| Titel: | Anlage und Betrieb von Fabrikbahnen. | 
| Autor: | Hans A. Martens | 
| Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 59 | 
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                        Anlage und Betrieb von Fabrikbahnen.
                        Von Regierungsbaumeister Hans A. Martens.
                        (Fortsetzung von S. 11 d. Bd.)
                        Anlage und Betrieb von Fabrikbahnen.
                        
                     
                        
                           
                           
                              Oberbau und Gleis.
                              
                           Der Oberbau des Normalspurgleises für Fabrikbahnen bietet nichts des Ungewöhnlichen.
                              									Wo die End- und Beladeeinrichtungen zu einer Hochbahn auf Fabrikgelände
                              									zwingen, empfiehlt sich der Unterbau als Eisenkonstruktion mit einer lichten
                              									Durchfahrtshöhe, die den übrigen Werkverkehr unter ihr durch ohne Störung
                              									gestattet.
                           
                           Die gebräuchlichste Schmalspurweite beträgt 600 mm; daneben kommen 700, 750, 900
                              
                              									und 1000 mm vor. Das Schmalspurgleis wird angelegt als leicht-, halbbewegliches oder
                              									festes Gleis. Die beiden erstgenannten Ausführungsformen finden sich weniger bei
                              									Fabrikbahnen, sondern vorzugsweise beim Bau von Eisenbahnen, Kanälen und
                              									Kunststrassen für Bodenförderungen. Bequem und unentbehrlich sind die beweglichen
                              									Gleise beim Abbau von Steinbrüchen, von Lehm- und Sandgruben, beim Befördern von
                              									Verarbeitungsrückständen zur Halde, weil durch sie die Förderung unmittelbar vor Ort
                              									beginnen und enden kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 60
                              Fig. 1. Gerade Gleisrahmen mit Stahlschwellen und Stossverbindung.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 60
                              Fig. 2. Patentgleis ohne Kleineisenzeug.
                              
                           Das Verlegen des fliegenden Gleises geschieht ohne alle Erdarbeiten, so dass die
                              
                              									Schienenlängen nur kurz sein können, um sich allen Bodenunebenheiten leicht
                              									anzupassen. Die Länge der einzelnen Gleisrahmen, auch Schienenjoche genannt, beträgt
                              									2,5 bis 5 m; durch die verhältnismässig zahlreichen Stosstellen wächst der
                              									Fahrwiderstand der Fahrzeuge, der ohnehin durch die mangelhafte Gleislage gross ist,
                              									noch mehr. Krümmungen werden aus geraden Schienenstücken hergestellt. Ein
                              									Gleisrahmen, Bauart Glässing & Schollwer, besteht
                              									aus mehreren Schwellen aus Presstahlblech, auf welchen die Stahl-Schienenstücke in
                              									bekannter Weise befestigt sind (Fig. 1). Ein
                              									besonderes Patentgleis ohne Kleineisenzeug auf Stahlschwellen bringt Arthur Koppel in den Handel, das sich durch Einfachheit
                              									und Billigkeit auszeichnet (Fig. 2). Der
                              									Schienenfuss wird auf der Schwelle innen durch eine Aufkrempung derselben gehalten
                              									und aussen durch Umlegen eines aus dem Material der Schwelle gebildeten Lappens
                              									befestigt. Der den Schienenfuss umfassende Lappen wird mit diesem gleichzeitig
                              									faltenförmig durchgedrückt, um ein Wandern der Schiene auf der Schwelle oder ein
                              									Verdrehen der letzteren am Schienenfuss zu verhindern. Der Zusammenbau der
                              									Gleisrahmen erfolgt mittels Maschinenpressen in der Fabrik. Bei grösserem
                              									Bedarf wird das Gleis nichtzusammengebaut zwecks leichteren Versands an Ort und
                              									Stelle gebracht. Die Schwellen werden dabei schon fertig mit der inneren Aufkrempung
                              									undäusseren Auflappung angeliefert. Der Stoss ist als gewöhnlicher Laschenstoss
                              									ausgebildet.
                           Der Schienenstoss hat ausser den ihm sonst zufallenden bekannten Aufgaben beim
                              									fliegenden Gleis noch die besondere Bedingung schnellen Lösens und Zusammensetzens
                              									zu erfüllen. Eine Sonderbauart ohne Laschen und Schraubenbolzen von Freudenstein & Co. zeigt Fig. 3. An jedem Stosschuh sind zwei Wulste, die Ausklinkungen in der
                              									anzufügenden Schiene entsprechen und selbsttätige Verlaschung ergeben. Die übliche
                              									Lasche fehlt hierbei ganz. Die Konstruktion gewährt den Schienen am Stoss einen
                              									gewissen Spielraum, der genügt, um Krümmungen mit grösserem Halbmesser aus graden
                              									Gleisrahmen herzustellen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 60
                              Fig. 3. Stosschuh.
                              
