| Titel: | Sauggasanlage von Davey-Paxman. | 
| Autor: | F. Mbg. | 
| Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 332 | 
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                        Sauggasanlage von Davey-Paxman.
                        Sauggasanlage von Davey-Paxman.
                        
                     
                        
                           Auch in England beobachtet man mehr und mehr die Erscheinung, dass alte bekannte
                              									Dampfmaschinenfirmen Abteilungen zum Bau von Verbrennungsmaschinen einrichten, um
                              									bei dem scharfen Wettbewerbe zwischen beiden Kraftmaschinenarten auf jeden Fall ihre
                              									Stellung behaupten zu können. So bringt jetzt auch die Firma Davey, Paxtnan & Co. in Colchester eine Sauggasanlage auf den Markt,
                              									die im „Engineering“ vom 24. Novbr. 1905 eingehend beschrieben ist. Wenn
                              									auch viele Einzelheiten für deutsche Leser keine Neuigkeiten sind, so glaubten wir
                              
                              									doch, ihnen diese Gelegenheit, englische Konstruktionen näher kennen zu lernen,
                              									nicht vorenthalten zu dürfen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 332
                              
                              
                           Die Zeichnungen Fig. 1–7 geben einen Motor von 34 PSe wieder, dessen Zylinderdurchmesser 16'' (406 mm)
                              									und dessen Hub 21'' (533 mm) beträgt. Der Zylinder erhält ein Futter, das einerseits
                              									unmittelbar gegen den Kopf geschraubt ist, anderseits gegen den Mantel durch einen
                              									in eine Nut eingelegten Packungsring abgedichtet ist. Da der Mantel mit seinem
                              									anderen Ende ebenfalls fest gegen den Zylinderkopf geschraubt ist, so steht der
                              									Ausdehnung des Futters bei Temperaturänderungen irgendwelches Hindernis nicht
                              									entgegen. Durch diese Anordnung zweier Bolzenreihen ist vermieden, dass eine
                              									Dichtung an zwei verschiedenen Stellen durch einen und denselben Bolzen erforderlich
                              									ist, wie das der Fall wäre, wenn Mantel, Futter und Zylinderkopf durch eine
                              									Bolzenreihe gegeneinander gezogen würden. Dagegen liegen die inneren Bolzen,
                              									zwischen denen natürlich reichliche Durchbrechungen des Futterflansches und der
                              									Zylinderkopf wand ein Durchtreten des Kühlwassers ermöglichen, sehr unzugänglich. An
                              									dieser Stelle entstehende Undichtigkeiten werden nicht sofort bemerkt werden und
                              									auch nur umständlich zu beseitigen sein.
                           Die Ventilsitze sind in den Kopf besonders eingesetzt, und zwar liegen die Luft- und
                              									Gasventile seitlich, das Auspuffventi unten. Die Zugänglichkeit des letzteren ist
                              									durch einen im oberen Teile des Kopfes angebrachten Deckel erreicht; das an diesem
                              									befestigte zylinderförmige Stück F soll je nach der Art
                              									des in jedem Fall zu verwendenden Gases mehr oder weniger in den Kompressionsraum
                              									hineinragen und so dessen Inhalt und damit die Grösse des Kompressionsgrades
                              									veränderlich gestalten. Immerhin dürfte ein derartiger, verhältnismässig grosser
                              									ungekühlter Klotz Eisen leicht eine zu hohe Temperatur annehmen und dadurch zu
                              									Vorzündungen Veranlassung geben; auch erhält der Verbrennungsraum bei tiefer in ihn
                              									hineinragendem Körper F eine zu verwickelte und
                              									infolgedessen für die Verbrennung ungünstige Form. Die Wandungen des Gas- und des
                              									Luftventilsitzes erhalten Durchbrechungen, so dass das bei A eintretende Gas in Richtung des in Fig. 5 angegebenen
                              									Pfeiles mit der von B herkommenden Luft zusammen in den
                              									Zylinder gelangt. (C ist ein Teil des Kühlmantels.) Die
                              									Regelung geschieht zunächst durch Veränderung der Beschaffenheit der Mischung, und,
                              
                              									sobald dies nicht mehr ausreicht, durch Aussetzer. Es ist nämlich zwischen den Hebel
                              									zum Antrieb des Gasventils und dieses Ventil selbst der vom Regler beeinflusste
                              									abgestufte Klotz K eingeschaltet, mit dessen Hilfe
                              									dieses Ventil ganz, zum Teil oder garnicht geöffnet wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 333
                              Fig. 7.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 333
                              Fig. 8.
                              
