| Titel: | Schnellbetrieb auf den Eisenbahnen der Gegenwart. | 
| Autor: | M. Richter | 
| Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 604 | 
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                        Schnellbetrieb auf den Eisenbahnen der
                           								Gegenwart.
                        Von Ingenieur M. Richter,
                           								Bingen.
                        (Fortsetzung von S. 591 d. Bd.)
                        Schnellbetrieb auf den Eisenbahnen der Gegenwart.
                        
                     
                        
                           4. Die Schnellzuglokomotive der
                                 										Lancashire-Yorkshire-Eisenbahn, gebaut seit 1899 in grösserer Anzahl (15
                              									Stück) in den Bahnwerkstätten zu Horwich, war für England eine ganz neuartige
                              									Erscheinung (Fig. 6).
                           Das geringe englische Normalprofil ist bis zur Grenze ausgenützt. Der hoch liegende
                              									grosse Kessel hat eine schmale, sehr tiefe Feuerkiste mit wagerechtem Rost und
                              									Feuergewölbe. Das tief sitzende Blasrohr hat Zwischendüse. Die äusserlich sehr kurze
                              									Rauchkammer ist in den Langkessel hinein verlängert.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 604
                              Fig. 6. Lancashire–Yorkshire-Bahn.
                              
                           Die Triebachsen sind durch Zwillings-Blattfedern, welche miteinander durch
                              									Winkelhebelstangen verbunden sind, abgefedert, während die Laufachsen durch doppelte
                              									Schraubenfedern unabhängig voneinander belastet sind, und zwar durch Kegelschrauben
                              									die vorderen, durch Zylinderschrauben die hintere Achse.
                           Die innen liegende Maschine besitzt Joy-Steuerung' durch
                              									welche sonderbare Hohlschieber bewegt werden, die auf dem Rücken der Zylinder
                              									sitzen. Die Triebräder haben die bei gekuppelten Lokomotiven nur in einem Fall (2/4 der N. E. R.)
                              									übertroffene Höhe von 2,22 m; der Hub der Kuppelstange ist geringer als derjenige
                              									der Antriebskurbeln (660 gegen 508 mm), der Antrieb erfolgt auch hier an der
                              									vorderen Achse.
                           Die Vakuumbremse geht einseitig an die Triebachsen und hintere Laufachse. Der
                              									dreiachsige Tender besitzt Wasserschöpfer. Eine Dampfumsteuerung ist vorgesehen.
                           Bei einigen dieser Maschinen ist in die Rauchkammerverlängerung ein Ueberhitzer
                              									eingeschoben, der wohl die Urform des Pielockschen
                              									darstellt (Fig. 7). Allerdings ist damit eine
                              									erhebliche Verkürzung der Heizrohre (von 4575 auf 3660 mm), also eine Verkleinerung
                              									der Heizfläche verbunden, aber diese wird durch den Ueberhitzer mehr als
                              									ausgeglichen.
                           Derselbe besteht aus einer Trommel, welche in einigem Abstand vor der vorderen
                              									Rohrwand liegt und von einer Anzahl paralleler Wände, die aber nicht längs, sondern
                              									quer liegen, abwechselnd von oben und unten durchsetzt ist, während sie der
                              									Länge nach von einem Bündel kurzer Heizrohre durchdrungen ist, deren Anordnung und
                              									Teilung genau mit derjenigen der Kesselrohre übereinstimmt, so dass sie nur die
                              									Verlängerung derselben bilden. Der Dampf tritt auf der Rückseite durch das
                              									Einströmrohr vom Regler her ein, und auf der Vorderseite überhitzt, mindestens aber
                              									getrocknet, aus, um zu den Zylindern zu gehen. Diese besitzen Dampfhemden, welche
                              									ebenfalls von überhitztem Dampf durchströmt werden, und zwar wird dieser unabhängig
                              									vom Arbeitsdampf erhalten, in dem ein Schlangenrohr aus dem Kessel durch den oberen
                              									Teil der Ueberhitztrommel hindurchgeht, welcher von einem entsprechend weiten
                              									Rauchrohr durchzogen ist. Um die Dampfströmung in diesen Zylindermänteln zu
                              									verbessern, bezieht ein Injektor seinen Dampf aus denselben. In dem Uebersprung
                              									zwischen Rohrwand und Ueberhitztrommel befindet sich ein Aschfall am Boden des
                              									Kessels. –
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 604
                              Fig. 7. Ueberhitzer der Lokomotive Fig. 6.
                              
