| Titel: | Die Hebezeuge auf der Weltausstellung in Lüttich 1905. | 
| Autor: | K. Drews | 
| Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 225 | 
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                        Die Hebezeuge auf der Weltausstellung in Lüttich
                           								1905.
                        Von K. Drews,
                           								Oberlehrer an der Kgl. höh. Maschinenbauschule in Posen.
                        (Fortsetzung von S. 214 d. Bd.)
                        Die Hebezeuge auf der Weltausstellung in Lüttich 1905.
                        
                     
                        
                           
                           
                              Elektrische Flaschenzüge und Laufwinden.
                              
                           Wie eingangs dieses Berichtes schon erwähnt, waren die kleineren elektrischen
                              
                              									Hebezeuge auf der Lütticher Ausstellung nur in einigen Exemplaren vertreten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 225
                              Fig. 50. Elektrischer Flaschenzug der Compagnie Internationale
                                 										d'Electricité.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 225
                              Fig. 51. Elektrischer Flaschenzug von Gustin Fils Ainé.
                              
                           Die elektrischen Flaschenzüge haben in Deutschland noch nicht die genügende Beachtung
                              									gefunden, die sie verdienen. Auch ist ihnen hier ein scharfer Konkurrent in den
                              									Presslufthebezeugen erwachsen, deren Anschaffungskosten wohl geringer sind als
                              									diejenigen der elektrischen Hebezeuge gleicher Art. Jene bedingen jedoch immer eine
                              									Pressluftanlage.
                           In Betrieben wie z.B. in Eisenbahnwerkstätten, wo man die Pressluft noch zu anderen
                              									Zwecken braucht, wird ihre Verwendung für den Betrieb von kleineren Hebezeugen auch
                              									das Gegebene sein.
                           Wo eine solche Anlage jedoch nicht vorhanden ist, und wo man einen Betrieb
                              									leistungsfähiger durch schnell arbeitende Hebezeuge, namentlich zur Bedienung der
                              									Werkzeugmaschinen gestalten will, dürften die elektrischen Flaschenzüge wohl am
                              									Platze sein.
                           So lässt sich z.B. ein Drehkran mit Handantrieb in einen solchen mit elektrischer
                              									Hubbewegung dauernd oder auch nur zeitweilig umwandeln, wenn man an den
                              									hochgezogenen Haken einen elektrischen Flaschenzug hängt. Bezüglich der
                              									Stromzuleitung dürften hierbei kaum nennenswerte Schwierigkeiten entstehen.
                           Die Konstruktionsbedingungen für Hebezeuge dieser Art sind hauptsächlich gedrängter
                              									Bau, geringes Eigengewicht, Schutz der Triebwerkteile gegen Verschleiss, äussere
                              									Beschädigung und Verschmutzung.
                           Motor und Schalter müssen bei möglichst geringem Eigengewicht und Platzbedarf doch
                              									robust genug konstruiert sein, um eine Bedienung auch von ungeübten Händen ohne
                              									Schaden zuzulassen.
                           Von den ausgestellten elektrischen Flaschenzügen scheint mir derjenige der Cie. Internationale d'Electricité in Lüttich diesen
                              									Forderungen am besten zu entsprechen. Wie Fig. 50
                              									zeigt, sind sämtliche Triebwerkteile staub- und wasserdicht eingekapselt. Das
                              									Motorvorgelege läuft in Oel. Der Steuerschalter wird von Flur aus durch ein Seil
                              									betätigt. Das Zugorgan ist eine Gallsche Kette.
                           Im Bedarfsfalle kann der Flaschenzug von Hand mittels Haspelrades und Kette
                              									angetrieben werden. Das Haspelrad sitzt auf der Vorgelegewelle.
                           Die genannte Firma stellt diese Flaschenzüge in vier Typen von 1000–3000 kg
                              									Tragkraft, bei Hubgeschwindigkeiten von 6–2 m/Min. her. Ihr Eigengewicht beträgt 200–250 kg.
                           Die Firma Gustin Fils Ainé in Deville (Frankreich) hatte
                              									ebenfalls einen elektrischen Flaschenzug ausgestellt, dessen Tragkraft 250 kg bei
                              									einer Hubgeschwindigkeit 13 m/Min. betrug (Fig.
                                 									51).
                           Das Zugorgan ist eine Gliederkette; jedes Ende trägt einen Lasthaken.
                           Das Motorritzel ist aus Rohhaut, das Stirnrad aus Phosphorbronze hergestellt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 226
                              Fig. 52. Elektrischer Flaschenzug der Compagnie La Française
                                 										Electrique.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 226
                              Fig. 53. Elektrohangebahnwagen von Adolf Bleichert & Co.
                              
