| Titel: | Der Wasserrohrkessel als Kessel für hohe Beanspruchung. | 
| Autor: | Jens Rude | 
| Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 77 | 
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                        Der Wasserrohrkessel als Kessel für hohe
                           								Beanspruchung.
                        Von Jens Rude,
                           								Ingenieur, Chemnitz.
                        Der Wasserrohrkessel als Kessel für hohe Beanspruchung.
                        
                     
                        
                           Seit der endgültigen Einführung der Dampfüberhitzung hat sich in der Stellung
                              									des Wasserrohrkessels zu den anderen Kesseln eine wesentliche Veränderung vollzogen,
                              									die noch nicht als vollständig abgeschlossen gelten kann. Es ist deshalb von
                              									Interesse, den Wasserrohrkessel unter diesen neuen Verhältnissen einer näheren
                              									Prüfung zu unterziehen.
                           Vorausgeschickt mag werden, dass nicht beabsichtigt ist, im Nachstehendem, auf die
                              									dem Wasserrohrkessel nachgesagten und wohlbekannten Vorzüge oder Mängel gegenüber
                              									anderen Kesselkonstruktionen, oder auf Ausführungsformen im einzeln einzugehen.
                              									Hierüber wurde schon so viel geschrieben, dass jeder, der es gewollt, Gelegenheit
                              									gehabt hat, sich sein Urteil zu bilden. Beabsichtigt wird vielmehr, die
                              									Wasserrohrkessel heutiger Ausführung in Verbindung mit Dampfüberhitzern allgemein
                              									kritisch zu behandeln, auf prinzipielle Fehler des Systems zu verweisen und ferner
                              									mit besonderer Berücksichtigung des Wasserumlaufes zu erörtern, inwieweit der
                              									Wasserrohrkessel in seiner jetzt üblichen Bauweise hinsichtlich einer Steigerung der
                              									qualitativen Leistung noch weiter entwickelungsfähig ist oder nicht. Die Heizkanal-
                              									und Feuerungsanlage wird dabei nicht berührt werden.
                           Von den beiden Gruppen, in die man die Wasserrohrkessel gewöhnlich einzuteilen
                              									pflegt, in Kessel mit geraden und solche mit krummen Rohren, sollen nur die ersteren
                              									in den Kreis der Erörterung gezogen werden, da bei Landbetrieben bisher diese allein
                              									Verwendung gefunden haben.
                           Wie vorhin schon angedeutet, ist durch die Verwendung der Dampfüberhitzung in die
                              									Verhältnisse des Wasserrohrkessels gegen früher eine Veränderung eingetreten,
                              									die noch nicht abgeschlossen ist, so dass der Wasserrohrkessel sich zur Zeit in
                              									einem Uebergangsstadium befindet. Die niedrigen, für diesen Kessel früher allgemein
                              									gebräuchlichen Beanspruchungen der Heizfläche weichen allmählich den höheren, die
                              									mit Hilfe der Dampfüberhitzung erst möglich geworden sind. Der Anlass zu diesem
                              									Bestreben, die Heizflächenbeanspruchung zu steigern, ist in dem allgemeinen
                              									Fortschritt des Maschinenbaues begründet, rührt aber zum guten Teil wohl auch von
                              									den Anregungen her, die dem Landkesselbau seitens des Schiffskesselbaues in den
                              									letzten Jahren zu Teil geworden sind. Bekanntlich sind seit längerer Zeit in
                              									modernen Schiffsbetrieben Kessel mit weit höheren Beanspruchungen, als in
                              									Landbetrieben üblich, mit gutem Erfolg in Verwendung.
                           Es bietet sich deshalb in dem Zweige des Maschinenbaues, der die Herstellung von
                              									Wasserrohrkesseln umfasst, zur Zeit ein recht interessantes Bild, in dem die
                              									Gegensätze nicht fehlen. Während nämlich einerseits die fortgeschrittneren Firmen
                              									für ihre Wasserrohrkessel Dampfleistungen von 30 bis 35 kg für das qm Heizfläche bei
                              									noch verhältnismässig guter Ausnutzung der Kohlenwärme garantieren, finden sich
                              									andererseits Firmen, die für ihre Wasserrohrkessel nach wie vor nur 16 bis 18 kg
                              
