| Titel: | Die XIII. Hauptversammlung der Bunsengesellschaft. | 
| Autor: | Arndt | 
| Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 462 | 
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                        Die XIII. Hauptversammlung der
                           								Bunsengesellschaft.
                        (Schluss von S. 429 d. Bd.)
                        Die XIII. Hauptversammlung der Bunsengesellschaft.
                        
                     
                        
                           Ein Vortrag von Prof. Abegg (Breslau) über die
                                 
                                 										Selbstzersetzung der Nitrite und ein dabei auftretendes Gleichgewicht,
                              									beschäftigt sich mit der Zersetzung von Silbernitrit nach der Gleichung:
                           2AgNO2
                              									= AgNO3 + NO + Ag
                           und suchte den Sachverhalt nach elektrochemischen
                              									Gesichtspunkten aufzuklären. Zum Schlusse des ersten Verhandlungstages sprach Dr.
                              
                              										Siedentopf (Jena) über ein
                                 										neues physiko-chemisches Mikroskop. Die Besonderheit dieses Mikroskopes ist
                              									eine sinnreich ausgebildete Gasheizung nebst Luftkühlvorrichtung, die gestattet,
                              									mikroskopische Präparate bei konstant gehaltenen höheren Temperaturen zu
                              									untersuchen, z.B. die scheinbar lebenden Kristalle nach Prof. Lehmann. Lehmann gelangte mit seinem ähnlich
                              									eingerichteten Kristallisationsmikroskop bis 600°, Dölter erreichte mit seinem elektrisch geheizten Objekttisch 1000–1200°.
                              									Die bei Weissglut störende Eigenstrahlung kann dadurch unschädlich gemacht werden,
                              									dass man im Brennpunkt das Bild einer wesentlich helleren Lichtquelle, z.B. einer
                              									Bogenlampe entwirft.
                           Am 22. Mai führte vor Beginn der Sitzung Dr. Weber im
                              									Keller des elektrochemischen Laboratoriums vor, wie ein Glashafen nach dem von ihm
                              									erfundenen patentierten Tongussverfahren gegossen wird. Um die langwierige
                              									Zurichtung der Chamotte bei dem bisher üblichen Handformverfahren abzukürzen und
                              
                              									zugleich die Herstellung der Glashäfen durch ungelernte Arbeiter zu ermöglichen,
                              									fügt Dr. Weber der Masse soviel Soda zu, dass sie
                              									verflüssigt wird, ein Kunstgriff, der in der Porzellanfabrikation schon lange geübt
                              									wird. Der Sodazusatz wird je nach der Sonderart der verwandten Chamottemasse
                              									verschieden bemessen und muss genau in der vorgeschriebenen Höhe gehalten werden, da
                              									sonst die kolloidale Tonmasse nicht verflüssigt, sondern ausgefällt wird. Salzgehalt
                              									der Tone wirkt übe2(aup0 der Verflüssigung entgegen. Um das Abwägen der sehr kleinen
                              									Alkalimengen zu erleichtern, gebraucht man den bekannten Ausweg, sie mit einer
                              									bestimmten Menge Ton zu vermählen und dieses Gemisch als Zusatz zu verwenden. Die
                              									getrennt abgemessenen Mengen von Tonmehl und Chamotte werden in einem hölzernen
                              									trichterförmigen Kasten vermischt, in dem ein Siebzylinder angeordnet ist, um
                              									etwaige gröbere Teile zurückzuhalten. Am Boden dieses Kastens ist eine Schnecke, die
                              									das Gemenge einem Becherwerk zuführt, von dem es in den Rührapparat gehoben wird;
                              									hier fliesst gleichzeitig die nötige Wassermenge in dünnem Strahle zu. Die
                              									Geschwindigkeit des Rührers ist so gewählt, dass Schleudern eintritt, wodurch
                              									nebenbei Luftblasen aus der Masse entfernt werden. Ist die Chamotte genügend
                              									dünnflüssig geworden, so öffnet der Arbeiter einen Verschlussschieber und lässt den
                              									Brei in die untergeschobene Hafenform fliessen. Der ganze Vorgang erfordert für
                              									einen Hafen von 200–225 kg Glasinhalt nur ¾–1 Stunde an Arbeitszeit. Es können
                              									also am Tage etwa zehn Häfen gegossen werden. Die gefüllten Häfen werden nach der
                              									Hafenstube gebracht und dort etwa 24 Stunden der Ruhe überlassen; dann ist die Wasse
                              									soweit erstarrt, dass der Kern der Form herausgezogen werden kann. Nach weiteren 24
                              									Stunden wird der Mantel abgenommen und der obere Gussrand glatt abgeschnitten. Nun
                              									ist der gegossene Hafen vollständig fertig und bedarf, da keine weitere Nacharbeit,
                              									kein Nachschlagen usw. nötig ist, nur noch des ruhigen langsamen Trocknens, um dann
                              									zur Verwendung im Glasofen bereit zu sein.
                           Weitere Vorzüge sind der viel geringere Wasserverbrauch beim Formen und die grössere,
                              									gleichmässige Dichte der Häfen. Ohne Alkalizusatz kann man nur ganz schwachwandige
                              									Gegenstände giessen; die Gipsform saugt dann so viel Wasser auf, dass sie am selben
                              									Tage nicht mehr verwandt werden kann. Nur mit Wasser angerührte Chamotte setzt sich
                              									leicht zu Boden, während bei Alkalizusatz eine gleichmässige Aufschlämmung bleibt.
                              
