| Titel: | Die Hebezeuge auf der Weltausstellung in Lüttich 1905. | 
| Autor: | K. Drews | 
| Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 212 | 
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                        Die Hebezeuge auf der Weltausstellung in Lüttich
                           								1905.
                        Von K. Drews,
                           								Oberlehrer an der Kgl. höh. Maschinenbauschule in Posen.
                        (Fortsetzung von S. 181 d. Bd.)
                        Die Hebezeuge auf der Weltausstellung in Lüttich 1905.
                        
                     
                        
                           
                           
                              Hydraulischer Halbportalkran der Société Anonyme Liégeoise
                                 										in Lüttich.
                              
                           Die Société Anonyme Liégeoise hatte einen hydraulischen
                              									Halbportalkran ausgestellt, der seinen Stand neben dem Hauptgebäude auf dem rechten
                              									Ufer der Ourthe gegenüber Alt-Lüttich hatte (s. Fig.
                                 										48). Der Kran ist für die neuen Kais des Antwerpener Hafens bestimmt, für
                              									den die Firma augenblicklich 31 Krane gleicher Konstruktion in Bestellung hat.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 212
                              Fig. 48. Hydraulischer Halbportalkran der Société Anonyme Liegeoise.
                              
                           Er zeigt denselben Typus wie die älteren hydraulischen Krane im Hafen von Antwerpen,
                              									von denen die Société Anonyme Liégeoise bisher 96 Stück
                              									geliefert hat.
                           Der Kran hat zwei Laststufen.
                           Die Hauptdaten sind folgende:
                           
                              
                                 Nutzlast bei 12,5 m Ausladung
                                 2000
                                 kg
                                 
                              
                                 Nutzlast bei 6,25 m       „
                                 4000
                                 kg
                                 
                              
                                 Durchmesser des grossen Hubkolbens
                                 225
                                 mm
                                 
                              
                                           „          „   kleinen        „
                                 160
                                   „
                                 
                              
                                 Gemeinschaftlicher Kolbenhub
                                 3
                                 m
                                 
                              
                                 Uebersetzung im Rollenzug
                                 1 : 6
                                 
                                 
                              
                                 Hakenhub
                                 18
                                 m
                                 
                              
                                 Durchmesser der Schwenkzylinder
                                 145
                                 mm
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                 1,3
                                 m
                                 
                              
                                 Schwenken nach derselben Richtung
                                 1⅜
                                 Umdrehung
                                 
                              
                                 Arbeitsdruck
                                 50
                                 at.
                                 
                              
                           Das Portal überspannt drei Eisenbahngleise und hat eine Spannweite von 14,45 m. Die
                              