                              
                              
                              									Dampf für das qm als Höchstleistung angeben.
                           Diese Unstimmigkeit in der Bewertung der Leistungsfähigkeit der Wasserrohrkessel
                              									rührt aus der Zeit her, als es noch keine Ueberhitzer gab.
                           Die alten Wasserrohrkessel ohne Ueberhitzer hatten bekanntlich unter dem Uebelstand
                              									zu leiden, der besonders bei höheren Beanspruchungen in die Erscheinung trat, dass während des
                              									Betriebes bei der Dampfentnahme sehr leicht Wasser mitgerissen wurde. Die damaligen
                              									Wasserrohrkessel standen eben in dem Rufe, nassen Dampf zu liefern. Um diesen Mangel
                              									nun weniger fühlbar werden zu lassen, wurden die Wasserrohrkessel einerseits mit
                              									sehr kleinen Beanspruchungen betrieben, was natürlich die Anlagen verteuerte, und
                              									z.B. darin einen äusseren Ausdruck fand, dass bei gleichen Leistungen die
                              									Wasserrohrkessel etwa 30 v. H. grössere Heizfläche erhielten als etwa die
                              									Flammrohrkessel. Anderseits suchten einzelne Konstrukteure durch Einbau besonderer
                              									Einrichtungen in den Kessel den Dampf von dem umlaufenden Wasser möglichst rasch und
                              									vollkommen zu befreien. Diese letztere Bestrebung führte unter anderem zu
                              									Konstruktionen, bei denen die Trennung des Dampfes und des Wassers schon in der
                              									vorderen Wasserkammer stattfinden sollte., Abgesehen davon, ob der Zweck erreicht
                              									wurde oder nicht, so kann diesen Konstruktionen der Vorwurf nicht erspart bleiben,
                              									dass sie den Wasserumlauf des Kessels beeinträchtigten. Als die Beanspruchungen der
                              
                              									Heizfläche noch überall klein waren, trat dieser Nachteil nicht so sehr hervor;
                              									heute aber, wo die Wasserrohrkessel mit Hilfe des Ueberhitzers, in dem der feuchte
                              									Dampf erst getrocknet und dann überhitzt wird, im Begriff stehen, das, wozu sie sich
                              									mehr als andere Kessel eignen, Kessel für mittelhohe Beanspruchungen, zu werden,
                              