                           Die Zähne des zweiten Triebes sind in die Vorgelegewelle eingefräst; das Material des
                              									zugehörigen Stirnrades ist Stahlguss, dasjenige der Kettennuws Phosphorbronze.
                           Die Vorgelege- und Kettennusswelle sind in zwei mit dem Motorgehäuse verschraubten
                              									Stahlgusschilden gelagert. Alle Lager haben Rotgusschalen.
                           Zum Halten der Last ist für beide Drehrichtungen je eine Bremse vorhanden.
                           Um eine Ueberlastung des Flaschenzuges von Seiten des Arbeiters zu verhindern,
                              									befindet sich in der Nabe des ersten Stirnrades eine Sicherheitsvorrichtung, die bei
                              									Ueberschreitung einer Last von 300 kg das Triebwerk zurückhält, während der
                              
                              									Motor weiter läuft, wobei die Stromstärke ein zulässiges Mass nicht überschreitet;
                              
                              									eine Vorrichtung, die auch von deutschen Hebezeugfirmen vielfach zum gleichen Zweck
                              									ausgeführt wird.
                           Der Stromverbrauch beläuft sich nach Angaben der Firma Gustin auf 8 Ampere bei 110 Volt Spannung. Der Wirkungsgrad des
                              									Flaschenzuges beträgt 0,70.
                           Die Firma führt diese Flaschenzüge für 125–6000 kg Tragkraft aus. Die
                              									Hubgeschwindigkeit beträgt bei dem 125 kg-Flaschenzug 25 m/Min., bei dem
                              									6000 kg-Flaschenzug 2,5 m/Min.
                           Im Gegensatz zum vorhergehenden Flaschenzug sind die Stirnräder nicht eingekapselt,
                              									was zweifellos ein grosser Nachteil ist.
                           Dasselbe gilt auch von dem ausgestellten Flaschenzug der Firma La Française Electrique in Paris (Fig. 52), dessen Nutzlast 2000 kg, die
                              									Hubgeschwindigkeit 2,5 m/Min. beträgt. Der Motor leistet 1,75 PS bei 1300
                              									Umdrehungen.
                           Die Firma führt diese Flaschenzüge in 7 Nummern steigend von 400–12000 kg Tragkraft
                              									mit den entsprechenden Hubgeschwindigkeiten 4–1 m/Min. aus. Bei dem ausgestellten
                              									Flaschenzug waren die in Fig. 52 sichtbaren
                              									blossliegenden Kontakte des Schalters eingekapselt.
                           
                        
                           
                              Elektrohangebahnwagen von Adolf Bleichert & Co. in
                                 										Leipzig-Gohlis.
                              
                           Die bekannte Firma Adolf Bleichert & Co. hatte auf
                              
                              									ihrem Stand in der deutschen Abteilung der Maschinenhalle einen Elektrohängebahnwagens. auch D. P. J. 1904, 319, S. 115. mit ihrem neuen Stromzuleitungs- und
                              									Schaltungssystem (D. R. P. No. 167893) in Betrieb ausgestellt.
                           
                              
                                 Nutzlast
                                 750 kg.
                                 
                              
                                 Hubgeschwindigkeit
                                   12 m i. d. Min.
                                 
                              
                                 Fahrgeschwindigkeit
                                 60–90 m i. d. Min.
                                 
                              
                                 Hubmotor
                                 2,4 PS.
                                 
                              
                                 Fahrmotor
                                 0,25 PS.
                                 
                              
                           Das Gestell des Wagens besteht nach den Fig. 53 und
                              										54 aus zwei Schilden, die oben die Achsen der
                              
                              									vier Laufräder und den Fahrmotor, unten das gesamte Windwerk und den Steuerapparat
                              
                              									aufnehmen. Die Last hängt an zwei Drahtseilen, die je auf auf eine Rillentrommel
                              									aufgewickelt werden.
                           Der Fahrmotor treibt zwei Laufräder mittels seines Ritzels an.
                           Neu ist die Art der Steuerung der Motoren und die Stromzuführung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 227
                              Fig. 54. Elektrohangebahnwagen von Adolf Bleichert & Co.
                              
