| Titel: | Eine neue Rotationsölpumpe für grosse Fördermenge und hohes Vakuum der Siemens-Schuckertwerke, Berlin. | 
| Autor: | Karl T. Fischer | 
| Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 763 | 
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                        Eine neue Rotationsölpumpe für grosse Fördermenge
                           								und hohes Vakuum der Siemens-Schuckertwerke, Berlin.
                        Von Dr. Karl T. Fischer, a. o. Prof.
                           								der Kgl. Technischen Hochschule
                              								München.
                        Eine neue Rotationsölpumpe für grosse Fördermenge und hohes Vakuum
                           								der Siemens-Schuckertwerke.
                        
                     
                        
                           An die der seit Jahren nun auch in Deutschland eingebürgerten Geryk-Pumpe des Engländers Fleuss, in welcher Oel zur Ausfüllung des schädlichen Raumes verwendet
                              
                              									wird, tritt ebenbürtig und in mancher Beziehung überlegen eine rotierende Oelpumpe
                              									der Pumpenabteilung der Siemens-Schuckertwerke. Da
                              									ich in unserem Institute seit einigen Jahren eine besonders grosse Geryk-Pumpe mit einem Fördervolumen von 150 Litern i.
                              									d. Minute bei Parallelschaltung der beiden Zylinder (das Modell „Inceptum“)
                              									benutze und zu schätzen gelernt habe, so unterzog ich mit besonderem Interesse die neue
                              									Pumpe einer genaueren Prüfung und möchte über die Ergebnisse folgendes
                              									mitteilen:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 764
                              Vorpumpe. Hochvakuumpumpe. Vorpumpe allein Beide Pumpen hintereinander.
                              
                           1. Prinzip der Pumpe. In Fig. 1 ist der
                              									Querschnitt der Pumpe, in Fig. 2 der Längsschnitt
                              									der mit „Vorpumpe bezw. Hochvakuumpumpe“ bezeichneten, im wesentlichen völlig
                              									gleichen Pumpen dargestellt. In dem Achsenstück bewegen sich in einem genau
                              									passenden Schlitze die beiden, durch Federn aus einander gehaltenen und an die
                              									Wandung angedrückten Hälften eines Schiebers m, dessen
                              									Enden, durch Oel abgedichtet, an einer im feststehenden Gusskörper ausgesparten,
                              									höchst sorgfältig ausgeschliffenen Kapsel gleiten. Rotiert die Achse a der Vorpumpe im Sinne des Pfeiles, so wird, wie aus
                              										Fig. 1
                              									ersichtlich, die aus r1
                              									nach dem Raume b gelangte Luft aus dem unten
                              									befindlichen Raume b nach dem oberhalb befindlichen,
                              									mit einem Ventile v abgeschlossenen Raume befördert und
                              									tritt hinter dem Ventile v in den Raum d aus. Während der Rotation füllt sich b immer wieder von neuem aus dem mit n verbundenen auszupumpenden Raume – in der Figur dem
                              									Raume c – und es kann dieser, da ein schädlicher Raum
                              									nicht existiert, bis auf denjenigen Druck leergepumpt werden, welcher der
                              									Dampfspannung des verwendeten Oeles entspricht, das die ganze Pumpe ausfüllt. Das
                              									Oel wird nach Abnahme des Schutzdeckels in den äusseren Kasten eingegossen und durch
                              									die Hähne h mittels geeigneter Drehung der Pumpen in
                              									deren Innenräume d bezw. c
                              									eingeführt. Die Achsen selbst sind durch eine in Fig. 2 skizzierte
                              									Stopfbüchse aus dachförmig gepressten Beilagscheiben aus Blei abgedichtet. Die
                              									Dichtung wird auf beiden Seiten durch eine Ueberwurf-Mutter mit radialen Bohrungen
                              									zum Einsetzen eines beigegebenen Stiftes s (Fig. 2)
                              									angezogen.
                           2. Erzielung des Hochvakuums. Um mit der Pumpe Drucke zu
                              									erzielen, welche niedriger sind als die Dampfspannung des Oeles, wird, wie bei der
                              										„Hochvakuumpumpe“ der Fig. 2, der Raum c oberhalb des Ventils v
                              									mit einer anderen Pumpe, hier der „Vorpumpe“ leergepumpt. Durch den
                              									Dreiweghahn H kann r,
                              									wodurch der auszupumpende Raum angeschlossen wird, entweder mit r1 oder mit r2 verbunden und so mit
                              									oder ohne Vorpumpe gearbeitet werden.
                           Zum Ausgleich des Oeles in den äusseren Kästen dient das Rohr r4.
                           3. Förderleistung bei konstantem Drucke. Mit Hilfe eines
                              