                              									bildet dieser Nachteil die Ursache, weshalb unter den Wasserrohrkesseln noch einige
                              									sind, die mit oder ohne Ueberhitzer fortgesetzt nur niedrig beansprucht werden
                              									können.
                           Es wurde vorhin eine der wichtigsten Fragen im Kapitel von modernen
                              									Wasserrohrkesseln, der Wasserumlauf, berührt.
                           Die Wasserbewegungsfrage ist für alle Kessel von grosser Bedeutung, besonders aber
                              									für den Wasserrohrkessel. Man kann, ohne zu übertreiben, von dem Wasserrohrkessel
                              									behaupten, dass seine Güte mit der Vollkommenheit seines Wasserumlaufes steht und
                              									fällt. Jener Wasserrohrkessel ist der beste, in dem die Wasserbewegung sich am
                              									vollkommensten entfalten kann. Denn nur durch einen guten und gleichmässigen
                              									Wasserumlauf in allen Rohren ist es möglich, die Betriebssicherheit bei hoher
                              									Beanspruchung noch aufrecht zu erhalten, und nur durch einen kräftigen Wasserumlauf
                              									wird dem sonst unvermeidlichen, starken Abfall im Nutzeffekt bei zunehmender
                              									Heizflächenbeanspruchung vorgebeugt.
                           An anderer StelleVergl. des Verfassers
                                    											Aufsatz in der „Zeitschrift für Dampfkessel und Maschinenbetrieb“,
                                    											Heft 12, 14 und 15: „Der Wasserumlauf in Dampfkesseln und seine
                                       												Bedeutung.“ schon hat der Verfasser Gelegenheit gehabt,
                              									auf diesen Einfluss des Wasserumlaufes auf den Kesselwirkungsgrad hinzuweisen. An
                              									Hand von Versuchen an Dampfkesseln verschiedener Systeme wurde hier gezeigt, dass in
                              									der zeichnerischen Darstellung bei niedrigen und hohen Beanspruchungen die Kurve für
                              									den Nutzeffekt bei solchen Kesseln den am wenigsten geneigten Verlauf nahm, deren
                              									Wasserumlauf am vollkommensten ausgebildet war, während umgekehrt bei mangelhaftem
                              									Umlauf die Kurve verhältnismässig rasch abfiel. Man erkennt hieraus, von welcher
                              									Bedeutung der Wasserumlauf für die Wasserrohrkessel ist.
                           Unter diesen Umständen ist es von Interesse und hat seine Berechtigung, die
                              									Aussichten der Wasserrohrkessel als Kessel für hohe Beanspruchung mit Rücksicht auf
                              									den Wasserumlauf näher zu prüfen.
                           Es ist bekannt, dass bei Dampfkesseln mit zunehmender Heizflächenbeanspruchung sich
                              									gleichzeitig eine Vergrösserung des Wärmedurchgangskoeffizienten einstellt. Man war
                              									früher zu der Annahme geneigt, dies als die Folge von einer Erhöhung der
                              									Rauchgastemperaturen bei den höheren Anstrengungsgraden anzusehen. Später hat sich
                              									diese Vermutung als nicht völlig zutreffend erwiesen, indem zahlreiche Messungen der
                              									Rauchgastemperaturen am Anfang und am Ende der Heizfläche bei Dampfkesselversuchen
                              									übereinstimmend ergeben haben, dass diese Temperaturen bei den verschiedenen
                              									Beanspruchungen so wenig voneinander abweichen, dass die Unterschiede nicht genügen,
                              									um die Veränderung im Werte des Wärmedurchgangskoeffizienten zu erklären. Es blieb
                              									also nichts übrig, als eine andere Erklärung zu suchen. Als solche sind dann die
                              									Bewegungszustände auf beiden Seiten der Heizfläche anerkannt worden. Wahrscheinlich
                              									liegen dabei die Verhältnisse hier so, dass bei zunehmender Beanspruchung die
                              									grösseren Rauchgasmengen zunächst eine geringe Erhöhung der Temperaturen längs der
                              									Heizfläche bewirken, was eine Vermehrung des Wärmedurchganges zur Folge hat.
                              									Letzteres verursacht wieder eine lebhaftere Verdampfung bezw. eine kräftigere
                              									Wasserbewegung im Kessel. Dadurch wird der Wärmeübergang von Heizfläche auf das
                              									Wasser beschleunigt und folglich auch von den Rauchgasen auf die Heizfläche, so dass
                              									auf diese Weise ein weiteres Anwachsen der Rauchgastemperatur hintan gehalten wird.
                              									Das Ganze gestaltet sich daher, wie so oft bei technischen Problemen, als ein
                              									fortwährender Wechsel zwischen Ursache und Wirkung in den Vorgängen auf beiden
                              
                              									Seiten der Heizfläche, bis zuletzt mit dem Beharrungszustand sich stabile
                              									Verhältnisse einstellen.
                           Aus dem Vorstehenden und besonders aus dem, was über den Einfluss der Wasserbewegung
                              									auf den Nutzeffekt ausgeführt wurde, kann man den Schluss ziehen, dass es
                              									hinsichtlich des Wärmedurchganges für einen Dampfkessel der ideale Zustand sein
                              									müsste, wenn sein Wasserumlauf sich so ausbilden liesse, dass dessen Stärke sich
                              									annähernd proportional mit der Beanspruchung des Kessels verhält. Das Verhältnis
                              									zwischen der vorüberströmenden Rauchgasmenge auf der einen Seite und der umlaufenden
                              									Wassermenge auf der anderen Seite der Kesselheizfläche würde unter diesen Umständen
                              
