| Titel: | Kommutator-Motore für einphasigen Wechselstrom. | 
| Autor: | Albert Hoerburger | 
| Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 759 | 
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                        Kommutator-Motore für einphasigen
                           								Wechselstrom.
                        Von Dr. Albert Hoerburger,
                           								Berlin.
                        (Fortsetzung von S. 741 d. Bd.)
                        Kommutator-Motore für einphasigen Wechselstrom.
                        
                     
                        
                           3. Der kompensierte Serienmotor. Der kompensierte
                              									Serienmotor ist aus der Ueberlegung entstanden, dass das Querfeld des Ankers nicht
                              									allein für das Verhalten des Motors schädlich ist, sondern auch zu einem richtigen
                              									fabelten nicht notwendig ist. Anstatt es nun wie bei den bisher betrachteten Motoren
                              									in seiner Entstehung durch mechanische Mittel zu behindern, kann man es auch sich
                              									unbehindert entwickeln lassen, nachträglich aber durch eine geeignete Vorrichtung
                              									wieder aufheben, oder kompensieren. Zu diesem Zwecke nun dient eine Wicklung, die
                              									ausser der Feldwicklung noch auf dem Stator eines gewöhnlichen Serienmotors
                              									aufgebracht wird und ein magnetisches Feld erzeugt, welches dem Ankerfelde grade
                              									entgegengesetzt ist, und darum seine Wirkung aufhebt. Ein solches Feld muss also
                              									gegenüber dem Erregerfeld um eine halbe Polteilung verschoben sein. Wenn nun das
                              									Kompensationsfeld seine Aufgabe bei allen Belastungen des Motors erfüllen soll, so
                              									muss es mit dem Ankerfeld seine Grösse entsprechend ändern. Am einfachsten wird
                              									das erreicht, wenn es von dem gleichen Strom wie das Ankerfeld erzeugt wird. Man
                              									erhält so eine schematische Leitungsskizze nach Fig.
                                 										9, wie sie zuerst von Steinmetz-Eickemeyer
                              									angegeben wurde. Der gleiche Strom durchfliesst nacheinander die Feldwindungen, den
                              									Anker und die Kompensationswindungen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 759
                              Fig. 9. Kompensierter Serienmotor.
                              
                           Da nun die Wechselstrommotore stets mit einer grossen Polzahl ausgestattet sind, wird
                              									die Unterbringung dieser zweiten Wicklung Schwierigkeiten machen, falls das Gehäuse
                              
                              									mit ausgebildeten Polansätzen ausgestattet ist. Während es für den Serienmotor nach
                              										Heubach trotz der etwas höheren Streuung günstiger ist,
                              									ausgebildete Pole zu verwenden, weil dadurch eine grössere neutrale Zone für die
                              									Kommutierung des Ankers vorhanden ist, tritt für die kompensierten Motore das
                              									Umgekehrte ein und dieselben werden, wie die meisten ausgeführten Motore beweisen,
                              									fast ausschliesslich mit verteiltem Feld gebaut. Der Stator gleicht in diesem Falle
                              									ganz dem Gehäuse eines gewöhnlichen Induktionsmotors. Will man nun die
                              									Kompensationswicklung unterbringen, so wird man statt der einphasigen Wicklung eine
                              									zweiphasige Wicklung verwenden, davon die eine als Feld, die andere als
                              									Kompensationsspule benutzen. Fig. 10 gibt die
                              									schematische Leitungsskizze. Beide Wicklungen können dabei ineinander
                              									übergreifen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 760
                              Fig. 10. Kompensierter Serienmotor mit verteilter Statorwicklung.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 760
                              Fig. 11. Kompensierter Serienmotor mit kurzgeschlossener
                                 										Kompensationsspule.
                              