                           Leider scheinen über die wirtschaftlichen Erfolge dieses Ueberhitzers keine
                              									Nachrichten bekannt geworden zu sein. –
                           Die hier besprochene Schnellzuglokomotive zeichnet sich weniger durch Zugkraft als
                              									durch Kesselleistung, d.h. als Renner, aus. Im Fahrplan ist die schnellste Fahrt
                           Southport–Salford 57,8 km in 39 Min. = 89 km/St.
                           
                           Bemerkenswert ist auch
                           Manchester–Liverpool 58,8 km in 40 Min. = 88 km/St.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 605
                              Fig. 8a. Englische Nordbahn.
                              
                           Trotz der mässigen Zugbelastung von nur 120 bis 200 t h. T. sind dies
                              									anerkennenswerte Leistungen, da die Profilverhältnisse sehr ungünstig sind, Gerade
                              									auf der Strecke Manchester–Liverpool muss stellenweise sehr schnell gefahren werden,
                              									um den erwähnten Durchschnitt herauszudrücken, weil unmittelbar nach der Ausfahrt
                              									aus Manchester eine 800 m lange Steigung von 1 : 77 zu nehmen ist, welcher eine
                              									solche von 1 : 150 folgt. Einem Zug von 120 t h. T. gelang es trotzdem, in 2 Min. 50
                              									Sek. die nächste 4 km weit entfernte Station zu erreichen (84 km/St.) und die
                              									folgenden 8 km Steigung von 1: 90 mit dauernd 95 km/St. zu befahren; nachher wurde ein 23
                              									km langes Gefälle mit 120 km/St. befahren und infolge zweimaligen Haltens endlich
                              									eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/St. erzielt, um die Fahrzeit von 40 Min. nicht zu
                              									überschreiten, welche bis Liverpool vorgeschrieben sind.
                           5. Die Schnellzuglokomotive der englischen Nordbahn ist
                              									1903 in den Bahnwerkstätten zu Doncaster nach dem Entwurf von Jvatt durch versuchsweisen Umbau einer im Jahre 1898
                              									entstandenen „Atlantic“-Gattung (der ersten dieser Art in England) geschaffen
                              									worden; es laufen jetzt 30 Stück von derselben Gattung (Fig. 8).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 605
                              Fig. 8b. Englische Nordbahn.
                              
                           Die Urform 1898 hatte folgende Abmessungen:
                           
                              
                                 Zylinderdurchmesser
                                   477
                                 mm
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                   610
                                 „
                                 
                              
                                 Triebraddurchmesser
                                 2030
                                 „
                                 
                              
                                 Kesseldruck
                                     12,3
                                 atm
                                 
                              
                                 Heizfläche
                                   121
                                 qm
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                       2,5
                                 „
                                 
                              
                                 Dienstgewicht
                                 –?
                                 
                              
                                 Adhäsionsgewicht
                                 –?
                                 
                              
                           Der Kessel hatte gewöhnliche schmale Feuerbüchse zwischen den Rahmen. Haupt- und
                              									Drehgestellrahmen tagen innen, die Zylinder aussen.
                           Die Umbauform bedeutet eine sehr erhebliche Verstärkung. Der viel höher gelegte
                              									Kessel mit bedeutend grösserem Durchmesser besitzt eine breite, über die
                              									Aussenrahmen der Hinterachse gelegte Feuerbüchse mit Gewölbe und mit nur einem
                              									Feuerloch; auch die Rauchkammer ist verlängert. Die Rostfläche ist um 0,4 qm, die
                              									gesamte Heizfläche um 88 qm vergrössert. Der Unterbau ist derselbe geblieben; nur
                              									sind die Zylinder auf 483 mm Durchmesser vergrössert, die Triebräder auf 1980 mm
                              									Durchmesser verkleinert.
                           Die hintere Triebachse wird angetrieben, weshalb eine Pleuelstange von 10' = 3050 mm
                              									Länge erforderlich war; die Zylinder liegen schief zur Einhaltung des Profils. Die
                              										Stephenson-Steuerung liegt innen und die Schieber
                              									sind senkrechte Innenschieber. Die Lokomotive ist in neun Punkten gestützt, da
                              									sämtliche Achsen voneinander unabhängig gefedert sind, und zwar die Achsen des
                              									Drehgestells, und die Triebachse durch Doppelschraubenfedern, die Kuppelachse und
                              									hintere Laufachse durch Blattfedern. Der Zapfen des Drehgestells liegt 37,5 mm
                              									hinter der Mitte.
                           Von der Ausstattung ist nur zu erwähnen, dass die Vakuumbremse einseitig auf die drei
                              									Hinterachsen der Maschine wirkt, und dass der dreiachsige Tender Wasserschöpfer
                              									besitzt.
                           Zehn dieser Maschinen waren anfänglich mit dem alten Kessel ausgestattet, um vorher
                              									den neuen Kessel auszuprobieren. Eine der übrigen hat für Drehgestell Aussenrahmen,
                              