                              									bei allen Anstrengungsgraden gleich sein. Man würde mit anderen Worten dadurch für
                              									den Kessel auf beiden Seiten der Heizfläche denselben Zustand erhalten, wie bei
                              									einem Dampfüberhitzer, an dessen Heizfläche sämtliche Heizgase vorüberströmen. Es
                              									herrscht bekanntlich hier zwischen Dampfmenge einerseits und Rauchgasmenge
                              									anderseits annähernde Proportionalität. Es ist, nebenher gesagt, wegen des genannten
                              									Umstandes sehr wahrscheinlich, dass der Nutzeffekt, d.h. das Verhältnis zwischen
                              									aufgenommener und zugeführter Wärmemenge, für einen solchen, in die Kesselzüge
                              									eingebauten Ueberhitzer bei kleinen und grossen Dampfleistungen ziemlich
                              									gleichbleibend ist. Diese Auffassung kann belegt werden mit dem Hinweis auf das
                              									Verhalten des Ueberhitzungsgrades bei wechselnden Heizflächenbeanspruchungen. Dass
                              									dabei der Ueberhitzungsgrad bei den grösseren Beanspruchungen in der Regel sogar ein
                              									wenig höher ist, als bei den niedrigeren, erklärt sich, da auch hier die
                              									Rauchgastemperaturen am Anfang und Ende der Ueberhitzerheizfläche bei wechselnden
                              									Beanspruchungen gewöhnlich nur unwesentlich verschieden sind, daraus, dass infolge
                              									der Abnahme des Kesselwirkungsgrades bei zunehmender Beanspruchung das Verhältnis
                              									zwischen Rauchgasmenge und Dampfmenge etwas grösser wird.
                           Die vorhin ausgesprochene Ansicht, dass es für einen Dampfkessel als ideal zu
                              
                              									bezeichnen ist, wenn sich die Stärke des Wasserumlaufes proportional mit der
                              									Beanspruchung verhält, findet bis zum gewissen Grade ihre Bestätigung durch einige
                              										Versuche„Engineer“
                                    											1899, Bd. 2, S. 20. des englischen Physikers Halliday über den Einfluss der Wasserbewegung auf den
                              										Wärmeübergang.
                              										Halliday stellte einerseits fest, dass es für durch
                              									ein Rohr fliessendes Wasser bei gleichmässig abgegebener Wärmemenge eine gewisse
                              									Geschwindigkeit gibt, bei welcher es das Maximum an Wärme für die Zeit- und
                              									Volumeneinheit aufnimmt. Sowohl bei kleineren als grösseren Werten der
                              									Geschwindigkeit wird das Wasser stets weniger Wärme aufnehmen. Das bemerkenswerteste
                              									Ergebnis dieser Versuche bildet aber die Feststellung, dass die für die
                              									Wärmeübertragung jeweilig günstigste Wassergeschwindigkeit mit der von der
                              									Wärmequelle abgegebenen Wärmemenge stets wechselte, und zwar in der Weise, dass bei
                              									einer Erhöhung der letzteren, z.B. auf die doppelte Menge, die günstigste
                              									Geschwindigkeit sich ebenfalls angenähert verdoppelte und gleichzeitig das Wasser
                              									gegen früher fast die doppelte Wärmemenge aufnahm. Man erkennt, dass demnach die
                              									günstigste Geschwindigkeit des Wassers annähernd in geradem Verhältnis zu der
                              									abgegebenen Wärmemenge, bezw. Beanspruchung, steht.
                           Unter der Voraussetzung nun, dass die gleiche Gesetzmässigkeit auch für andere
                              									Geschwindigkeiten als die günstigste gilt, so bedeutet das letztere Ergebnis der
                              