                           Beim Serienmotor war der Verkleinerung des induktiven Spannungsabfalles im Feld durch
                              									die schädliche Einwirkung des Ankerquerfeldes eine Grenze gesetzt. Beim
                              									kompensierten Motor, wo das Ankerfeld aufgehoben ist, hindert nichts, das Feld noch
                              									mehr zu verkleinern und so den Leistungsfaktor des Motors günstiger zu gestalten,
                              									als er durch das Fehlen der Querfeldspannung schon geworden ist. Ein motorisch
                              									wirkendes Feld muss allerdings unter allen Umständen vorhanden sein. Auch gelingt es
                              									niemals genau das Ankerfeld vollständig zu kompensieren; die beiden Spulen stehen
                              									nämlich im Verhältnis von primärer zu sekundärer Spule eines Transformators und
                              									müssen daher auf getrennten Maschinenteilen angebracht sein. Infolge des trennenden
                              									Luftspaltes sind immer Streulinien vorhanden.
                           Anstatt Anker und Kompensationsspule elektrisch zu verbinden, d.h. in Serie schalten,
                              									kann man dieselben auch magnetisch kuppeln, d.h. die eine von der anderen induzieren
                              									lassen. Man erhält so die in Fig. 11 schematisch
                              									dargestellte Einrichtung, wo die Kompensationsspule durch eine in sich geschlossene
                              									Windung dargestellt ist Auf diese Einrichtung erhielten Stanley und Kelly im Jahre 1892 das
                              
                              									amerikanische Patent 479675, das sich auf kurzgeschlossene Spulen, deren Achse mit
                              									der Bürstenachse zusammenfällt, bezieht.
                           Der kompensierte Serienmotor wird neuerdings von der General
                                 										Electric Co. in Schenectady zum Betrieb einer Einphasenbahn verwendet, und
                              									zwar wird dieser Motor dabei gleichzeitig für Wechselstrom und für Gleichstrom
                              									gebraucht. Der Anker dieser Motore gleicht mit seiner Schleifenwicklung wieder
                              									völlig den gebräuchlichen Gleichstromankern, das Feld ist vierpolig und wie der
                              									Stator eines zweiphasigen Induktionsmotors, bei dem die Wicklung gleichmässig in den
                              									Nuten verteilt ist, gebaut. Der Luftzwischenraum zwischen Stator und Anker beträgt
                              									auf jeder 2 mm. Die Betriebsspannung am Fahrdraht ist für Wechselstrom 2200 Volt bei
                              									25 Perioden, bei Gleichstrom 600 Volt. Die einzelnen Wagen sind mit zwei
                              									Stromabnehmervorrichtungen ausgerüstet, und zwar ist die Stange mit der Rolle für
                              									den einphasigen Wechselstrom viel länger als die für Gleichstrom. Der Fahrdraht mit
                              									der Hochspannung ist derartig hoch aufgehangen, dass ihn die kurze Gleichstromstange
                              									niemals berühren kann. Es ist dadurch eine Sicherheit gegeben, dass die
                              									Hochspannung niemals an die Motore gelangen kann, sondern nur in die
                              									Hochspannungswicklung des Transformators. Die Motore sind für eine Leistung von 50
                              									PS gebaut, für eine Wechselspannung von 200 Volt und eine Gleichstromspannung von
                              
                              									250 Volt. In beiden Fällen wird die Serienparallelschaltung verwendet und der
                              									gleiche normal gebaute Fahrschalter benutzt. Die Motore unterscheiden sich in ihrem
                              									äusseren Aussehen in nichts von dem der gewöhnlichen Bahnmotore für Gleichstrom. Die
                              									Betriebskurven eines solchen kompensierten Serienmotors sind in der Fig. 12 zur Abbildung gelangt. Man kann aus ihnen das
                              									in jeder Beziehung bessere Verhalten eines kompensierten Motors gegenüber einem
                              									einfachen Serienmotor ersehen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 760
                              Fig. 12. Kurven des kompensierten Serienmotors.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 760
                              Fig. 13 Kompensierter Serienmotor System Winter-Eichberg-Latour.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 760
                              Fig. 14. Verteilung- der Felder im Winter-Eichberg-Latour-Motor.
                              