                              									Dass durch das Alkali der Schmelzpunkt der Masse erniedrigt werde, ist nicht zu
                              									fürchten, da der Gehalt daran nur 0,003 v. H. im Durchschnitt beträgt; das Alkali
                              									geht zum grössten Teil in die Gipsform. Die Gefahr von Rissen ist beim Gebrauche von
                              									Häfen, die nach dem Weber sehen Verfahren gegossen sind
                              									(auch bei grösseren Temperaturschwankungen), viel kleiner als bei dem alten
                              									Verfahren, da, wie gesagt, die Masse keine Luftblasen enthält, sehr gleichmässig im
                              									Gefüge und dichter im Scherben ist.
                           Das Verfahren ist bei den Glashüttenwerken von Aug.
                                 
                                 										Leonhardi in Schwepnitz i. Sa. im Betrieb.
                           Nach dieser wertvollen Vorführung begann wieder die lange Reihe der Vorträge. Prof.
                              										Luther (Leipzig) sprach über die räumliche Fortpflanzung chemischer Reaktionen und zog
                              									interessante Parallelen zu der Fortpflanzung von Sinnesempfindungen in den
                              									Nerven.
                           Es folgte ein technisch wichtiger Vortrag von Geh. Rat Hempel (Dresden): Ueber die Bestimmung des
                                 										Stickoxyduls. Der Ausgangspunkt der Untersuchung war die Frage, bei welchen
                              									Temperaturen und Konzentrationen der alte Kammerprozess am besten gelingt. Zu den
                              									Versuchen wurde eine ruhende Kammer benutzt. Die nötigen Mengen von Sauerstoff,
                              									Schwefeldioxyd und Wasserdampf wurden einfach dadurch erhalten, dass die berechnete
                              									Menge H2SO4 durch ein glühendes
                              									Rohr geleitet und dadurch in ihre Bestandteile H2O, SO2 und O zerlegt wurde.
                              									In der Kammer wird das zugegebene Stickoxyd (NO) bald
                              									unwirksam, die Temperatur wechselt fortwährend. Es stellte sich heraus, dass
                              									beträchtliche Mengen von Stickoxydul (N2O) gebildet wurden. Dieses Stickoxydul ist nun gar
                              									nicht so einfach zu bestimmen; um es aus dem Gasgemisch zu konzentrieren, kann man
                              									es durch ein U-Rohr leiten, das mit flüssiger Luft
                              									gekühlt wird. Hier
                              									tritt aber keine Verdichtung ein, wenn die Kühlung zu rasch wirkt, weil dann die
                              									kondensierten Stoffe als feinster Staub im Gasraume schweben bleiben. Deshalb ist es
                              									nötig, ein Filter einzusetzen, um den Gasstrom zu verlangsamen. Die Verdichtung
                              									geschieht unter Ueberdruck, der einfach erzeugt wird, indem man ein Niveaugefäss mit
                              									Quecksilber an einer Schnur zur Decke zieht. Um diesem hohen Druck zu widerstehen,
                              									ist das dünnwandige Glasgefäss der Glasbürette in einen eisernen Mantel gehüllt, der
                              									mit Gips ausgegossen ist. Die Hähne sind durch übergezogenen Gummischlauch
                              