                              									angeführten Versuche auf die Verhältnisse der Dampfkessel angewendet, dass der
                              									Nutzeffekt eines Kessels sich bei den verschiedenen Anstrengungsgraden gleich
                              									bleiben würde, wenn zwischen der Umlaufstärke des Wassers und der Grösse der
                              									Kesselbeanspruchung Proportionalität herrschte. Voraussetzung ist natürlich dabei,
                              									dass die Verbrennung bei hoher und niedriger Beanspruchung in gleicher
                              									Vollkommenheit erfolge, und dass auch die Verhältnisse sonst die gleichen sind.
                           Es liegt hier nahe, die interessanten Ergebnisse, zu denen man bei den erwähnten
                              									Versuchen mit dem Einfluss der Bewegung des Wassers gelangte, auch auf die
                              									Bewegungsverhältnisse des Dampfes im Ueberhitzer anzuwenden. Bekanntlich ist man
                              									keineswegs im klaren, ob und inwieweit eine Gesetzmässigkeit zwischen
                              									Dampfgeschwindigkeit und Wärmeübertragung beim Dampfüberhitzer vorhanden ist.
                              									Während die einen zu der Ansicht neigen, dass der Einfluss der Geschwindigkeit als
                              									nur gering einzuschätzen ist, sind andere und zwar wohl die Mehrzahl der
                              									entgegengesetzten Meinung. Diese Meinungsverschiedenheit erklärt sich aus dem
                              									scheinbar gesetzlosen Verhalten der Dampfgeschwindigkeit zur übertragenen
                              									Wärmemenge, zu welchem man bei Versuchen mit verschiedenen Dampfgeschwindigkeiten
                              									gekommen ist. Es liegt nahe, anzunehmen, dass für die Bewegung von anderen
                              									Flüssigkeiten als Wasser, also z.B. von Dampf und Gas in bezug auf die
                              									Wärmeübertragung ähnliche Beziehungen gelten wie für Wasser, und dass in diesem
                              									Lichte betrachtet, die jetzt herrschende Unklarheit sich möglicherweise beheben
                              									lässt. Es müsste demnach auch für Dampf bei gegebenen Wärmeverhältnissen eine
                              									Geschwindigkeit geben, bei welcher das Maximum an Wärme übertragen wird; bei
                              									kleineren sowohl als bei grösseren Geschwindigkeiten geht stets weniger Wärme über.
                              									Der Wert dieser günstigsten Geschwindigkeit ist nach dem Vorstehenden von der
                              									Temperaturzone abhängig, in welcher sich der Ueberhitzer befindet, und wechselt
                              									ferner mit der Beanspruchung, d.h. mit dem vorüberziehenden Rauchgasgewicht.
                           Wie verhält es sich nun mit dem Wasserumlauf der Wasserrohrkessel? Der Wasserumlauf
                              									kommt hier im wesentlichen durch den Umstand zu Wege, dass an zwei Stellen im
                              									Kesselinnern, in den beiden Wasserkammern nämlich, während des Betriebes ein
                              									Unterschied an hydrostatischem Druck entsteht. Von diesem Druckunterschied darf man
                              									annehmen, dass er in geradem Verhältnis zu der Heizflächenbeanspruchung steht. Da
                              									nun die Umlaufgeschwindigkeit mit der Quadratwurzel dieses hydrostatischen
                              									Druckunterschiedes zunimmt, so ergibt sich schon hieraus, dass selbst, wenn die
                              									Widerstände vernachlässigt werden, bei Wasserrohrkesseln – andere Kessel kommen noch
                              									weniger in Betracht – an die Erlangung der vorerwähnten Beziehung, dass
                              									Proportionalität zwischen der umlaufenden Wassermenge auf der einen und der
                              									vorbeiziehenden Gasmenge auf der anderen Seite der Heizflächenwand bestehe, nicht zu
                              									denken ist; wenigstens nicht ohne äussere Hilfsmittel. Im günstigsten Falle würde
                              									z.B. bei einer Vervierfachung der Beanspruchung die Umlaufgeschwindigkeit sich
                              									verdoppeln.
                           In Wirklichkeit sind die Strömungsverhältnisse in den Rohren wegen der Widerstände
                              									noch erheblich schlechter als dem hydraulischen Druckunterschied entsprechend.
                           Besonders in den oberen Rohrreihen eines Wasserrohrkessels, wo an sich die
                              									Druckunterschiede klein sind, erleidet die Geschwindigkeit einen sehr starken
                              									Abfall. Ja, es kann hier zuweilen vorkommen, namentlich bei höheren Beanspruchungen,
                              									dass das Wasser durch die oberste Rohrreihe aus der vorderen Wasserkammer in die
                              									hintere zurückfliesst statt umgekehrt. Es ist selbstverständlich, dass diese
                              									Erscheinung den gesamten Wasserumlauf nur ungünstig beeinflussen kann. Eine
                              									eigentliche Wasserströmung ist tatsächlich nur in den untersten Rohrreihen, wo auch
                              									in der Hauptsache die Dampferzeugung vor sich geht, vorhanden.
                           Hierzu kommt noch ein anderer Mangel. Wegen der verhältnismässig engen
                              									Verbindungsstutzen zwischen den Wasserkammern und dem Oberkessel ist die Verteilung
                              									des umlaufenden Wassers auf die einzelnen Rohre einer Horizontalreihe keine
                              									gleichmässige.
                           Diese enge Verbindung hat nämlich zur Folge, dass die in der Mitte liegenden Rohre
                              									einen kräftigeren Wasserzufluss erhalten, als die mehr seitwärts liegenden.Eine Ausnahme hiervon bilden diejenigen
                                    