                              									Glockengasometers von 80 Liter Inhalt wurde gefunden, dass bei beiderseits des
                              									Ventils gleichem Drucke – Atmosphärendruck – die geförderte
                                 										Menge proportional der Umdrehungszahl ist und zwar lieferte jede der beiden
                              									Pumpen, in welchen der Raum b etwa 200 ccm fasst, bei
                              									der normalen Geschwindigkeit von 400 Umdrehungen i. d. Minute 80 Liter i. d. Minute;
                              									es können also mit Parallelschaltung der beiden Pumpen normal 160 Liter i. d. Minute
                              									angesaugt werden. Bis zu 200 Umdrehungen i. d. Minute kann die Pumpe mit der Hand
                              									angetrieben werden. Zum Antriebe der Pumpen mittels Elektromotors waren 2,2 bis 2,5
                              									Amp. bei 110 Volt bei 400 Umdrehungen der Pumpe nötig.
                           Diese hohe Förderleistung ist sehr wichtig, wenn man flüssige Luft durch Erniedrigung
                              									des Siededruckes möglichst tief abkühlen will. Man erreicht in einer guten Dewarschen Flasche von 2 Liter Inhalt einen Grenzdruck
                              									von etwa 1 mm Quecksilber und damit eine Temperatur von etwa – 225° C, wenn der
                              									Schmelzdruck des Sauerstoffes nach den Messungen von EstreicherT. Estreicher. Bulletin Internat. Crac.
                                       												Akad, 1903, S. 831. Travers-Estreicher.
                                       												Exp. Unters, von Gasen, S. 270. zu 0,9 mm und die
                              									Schmelztemperatur zu – 227° C angenommen wird. Es ist dies zur Zeit wohl die
                              									bequemste Art, so tiefe Temperaturen zu erreichen.
                           4. Vakuumleistung. a. Dieselbe wurde mit einer, für
                              									Demonstrationszwecke sehr geeigneten zylindrischen Röhre von 7,2 cm innerem
                              									Durchmesser und 1 m Abstand der Elektroden untersucht, und zwar konnte diese 4,0
                              
                              									Liter haltende Vakuumröhre durch ein kurzes 10 mm weites Glasrohr mittelst
                              									Dreiweghahnes entweder mit der Pumpe oder mit einem Phosphorpentoxydgefäss und einem
                              										Mac Leod-Manometer von 200 ccm Inhalt verbunden
                              									werden. r2 war in einen
                              									kurzen Messingflansch mit Siegellack eingekittet und dieser Flansch mit Bleiring an
                              									den Pumpenkörper angeschraubt; die Dichtungsstellen lagen unter Oel, und nur das
                              									blanke Glas ragte aus dem Oel hervor. Alle übrigen Verbindungen waren aus
                              									verschmolzenem Glas
                              									hergestellt. Zur Abschätzung der Drucke diente die Messung der Dunkelräume, nachdem
                              									durch einige Messreihen für die beim Versuch gewählten Verhältnisse – mittleres
                              									Induktorium und Luftfüllung – der Zusammenhang zwischen Dunkelraum und Druck
                              									festgestellt war. Wie nach den bekannten Ebertschen
                              									Messungen über den Hittorffschen Dunkelraum zu erwarten
                              									war, bildete diese Beziehung ein höchst praktisches Mittel zur Messung des Druckes
                              									für unseren Zweck. Eine zur Röhre parallelgeschaltete Funkenstrecke erwies sich als
                              									viel weniger zweckmässig zur Beurteilung des Druckes, da ein und dieselbe
                              									Funkenstrecke bei sehr verschiedenen Drucken ansprach, wenn diese Bruchteile eines
                              									Millimeters betrugen und die Funkenstrecke nicht eigens von Induktorium und Röhre
                              									weit entfernt aufgestellt wurde.
                           Wurden beide Pumpen nach einander verwendet und die Vorpumpe mit 400 Umdrehungen, die
                              									Hochvakuum-Pumpe mit 200 Umdrehungen vom selben Motor aus angetrieben, so konnte die
                              									genannte Röhre von 4 Liter Inhalt ohne jegliches Erwärmen in
                                 										25–40 Minuten auf ein Vakuum von 0,0015 mm Hg gebracht werden, wobei
                              									kräftige, in zwei Meter Entfernung mit dem Fluoreszenzschirm noch deutlich
                              									wahrnehmbare Röntgen strahlen auftraten, so dass also
                              									im Laufe einer Vorlesungsstunde mit der grossen Röhre sämtliche
                              									Entladungserscheinungen direkt vorgeführt werden können. Ueber den Gang der
                              									Druckänderung gibt die folgende Tabelle Aufschluss, die aus mehreren Versuchen das
                              									Mittel darstellt und in der gleichzeitig mit dem Druck auch die entsprechende
                              									Dunkelraumdicke angegeben ist:
                           