                              									gesichert. Das an die Bürette angeschlossene Kondensationsgefäss wird, wie gesagt,
                              									mit flüssiger Luft gekühlt. Heben wir den Druck wieder auf, so haben wir das zu
                              									untersuchende Gemisch in zwei Teile getrennt.
                           Das Stickoxydul wurde bestimmt, indem man es mit Knallgas gemicht explodieren
                              									liess.
                           Es ergab sich bei technischer Anwendung der Methode, dass tatsächlich soviel
                              									Stickoxydul in der Bleikammer entsteht, als dem bekannten Verluste an Salpeter
                              									entspricht. In Aussig wurden 0,11 v. H. N2O im Gloverturm, in Freiberg 0,13–0,16 v. H. N2O in der Kochtrommel
                              									gefunden. Dies entspricht auf 100 kg H2SO4 dem Verluste von 1 kg HNO3.
                           Ramsay und Inglis haben
                              									ihrerseits bei Laboratoriumsversuchen nur 0,002 v. H. N2O, also so
                              									gut wie nichts gefunden; ihre Methode war aber ungeeignet.
                           In der Pause zwischen diesem und dem folgenden Vortrage zeigte Dr. Oettel (Radebeul)
                              									merkwürdige Bromkaliumkristalle vor, die er gelegentlich im Betriebe erhalten hatte.
                              									Sie bauten sich treppenförmig auf, hatten öfter die Form eines völlig geschlossenen
                              
                              									Trichters, glichen gelegentlich rechts oder links gedrehten Schrauben und waren
                              									manchmal nach dem Herausnehmen ganz biegsam, um nach wenigen Minuten starr zu
                              									werden.
                           Der anschliessende Vortrag von Prof. Bodenstein (Leipzig): Fermentative Bildung
                                 										und Verseifung von Estern bot für den Fachmann manches Interessante in
                              									bezug auf die Theorie der Reaktionswirkung aufgeschlämmter Fermente. Allgemein
                              									verständlich war dagegen der Vortrag von Prof. Lummer
                              									(Breslau), der über Strahlungsgesetze sprach und seine
                              									Darlegungen durch schöne Experimente schmückte. Zunächst gab er eine Uebersicht über
                              									die Elektronentheorie. Man unterscheidet zwei Arten von Strahlung, solche, die im
                              										Aether fortgepflanzt wird: (Licht, Wärme,
                              									elektrische Strahlen, Röntgenstrahlen) und solche, die durch Elektronenstrahlung
                              									erfolgen: Kathoden- und Radiumstrahlen. Man nimmt an, dass die erste Strahlungsart
                              									durch die zweite, die Elektronen, erregt wird; umgekehrt ist auch jene von Einfluss
                              									auf die Elektronenstrahlung. Der Vortragende führte den bekannten Hallwachs-Effekt vor, bei dem eine negative Ladung
                              									durch ultraviolettes Licht zerstreut wird. Dann berührte er die Fragen, wie wohl der
                              									Aether durch das Licht einer Quecksilberlampe erregt wird und wie man sich die
                              
                              
                              									Entstehung der Tausende von Linien im Spektrum des Eisens vorzustellen hat.
                              									Auffällig ist es, dass diese Strahlenarten nicht miteinander interferieren.
                           Man glaubt, dass die Uratome, aus denen sich die Atome aufbauen, die Elektronen sind.
                              									Gase werden elektrisch leitend (ionisiert) durch Kathodenstrahlen oder durch
                              									Radiumstrahlen oder durch starke Erhitzung (z.B. durch ein glühendes Platinblech).
                              									Da auch einatomige Gase ionisiert werden können, so liegt es nahe, ihre Atome als
                              
                              									zusammengesetzte Gebilde, die spaltbar sind, anzusehen. Die Elektronenstrahlung
                              									pflanzt sich geradlinig fort. Unter diesen Gesichtspunkten erscheint die alte Newtonsche Lichttheorie mit ihren geworfenen Korpuskeln
                              									gar nicht mehr so absurd. Nach der Berechnung sind die Elektronen so klein, dass
                              									2000 von ihnen Platz in einem Wasserstoffatom haben. Spaltet sich von einem
                              									Atom ein positives Elektron ab, so wird das Atom einwertig negativ elektrisch,
                              									spalten sich zwei positive Elektronen ab, so wird es zweiwertig negativ elektrisch
                              									usw.; durch die Abspaltung negativer Elektronen wird es entsprechend positiv
                              									elektrisch. Die dabei eintretende Gewichtsverminderung ist naturgemäss nicht
                              									nachweisbar.
                           Ramsay fand, dass sich Radiumemanation in Helium
                              									umwandelte. Das Spektrum der Emanation hatte sich nämlich in das Heliumspektrum
                              									verwandelt; Aenderung des Spektrums bedeutet aber Aenderung des Elementes. So viele
                              									Spektren es gibt, so viel Elemente bestehen. Dieser Zusammenhang ist so eng, dass
                              									man, falls einmal aus einem Wasserstoffspektrum das Sauerstoffspektrum entsteht, man
                              									annehmen würde, dass sich Wasserstoff in Sauerstoff verwandelt habe.
                           In den Linienspektren unterscheidet man Hauptserien und Nebenserien. Lenard fand in der Flamme Haupt- und Nebenserien an
                              									verschiedener Stelle; er nimmt an, dass die Hauptserien durch Schwingungen neutraler
                              									Metallatome entstehen, während die Nebenserien Schwingungen von Metallatomen
                              									entsprechen, die ein oder zwei Elektronen abgegeben haben.
                           Der Zeemann-Effekt, d.h. die Teilung der Linien im
                              									magnetischen Felde muss allen Linien einer Serie in gleicher Weise zukommen. Dieser
                              									Einfluss eines Magnetfeldes auf das Spektrum, den schon Faraday vermutete, ist zu erwarten, da es sich um das Schwingen von
                              									elektrischen Mengen handelt.
                           Die sogenannten homogenen Linien sind in Wirklichkeit Summen von Linien, die aber nur
                              									durch besondere optische Hilfsmittel zu trennen sind. Die Auflösung der Linien
                              									geschieht vollkommener als durch Prismensätze durch feingeteilte Gitter, besonders
                              									durch die neuen Stufengitter und am vollkommensten zur Zeit durch die Methode der
                              