                                    											Wasserrohrkessel, bei denen der Oberkessel quer zur Rohrrichtung in seiner
                                    											ganzen Länge auf die eine Wasserkammer gesetzt ist. Ein bekannter Kessel
                                    											dieser Bauart ist unter anderen der Schiffskessel von Dürr.
                           Für die Entfaltung eines gleichmässigen Umlaufes ist es daher als eine bedeutsame
                              									Verbesserung zu betrachten, wenn, wie bei einer bekannten Bauart, die Wasserrohre in
                              									vertikalen Sektionen unterteilt sind, von denen jede einzelne ihre besondere
                              									Verbindung mit dem Oberkessel besitzt.
                           Man begegnet in der Praxis zuweilen der Ansicht, dass ein zu starker Wasserumlauf in
                              									den Kesseln unerwünscht, ja schädlich sei, weil dadurch Verunreinigungen des
                              									Kesselwassers leicht mitgerissen werden und sich in den Ueberhitzerrohren absetzen.
                              									Dies kann allerdings eine Folge des starken Umlaufes sein, die sich aber wohl
                              									vermeiden lässt. Man kann z.B. Vorkehrungen zur guten Führung des Wasserstromes
                              									treffen, so dass die Wasserbewegung stets einen ruhigen Verlauf nimmt und das
                              									befürchtete Wasserwerfen vermieden wird. Auf die Weise wird vom Dampf, selbst bei
                              									hoher Beanspruchung, weder Wasser in nennenswerter Menge, noch werden
                              									verunreinigende Bestandteile mitgerissen. Es braucht diesbezüglich nur auf die
                              									Schiffswasserrohrkessel hingewiesen zu werden, welche, ohne Ueberhitzer zu haben,
                              									bei weit höheren Anstrengungsgraden als in Landbetrieben üblich, noch trocknen Dampf
                              									liefern müssen. Der Wasserumlauf ist für den Wasserrohrkessel von solcher Bedeutung,
                              									dass es fast widersinnig erscheint, der freien Entfaltung desselben Hindernisse in
                              									den Weg zu stellen.
                           Wollte man zum Schluss aus dem Vorstehenden auf die Tauglichkeit des
                              									Wasserrohrkessels mit schrägliegenden, geraden Rohren als Kessel für hohe
                              									Beanspruchung schliessen, so lässt sich nicht in Abrede stellen, dass die heute
                              									gebräuchlichen Ausführungsformen dieses Kessels gewisse Eigenschaften besitzen,
                              									welche den Kessel für den genannten Zweck wenig geeignet machen und über die auch der Ueberhitzer nicht
                              									hinwegzuhelfen vermag. Allerdings ist es, wie schon hervorgehoben, dank dem
                              									Ueberhitzer, möglich geworden, die Beanspruchung der Wasserrohrkessel gegen früher
                              									erheblich zu steigern. Durch den Umstand aber, dass die Verdampfung so sehr auf die
                              									unterste Rohrreihe konzentriert ist, wird verhältnismässig bald, etwa bei 35 kg,
                              									eine Grenze für die mittlere Verdampfung für den qm Heizfläche erreicht, bei der
                              									eine weitere Steigerung für die Sicherheit des Betriebes gefährlich werden kann.
                              									Dabei wird diese Beanspruchung nur von den besten Wasserrohrkesseln erreicht, in
                              									denen der Wasserumlauf sich frei und ungehemmt entwickeln kann.
                           Bei dem genannten Grenzwerte der Beanspruchung wird in der untersten, dem Feuer
                              									zugekehrten Rohrreihe die Verdampfung so heftig, dass der Wasserzufluss nicht rasch
                              