                           Bei allen Gleiskonstruktionen ist darauf zu achten, dass sämtliche
                              									Schraubenmuttern leicht zugänglich sind, damit ein Nachziehen bei eintretendem
                              									Lockerwerden ohne Aufnahme des Gleises sofort vorgenommen werden kann. Das Verlegen
                              									der 3 m-Gleisjoche kann durch einen Mann erfolgen, bei 5 m-Gleisjochen sind zwei
                              									Mann erforderlich. Leichtbewegliche Gleise sind für diejenigen Anlagen
                              									empfehlenswert, bei denen die Gleis! längere Zeit auf derselben Stelle befahren
                              									werden sollen, so dass ein häufiges Umlegen nicht zu erwarten ist. Der Stoss wird
                              									schwebend angeordnet unter Verwendung von Flachlaschen mit Laschenbolzen, so dass
                              									durch die Doppelverlaschung eine gute, dauerhafte Schienenverbindung hergestellt
                              									wird. Das Gleis setzt sich aus Gleisrahmen zusammen. Das Verlegen geschieht unter
                              									möglichst grosser Beschränkung der Erdarbeiten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 61
                              Fig. 4. Doppelschienengleis.
                              
                           Die festen Gleise, auf denen ein dauernder Betrieb stattfinden soll, müssen gut und
                              									sorgfältig verlegt werden, um Gleis und Fahrzeuge in gleicher Weise zu schonen und
                              									den Fahrwiderstand klein zu halten. Das Gleisgestänge ähnelt dem der
                              									Normalspurbahnen, das Schienenprofil ist das verkleinerte Vignolesprofil.
                              									Gleisstrecken, die jedoch von Fuhrwerken überfahren werden sollen und deshalb
                              									eingepflastert sein müssen, werden zweckmässig als Rillenschienengleis bekannter
                              									Form (Strassenbahnschienen) oder billiger als Doppelschienengleis hergestellt. Die
                              									Befestigung der Doppelschienen auf den Stahlschwellen erfolgt wie bei den einfachen
                              									Gleisen durch Klemmplatten und Bolzen. Verlaschung erhalten meist nur die äusseren
                              									Fahrschienen. Nachdem das Doppelgleis eine kurze Zeit gelegen hat und die
                              									Befestigungsteile nochmals nachgezogen sind, wird die Rille mit Zementmörtel soweit
                              									ausgegossen, dass nur der lichte Raum für die Spurkränze des Rades frei bleibt. Die
                              									Schwellen können stählerne oder hölzerne sein. Fig.
                                 
                                 										4 zeigt ein Doppelschienengleisstück in der Ausführung von Arthur Koppel.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 61
                              Fig. 5. Verregbarer Wegubergang.
                              
                           Gleise dürfen keinerlei Verkehrserschwernisse auf dem Fabrikhof oder in den Gebäuden
                              									hervorrufen. Rillen- und Doppelschienengleise entsprechen dieser Forderung,
                              									obwohl eine Gefahr für Fussgänger durch Hängenbleiben mit dem Schuhwerk als
                              									unvermeidlich mit in den Kauf genommen werden muss. Häufig sind bewegliche
                              									Wegübergänge nach Fig. 5 zu finden, welche durchaus
                              									wegen ihrer Unwirtschaftlichkeit zu verwerfen sind: Das jedesmalige Heben von Lasten
                              									beim Benutzen dieser Wegübergänge – und seien es auch nur wenige Zentimeter Hubhöhe
                              									– bedeutet vergeudete Arbeitsleistung. Bei Beförderung: grösserer Lasten können die
                              									Erschwernisse schon recht empfindlich werden.
                           Die Weichen sind in drei Ausführungen vorhanden: Schlepp-, Zungen- und
                              									Kletterweichen. Erstere werden nur für zweiflanschige Räder verwendet, können aber
                              									auch von einflanschigen Rädern befahren werden. Zungenweichen sind nur von Rädern
                              									mit Innenflansch befahrbar; ihre Bauart ist denen der Normalspurgleise nachgebildet.
                              									Die Länge der Weiche sollte nicht unter 5 m gewonnen werden, um. zu grosse
                              									Ablenkungen, gleichbedeutend mit Erhöhung des Fahrwiderstandes und der
                              									Entgleisungsgefahr zu vermeiden. Kletterweichen werden in einem gutangelegten
                              									Fabrikbahnnetz nicht notwendig werden und können in verlegbarer Form nur als
                              									Notbehelf für nachträglich erforderlich werdende Abzweigungen angesehen werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 61
                              Fig. 6. Wendeplatte aus Stahlblech.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 61
                              Fig. 7. Gusseiserne Wendeplatte.
                              