                           Bei einem kompensierten Motor kann man nun immer drei verschiedene Windungen und drei
                              									verschiedene Felder unterscheiden, nämlich das Erregerfeld F, das Ankerfeld A und das Kompensationsfeld
                              										C. Bei dem bisher behandelten Motor waren diese
                              									drei Felder so verteilt, dass Erreger- und Kompensationsfeld auf dem Stator, das
                              									Ankerfeld auf dem Rotor angebracht war, und das Kompensationsfeld konnte dabei von
                              									dem Ankerfeld in einer kurzgeschlossenen Windung induziert werden (Fig. 11). Man kann nun diese Verhältnisse einfach
                              									umkehren und das Ankerfeld auf dem Stator, das Erregerfeld auf dem Rotor anbringen
                              									und beide von demselben Strom in Serie erzeugen, das Kompensationsfeld im Rotor in
                              									einer kurzgeschlossenen Windung vom Ankerfeld induzieren lassen. Es ist dazu nicht
                              									nötig, zwei verschiedene Wicklungen auf dem Rotor anzubringen, man kann ein und
                              									dieselbe Wicklung für beide Zwecke benutzen und hat nur Sorge zu tragen, dass der
                              									Rotor in der Achse des Ankerfeldes kurzgeschlossen ist, was durch einen weiteren
                              									unter sich verbundenen Bürstensatz geschehen kann. Man erhält so eine Anordnung, die
                              									schematisch durch die Fig. 13 wiedergegeben werden
                              									kann. Von dem gewöhnlichen Serienmotor unterscheidet sich der so erhaltene Motor nur
                              									durch einen zweiten Bürstensatz, der gegenüber dem ersten um eine halbe Polteilung verschoben
                              									ist und die einzelnen Bürsten leitend verbunden hat. Die Statorwindung induziert
                              