                              									Brücke ist in Fachwerk ausgeführt und zu beiden Seiten mit Geländer versehen. Sie
                              									geht mit guter Abrundung in den Ständer über, der als Kastenträger ausgebildet ist.
                              									Der Ständer ruht auf einem kräftigen Wagen und ist mit diesem fest verbunden. Die
                              									Räder dieses Wagens laufen auf einer Schiene längs der Kaimauer; ihr Radstand
                              									beträgt 4,6 m.
                           Mit ihrem andern Ende ruht die Brücke auf einem Radkasten, dessen Räder auf einer
                              									Fahrschiene laufen, die sich auf dem Dachgesims der Lagerschuppen befindet. Die
                              									Oberkante dieser Fahrschiene liegt 6,5 m über Flur. Der Radstand beträgt hier 3,6
                              									m.
                           Der Kran wird an seiner Arbeitsstelle durch Schienenzangen festgeklammert.
                           Das Verfahren des Kranes geschieht von Hand, indem die beiden unteren Räder durch
                              									Kurbeln und Rädervorgelege angetrieben werden. Von dem einen dieser Triebwerke wird
                              									die Bewegung durch eine senkrechte und eine wagerechte Welle auf ein Rad des oberen
                              									Radkastens übertragen, um ein Ecken des Kranes beim Fahren möglichst zu vermeiden.
                              									Der Ständer nimmt die drehbare Kransäule auf. Der gerade Ausleger in leichtem
                              									Gitterwerk ist durch Bolzen und Zugstangen an die Säule angeschlossen.
                           Ein Gegengewicht sichert die Stabilität der ganzen Konstruktion und hält das
                              									Biegungsmoment der Säule in massigen Grenzen. In der Mitte des Auslegers ist eine
                              									Leitrolle untergebracht, um gegebenenfalls durch Einfügung einer losen Rolle eine
                              									Last von 4000 kg heben zu können. Der Hubzylinder sowie die Schwenkzylinder sind
                              									senkrecht angeordnet, was eine gute Entwässerung gewährleistet und auch die
                              									Reibungswiderstände vermindert. Die Schwenkzylinder sind im Ständer an der drehbaren
                              									Säule befestigt.
                           Wie schon oben erwähnt, sind zwei Laststufen für 2000 kg und 1000 kg vorhanden.
                           Zum Heben von Lasten kleiner als 1000 kg wird der kleinere Hubkolben benutzt, der
                              									sich zentrisch im Innern des grossen bewegt, während dieser hierbei von dem
                              									Kranführer verriegelt wird.
                           Als Zugorgan dient wie bei allen Kranen des Antwerpener Hafens eine Gliederkette. Das
                              									Führerhaus ist um die Kransäule herum angeordnet und dreht sich mit ihr. Das hat den
                              									Vorteil, dass der Führer stets die Last im Auge behält und auch über die
                              									Schiffsluken einen guten Ueberblick hat; ausserdem wird die Länge der Leitungen von den
                              									Steuerapparaten zu den Arbeitszylindern auf ein Minimum beschränkt.
                           Bei den Portalkranen des Antwerpener Hafens befindet sich der Führerstand auf der
                              									Brücke und noch dazu hinter dem Ausleger.
                           Ich möchte hierbei bemerken, dass die älteren Hafenkrane in Antwerpen nach meinen
                              									dortigen Beobachtungen in bezug auf ihre Arbeitsgeschwindigkeiten modernen
                              									Ansprüchen nicht mehr genügen.
                           Der hier beschriebene Kran hat ein Totalgewicht von 32000 kg.
                           Konstruktionseinzelheiten stehen mir leider nicht zur Verfügung.
                           Ueber die Wertschätzung des hydraulischen Betriebes und seine Aussichten für die
                              									Zukunft habe ich schon bei der allgemeinen Besprechung der Betriebsarten das Nötige
                              									gesagt. –
                           
                        
                           Fahrbarer Drehkran von Gustin Fils
                                 										Ainé in Deville (Frankreich).
                           Hinter der Maschinenhalle hatte die Firma Gustin zwei
                              									fahrbare Drehkrane aufgestellt. Der eine wurde von Hand betätigt und bot in seiner
                              									Konstruktion nichts Bemerkenswertes. Der andere wurde durch einen Petroleummotor
                              									angetrieben; auf ihn beziehen sich die folgenden Angaben.
                           
                              
                                 Grösste Nutzlast
                                 1500 kg
                                 
                              
                                 Ausladung
                                       6 m
                                 
                              
                           Nach Angaben der Firma Gustin kann man 30 Kranmanöver in
                              									der Minute ausführen; das ist eine Leistung von 450 t in 10 Stunden.
                           Der Wagenkasten ist aus Blechen und Winkeleisen hergestellt. Die Laufräder sind aus
                              
                              									Gusseisen. Die Spurweite beträgt 1,45 m.
                           Der leichtgekrümmte Ausleger in Gitterwerk ist gelenkig an die beiden Seitenschilde
                              