                              									genug zu erfolgen vermag, um die Rohre genügend wirksam zu kühlen.
                           Eine deutliche Sprache, um die ungleichmässige Beteiligung der verschiedenen
                              									Rohrreihen an der Leistung des Kessels zu beleuchten, führen folgende Zahlen. Durch
                              									Versuche ist festgestellt worden, dass die unterste Rohrreihe an der gesamten
                              									Dampferzeugung in normalem Betrieb mit über 60 v. H. teilnimmt; die oberste
                              									Rohrreihe dagegen mit nur etwa 0,5 v. H. Dabei besitzen beide Rohrreihen die gleiche
                              									Heizfläche oder jede etwa 10 v. H. von der ganzen Kesselheizfläche.
                           Um diese Misstände, die den Wert des Wasserrohrkessels ohne Frage herabsetzen, zu
                              									beseitigen, müsste man zur Entlastung der untersten Rohrreihen die darüber liegenden
                              									Rohre in höherem Masse zur Beteiligung an der Dampferzeugung heranzuziehen suchen.
                              									Es ist möglich, dass dies sich erreichen lässt einerseits durch zweckmässige Anlage
                              									und Anordnung von Feuerung und Rauchgasführung und andererseits durch verbesserten
                              									Wasserumlauf in den oberen Rohren.
                           Dort, wo der Wasserrohrkessel mit geraden, schrägliegenden Rohren in Schiffsbetrieben
                              									bisher verwendet wurde, haben die Erbauer zur Erlangung von höheren
                              
                              									Beanspruchungen bezw. um die nachteilige Wirkung der geschilderten Misstände zu
                              									vermeiden, mit Erfolg den Weg eingeschlagen, dass sie einerseits die Wasserrohre
                              									erheblich kürzer machten als sonst üblichIn
                                    											England und Amerika soll es eine durch die Erfahrung gewonnene Regel geben,
                                    											wonach die Rohre eines Wasserrohrkessels nur dann den höchsten
                                    											Beanspruchungen auf die Dauer standhalten, wenn ihre Länge das
                                    											vierundzwanzigfache der Durchmesser nicht überschreitet. und
                              									anderseits die dem Feuer zugekehrten, untersten Rohre mit grösserem Durchmesser
                              									versahen.
                           Die vorstehende Erörterung der Mängel des Wasserrohrkessels darf nicht zu der
                              
                              
                              									Auffassung verleiten, als sei nach der Ansicht des Verfassers der Wasserrohrkessel
                              									ein minderwertiger Dampferzeuger. Trotz seiner Mängel ist der gute Wasserrohrkessel
                              									hinsichtlich Leistungsfähigkeit allen anderen Dampfkesselsystemen überlegen und im
                              									übrigen zum mindesten gleichwertig.
                           Man wird der Forderung nach noch höheren Beanspruchungen vielleicht entgegenhalten,
                              									dass ein Bedürfnis nach höheren quantitativen Kesselleistungen als die der guten
                              									Wasserrohrkessel von bekannter Bauart nicht vorhanden ist, und dass ausserdem die
                              									Befeuerung solcher Kessel Schwierigkeiten verursachen dürfte. Abgesehen von den
                              									aussergewöhnlichen Verhältnissen der Schiffsbetriebe, ist auf diesen Einwand zu
                              									erwidern, dass ein solches Bedürfnis, wenn auch nicht allgemein, so doch in manchen
                              									Fällen sich mit Wahrscheinlichkeit einstellen würde, wenn es dem Kesselbau gelingen
                              
                              									sollte, einen Dampferzeuger herzustellen, welcher bei gleicher Betriebssicherheit
                              									und gleichem Nutzeffekt für dieselbe Dampfleistung weniger Platz bedarf als die
                              									bestehenden Kessel. Was die Befeuevung eines derartigen Kessels betrifft, so steht
                              									für den Fall, dass der natürliche Schornsteinzug nicht mehr ausreicht, der Weg
                              									offen, durch Anwendung künstlichen Zuges die Leistungsfähigkeit des Rostes zu
                              									steigern.