                           Kolben und Kolbenstange zeigen die gewöhnliche Ausbildung. Bei der letzteren wird
                              									hervorgehoben, dass die Schraubenbolzen im glatten Schaft schwächer gehalten sind
                              									als dort, wo sie Gewinde erhalten haben. Es soll dadurch, wie unsere Quelle sagt,
                              										„eine Lokalisierung der Anstrengung in den Gewindegängen vermieden werden,
                                 										welche gewöhnlich zu Brüchen führt“. Die Darstellung des Kolbens (Fig. 7 und 8) geben
                              									wir der Schmiervorrichtung wegen wieder: eine kleine Vertiefung P nimmt das Oel auf; von ihr gehen einerseits die
                              									Schmiernuten für die Kolbenschmierung, anderseits ein Röhrchen für die Schmierung
                              									des im Kolben liegenden Schubstangenbolzens aus. Das Röhrchen steht um 0,8 mm über
                              									den Boden der Vertiefung P empor, damit das Oel nicht
                              									vollständig durch das Röhrchen ablaufen kann, sondern jedenfalls noch genügend
                              									für die Nuten im Kolben übrig bleibt.
                           Die Zündvorrichtung (Fig. 9) ist so eingerichtet,
                              									dass der Zeitpunkt der Zündung in gewissen Grenzen einstellbar ist. Die von der
                              									Steuerwelle aus getriebene Stange X trägt nämlich an
                              									ihrem Ende einen Schlitz, der auf einer kleinen Scheibe gleitet. Diese kann um einen
                              									am Zylinderkopf befestigten Zapfen gedreht werden, auf den sie exzentrisch
                              									aufgesetzt ist. Von der Stange X erhält aber die Stange
                              
                              										Z bei jeder Umdrehung einen Antrieb- und wirkt nun
                              									ihrerseits auf den Induktor und den eigentlichen Zündhebel in der gewöhnlichen
                              									Weise. Je nach dem die Stellung, jener kleinen Exzenterscheibe gewählt ist, wird
                              									natürlich das Loslassen und Zurückschnellen der Stange Z und damit die Zündung früher oder später erfolgen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 333
                              Fig. 9.
                              
                           Das Anlassen des Motors erfolgt mit gepresster Luft unter Benutzung des Hahnes H. Dabei tritt die Luft durch Ventil L und den entsprechend gestellten Hahn H in den Zylinder. Bei normalem Betrieb aber steht H, wie in Fig. 9
                              									gezeichnet; dann werden Verbrennungsrückstände durch das Rückschlagventil M in einen Behälter gepumpt, bis in diesem der zum
                              									Anlassen erforderliche Druck, 9 bis 10 at, vorhanden ist, worauf H in eine dritte Stellung gebracht wird, in der er
                              									jenen Behälter ganz: gegen den Motor abschliesst.
                           Die Fig.
                                 										10–12 geben den Generator A mit Koksscrubber
                              										B wieder. Bei dem ersteren fällt die zwischen dem
                              									eisernen Mantel und der Ausmauerung untergebrachte Sandschicht auf, durch welche die
                              									Unterschiede in der Ausdehnung zwischen jenen aufgehoben und ausserdem die
                              									Strahlungsverluste verkleinert werden sollen.
                           Der Rost C ist auf einen Mittelzapfen drehbar aufgesetzt
                              									und kann von aussen mittels eines besonderen Hakens mit Handgriff gerüttelt werden,
                              									wodurch Zerbrechen der auf dem Rost gebildeten Schlacke ermöglicht werden soll. Ob
                              									sich diese Vorrichtung im Betriebe bewährt, erscheint mindestens zweifelhaft;
                              									irgendwelche Bemerkung hierüber bringt die Quelle nicht. Durch den Verdampfer D muss die Luft hindurchstreichen, ehe sie unter den
                              									Rost treten kann. Die Füllvorrichtung E unterscheidet
                              									sich nicht von der allgemein gebräuchlichen. Ungewöhnlich ist wohl nur der Trichter
                              										F unter ihr, durch den der frische Brennstoff stets
                              									nach der Mitte des Generators geleitet wird. Ueber den Scrubber B mit seiner Wasserbrause G und dem Gasabführungsrohr H sowie über den
                              									bei der Inbetriebsetzung zum Anfachen des Feuers benutzten Ventilator K brauchen wir ein sonstiges Wort der Erläuterung wohl
                              									kaum hinzuzufügen.
                           Ein Versuch an einer 34pferdigen derartigen Anlage soll folgende Resultate gegeben
                              									haben:
                           