                              
                              									aus Stahlguss angeschlossen, die sich mittels einer Traverse auf eine stählerne im
                              									Wagenkasten befestigte Säule stützen. Unten ist in bekannter Weise ein
                              									Halsrollenlager angeordnet. Der Ausleger ist mittels Gallscher Kette, die sich an die Zugstangen anschliesst, in senkrechter
                              									Ebene verstellbar.
                           Zum Schwenken des Kranes ist auf dem Wagenkasten ein Zahnkranz befestigt, in den ein in dem drehbaren Oberteil gelagertes Trieb
                              									eingreift.
                           An die Schilde schliesst sich eine Plattform an, die den Antriebsmechanismus aufnimmt
                              									und zugleich als Führerstand dient.
                           Auf einer Verlängerung nach hinten befindet sich ein Blechkasten, der aus zwei Teilen
                              									besteht. Der untere wird mit Sand oder einer anderen Masse gefüllt und dient als
                              									Gegengewicht. Der obere Teil nimmt das Kühlwasser für den Motor auf.
                           Das Zugorgan ist ein Drahtseil.
                           Sämtliche Zahnräder mit Ausnahme des festen Zahnkranzes sind gefräst; die Triebe sind
                              									aus geschmiedetem Stahl hergestellt.
                           Der stehende Zweizylinder–Petroleummotor leistet 12 PS.
                           Die Zündung ist elektrisch; der Strom hierzu wird von einer kleinen Batterie
                              									geliefert.
                           Die Zylinder werden mit Wasser gekühlt, für dessen Zirkulation eine Pumpe vorgesehen
                              									ist. Sollte diese einmal versagen, so kann das Wasser direkt aus dem vorerwähnten
                              									Wasserbehälter den Kühlmänteln zufliessen. Unter dem Gegengewichtskasten befindet
                              									sich ein Auspufftopf. Der Brenstoffbehälter fasst 25 lt.
                           Die Bewegungsübertragung auf die Hubwinde und das Schwenkwerk wird durch
                              									Wendegetriebe bewirkt.
                           In den Pausen zwischen den einzelnen Kranmanövern läuft die Maschine leer. Sie
                              									wird dabei durch einen Regulator, der durch ein Drosselventil die Füllung
                              
                              									beeinflusst auf konstante Tourenzahl gehalten.
                           Die konstante Tourenzahl bei allen Belastungen ist natürlich bei Hebezeugen ein
                              
                              
                              									Uebelstand, der allerdings dann weniger fühlbar wird, wenn immer dieselbe Last
                              
                              									gehoben wird, also z.B. bei Verladekranen mit Greiferbetrieb.
                              									Geschwindigkeitsänderung mittels ausrückbarer Vorgelege wäre nur ein Notbehelf.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 213
                              Fig. 49. Gerüst eines Bockkranes der Societe Anonyme d'Ougrée Haribaye.
                              
                           Das Andrehen der Maschine geschieht mittels Handkurbel. Eine besondere Reibkupplung
                              									verbindet die Kurbelwelle des Petroleummotors mit der Antriebswelle.
                           Der Kranführer hat zwei Hebel zu bedienen, je einen für das Hub- und das
                              									Schwenkwerk. Beide Bewegungen lassen sich gleichzeitig ausführen.
                           Um die Maschine schnell zum Stillstand zu bringen, kann der Führer die Zündung von
                              									Hand ausrücken.
                           Selbsttätige Fahrbewegung ist nicht vorhanden. Die Firma stellt über die
                              									Betriebskosten dieses Kranes folgende Rechnung auf:
                           
                              
                                 Anschaffungspreis 12000 fr.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Verzinsung 6 v. H. pro Tag
                                   2
                                 fr.
                                 
                              
                                 Tilgung in fünf Jahren pro Tag
                                   6,50
                                 „
                                 
                              
                                 Bei einer normalen Leistung von 10 PS.    und
                                    											zehnstündiger Arbeitsdauer ver-    braucht die Maschine 70 lt.
                                    											Petroleum    zum Preise von 0,3 fr. pro lt. dem-    nach
                                    											Brennstoffkosten pro Tag
                                 21
                                 „
                                 
                              
                                 Arbeitslohn des Kranführers
                                   8
                                 „
                                 
                              
                                 Reparaturen, Schmieröl usw.
                                   3,50
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 Betriebskosten pro Arbeitstag
                                 41
                                 fr.
                                 
                              
                           Da die Leistung bei zehnstündiger Arbeitsdauer 450 t beträgt, so belaufen sich die
                              
                              									Betriebskosten für 1 t in den ersten 5 Jahren auf 0,9 cent. In den nächsten Jahren
                              									würden sie dann nur 0,7 cent. pro Tonne betragen.
                           Ueber die Anwendbarkeit der Verbrennungskraftmaschinen bei Kranen im allgemeinen ist
                              									schon auf Seite 5 und 6 d. Bd. das Nötige gesagt worden.
                           
