| Titel: | Neuerungen auf dem Gebiete der Maschinenelemente. | 
| Autor: | A. Schmidt | 
| Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 637 | 
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                        Neuerungen auf dem Gebiete der
                           								Maschinenelemente.
                        Von A. Schmidt, Ingenieur,
                           									Westend.
                        Neuerungen auf dem Gebiete der Maschinenelemente.
                        
                     
                        
                           
                              Ventile.
                              
                           Dass Ventile als Maschinenelemente angesehen werden dürfen, könnte vielleicht hier
                              									und da bestritten werden, jedoch nimmt der Sprachgebrauch hier, wie so oft, den Teil
                              									für das Ganze, und umgekehrt, in Anwendung.
                           Im wesentlichen handelt es sich doch bei jedem Ventil um Ausbildung und Einbau des
                              									Ventilkegels und -sitzes im Gehäuse und dessen konstruktive Anordnung im Verhältnis
                              									zu ersteren.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 636
                              Fig. 1.
                              
                           Es gibt hauptsächlich zwei Gesichtspunkte, nach denen Ventile jm Gebrauch sich
                              									unterscheiden, und das ist erstens die paarschlüssige, durch äussere Kräfte
                              
                              									bedingte, zweitens die innen-kraftschlüssige, durch Bewegung der Flüssigkeit
                              									hervorgerufene Ortsveränderung des Ventilkegels.
                           Im ersten Fall haben wir es mit einem Sperrwerk zu tun, das der Flüssigkeit für
                              									längere Zeit freie Bahn bietet, oder sie von dieser trennt.
                           Im zweiten Fall lässt das Ventil in kurz hintereinander folgenden Abschnitten
                              									begrenzte Flüssigkeitsmengen aus einem Raum in den anderen treten.
                           In beiden Fällen muss es als wesentlich erscheinen, dass die Flüssigkeit vor und nach
                              									dem Durchfliessen der Spaltöffnung so geführt wird, dass sie möglichst keine
                              									Stösse erleidet und somit keine grosse oder doch nur sanfte Richtungsänderung
                              									erfährt.
                           In der üblichen Ausführung des normalen Absperrventils der ersten Art (Fig. 1) zeigt sich für das Haupterfordernis wenig
                              									Verständnis.
                           Betrachtet man die Form des Gehäuses unter und über dem Ventilsitze, so ist auf den
                              									ersten Blick klar, dass eine zweifache Ablenkung aus der Bewegungsrichtung, einmal
                              									aus A in B, dann aus B in C stattfinden muss,
                              									um die flüssige oder gasförmige Durchflussmenge schliesslich in gerader Richtung
                              									weiter zu bewegen.
                           Der Dampfmaschinenbau erkennt diesen Uebelstand an mit Feststellung des
                              									erfahrungsgemässen Spannungsabfalls von ½ Atmosphäre vom Kessel bis zur Maschine
                              									auch bei kurzer Dampfleitung. – Es ist eigenartig, wie fest die Praxis an solchen
                              									gebräuchlichen und doch augenfällig unvorteilhaften Konstruktionen hängen bleibt,
                              									während es doch ein leichtes wäre, hier den so notwendig erscheinenden Schritt
                              									vorwärts zu tun.
                           Beispielshalber möchte ich auf die Bauart eines selbsttätigen Absperrventils für
                              									Rohrbrüche (Selbstschlussventil) hindeuten, welches die Firma Dreyer, Rosenkranz & Droop in den Handel bringt (Fig. 2). Der
                              									Teller T ist hier durch die Hebel H und H1 beweglich, und augenscheinlich ist ein Schluss des
                              									Ventils bei senkrechter und wagerechter Lage durch zweckentsprechende Hebelanordnung
                              									leicht ausführbar.
                           Gleichzeitig würde durch die Abänderung in diesem Sinne ein zweiter grosser Nachteil
                              									der Normal-Anordnung behoben, nämlich das sich Schiefstellen und Undichtwerden der Kegel- und
                              									Sitz-Dichtungsflächen, hervorgerufen durch im wesentlichen einseitiges
                              									Durchfliessen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 637
                              Fig. 2.
                              
                           Diesem einen letzteren Uebelstand wird jetzt durch eine neue Anordnung von Sitz und
                              									Ventilkörper zueinander nach Patent Wiss, D. R. P. No.
                              
                              									133859 (Fig. 3), seitens mehrerer grösserer Firmen
                              										(A. L. G. Dehme, Schäffer & Budenberg u.a.m.)
                              									in anerkennenswerter Weise entgegengearbeitet. Es wäre wünschenswert im Sinne der
                              									Vervollkommung der Rohrleitungen für flüssige und gasförmige Körper, wenn diesem
                              									ersten Schritt zur Verbesserung der zweite folgte, denn damit, dass eine Firma den
                              									Vorteil durch ständige Verbesserung ihrer Fabrikate im Auge behält, dient sie nicht
                              									nur der Allgemeinheit, sondern auch sich selbst am besten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 637
                              Fig. 3.
                              
