| Titel: | Neuerungen im Bau von Transportanlagen in Deutschland. | 
| Autor: | Georg v. Hanffstengel | 
| Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 274 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Neuerungen im Bau von Transportanlagen in
                           								Deutschland.
                        Von Georg v.
                                 									Hanffstengel, Dipl.-Ing., Stuttgart.
                        Neuerungen im Bau von Transportanlagen in Deutschland.
                        
                     
                        
                           Seit dem Erscheinen meiner zusammenhängenden Darstellung des
                              
                              									Transportmaschinenbaues in den Jahrgängen 1902–1904 dieser Zeitschrift hat sich das
                              									genannte Fach so rapide entwickelt, dass es wohl angezeigt erscheint, über die
                              									Errungenschaften der letzten Jahre wieder einen zusammenhängenden Ueberblick zu
                              									geben. Das wachsende Interesse für mechanische Förderanlagen zeigt sich einerseits
                              									in der starken Beschäftigung der einschlägigen Industrie, andererseits in der
                              									Zunahme der angemeldeten und erteilten Patente. Diese werden in der vorliegenden
                              									Arbeit nur insoweit Aufnahme finden, als sie bereits in die Praxis übergeführt sind
                              									oder charakteristische Merkmale der Entwicklung darstellen. Ueber den technischen
                              									und wirtschaftlichen Wert nicht angeführter Erfindungen soll damit jedoch keinerlei
                              									Urteil abgegeben werden.
                           Aehnlich wie in dem oben erwähnten Aufsatze ist eine Einteilung in „Stetige
                                 										Förderung“ und „Förderung von Einzellasten“ getroffen, während die
                              									Unterteilung dieser Gebiete in abweichender, für den vorliegenden Fall
                              									zweckmässigerer Weise erfolgt.
                           
                        
                           
                              I. Stetige Förderung.
                              
                           
                              
                                 A. Horizontalförderer.
                                 
                              Die in diesem Abschnitte zusammengefassten Transportmittel können zum grösseren
                                 										Teil auch in massiger Steigung arbeiten. Die Benennung
                                 											„Horizontalförderer“ ist nur deshalb gewählt, weil sie den Gegensatz
                                 										zu den senkrecht arbeitenden „Becherwerken“ am besten zum Ausdruck
                                 										bringt.
                              Der vollkommenste Horizontalförderer bleibt das aus
                                    											biegsamen Stoffen hergestellte Band. Einen so durchschlagenden
                                 
                                 										Erfolg, wie in Amerika, hat dasselbe in Deutschland freilich noch nicht
                                 										erringen können. Die Ursache dieser Erscheinung mag darin liegen, dass die von
                                 										deutschen Firmen hergestellten Gurtfabrikate noch nicht die gleiche Güte
                                 										aufweisen wie die ersten amerikanischen Bänder, so dass bei schwerem Betriebe
                                 										mit häufiger Erneuerung des Gurtes gerechnet werden muss. Immerhin findet das
                                 										Transportband wachsende Beachtung. Vervollkommnung erfahren u.a. die Lager der
                                 										Tragrollen, die heute vielfach mit Ringschmierung versehen werden, was eine
                                 										wesentliche Ersparnis an Kraftverbrauch und Bedienung bedeutet.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 321, S. 273
                                 Fig. 1. Umkehrbarer Abwurfwagen.
                                 
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 321, S. 273
                                 Fig. 2. Fahrbares Band.
                                 
                              Irgendwelche grundlegende Neuerungen finden sich nicht. Die meisten Firmen halten
                                 										an wagerechten zylindrischen Rollen fest oder setzen Schrägrollen unter sehr
                                 										geringem Neigungswinkel, um das Band etwas stärker beschütten zu können. Zu
                                 										erwähnen ist ein Vorschlag, den Gurt mit stachelartigen Seitenleisten zu
                                 										versehen (D. R.-P. 155516). Diese sollen das Herunterfallen des Materials
                                 										verhindern, ohne dem Biegen des Bandes über Antriebsund Leitrollen im Wege zu
                                 										stehen.
                              Interessant ist ein Versuch, einen umkehrbaren
                                    											Abwarfwagen zu konstruieren (D. R.-P. 130729). Nach Fig. 1 sind die beiden Rollen, die das Band an
                                 										der Abwurfstelle abzulenken haben, in einem unter etwa 30° gegen die Senkrechte
                                 										geneigten Hebel gelagert, dessen Drehzapfen A in
                                 										einem fahrbaren Gestell ruht. Bei der durch ausgezogene Linien angedeuteten
                                 										Stellung läuft das Band von links nach rechts. Wird nun der Hebel durch ein am
                                 										Fahrgestell angebrachtes, hier nicht gezeichnetes Triebwerk nach links um etwa
                                 										420° gedreht, bis die Abwurfrolle R1 wieder nach oben, in die Lage R'1, kommt, so kann das Band in entgegengesetztem
                                 										Sinne betrieben werden, wie die punktierten Linien andeuten. Damit wird,
                                 										wenigstens bis zu einem gewissen Grade, einem Mangel des Transportbandes
                                 										abgeholfen, der sonst hin und wieder dazu geführt hat, an Stelle des Bandes die
                                 										ohne weiteres umkehrbaren Kratzer anzuwenden.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 321, S. 274
                                 Fig. 3. Förderband aus Quadratseilen nach Bek.
                                 