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 334
                              
                              
                           
                              
                                 Motorzylinderdurchmesser
                                   14''
                                 
                                 
                              
                                 Hub
                                   19''
                                 
                                 
                              
                                 Umdrehungen i. d. Minute
                                 190
                                 
                                 
                              
                                 Entzünden des Feuers 10h
                                    											15
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Brennstoffinhalt des Generators zu dieser Zeit
                                    											(Anthrazit)
                                   77
                                 kg
                                 
                              
                                 Zuschütten von Brennmaterial: 11h 15 rund
                                     8
                                 „
                                 
                              
                                                                                           1h rund
                                   38
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 Sa.
                                 123
                                 kg
                                 
                              
                                 Dauer des Versuches 4½ Stunden.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Generatorinhalt am Ende des Versuches
                                   60
                                 kg
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 Somit Gesamtverbrauch
                                   63
                                 kg
                                 
                              
                           oder da 33,8 PSe entwickelt
                              									werden, rund 0,42 kg für 1 PSe u. Std.
                           Die Analyse ergab folgende Zusammensetzung des Gases:
                           
                              
                                 CO2
                                 =   7,2
                                 v. H.
                                 
                              
                                 O
                                 =   0,6
                                 „
                                 
                              
                                 CO
                                 = 18,6
                                 „
                                 
                              
                                 CH4
                                 =   1,6
                                 „
                                 
                              
                                 H
                                 = 17,6
                                 „
                                 
                              
                                 N
                                 = 54,4
                                 „
                                 
                              
                           Danach beläuft sich der untere Heizwert auf rund 1190 WE für 1 cbm.
                           Diesem Versuche kann ohne weiteres kaum erhebliche Beweiskraft für die Güte der
                              									Anlage beigemessen werden, da er von zu kurzer Dauer ist, wodurch ganz wesentliche
                              									Fehler in den Ergebnissen hervorgerufen werden können.
                           Von grösserem Werte scheint dagegen die Mitteilung zu sein, mit der unsere Quelle
                              									schliesst, da sie sich auf mehrmonatliche Beobachtungen im normalen Betriebe stützt:
                              									In den Werkstätten der Firma Davey, Paxman & Co.
                              									wurde eine Dampfmaschine durch eine solche Sauggasanlage ersetzt. Während erstere 5
                              									t Heizkohle in der Woche zum Preise von 15–16 Shilling, also mindestens 75 Shilling
                              									für Brennstoff gebrauchte, kam die letztere mit 0,9 t Anthrazit für 26 Shilling pro
                              									Tonne, also 23,4 Shilling in der gleichen Zeit aus. Ueber die Grösse der Leistung
                              									ist nichts bemerkt. Nimmt man nach obigem an, dass die Sauggasanlage tatsächlich nur
                              									etwa 0,45 kg Brennstoff für 1 PSe und Stunde
                              									verbrauchte, so würde sie sich, wenn die Woche auf 72 Betriebsstunden zu rechnen
                              									ist, auf etwa 28 PS stellen. Dann hätte die früher verwandte Dampfmaschine also rund
                              									2½ kg Kohle für 1 PS und Stunde verbraucht, ein durchaus nicht unmögliches Ergebnis,
                              									das aber zeigt, dass man es hier dann jedenfalls mit einer ganz einfachen
                              									Einzylinder-Auspuffdampfmaschine zu tun hatte. Es ist ja möglich, dass eine solche
                              									im vorliegenden Falle durchaus am Platze war. Jedenfalls hätten aber, um eine
                              									unparteiische Beurteilung der gegebenen Zahlen zu ermöglichen, einige näheren
                              									Angaben über die Art der Dampfkraftanlage gemacht werden müssen.
                           Trotzdem die Belastung dem wechselnden Betriebe in den Werkstätten entsprechend eine
                              									recht schwankende war, sollen dadurch keinerlei Störungen hervorgerufen sein. Auch
                              									die Bedienung wird als sehr einfach hingestellt. Ganz unglaublich klingt aber die
                              									Schlussbemerkung, dass der Abbrand in der 12stündigen Nachtschicht nur rund 2½ kg,
                              									also nur 1,7 v. H., des Tagesverbrauches betragen soll.
                           
                              F. Mbg.