                           Gleiskreuzungen bieten nichts Besonderes.
                           Für die Ueberführung der Fahrzeuge von einem Gleis auf ein zu diesem unter beliebigem
                              									Winkel Verlegtes werden unter Umgehung von Weichen Wendeplatten und Drehscheiben
                              									verwendet. Die Wendeplatten sind festverlegte Stahl- oder Gusseisenplatten am
                              									Kreuzungspunkt der Gleise, auf denen die Wagen von Hand um den Ablenkungswinkel
                              									geschurrt werden, wozu um so mehr Kraft gehört, je grösser die Last und der Radstand
                              									der Wagen ist;. Fahrzeuge mit auf der Achse festen Rädern sind für den Betrieb auf
                              									Wendeplatten unbrauchbar. Wendeplatten werden zweckmässig nur dort eingeführt, wo
                              									leere Wagen leichter Bauart mit kurzem Radstand verkehren. Fig. 6 und 7 stellen Wendeplatten aus
                              									Stahlblech und Gusseisen mit Einlaufhörnern der Firma Glässing & Schollwer dar. Bei einfacherem
                              
                              									Betrieb von Hand eignen sich für das Drehen belasteter Förderwagen die Drehteller,
                              									d.h. Drehscheiben ohne Gleis und Klinkvorrichtung, bei denen der Wagen auf den Spurkränzen auf
                              									dem Teller aufläuft. Der Drehteller läuft auf einem Führungskranze stählerner Kugeln
                              									und ermöglicht bei leichter Drehbeweglichkeit sehr schnelles Auf- und Abfahren, da
                              
                              									eine Einstellung nicht nötig ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 62
                              Fig. 8 und 9. Schmiedeeiserne Kugeldrehscheibe.
                              
                           Der Tellerdurchmesser beträgt für 500 mm Spur 900 mm, für 600
                              									mm Spur 1000 mm. Eine verlegbare Stahlblechtellerdrehscheibe ist in der
                              									Ausführung von Arthur Koppel durch Fig. 8 und 9
                              									dargestellt; sie gilt für leichtere Lasten bis 1200 kg. Für Lasten von 1000–1800 kg
                              									lagert die gleiche Firma die Teller auf einem fünfarmigen Rollenstern mit fünf
                              									ovalen Rollen (Fig. 10 und 11). Grössere
                              									Drehscheiben mit Gleis nähern sich in ihren Bauarten denen der Normalspurbahnen.
                           Schiebebühnen werden im Schmalspurbahnbetrieb als Ersatz für Weichen verhältnismässig
                              									wenig verwendet, da der Raum für die Weichenanlage von 2½ bis 6 m Länge in den
                              									weitaus meisten Fällen zu beschaffen sein wird, so dass von dem keineswegs bequemen
                              									Betrieb mit Schiebebühnen abgesehen werden kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 62
                              Fig. 10 und 11. Schmiedeeiserne Rollendrehscheibe.
                              
                           Die Fahrschiene der Schwebebahn wird entweder an besonderen Gerüsten oder Böcken im
                              									Freien bezw. an Gebäudewänden oder an Deckenquerträgern mittels Kran trägem angeordnet. Fig. 12 zeigt den Träger einer Drahtseilbahn,
                              									ausgeführt von Arthur Koppel, und Fig. 13 eine
                              									Aufhängung der Laufschiene für Innenraume. Fig. 14 stellt die
                              									Unterstützung der Fahrschiene im Freien dar, deren Bauart im allgemeinen als eine
                              									Verkennung des Zwecks einer Hängebahn bezeichnet werden muss.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 63
                              Fig. 12. Drahtseilbahn.
                              
                           So dicht über Planhöhe muss der Betrieb der Hängebahn im
                              									Verein mit den enggestellten Böcken auf den anderen Verkehr störend einwirken.
                              									Falls die Bahn an den Arbeitsplätzen so niedrig vorbeigeführt wird, ist die
                              									Anordnung natürlich einwandfrei und gerechtfertigt. Weichen sind nach Art der
                              									Schleppweichen, meist selbsttätig wirkend, durchgebildet. Krümmungen können bis zu
                              									500 mm Halbmesser angelegt werden, so dass die Führung der Hängebahn sich am engsten
                              
                              									der Oertlichkeit anschmiegen kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 63
                              Hangebahntrager.
                              
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)