund; Kais.
                                 										Ferdinand-Nordbahn; Pfalzbahn; Holländ. Staatsbahn; Lancashire–Yorkshire; Engl.
                                 										Nordbahn; Engl. Nordostbahn; Französ. Staatsbahn; New York Zentralbahn; Chicago
                                 										Rock Island & Pacific; Zentralbahn von New Jersey; Ungarische Staatsbahn;
                                 
                                 										Pfalzbahn; Zylinderdurchmesser d; Kolbenhub s;
                                 										Triebraddurchmesser D; Kesseldruck p; Innere
                                 										Heizfläche H; Rostfläche R; Dienstgewicht; ohne Tender; Reibungsgewicht Qa; Vorräte; Kohlen; Wasser;
                                 										Tourenzahl (min.) n; Leistung N; Maschinenzugkraft; Reibungszugkraft;
                                 										Kraftziffer; Gewichtsziffer; Ladeziffer des Tenders; Kraftwert;
                                 										Geschwindigkeitswert.
                              
                           Eine Reihe hervorragender Muster ist in der folgenden Tabelle enthalten, in welcher
                              
                              									für die Berechnung der Zugkraft und Leistung wieder die früheren Annahmen I gelten
                              									sollen (D. p. J. 1904, 319, S. 55), nämlich:
                           Maschinenzugkraft Z_1=0,5\,\frac{d^2\,p\,s}{D}
                           Reibungszugkraft Z2 = 0,15 Qa
                           Leistung N=0,1\,\left(6,5-\frac{n}{100}\right)\,\sqrt{n}.
                           Bei den Wertziffern ist wieder das Tendergewicht durch die Zahlen in Klammern
                              									berücksichtigt. Die feuerberührte (innere) Heizfläche ist mit 0,9 der
                              									wasserberührten angesetzt. –
                           In bezug auf die Anordnung des Triebwerkes sind zwei Bauarten zu
                              									unterscheiden:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 575
                              Fig. 1. Achsverteilung der ⅖ gek. Lokomotiven.
                              a. Atlantic-Type; b. Europäische
                                 										Type.
                              
                           Aus Amerika („Atlantic type“) stammt die auch in England meist übliche Bauart,
                              									die zweite Triebachse antreiben zu lassen und die erste als Kuppelachse auszubilden
                              										(Fig. 1 a). Es bedingt dies sehr lange
                              									Pleuelstangen (bis 3,5 m lang!), also geringen Kreuzkopfdruck und ruhigen Gang in
                              									bezug auf Wanken und Nicken, vergrössert aber die hin- und hergehenden Massen nicht
                              									nur infolge der grossen Stangenlänge an sich, sondern auch wegen der aus
                              									Knickfestigkeitsrücksichten verstärkten Abmessungen des Querschnitts der Stangen, um
                              									das „Peitschen“ derselben bei grosser Tourenzahl zu verhindern, und
                              									verursacht deshalb entsprechend hohen Massenausgleich mit seinen üblen Folgen, über
                              
                              
                              									die man nur in Amerika und England gleichgültig hinwegsieht.
                           Auf dem europäischen Festland pflegt man dagegen allgemein die vordere Triebachse als
                              									Hauptachse, die hintere als Kuppelachse anzunehmen, wodurch der feste Radstand (bis Drehgestellzapfen
                              									gemessen) verlängert, die Stangenlänge verkürzt wird (Fig.
                                 										1 b). Dieser Anordnung ist deshalb der Vorzug zu geben.
                           Im übrigen sind noch Verschiedenheiten im Bau der Feuerbüchse vorhanden. In Europa
                              									wird dieselbe häufig noch aus Gründen der Lastverteilung in alter Weise zwischen die
                              									Rahmen, oder doch über denselben zwischen die Triebräder eingepfercht, so dass sie
                              									bei nur 1,0 m bezw. höchstens 1,2 m lichter Rostbreite bei einigermassen bedeutender
                              									Rostfläche eine grosse Länge erhält, deshalb ohne Schrägrost überhaupt nicht mehr
                              									richtig zu bedienen und in betreff ihrer Funktion als „Lunge“ des Ganzen
                              									ernstlich geschädigt ist. Nach amerikanischer Anschauung ist deshalb nur die
                              										„breite“ Feuerbüchse von etwa quadratischer Grundfläche, welche über die
                              									Rahmen und günstigerweise niedrigen Hinterräder bequem seitlich ausgebildet werden
                              									kann und so die verfügbare Breite der Maschine richtig ausnutzt, das zu erstrebende
                              									Ideal; auch für die Zugänglichkeit bei Besichtigung und Reparatur ist ohne weiteres
                              									dadurch gesorgt, während die Beschickung und Entschlackung ebenfalls bequem
                              									ausfällt. Dabei ist abgesehen davon, dass nur die breite Feuerbüchse eine beliebige
                              									Steigerung der Kesselleistung in Abhängigkeit von der Grösse des Rostes zulässt.
                           Im einzelnen ist über die in der Tabelle aufgeführten Lokomotiven folgendes zu
                              									bemerken:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 576
                              Fig. 2. Kaiser Ferdinand-Nordbahn.
                              