                              									und eine weitere ist mit Windkappe auf dem Kamin versorgt worden, welch letzteres
                              									übrigens bei allen tief in die Rauchkammer hinein verlängert ist.
                           Um trotz der äusseren Zylinder die Länge der Kupplungskurbeln kleiner machen zu
                              									können als diejenige der Antriebskurbeln, ist der Stirnzapfen für die Pleuelstange
                              									exzentrisch auf den Halszapfen der Kuppelstange aufgesetzt; für den ersteren ist der
                              									Laufkreisdurchmesser, d.h. der Antriebshub 610 mm, für den letzteren nur 584 mm.
                           Diese Lokomotiven befördern die teilweise sehr schweren (bis 350 t h. T.) Schnellzüge
                              									von London (Kings Cross) nach York mit Grundgeschwindigkeiten bis 97 km/St.
                           Aus dem Fahrplan (1904) ist zu berichten:
                           Die schnellste und zugleich längste Fahrt der Nordbahn ist
                           Wakefield–London 283 km in 3 St. 9 Min., 89,8 km/St.
                           Bemerkenswert sind auch die Fahrten (ohne Aufenthalt)
                           
                              
                                 London–Doncaster
                                 251
                                 km
                                 in
                                 2
                                 St.
                                 49
                                 Min.,
                                 89,0
                                 km/St.
                                 
                              
                                 Ratford–London
                                 223
                                 „
                                 „
                                 2
                                 „
                                 33
                                 „
                                 87,4
                                 „
                                 
                              
                                 Nottingham–London
                                 207
                                 „
                                 „
                                 2
                                 „
                                 26
                                 „
                                 85,0
                                 „
                                 
                              
                                 London–Grantham
                                 170
                                 „
                                 „
                                 1
                                 „
                                 57
                                 „
                                 87,2
                                 „
                                 
                              
                           Die letzt erwähnte Fahrt wird täglich achtmal ausgeführt, die zuerst erwähnte nur
                              									einmal täglich.
                           6. Die Schnellzuglokomotive der englischen Nordostbahn,
                              									gebaut 1903–4 in den Bahnwerkstätten zu Gateshead nach dem Entwurf von Worsdell, zehn Stück an der Zahl, zeichnet sich durch
                              									sehr grosse Abmessungen aus (Fig. 9), durch welche
                              									sie die vorige noch übertrifft.
                           Der hochliegende, grosse Kessel besitzt eine sehr tiefe, schmale Feuerkiste zwischen
                              									den Rahmen; dieselbe hat halbrunde Decke, Feuergewölbe, und schwach geneigten Rost.
                              									Die Rauchkammer ist kurz, das Blasrohr sitzt auf einem langen Stielrohr, und der mit
                              									Zwischendüse versehene, äusserlich sehr niedrige Kamin ist nach innen
                              									verlängert.
                           Drehgestell und Triebachsen haben Innenrahmen, die Hinterachse wieder mit Rücksicht
                              									auf Kühlhaltung der Lager und leichte Zugänglichkeit Aussenrahmen. Die Achsen haben
                              									sämtlich Blattfedern, welche nur zwischen den Triebrädern Ausgleichhebel haben.
                           Die Zylinder liegen wie bei der vorigen, aussen, schief und treiben die
                              									hintere Triebachse an; die Steuerung, nach Stephenson
                              									natürlich, mit der günstigen Exzenterstangenlänge von 2,5 m, liegt innen und treibt
                              										Smithsche Kolbenschieber. Eine Dampfumsteuerung ist
                              									auch hier neben derjenigen mit Handhebel vorhanden. Auffallend ist auch für England
                              									der hohe Triebachsdruck von je fast 20 t.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 606
                              Fig. 9. Englische Nordostbahn.
                              