                              									durch ihr Feld BA in
                              									dem laufenden Rotor einen Strom Jc, der sich durch die kurzgeschlossenen Bürsten
                              									ausgleicht, und ein Feld erzeugt BC, das dem Ankerfeld gerade entgegengesetzt ist.
                              									Durch den dem Rotor zugeleiteten Strom J wird ein
                              									drittes Feld BF
                              									erzeugt, das senkrecht auf den beiden vorigen steht. Diese Schaltungsweise ist wohl
                              									zuerst von Latour angegeben worden.
                           Anscheinend hat man durch eine derartige Einrichtung nur den Nachteil eines weiteren
                              									Bürstensatzes und damit neue Schwierigkeiten durch Feuern am Kommutator und neue
                              									Verluste durch die kurzgeschlossenen Windungen in den Kauf genommen. In Wirklichkeit
                              									ist aber durch eine derartige Einrichtung ein grosser und sehr wichtiger Vorteil
                              									erreicht worden, der darin besteht, dass bei Rotation mit synchroner Geschwindigkeit
                              									einmal ein vollkommenes Drehfeld entsteht und damit die Schwierigkeiten am
                              									Kommutator vollkommen wegfallen, und zweitens, dass eine Kompensierung der
                              									Phasenverschiebung erreicht werden kann, so dass man mit einem solchen Motor ohne
                              									Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung, d.h. mit einem Leistungsfaktor
                              									gleich der Einheit arbeiten kann. Um dies näher zu erklären, soll die Fig. 13 nochmals wiederholt und in ihr die einzelnen
                              									Felder eingezeichnet werden (Fig. 14). Die
                              									nachstehende theoretische Abhandlung soll in der gleichen einfachen Weise
                              									durchgeführt werden wie beim gewöhnlichen Serienmotor, indem angenommen wird, dass
                              									die Phasenverschiebung der verschiedenen Spannungen immer entweder 0 oder 90°
                              									beträgt.
                           Der Wicklung A steht auf dem Rotor eine durch die
                              									Bürsten c d kurz geschlossene Wicklung C gegenüber. In dieser Wicklung wird durch das Feld BA ein Strom Jc induziert. Da der
                              									Strom nur Wärmearbeit leistet, so ist er in Phase mit der induzierten Spannung.
                              									Diese Spannung, deren Grösse
                           eCi =
                              										C4 . v . z . BA
                           ist und mit ihr der Strom Jc, sind gegenüber dem induzierenden Feld BA um 90° in der Phase
                              									zurück. Der Hauptstrom J, der in der Wicklung A das Feld BA erzeugt hat, wird dem Rotor durch die Bürsten a b zugeleitet und erzeugt in ihm das Feld BF in der Richtung der
                              									Bürstenachse a b, also senkrecht zu den bisher
                              									betrachteten Feldern BA
                              									und Bc. Das Feld Bf ist demnach in Phase
                              									mit dem Strom Jc und
                              									mit der induzierten Spannung eCi (Fig. 15). Wenn
                              									der Rotor sich dreht, so entsteht dadurch, dass die Ankerdrähte dabei von dem Felde
                              										BF geschnitten
                              									werden, an den Bürsten c d eine elektromotorische
                              									Gegenkraft, die mit dem Felde BF, also auch mit eCi in Phase ist. Die Grösse dieser
                              									elektromotorischen Gegenkraft ist gegeben durch
                           eCg =
                              										C5 . n . z. Bf,
                           wenn mit n die Zahl der
                              									Umdrehungen, mit z die Zahl der Ankerdrähte bezeichnet
                              									wird. Diese Spannung verhält sich wie eine Wattspannung. Der Anker rotiert aber auch
                              									in dem Felde BA
                              									= BC und durch die
                              									Rotation in diesem Felde entsteht an den Bürsten a b
                              									eine elektromotorische Gegenkraft
                           eFg =
                              										C6 . n . z . BA,
                           die in Phase mit dem Felde BA ist. Dieses Feld eilt aber dem Felde BF um 90° voraus,
                              									demnach ist auch die Spannung eFg gegenüber der Spannung eCg um 90° voraus und sie verhält sich
                              									dieser Spannung gegenüber wie eine Kondensatorspannung. Endlich wird in der Wicklung
                              										F an den Bürsten a b
                              									durch den Strom J noch eine Spannung induziert,
                           eFi =
                              										C7 . v . z . BF,
                           welche gegenüber dem Felde BF in der Phase um 90° zurück ist. Dieser schädlichen Spannung wirkt nun, wie man aus dem
                              									Diagramm Fig. 15 sieht, die Spannung eFg entgegen, sie wird
                              									zum Teil oder ganz aufgehoben. In letzterem Falle ist die Spannung am Motor E gegeben durch die Summe E = eCg + eCi, und der Motor hat
                              									keine Phasenverschiebung, da die Gesamtspannung E mit
                              									dem Strom J zusammenfällt. Die gesamte induzierte
                              									Spannung Ei ist gegeben
                              									durch die Summe der beiden gegenüber dem Strom J um 90°
                              									verschobenen Spannungen, also durch Ei
                              									= CFg + eFi, oder durch
                              									Einsetzen der oben gegebenen Werte
                           Ei= z .(n . B'A– v . B'F),
                           wenn man die Konstanten durch die veränderte Bezeichnung des
                              									Feldes ausdrückt. Damit die Phasenverschiebung 0 und so der Leistungsfaktor des
                              									Motors gleich 1 wird, muss die Summe der um 90° verschobenen Spannungen 0 sein,
                              									also
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 761
                              Fig. 15. Vereinfachtes Diagramm des Winter-Eichberg Latour-Motors.
                              
                           Ei =
                              										z . (n . B'A
                              									– v . B'F) = 0.
                           Das tritt aber ein, wenn
                           n . B'A– v B'f = 0.
                           Diese Bedingung anders geschrieben gibt das Verhältnis
                           
                              \frac{n}{v}=\frac{B'_F}{B'_A}.
                              