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 321, S. 274
                                 Fig. 4. Einschienenförderer von Bek.
                                 
                              Vollständig wird der Abwurfwagen gespart bei einer in Mannheim ausgeführten
                                 										Anlage der Guilleaume-Werke, Neustadt a. d. Haardt
                                 											(Fried. Correll). Hier handelte es sich darum,
                                 										von einem in der Mittelebene des Kesselhauses stehenden Elevator aus die Kohle
                                 										nach beiden Seiten hin in Bunker zu verteilen. Dazu dient nach Fig. 2 ein in beiden Richtungen laufendes, auf
                                 										einem fahrbaren Gerüst gelagertes Band von einer solchen Länge, dass bei ganz
                                 										einseitiger Stellung das eine Ende noch unter dem Zuführungsrohr bleibt. Die
                                 										Wirkungsweise ergibt sich ohne weiteres aus der Skizze. Der Fahr- und der
                                 										Antriebsmotor des Bandes werden von unten her durch den Heizer gesteuert, so
                                 										dass dieser den Wagen beliebig verschieben und die Bunker nach Bedarf füllen
                                 										kann. Es würde offenbar keine Schwierigkeiten machen, die Fahr-vorrichtung nach
                                 
                                 										dem Vorbilde des Abwurfwagens der Robins Conveying Bett
                                    											Co. so zu gestalten, dass das ganze Gestell selbsttätig langsam hin und
                                 										herwandert und so die Bunker gleichmässig beschüttet.
                              Der Vorteil der Anordnung liegt vor allem darin, dass das Band nicht, wie es beim
                                 										Betrieb mit Abwurfwagen der Fall ist, mit der Tragseite über eine Leitrolle
                                 										geführt zu werden braucht, da sich hierbei die am Bande haftenden
                                 										Grusteilchen in die Oberflächenschicht hineindrücken und die Zerstörung des
                                 										Bandes beschleunigen. Bei nasser Kohle tritt diese Erscheinung in besonders
                                 										hohem Masse auf. Die Robins Conveying Bell Co.
                                 										wirkt dem angeführten Missstande dadurch entgegen, dass sie das Band durch eine
                                 										Bürste reinigt.
                              Die Quadratseilfabrik „Patent Bek“ in
                                 										Mannheim führt nach D. R. P. 147384 ein Band aus, das zum Befördern von
                                 										Stückgütern dient und von einer beliebigen Anzahl paralleler Seilstränge
                                 										gebildet wird, die in endlosem Lauf über End- und Zwischenrollen geführt sind.
                                 											(Fig. 3.) Es werden geflochtene Quadratseile
                                 										benutzt, die gegenüber gedrehten Rundseilen den Vorzug haben, eine ebene
                                 										Oberfläche zu bieten und sich nicht um ihre Längsachse zu drehen. Die
                                 										gewöhnlichen Seile erteilen infolge letzterer Eigenschaft dem aufgelegten Gut
                                 										eine seitliche Verschiebung, so dass es schliesslich vom Bande
                                 										herunterfällt.
                              Gegenüber den eigentlichen Transportbändern weist ein solcher aus Seilen
                                 										hergestellter Förderer mehrere Vorzüge auf. Erstens ist die Festigkeit der Seile
                                 										grösser, so dass auch schwere Lasten auf weite Entfernungen transportiert werden
                                 										können. Zweitens können für die Spannvorrichtung nach Fig. 3 besondere, zwischen dem fördernden und dem leeren Turm
                                 										liegende Rollen verwandt werden, so dass die Endrollen in ihrer Lage verbleiben.
                                 										Drittens lassen sich zwei Förderer in sehr einfacher Weise dadurch aneinander
                                 										schliessen, dass man die Rollen des zweiten Bandes zwischen die des ersten auf
                                 										die gleiche Achse setzt, da ja die Seilstränge in beliebiger Entfernung von
                                 										einander liegen können. So wird es beispielsweise möglich, wie in Fig. 3 punktiert angedeutet, von einer
                                 										wagerechten Strecke I unmittelbar auf eine
                                 										ansteigende Strecke II' überzugehen, wozu bei
                                 										gewöhnlichen Gurten der Einbau einer Abwurfstation oder eine sehr flache Kurve
                                 										nötig ist. Auch lässt sich Band II ohne weiteres um
                                 
                                 										die für beide Bänder gemeinsame Antriebswelle schwenken und in beliebigem Winkel
                                 
                                 										einstellen. Praktisch ist die Konstruktion bisher allerdings noch wenig erprobt.
                                 										Nahe verwandt mit den Transportbändern ist der Einschienenförderer von Bek (D. R. P. 147022), dessen erste –
                                 										amerikanische – Ausführung in Fig. 4 abgebildet
                                 										ist. Er besteht aus einzelnen, durch Gelenkstäbe verbundenen Fahrgestellen, die
                                 										sich mit je einer Laufrolle auf eine mittlere Schiene stützen. Jedes Gestell
                                 										trägt einen drehbaren Bügel oder Sattel, über den ein Band gelegt ist, das
                                 