                           Die Westinghouse-Bremse bedient die drei hinteren Achsen
                              									einseitig, sowie den dreiachsigen, mit Wasserschöpfer versehenen Tender.
                           Diese sehr schönen Maschinen sind äusserst leistungsfähig; sie entwickeln
                              									rechnungsmässig, etwa wie die vorigen, auf die Dauer rund 1300 PS an den Kolben, und
                              									befördern dieselben Züge, welche die vorigen von London nach York bringen, von da
                              									weiter nach Newcastle–Edinburgh, auf einem nichts weniger als günstigen Profil,
                              									welches Steigungen bis 1 : 95 aufweist. Die besten fahrplanmässigen Leistungen
                              
                              									sind:
                           
                              
                                 Darlington–York
                                       71,2
                                 km
                                 in
                                 
                                 43
                                 Min.,
                                 99,4
                                 km/St.
                                 
                              
                                 „
                                       71,2
                                 „
                                 „
                                 
                                 47
                                 „
                                 91,0
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                       71,2
                                 „
                                 „
                                 
                                 48
                                 „
                                 89,1
                                 „
                                 
                              
                                 Newcastle–Edinburgh
                                 200
                                 „
                                 „
                                 2 St.
                                 20
                                 „
                                 85,7
                                 „
                                 
                              
                                 Doncaster–Newcastle
                                 181
                                 „
                                 „
                                 2  „
                                 12
                                 „
                                 82,3
                                 „
                                 
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 606
                              Fig. 10. Englische Westbahn.
                              
                           Die zuerst genannte Fahrt ist die schnellste von Europa. Dass sie auf einer Strecke
                              									von gleichmässigem schwachem Gefall stattfinde, ist ein Einwurf, durch welchen die
                              									Tatsache nicht im geringsten entkräftet wird, dass in Deutschland auf den
                              									günstigsten Strecken mit den grössten Maschinen und den leichtesten Zügen trotzdem
                              									nirgends eine Fahrt zu finden ist, die auch nur im entferntesten an diese
                              									heranreicht; nicht einmal die Geschwindigkeit der an dritter Stelle genannten Fahrt
                              									wird irgendwo in Deutschland im Fahrplan erreicht.
                           Von anderen englischen ⅖-gek. Lokomotiven, die nicht in die Tabelle aufgenommen sind,
                              									können noch erwähnt werden:
                           a) Die Lokomotive der englischen Westbahn (Fig. 10) ist in den Bahnwerkstätten zu Swindon
                              									zunächst durch Umbau einer ⅗-gek. Lokomotive (No. 171, „Albion“) entstanden;
                              									dann sind bis jetzt noch drei Stück nachgebaut worden, eines mit dem Schmidtschen Rauchkammer-Ueberhitzer.
                           Während der Unterbau grundsätzlich mit den bisher besprochenen englischen
                              										„Atlantics“ übereinstimmt, ist der Kessel nach der erweiterten
                              									wagon-top-Bauart, ohne Dom, mit schmaler Belpaire-Feuerbüchse ausgebildet, wie sie bei allen neueren Lokomotiven dieser
                              									Bahn, seit dem Weggang Deans sich vorfindet (D. p. J.
                              									1903, 318, S. 195).
                           Auffallend ist ferner der grosse Kolbenhub von 762 mm, der besonders bei äusseren
                              									Zylindern die störenden Bewegungen sehr verstärkt. Die Schieber sind Kolbenschieber,
                              									welche nach amerikanischer Art shi ef einwärts oberhalb der Zylinder liegen, und
                              									durch diecinnenliegende Stephenson-Steuerung mit
                              									Zwischenwelle angetrieben werden.
                           Die Hauptabmessungen sind (abgesehen von dem unbekannten Adhäsionsgewicht):
                           
                              
                                 Zylinderdurchmesser
                                   457
                                 mm
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                   762
                                 „
                                 
                              
                                 Triebraddurchmesser
                                 2045
                                 „
                                 
                              
                                 Kesseldruck
                                     16
                                 at
                                 
                              
                                 Heizfläche(innen)
                                   180
                                 qm
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                       2,52
                                 „
                                 
                              
                                 Dienstgewicht
                                     71
                                 t
                                 