                           Der zweite Schritt läge in der Anordnung nach der in Fig.
                                 										2 gekennzeichneten Art; denn wie Fig. 3
                              									zeigt, wird in der Anordnung nach Patent Wiss der
                              									Flüssigkeit unter dem Ventilkegel Abflussmöglichkeit nach zwei Seiten gegeben.
                              									Derselbe Grundgedanke, der in dieser Anordnung zutage tritt, ist ganz ausser
                              									Zusammenhang in der Bauart des Auspuffventils von Gebrüder
                                 										Körting (Fig. 4) zu finden. Dieser
                              									allseitige Austritt der Flüssigkeit sichert ein bedeutend längeres gutes Dichthalten
                              									der Schliessflächen, gemäss der angestellten Dauerversuche mit solchen VentilenZ. d. V. d. I, 1905, Heft 49..
                           Immerhin ist noch eine erhebliche und mehrfache Ablenkung der Bewegungsrichtung für
                              									die Durchgangsflüssigkeit in der Konstruktion bedingt, die bei einer Anordnung nach
                              										Fig. 2 ganz behoben werden könnte.
                           Einen anderen Weg, um Undichtwerden der Dichtungsflächen zu verhindern, betritt die
                              									Firma Holden & Broke
                                 										Limited, West Gorton, Manchester.Engineering, 1905, Bd. I, S. 61.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 637
                              Fig. 4.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 637
                              Fig. 5.
                              
                           Die Absperrung (Fig. 5) erfolgt durch zwei Kegel von
                              									sehr verschiedener Neigung, die zwischen den ihnen zugehörigen Dichtungsflächen eine
                              									Mitteldruckzone bestehen lassen. Diese Ausführung erscheint nicht gerade
                              									empfehlenswert. Ist es an sich schon schwierig, zwei starr miteinander verbundene
                              									Kegelflächen gleichzeitig zum Dichten zu bringen, dann umsomehr, wenn die Kegel
                              									keine gemeinsame Spitze haben. Jedenfalls wird eine derartige Ausführung räumlich
                              									(axial) zu ausgedehnt und auch recht kostspielig.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 637
                              Fig. 6.
                              
                           Es ist anzuerkennen, dass der Forderung, freien Durchgang ohne Aenderung der
                              									Stromrichtung zu schaffen, von vielen Konstrukteuren nachgegeben und auch durch
                              									Einbau von Schiebern in die Rohrleitungen an Stelle von Ventilen erreicht wird.
                              									Infolge ihrer grösseren Bauhöhe und Gewichte sind Schieber aber keine sehr bequemen
                              										Einbaustücke
                              									und deshalb ebenso, wie der Pflockhahn, auch wegen des äusserst zeitraubenden
                              									Schliessverfahrens, seitens des Maschinenpersonals nicht gern gesehen, da die
                              									Schliesszeit des Schiebers etwa die vierfache des Ventils mit gleich grossem
                              									Durchmesser betragen muss.
                           Ausserdem sind in Rohrleitungen, die mit Absperrschiebern versehen sind, wegen der
                              									langen Dauer des Schliessens Selbstschlussventile erforderlich, um schweren Gefahren
                              									bei Rohrbrüchen vorzubeugen; dabei bleiben Rohrbruchventile wegen der bei ihrem
                              									Inkrafttreten unausbleiblichen Beschleunigungen stets von äusserst zweifelhaftem
                              									Wert.
                           Es fragt sich nun, ob nicht ein Absperrmittel zu finden wäre, welches nicht nur den
                              									Durchfluss der Leitungsfüllung ohne Richtungsänderung sowie ohne einseitige Strömung
                              									ermöglicht, sondern sich auch schnell schliessen lässt.
                           Zunächst käme hier wieder das bereits mehrfach erwähnte Selbstschlussventil der Firma
                              										Dreyer, Rosenkranz & Droop als Vorbild in Frage, bei welchem mittels der Hebel H und H1 (Fig. 2) durch
                              									zweckmässige Anordnung alles Wünschenswerte zu erzielen ist.
                           Aber auch ein anderer Weg kann hier wohl mit Erfolg bis zu einer gewissen Grenze
                              									beschritten werden.
                           Denken wir uns das Küken eines Pflockhahnes (Fig. 6)
                              									mit Durchgangsöffnung versehen und somit die Grundlage der normalen Hahnkonstruktion
                              									festgehalten. Um aber das Küken k zu drehen, was
                              									mittels des Hebels H geschehen soll, werde es durch
                              									Drehen der Handradmutter m leicht angehoben und dann
                              									erst in die gewünschte Stellung gedreht. Das Schliessen geschieht hier ähnlich
                              									wie bei Pflockhahn und Schieber durch Drehen der Handradmutter, jedoch wegen des
                              									geringen erforderlichen Hubes in ganz geringem Umfang.
                           In dieser Vereinigung von Hahn und Schiebereigenschaften dürfte alles zu finden sein,
                              									was vorhin als Erfordernis einer guten Absperrvorrichtung hervorgehoben wurde.
                           Beim Durchfluss erleidet der Flüssigkeitsstrahl nur eine geringe Formänderung.
                           Die Schliessbewegung wird nach Entlastung der Dichtungsfläche ohne Anstrengung mit
                              									beliebiger Geschwindigkeit ausführbar.
                           Die Dichtung nach Richtung der Kückenmittellinie wird nur während der Drehung durch
                              									die Kolbenringe k1 und
                              										k2 einerseits und
                              									die Stopfbüchse andererseits übernommen. Im übrigen erfolgt die Abdichtung durch den
                              									oberen und unteren Rand der Kegelfläche des Kükens k.
                           Diese Ausführung empfiehlt sich besonders für grosse Abmessungen, bei welchen sonst
                              									wegen übermässiger Kükenreibung die Verwendung des Hahnes ausgeschlossen ist.
                           Die hier vorliegende schematische Darstellung schliesst natürlich nicht alle
                              
                              									konstruktiven Erfordernisse ein, welche einzelne Fälle bedingen müssen. Sie legt nur
                              									den Grundgedanken fest, der sich bei geschickter Verwendung dazu eignet, eine
                              									wesentliche Vervollkommnung in Rohrleitungsnetzen aller Art herbeizuführen.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)