                        
                           
                              Modell eines elektrischen Titan-Kranes von L. Coiseau et J.
                                 										Cousin in Zeebrugge.
                              
                           Im Pavillon des Genie civil war das Modell eines Kranes ausgestellt, den die
                              									Erbauerin des Brügger Hafens, die Firma Coiseau et Cousin, für den Bau der dortigen
                              									Mole konstruiert hatte.
                           Der Kran ist ein fahrbarer Auslegerkran vom sogenannten Titantypus.
                           Der Wagen ist als Portal ausgebildet und überspannt ein Eisenbahngleis, Seine
                              									Spurweite beträgt 4 m. Er ruht auf 16 Laufrädern, wovon immer je zwei durch einen
                              									Balancier vereinigt sind.
                           Der Radstand zwischen den äusseren Rädern beträgt 20,8 m.
                           Die eigentliche Krankonstruktion gruppiert sich um eine hohe Säule aus Fachwerk, die
                              									auf dem Portal über den vorderen Rädern ruht, und deren Spitze etwa 26 m über
                              									Schienenoberkante liegt.
                           An diese Säule schliesst sich der wagerechte Ausleger an, dessen Eigengewicht und
                              									jeweilige Belastung durch mehrere Flacheisenbänder auf jene übertragen wird.
                           Jenseits der Säule trägt der Ausleger ein Gegengewicht von 200 t.
                           Die ganze Länge des Auslegers beträgt 82,5 m, wovon auf den Teil vor der Säule, der
                              									als Fahrbahn für die Laufkatze dient, 52,5 m entfallen.
                           Die auf den Ausleger wirkenden seitlichen Kräfte werden durch Drahtseile auf zwei
                              									kräftige Balken übertragen, die sich senkrecht zum Ausleger nach beiden Seiten an
                              									die Säule anschliessen. Auch diese Balken sind durch Zugbänder mit der Spitze der
                              									Säule verbunden. Auf dem Ausleger bewegt sich eine Laufkatze mit nur einem Motor für
                              									Heben und Fahren.
                           Als Uebersetzungsmittel dienen Schneckengetriebe und Keilnutenreibräder. Das Zugorgan
                              									ist eine gewöhnliche Gliederkette. Die Last wird durch eine Bandbremse gehalten. Die
                              									grösste Nutzlast beträgt in der Entfernung 30 m von der Vorderkante der Säule 55 t,
                              
                              									in 50 m Entfernung 28 t.
                           Leider verhielt sich die Firma Coiseau gänzlich ablehnend gegen jede
                              									Auskunfterteilung; die obigen Angaben sind teils aus dem Gedächtnis, teils nach
                              									Aufzeichnungen an Ort und Stelle gemacht.
                           Der Kran dürfte hinsichtlich seiner Eisenkonstruktion manches Beachtenswerte bieten.
                              									–
                           
                        
                           
                              Gerust eines elektrischen Bockkranes der Société Anonyme
                                 										d'Ougrée-Harihaye.
                              
                           Das belgische Hütten- und Stahlwerk Ougrée hatte auf seinem Stande neben seinen
                              									sonstigen Erzeugnissen ein Bockkrangerüst ausgestellt, von dem die Fig. 49 eine schematische Darstellung geben.
                           Dieser Kran ist für einen Lagerraum auf den eigenen Werken der Gesellschaft zum
                              									Transport von Profileisen bestimmt.
                           Das Gerüst ist für eine Nutzlast von 4000 kg und für eine Spannweite von 24 m
                              									berechnet. Auf der Ausstellung hatte es nur eine Spannweite von 16 m.
                           Das Gewicht der Katze wird ungefähr 2000 kg betragen.
                           Die elektrische Ausrüstung war noch nicht festgelegt.
                           Das Gerüst besteht aus zwei auf Rädern ruhenden Endportalen, die die Auflager für die
                              									beiden Hauptträger bilden. Diese sind in bestimmten Abständen durch bogenförmige
                              									Binder und durch einen Windverband gegen einander versteift. Der Raddruck der Katze
                              									wird auf die Knotenpunkte des Untergurtes der beiden Hauptträger übertragen. Das
                              									ganze Gerüst ist fast nur aus leichten Winkel- und Flacheisen zusammengebaut.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)