                           1. Die Schnellzuglokomotive der Kaiser
                                 										Ferdinand-Nordbahn (Oesterreich), gebaut 1895 in grösserer Anzahl bei Sigl, Wiener Neustadt, ausgestellt in Paris 1900, ist
                              									die erste auf europäischem Boden entstandene ⅖-gekuppelte Lokomotive,
                              									vielleicht die erste überhaupt. Sie gleicht noch sehr der 2/4-gekuppelten
                              									Maschine, als deren Abkömmling sie zu betrachten ist (Fig.
                                 										2).
                           Da der Achsdruck von 14 t nicht überschritten werden durfte, so erforderte die
                              									Unterbringung des „grossen“ Kessels eine fünfte Achse, die ihren Platz nahe
                              									bei der Kuppelachse am Hinterende fand, so dass die schmale Feuerkiste von zwei
                              									Achsen gestützt ist; immerhin wurde durch Aussenrahmen dafür gesorgt, dass die volle
                              									Breite zwischen den Rädern verfügbar blieb. Der Rahmenbau ist alt
                              									österreichisches-süddeutsches Muster: „alles aussen“, nur das Drehgestell hat
                              									Innenrahmen. Die Breite der Maschine an den Zylindern ist entsprechend gross, und
                              									ebenso der Massendruckhebelarm, so dass das innere Schlingern an sich stark sein
                              									muss. Die hintere Achse ist als freie Achse mit 10 mm Verschiebbarkeit nach jeder
                              									und 32 mm in der Längsrichtung ausgebildet.
                           Der Kessel, dessen Mitte die für Europa im Jahre 1895 hohe Lage von 2,52 m über S. O.
                              									hat, trägt zwei unabhängige Dome, deren vorderer den Regler mit äusserer Zugstange
                              									enthält, während der hintere zwei Pop-Ventile trägt. Infolge Ausgleichs der
                              									Triebachsbelastungen durch Längshebel ist das Ganze in fünf Punkten gestützt.
                           Diese Lokomotive befördert die Schnellzüge Wien–Krakau, und ist gebaut, um Züge von
                              
                              									150 bis 180 t h. T. im Flachland mit 90, und Züge von 200 t h. T. mit 80 km/St. grösster
                              									Geschwindigkeit zu führen. Im Fahrplan wird von dem schnellsten Zug die 413 km lange
                              									Strecke Wien–Krakau in 6 St. 53 Min. mit achtmaligem Anhalten von zusammen 29 Min.
                              									Zeitverlust zurückgelegt, so dass die Reisegeschwindigkeit (einschliesslich
                              									Aufenthalte) genau 60 km/St., die reine Fahrgeschwindigkeit 64,6 km/St. beträgt.
                              									Die Teilstrecke Lundenburg–Prerau 100 km, wird von diesem Zug in 1 St. 26 Min., also
                              									mit durchschnittlich 70 km/St. durchfahren.
                           Mit 203 t h. T. gelang es dieser Gattung, eine 8 km lange Steigung von 1 : 375 mit 80
                              										km/St., zu
                              									erklimmen, wobei die Füllung nur 18 bis 23 v. H. betrug. Die dabei ermittelte
                              									Höchstleistung war 1027 PS, während nach der Tabelle nur 950 PS auf die Dauer zu
                              									erwarten sind. Bei Probefahrten wurde eine Höchstgeschwindigkeit von 126 km/St.
                              									erreicht.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)