                           Bei synchronem Lauf ist n = v, in
                              									diesem Falle arbeitet der Motor ohne Phasenverschiebung, wenn die beiden Felder
                              									gleich sind, also B'F =
                              										B'A.
                           Um das günstige Verhalten des Motors beim Lauf noch mehr erkennen zu lassen, soll
                              									auch sein Verhalten gegenüber den Kurzschlussverlusten am Kommutator näher
                              									beleuchtet werden. Bei den bisher betrachteten Motoren traten stets grosse
                              									Schwierigkeiten auf, den Motor beim Lauf funkenfrei zu bekommen, ferner entstanden
                              									in den kurzgeschlossenen Windungen unter den Bürsten grosse Energieverluste und
                              									starke Erwärmung. Bei diesem Motor entstehen bei Stillstand wohl auch Verluste durch
                              									die kurzgeschlossenen Windungen. Doch ändern sich diese Verhältnisse im günstigen
                              									Sinne, sobald der Motor läuft.
                           Durch das Feld BF wird
                              									in den durch die Bürsten c d kurzgeschlossenen
                              									Windungen eine Spannung
                           εi =
                              										C8 . v . ξ . BF
                           induziert, wenn man die Zahl der in Serie geschalteten durch
                              									die Bürsten kurz geschlossenen Windungen mit ξ
                              									bezeichnet. Die Spannung ist als induziert, gegen das Feld BF um 90° in der Phase zurück. Wenn nun
                              									der Motor sich mit der Geschwindigkeit n bewegt, so
                              									entsteht in denselben kurzgeschlossenen Windungen, dadurch dass sie die Kraftlinien
                              									des Feldes BA
                              									schneiden, eine gegenelektromotorische Kraft von der Grösse
                           εg =
                              										C9 . n . ξ . BA.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 761
                              Fig. 16. Diagramm der Kurzschlusspannung im Winter-Eichberg-Motor.
                              
                           Diese elektromotorische Kraft ist, Wie alle durch die Bewegung
                              									erzeugten Spannungen in Phase mit dem erzeugenden Felde BA, dieses eilt aber dem Felde BF nm 90° in der Phase
                              