                              
                                 Art desArbeitens
                                 Zeit
                                 DickedesDunkel-raumesin
                                    											mm
                                 Druck inmm HgnachMc. Leod
                                 Funken-streckein mm
                                 Bemerkungen
                                 
                              
                                 Minute
                                 Sekunde
                                 
                              
                                 Mit
                                    												„Vor-pumpe“alleingearbeitet
                                   0  1  2––  4–  5  7
                                   0304055  0––  0–  0  0
                                 –––––  2  5  6  81119
                                 720    4,3–    1,40    1,02    0,46    0,33    0,28    0,22    0,12    0,077
                                 ––1,83––––––––
                                 –––Kathode ganzmit Licht
                                    											be-eckt.––––––
                                 
                              
                                 Auf
                                    											Hoch-vakuum-pumpeumgestelltu. weiter-gepumpt
                                 –11–1315––17202126313743
                                 ––  0–––––––––
                                 25–3032455060–––––––
                                     0,053    0,040    0,036    0,030    0,015    0,013    0,010    0,007    0,0027    –    0,0017    0,0017    0,0015    0,0013
                                 –––23–––578–89
                                 –Kathodenstrahlendurch
                                    											Fluoreszenzerkennbar,Schichtungen
                                    											ver-schwinden––Kräftige Fluores-zenz am
                                    
                                    											Glase–Dunkelraumgrenzeverschwimmt––Leuchten
                                    											des Gas-inhaltes nur ganzschwach, der Glas-wand
                                    
                                    											stark.–Von hier abschreitet die Ver-dünnung
                                    
                                    											langsamvor.–––
                                 
                              
                           Es wäre dieses Resultat wohl noch günstiger geworden, wenn das
                              									Phosphorpentoxydgefäss – das sehr wichtig ist – zwischen Pumpe und Rohr, statt
                              									hinter der Röhre angebracht gewesen wäre.
                           b. Druckgrenze. Arbeitete die Pumpe nur auf das Mc. Leod-Manometer von 200 ccm Inhalt, vor welchem ein
                              									kleines Gefäss mit P2O5 in die
                              									Leitung eingeschmolzen war, so wurde durch die Vorpumpe allein im angeschlossenen Raum von 300 ccm
                           
                              
                                 in
                                 20
                                 Sek.
                                 0,27
                                 mm
                                 Hg
                                 
                              
                                 „
                                 6
                                 Min.
                                 0,032
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 17
                                 „
                                 0,015
                                 „
                                 „
                                 
                              
                           Vakuum erreicht. Einen geringeren Druck zu erzielen, war trotz
                              									längerer weiterer Tätigkeit der Pumpe nicht möglich. Es scheint dieser Druck die
                              									Dampfspannung des Oeles zu sein; denn nach den Versuchen, welche Nutting im Bureau of
                                 										Standards in Washington mit Luftpumpenölen ausgeführt hat, ist die
                              									Dampfspannung des Standard Gas Engine Oil der Standard Oil
                                 										Co., welches bei etwa 355° C siedet, 0,015 mm; das Pumpenöl der Pulsometer Co., welches mit den Fleuss-Pumpen geliefert wird, hatte 0,02 mm Dampfdruck und einen
                              									Siedepunkt von etwa 340° C; die Dampfspannung von Transformatoröl betrug ebenfalls
                              									nur 0,015 mm Hg und andere, zum Schmieren gebräuchliche Oele hatten Dampfspannungen
                              									von derselben Grössenordnung, nämlich von 0,02 bis 0,04 mm Hg. Die Aenderung dieser
                              									Werte erhöhte sich nur wenig mit der Temperatur und stieg zwischen Zimmertemperatur
                              									und 60° nur um 2 bis 5 v. H.
                           Wurde von der „Vorpumpe“ auf die „Hochvakuumpumpe“ umgeschaltet, so sank das Mc. Leod-Manometer – das zur Kontrole mit verschiedenen
                              									Kompressionsverhältnissen gebraucht wurde – in weiteren 11
                                 										Minuten bis auf 0,00025 mm, bei einer späteren Versuchsreihe in 14 Minuten bis auf 0,00020 und einmal sogar bis auf 0,00015 mm Mg. Diese letzte Zahl dürfte
                              									somit die äusserste mit einem Aggregat von zwei Pumpen erreichbare Grenze des
                              									Druckes darstellen.
                           Schaltete ich nach Erreichung der höchsten Verdünnung wieder auf die
                              										„Vorpumpe“ allein um, so stieg der Druck innerhalb 17 Minuten auf den
                              									Wert von 0,016 mm, so dass dieser Druck unter allen Umständen den mit einer Pumpe allein erreichbaren Grenzdruck vorstellen
                              									wird und jedenfalls die Dampfspannung selbst darstellt, falls das entweichende Gas
                              									in Luft von Atmosphärendruck austritt. Warum der Grenzdruck so erheblich niedriger
                              									wird, wenn das entweichende Gas in einen Raum von sehr geringem Druck (0,016 mm)
                              									austritt, verdiente wohl einmal eine gesonderte Untersuchung.
                           c. „Entgasung“ des Oeles. Um die höchsten Vakua
                              									zu erreichen, ist es, wie bei allen Oelpumpen nötig, erst eine Zeitlang die Pumpe
                              