                                 										zwischen zwei Gestellen in einer Mulde durchhängt und hier den Hauptteil des
                                 										Materials aufnimmt. Der Förderer kann in Kurven sowie in erheblichen Steigungen
                                 										geführt werden. Zur Entleerung werden die Bügel gekippt, so dass das Material
                                 										seitlich aus der Mulde herausfällt.
                              Das der Konstruktion zu Grunde liegende Prinzip – Entlastung des Bandes von
                                 										Zugspannungen, verbunden mit der Möglichkeit, starke Steigungen und Kurven zu
                                 										nehmen – ist sehr beachtenswert und mag in der Linie liegen, in der sich das
                                 										Förderband weiter entwickeln muss. Wie weit die konstruktive Ausbildung die Idee
                                 										bereits praktisch verwertbar macht, lässt sich ohne längere Betriebserfahrungen
                                 
                                 										kaum entscheiden.
                              Eiserne Bänder litten bisher an dem Mangel, dass der
                                 
                                 										Abwurf des Materials an Zwischenpunkten nur durch schräg zur Laufrichtung
                                 										gestellte Abstreicher bewerkstelligt werden konnte, eine Methode, die das Anbringen
                                 										seitlicher Leisten unmöglich macht und daher ein sehr breites und teures Band
                                 										erfordert. Eine vollkommenere Konstruktion, welche der Maschinenbauanstalt Humboldt in Köln durch D. R. P. 160803 geschützt
                                 										ist, gibt Fig. 5 wieder, und zwar ist hier die
                                 										Idee in der Anwendung auf ein aus Flacheisenstäben gebildetes, rostartiges Band
                                 										dargestellt. Die einzelnen Stäbe sind an der Laufachse A drehbar aufgehängt und am anderen Ende durch eine durchgehende
                                 										Stange S zusammengehalten, so dass sie sich nur
                                 										gemeinsam bewegen können. Durch Rohrstücke wird für die Einhaltung des richtigen
                                 										Abstandes zwischen den Stäben gesorgt. Die Kettenglieder K bilden einen erhöhten Rand, der eine starke Beschüttung des Bandes
                                 										ermöglicht. Die Stäbe werden am freien Ende durch einen Bügel B gestützt, der um die nächstfolgende Laufachse
                                 										schwingt und sich unter der Wirkung seines Eigengewichts senkrecht einzustellen
                                 										sucht. Treffen nun die an den beiden Enden des Bügels angebrachten Rollen R1 gegen den
                                 										Anschlag C, so werden sie zur Seite geschlagen, und
                                 										die Stäbe fallen herunter und entleeren sich. Um sie wieder in die richtige Lage
                                 										zu bringen, dient eine Führungsschiene D, gegen
                                 										welche die auf dem Bolzen S angebrachten Rollen R2 anlaufen. Nahe
                                 										der höchsten Stellung angekommen, schlagen die Flachstäbe mit ihren schrägen
                                 										Nasen den senkrecht hängenden Bügel B zur Seite und
                                 										legen sich wieder richtig ein. Ehe der Rost in die normale Lage kommt, muss
                                 										jedoch das nachfolgende Element so weit abgelenkt sein, dass der Bügel aus der
                                 										Lage B'' in seine natürliche Stellung zurückkehren
                                 										kann.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 321, S. 275
                                 Fig. 5. Eisernes Band der Maschinenhauanstalt Humboldt;
                                    											Querschnitt.
                                 
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 321, S. 275
                                 Fig. 6. Eisernes Band mit selbttätigem Abwurf.
                                 
                              Eine andere hierhergehörige Konstruktion zeigt Fig.
                                    											6 (D. R. P. 144480). Das Band setzt sich aus Platten zusammen, die
                                 										sich gegenseitig überdecken und mit Winkeln gesäumt sind, so dass sich ein
                                 										trogförmiger Querschnitt von grossem Fassungsvermögen ergibt. Die beiderseitigen
                                 										Ketten sind durch gusseiserne Traversen verbunden, an denen die Platten mit
                                 										Scharnieren befestigt werden. Eine weitere Unterstützung jeder Platte bildet
                                 										eine Rolle, die auf einer mittleren Hilfsschiene läuft. Wird diese Schiene an
                                 										irgend einer Stelle unterbrochen, so klappt wie Fig.
                                    											6 zeigt, das hintere längere Stück der Platte herunter. Nachdem die
                                 										Platte auf diese Weise entleert ist, wird sie zwangläufig in die normale Lage
                                 										zurückgeführt.
                              Aehnliche Konstruktionen werden in Amerika ausgeführt, mit dem Unterschiede, dass
                                 										die Drehachse der Platten mit derjenigen der Kettengelenke zusammenfällt.
                              
                                 
                                    (Fortsetzung folgt.)