                              									vor, demnach ist, wie Fig. 16 zeigt, εg um 180° gegen εi
                              									verschoben. Bei irgend einer Geschwindigkeit n entsteht in den
                              									kurzgeschlossenen Windungen unter den Bürsten c b eine
                              									Spannung ε = εg – εi, welche für die verlorene Kurzschlussenergie massgebend ist. Die Spannung
                              									und damit die verlorene Energie wird 0, wenn εg =
                              										εi oder wenn v.
                                 										B'F
                              									= n . B'A. Auch in
                              									diesem Falle tritt kein Verlust ein bei synchronen Lauf, d.h. n = v, wenn die beiden Felder B'A und B'F einander gleich sind; dieselbe Bedingung bestand
                              									für Phasengleichheit am Motor. Sind die beiden aufeinander senkrechtstehenden in der
                              									Phase um 90° verschobenen Felder einander gleich, so entsteht ein vollkommenes
                              									Drehfeld. Die günstige Wirkung auf die Bürsten tritt auch schon ein bei einem nicht
                              									völlig kreisförmigen Feld, so dass innerhalb ziemlich weiter Grenzen die
                              									Kurzschlussenergie nicht ins Gewicht fällt.
                           Die Ausbildung der Theorie dieses Motors stammt von Eichberg, der die wichtigen Eigenschaften des Motors in bezug auf
                              									Phasenverschiebung und Kurzschlussverluste zuerst erkannt haben. Von ihm zusammen
                              									mit Winter stammt auch eine konstruktive Einrichtung,
                              									welche die Eigentümlichkeiten des Motors noch viel besser zur Geltung bringt.
                           Bei den gewöhnlichen Serienmotoren erfolgt die Regulierung von einem
                              									Spannungsregulator aus, durch den dem Motor verschiedene Spannungen zugeführt
                              									werden. Das Drehmoment des Motors ist nämlich abhängig vom Strom im Anker, der Zahl
                              									der Ankerdrähte und dem Feld. Da die Wechselstrommotore mit sehr geringer Sättigung
                              									arbeiten, kann man das Feld proportional dem Strom setzen und erhält so die
                              									ungefähre Formel, dass das Drehmoment mit dem Quadrate der Spannung sich ändert. Bei
                              									dem Winter-Eichberg-Motor kann man nun die beiden
                              									Faktoren in der Gleichung für das Drehmoment
                           D = C10 . zA
                              									J . BF,
                           in ein bestimmtes Verhältnis setzen, d.h. man erhält das
                              									gleiche Drehmoment, wenn man J um ebensoviel
                              									verkleinert, als man BF
                              									vergrössert.
                           Bei einem Wechselstrommotor steigt nun anderseits die Schwierigkeit der Kommutierung
                              									mit der Geschwindigkeit, da die für das Feuern massgebende Reaktanzspannung mit der
                              									Geschwindigkeit wächst; natürlich wachsen die Schwierigkeiten auch mit der Grösse
                              									des zu kommutierenden Stromes. Diese Beziehungen gelten für die Bürsten a b. Für die Bürsten c d
                              									erkannten wir umgekehrt die Abnahme der Schwierigkeiten mit der Geschwindigkeit und
                              									Abhängigkeit vom Felde BF.
                           Man kann nun die günstigen Eigenschaften der beiden Bürstensätze zusammen erhalten
                              									und trotzdem das gleiche Drehmoment erreichen, wenn man für kleine Geschwindigkeit
                              									grossen Strom nimmt, der wegen der kleinen Reaktanzspannung in den Bürsten a b immer noch leicht zu kommutieren ist, dafür aber
                              									kleines Feld BF, damit
                              									die Kurzschlussenergie in den Bürsten c d klein wird;
                              									bei nahezu synchronem Lauf aber wählt man einen kleinen Strom J, der trotz der grossen Reaktanzspannung leicht zu
                              									kommutieren ist, dagegen grosses Feld BF, da ja in den Bürsten c
                                 										d die Kurzschlussverluste doch verschwinden. Damit diese Eigentümlichkeit
                              									zur Geltung kommt, verwenden Winter-Eichberg den Stator
                              									in einer Schaltung, die in Fig. 17 angegeben ist.
                              									Die Hochspannung E wird durch einen regelbaren
                              									Transformator mit Sparschaltung vermindert, und so gleichzeitig dem Motor
                              									verschiedene Spannung zugeführt. Der Ankerstrom durchfliesst noch einen
                              									Serientransformator ST,
                              									dessen sekundäres Feld ebenfalls regelbar ist und durch einen Umschalter den Bürsten
                              									zugeleitet wird. Infolgedessen kann der im Motor liegende Erregerkreis durch
                              									Aenderung der Spannung reguliert werden, einfach durch Aenderung des
                              									Uebersetzungsverhältnisses. Feld und Ankerstrom stehen daher im Verhältnis der
                              									Uebersetzung des Transformators \frac{J_F}{J_A}=\frac{1}{ü}, wenn man mit ü das Verhältnis der primären Windungszahl im Kreise A zur sekundären Windungszahl im Kreise F bezeichnet. JF ist proportional BF; man kann also auch, da \frac{B_F}{J_A}=\frac{1}{ü} das Verhältnis
                              									vom Erregerfeld zum Ankerstrom durch das Uebersetzungsverhältnis beeinflussen, und
                              									hat es so in der Hand für jede Geschwindigkeit, die für die Kommutierung günstigsten
                              									Verhältnisse einzustellen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 762
                              Fig. 17. Schaltung nach Winter-Eichberg.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 762
                              Fig. 18. Kurven des Winter-Eichberg-Motors bei verschiedenen
                                 										Uebersetzungsverhältnissen.
                              1) 32 : 64. 2) 40 : 64. 25
                                 										Perioden, 215 Volt. 2 mm Luftspalt.
                              
                           Welchen Einfluss die Aenderung des Uebersetzungsverhältnisses auf die sonstigen
                              									Eigenschaften des Motors haben, zeigen die Kurven der Fig.
                                 