                              									arbeiten zu lassen, damit das aus dem Oele selbst austretende Gas (Wasserdampf,
                              									Luft, Kohlenwasserstoffe ??) allmählich von dem Oele losgelöst wird. Es dauert
                              									erhebliche Zeit – bis zu Stunden nach frischem Einfüllen des Oeles –, bis das Oel
                              									der Pumpe, auch wenn man es in einem Rezipienten
                                 										evakuiert, bei der erstmaligen Ingangsetzung alles abgebbare Gas
                              									freigelassen hat. Ist die Entgasung des Oeles erreicht, so wirkt die Pumpe
                              									ausserordentlich rasch.
                           5. Die Temperatur der „Vorpumpe“, in welcher
                              
                              									Kompressionsarbeit geleistet wird, stieg nach vier bis acht Stunden kontinuierlichen
                              									Betriebes an der wärmsten Stelle des Oeles nie auf mehr als 30 bis 38° C, die der
                              									Hochvakuumpumpe nicht über 25°, während die Zimmertemperaturen nur 16° C betrug.
                              									Diese ausserordentlich geringe Erwärmung entspricht dem geringen Arbeitsverbrauch
                              									der Pumpe.
                           
                           6. Energieverbrauch und Vergleich der
                                 										Siemens-Schuckert-Pumpe mit der Geryk-Pumpe.
                              									Der elektrische Energiebedarf des ½pferdigen Nebenschlussmotors betrug 2,2 Amp. bei
                              									110 Volt, wenn beide Pumpen arbeiten, (vergl. oben Abschnitt 3); bei der
                              									Untersuchung einer Pumpe auf Förderleistung verbrauchte
                              									derselbe Elektromotor 1,6 Amp. bei 110 Volt. Es bleibt also der Energieverbrauch
                              									unter ¼ PS. In diesem guten Nutzeffekt liegt einer der Vorzüge der neuen Pumpe
                              									gegenüber der Geryk-Pumpe gleicher Förderleistung, wie
                              									wir sie im Institut besitzen. Unsere Geryk-Pumpe
                              
                              									erfordert bei 150 Liter Förderleistung 5–6 Amp. bei 125 Volt.
                           Ein ganz bedeutender Vorteil der neuen Pumpe liegt in ihrem geringen Gewicht, der einfachen konstruktiven Durchbildung und der
                              									leichten Transportiermöglichkeit. Während unsere Geryk-Pumpe („Inceptum“) 13 Zentner wiegt und
                              									natürlich im Institute fest aufgestellt bleiben muss, wiegt die Siemens-Schuckert-Pumpe nur 45 bis 50 kg, also das
                              									Aggregat von zweien höchstens 100 kg. Die äusseren Abmessungen der letzteren sind
                              									350 × 250 × 270 mm. Die Kosten für eine Pumpe
                              									betragen nach der Liste 320 M., also für ein Aggregat 640 M., während die der Geryk-Pumpe unseres Institutes 1480 M. ausmachten.
                           Es wird somit, abgesehen von anderen Zwecken, im physikalischen Labaratorium die neue
                              									Pumpe, die sehr geräuschlos arbeitet, vor allem in den Vorlesungen, in denen rasch wirkende Luftpumpen immer wichtiger werden,
                              									eine schwer empfundene und leicht ausfüllbare Lücke decken.
                           Die Pumpen sind für Hand- und Motorbetrieb eingerichtet und werden zweckmässig nach
                              									Anordnung der Fig. 1 auf einem langen Brett montiert verwendet, auf dem auch der
                              									Elektromotor seinen Platz finden kann. Das Grundbrett, auf dem die Versuchspumpen
                              									mit Motor befestigt waren, hatte 50 cm Breite und ungefähr 120 cm Länge und nahm
                              									somit auf dem Experimentiertische nicht zu viel Raum ein.
                           München, den 6. November 1905.
                           
                              Physikalisches Institut der Technischen
                                    											Hochschule.