                           Eine Laufkatze ohne Führerkorb für eine langgestreckte Hängebahn kann nicht vom Flur
                              									aus durch Ketten- oder Seilzüge, wie es bei kürzeren Strecken im Werkstättenbetrieb
                              									üblich ist, gesteuert werden. Dies muss vielmehr hier von einem festen Punkte aus
                              									geschehen, wie bei einem Laufkran die Katze auch von dem festen Führerkorb aus
                              									gesteuert wird.
                           Dies bedingt aber sieben blanke Leitungen, deren Unterbringung bei Laufkranen ja
                              									keine Schwierigkeiten verursacht, bei Hängebahnen aber, namentlich wenn Weichen
                              									nötig sind, sehr unbequem und infolge des grossen Aufwandes an Leitungsmatarial
                              									ausserdem sehr kostspielig wird.
                           Bei dem neuen System der Firma Bleichen ist nun die
                              
                              									Anzahl der Leitungen auf der freien Strecke wie bei einer Strassenbahn auf eine blanke Arbeitsleitung, die von einer isolierten
                              									Speiseleitung den Strom erhält, reduziert.
                           Nur an den Lade- und Entladestationen tritt eine neue blanke Leitung, die
                              									Schaltleitung hinzu.
                           Für die beiden Motoren ist nur eine Steuerwalze
                              									vorhanden, die sich auf dem Wagen befindet. Sie wird durch einen Elektromagneten
                              									mittels Sperrades und Klinke betätigt; jeder Zahnteilung des Sperrades entspricht
                              									eine neue Stellung der Steuerwalze. Der Elektromagnet sowie die Motoren erhalten
                              									ihren Arbeitsstrom an den Endstationen nur durch Vermittlung eines ortsfesten oder
                              									transportablen Schalters, der von einem Arbeiter betätigt wird.
                           Die Arbeitsleitung ist nämlich an diesen Stellen von derjenigen der freien Strecke
                              									isoliert und solange stromlos, als der oben erwähnte Schalter offen ist.
                           Ein volles Arbeitsspiel würde in folgender Weise vor sich gehen:
                           
                        
                           
                              An der Ladestation:
                              
                           
                              1. Der Arbeiter schliesst den Schalter: Heben der Last, diese
                                 										rückt den Hubmotor in ihrer höchsten Stellung selbsttätig aus.
                              2. Oeffnen und Wiederschliessen des Schalters: Der Fahrmotor
                                 										erhält Strom und der Wagen verlässt die Ladestation.
                              3. Oeffnen des Schalters.
                              
                           
                        
                           
                              An der Entladestation:
                              
                           Durch Auflaufen auf die stromlose Strecke kommt der Wagen zum Stillstand.
                           
                              4. Schliessen des Schalters, Senken der Last.
                              5. Oeffnen und Wiederschliessen des Schalters: Heben des leeren
                                 										Hakens oder des leeren Gefässes; selbsttätige Ausschaltung der
                                 										Hubbewegung.
                              6. Oeffnen und Wiederschliessen des Schalters: Der Fahrmotor
                                 										ist umgesteuert und der Wagen fährt nach der Ladestation zurück, wo nach dem
                                 										Senken des leeren Gefässes ein neues Arbeitsspiel beginnt.
                              
                           Der Wagen besitzt nach den Figuren 53 und 54 zwei Stromabnehmer; einen in senkrechter Ebene
                              									schwingenden für die Arbeitsleitung, und einen in wagerechter Ebene schwingenden für
                              									die Schaltleitung. Fig. 53 zeigt die Laufkatze auf
                              									freier Strecke, Fig. 54 an einer Endstation.
                           Bei grosser Entfernung der Endstationen von einander befindet sich an jeder ein
                              									fester Schalter.
                           Zum Halten der Last befindet sich auf der Motorwelle eine Bandbremse, die durch einen
                              									zweiten Elektromagneten betätigt wird.
                           Das System ist sehr sinnreich durchgeführt und dürfte wohl manche noch vorhandenen
                              									Schwierigkeiten bei weitgestreckten und verzweigten Anlagen beseitigen.
                           Ausser diesem Wagen hatte die Firma Bleichert noch das
                              									Modell einer vollständigen Seilbahn im Massstabe 1 : 10, ein Stück einer Seilbahn
                              									mit starker Steigung zur Veranschaulichung der Wirkungsweise ihres Wagens mit
                              									selbsttätiger Seilklemme, beides im Betrieb, ferner eine reichhaltige Sammlung von
                              									Bedarfsartikeln, wie Seilschlösser, Drahtseile, Rollen usw. in bekannter guter
                              									Ausführung ausgestellt.
                           Die Erzeugnisse der Firma sind in Lüttich mit dem „Grand Prix“ ausgezeichnet
                              									worden.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)