                                 										18 und 19.
                           Der Winter-Eichberg-Motor wird als sogenannter WE-Motor von der Union
                                 										Elektrizitätsgesellschaft gebaut. Er ist auf der Einphasenbahn
                              									Niederschöneweide Spindlersfeld angewandt, und hat sich in dem mehr als ein Jahr
                              									dauernden Betrieb für den schwierigsten Bahndienst als geeignet erwiesen. Er ist
                              									neuerdings auch für die Hamburger Vollbahn gewählt worden. Die Motore haben eine
                              									einphasige Ständerwicklung und einen normalen Gleichstromanker, mit einem zweiten
                              									Bürstensatz (vergl. D. p. J. S. 335 d. Bds.). Als praktische Vorteile des Winter-Eichberg-Motors werden noch angegeben: Die
                              									Ständerwicklung ist vom Läufer völlig unabhängig, der Motor kann also direckt mit
                              									hochgespanntem Wechselstrom gespeist werden, die Drehrichtung des Motors lässt sich
                              									in einfachster Weise umkehren, indem die Stromzuführung zum Motor, also das Feld BF durch einen
                              									Umschalter U umgekehrt wird; der Motor kann
                              									stillgesetzt werden, ohne dass der Motor von der Hochspannung abgeschaltet wird,
                              									indem man die Stromzuführung zum Motor unterbricht.
                           
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 763
                              Fig. 19. Kurven des Winter-Eichberg-Motors bei verschiedenen
                                 										Uebersetzungsverhältnissen.
                              1) 24 : 1. 2) 19,2 : 1. 3) 14,8 :
                                 										1. 4) 12,8 : 1. 5) 9,6 : 1. 6) 8,3 : 1. 25 Perioden, 6000 Volt.
                                 										Zahnradübersetzung 1 : 4,26. Raddurchmesser 1000 mm.
                              
                           Es sollen nun noch einige weitere Schaltungsmöglichkeiten angegeben werden, die keine
                              									besondere Anwendung in der Praxis gefunden haben. Aus Fig.
                                 										11 ist eine Schaltung bekannt geworden, in der die in sich kurz
                              									geschlossenen Kompensationsspule auf dem Ständer angebracht ist und vom Ankerstrom
                              									im Rotor induziert wird. Man kann nun bei dieser Anordnung die Stellung von
                              									Anker und Kompensationsspule vertauschen, ohne sonstige Aenderungen
                              									vorzunehmen. Man erhält so die Schaltung nach Fig.
                                 										20. Auf dem Motor sind zwei getrennte Wicklungen, die beide vom gleichen
                              									Strom durchflössen werden. Der Rotor ist in der Achse der einen Spule kurz
                              									geschlossen und in ihr wird ein Strom von dieser Spule induziert. Man erreicht auf
                              									diese Weise den Vorteil, dass zum Anker keine direkte Stromzuführung nötig ist, dass
                              									also der Motor mit Hochspannung betrieben werden kann. Diese Schaltung ist von Atkinson angegeben worden. In einer weiteren Anordnung
                              									ist der Rotor und eine Feldwicklung in Serie geschaltet und bildet einen
                              									geschlossenen Kreis; beide sind also von dem gleichen Strom durchflössen. Man erhält
                              									so die Anordnung von Fig. 21. Die zweite Feldspule
                              									ist an das Netz angeschlossen; diese induziert den Anker, der über die zweite Spulen
                              									geschlossen ist. Dieser Motor wird ein gutes Drehmoment besitzen, da Anker und Feld
                              									stets in Phase sind. Eine derartige Schaltung ist ebenfalls von Atkinson angegeben worden und im deutschen Patent
                              									108539, Kl. 21, enthalten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 763
                              Fig. 20. Kompensierter Motor. Umkehrung von Fig. 11.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 763
                              Fig. 21. Kompensierter Motor. Umkehrung von Fig. 20.
                              
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)