                              
                           Der hohe Kesseldruck erhöht zwar die absolute und spezifische Leistung, aber die
                              									letztere bei Zwillingsmaschine auf eine fragwürdige Weise. Der Tender ist der
                              									gewöhnliche dreiachsige mit Wasserschöpfer.
                           b) Die Lokomotive der englischen Zentralbahn, gebaut
                              									1903 bei Beyer, Peacock & Co., Manchester, gleicht im grossen Ganzen der vorigen. Sie unterscheidet
                              									sich von ihr wesentlich nur durch den Kessel, welcher gewöhnliche zylindrische Form
                              									und einen Dom über der vorderen Triebachse besitzt. Die Feuerbüchse ist ebenfalls
                              									die schmale, Belpairesche. Die Zylinder liegen schief,
                              									aussen, und haben innere, senkrechte Trickschieber, welche durch die gewöhnliche Stephenson-Steuerung mit Schraube bewegt werden; die
                              									Exzenterstangen umfassen die vordere Treibachse (wie bei der Maschine der Nordbahn)
                              									und haben die günstige Länge von 2,75 m. Die Hauptabmessungen sind:
                           
                              
                                 Zylinderdurchmesser
                                   495
                                 mm
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                   660
                                 „
                                 
                              
                                 Triebraddurchmesser
                                 2055
                                 „
                                 
                              
                                 Kesseldruck
                                     12,7
                                 atm
                                 
                              
                                 Heizfläche(innen)
                                   178
                                 qm
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                       2,42
                                 „
                                 
                              
                                 Dienstgewicht
                                     69,5
                                 t
                                 
                              
                                 Adhäsionsgewicht
                                     37,7
                                 t
                                 
                              
                           Die Vakuumbremse geht an die drei Hinterachsen. Der dreiachsige Tender hat
                              									Wasserschöpfer.
                           7. Die Schnellzuglokomotive der französischen
                                 										Staatsbahn, gebaut zu zehn Stück von den Baldwin
                                 										Locomotive Works 1900, war in Paris im Erbauungsjahr ausgestellt. Sie soll
                              									hier nur als Merkwürdigkeit beschrieben werden, da sie ein rein amerikanisches
                              									Muster auf europäischem Boden darstellt, gerade wie dies auch bei der 2/4-gekuppelten
                              									derselben Firma für dieselbe Bahn aus demselben Jahre der Fall war (D. p. J. 1904,
                              										319, S. 70).
                           Bis auf wenige Einzelheiten sind die amerikanischen Eigentümlichkeiten beibehalten.
                              									Nicht amerikanisch sind nur die Puffer, das Geländer am Laufbrett, der tiefer als
                              									das letztere gesetzte Führerstand usw., also lauter nebensächliche Dinge, abgesehen
                              									von der kupfernen Feuerbüchse.
                           Der grosse, hochliegende Kessel ist nach der erweiterten wagon-top-Bauart
                              									ausgebildet; die lange Feuerbüchse steht über den Rahmen, aber zwischen den
                              									Triebrädern, ist daher schmal. Die vorwärts verlängerte Rauchkammer hat vorn einen Aschfall;
                              									die Tür derselben ist als Luftschneide nach französischem Muster stark gewölbt.
                           Die Zwillingsmaschine besitzt innenliegende Kolbenschieber, welche durch die Stephenson-Steuerung mit Zwischenwelle bewegt werden.
                              									Die Federn, sämtlich Blattfedern, der drei Hinterachsen sind durch Längshebel
                              
                              									verbunden. Trotz dem grossen Kessel ist der Zylinderdurchmesser ungewöhnlich klein
                              									gewählt, so dass wohl unwirtschaftlich grosse Füllungen im Betrieb Regel sein
                              									werden.
                           Zehn Lokomotiven von derselben Sorte sind im Jahre 1901 für die Paris–Lyon–Mittelmeerbahn
                              									beschafft worden. Während die Staatsbahn vierachsigen (übrigens niedrigen)
                              									amerikanischen Tender gewählt hat, der mit Wasserschöpfer versehen ist, ist der
                              									Tender der Paris–Lyon–Mittelmeer bahn ein dreiachsiger
                              									Normaltender. Ferner ist bei der Staatsbahn Luftpumpe rechts, Steuerungszugstange
                              									links (wo der Führer steht), bei der Paris–Lyon–Mittelmeerbahn infolge umgekehrter Stellung der Mannschaft
                              									gerade umgekehrt; im übrigen sind die Maschinen identisch (Fig. 11).
                           Von den Betriebsergebnissen ist weiter nichts bekannt geworden, als dass auf den
                              									Probefahrten zwischen Avignon und Marseille mit Zügen von 200 t Gewicht h. T.
                              									Höchstgeschwindigkeiten von 120 bis 130 km/St. auf wagerechter Strecke erreicht worden
                              									sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 607
                              Fig. 11. Französische Staatsbahn.
                              
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)