                              									streifenden Incidenz in planparallelen Platten. Bei dieser letzten Methode muss die
                              									Glasplatte möglichst vollkommen planparallel sein, so dass auch hier der Fortschritt
                              
                              									der Wissenschaft von der Kunstfertigkeit des Glasschleifers abhängt. Hier wird das
                              									Quecksilberlicht in eine Anzahl Linienserien zerlegt, die man mit dem besten Gitter
                              									kaum erkennen kann. Durch das Zeemann-Phänomen erkennt
                              									man, welche Linien zusammengehören.
                           Durch solche Untersuchungen sind die Vorgänge im Aether sehr weit aufgeklärt worden.
                              									Das Elektron bildet das Bindeglied zwischen Aether und Materie.
                           Was nun die Strahlung betrifft, die wir als Licht
                              									empfinden, so unterscheiden wir Temperaturstrahlung und Lumineszenz. Als Temperaturstrahlung bezeichnen wir einfach solche
                              									Strahlung, die dem Kirchhofschen Gesetze folgt:
                           \frac{E\,\lambda}{A\,\lambda} = konst. = Sλ.
                           Stellen wir uns das Atom unter dem Bilde eines Glockenturms dar, so wird bei der
                              									Temperaturstrahlung sozusagen der ganze Glockenturm geschüttelt. Aus dieser Annahme
                              									würde folgen, dass ein erhitzter Körper auch elektrische Strahlen aussendet;
                              									wenigstens muss dies vom „schwarzen“ Körper gelten, weil dieser alle
                              									Strahlenarten ausgibt; indes ist diese Folgerung experimentell noch nicht
                              									bewiesen.
                           Anders wie bei der Temperaturstrahlung steht es bei der Lumineszenz; hier haben wir
                              									ein Bombardement durch Elektronen; hier braucht es keine Molekularbewegung, sondern
                              									nur intramolekulare Bewegung; wir haben Licht ohne Erwärmung.
                           Für die Temperaturstrahlung gilt das Stephansche
                              									Gesetz:
                           
                           S=\int_0^{\infty}\,S\,\lambda\cdot d\,\lambda = konst. T4,
                           worin S die gesamte Strahlung,
                              										A die Wellenlänge und T die Temperatur ist, wobei jedem Körper seine eigene Temperaturskala
                              									zukommt.
                           Aus den vorgetragenen Anschauungen folgt, dass es eine Druckwirkung des Aethers geben
                              									muss, die auch direkt nachgewiesen wurde. Werden Körper durch die Sonne infolge der
                              									Strahlung mehr abgestossen, als sie durch die Newtonsche Anziehung angezogen werden, so kommt es zu Erscheinungen, wie wir
                              									sie bei den Kometen an der Abstossung des Schweifes sehen.
                           Fasst man die Sonnenstrahlung als schwarze Strahlung auf, so berechnet sich die
                              									Temperatur der Sonne aus der „Solarkonstante“ zu 7000°. Man kann auch
                              									berechnen, um wieviel die Sonnenstrahlung abnehmen müsse, damit auf der Erde wieder
                              									eine Gletscherperiode eintritt, und findet, dass dazu eine Abnahme der
                              									Sonnentemperatur um 200° genügt.
                           Des weiteren ging der Vortragende kurz auf die Wien
                              									sehen Gesetze ein, nach denen die Wellenlänge des Strahlungsmaximums mit der
                              									schwarzen Temperatur durch die Gleichung:
                           λmax .
                              										T = 2940
                           verbunden und die Strahlung für diese Wellenlänge mit der
                              									Temperatur durch
                           Smax =
                              									konst. . T5
                           verknüpft ist. Für die Intensität Sλ einer beliebigen Wellenlänge gilt die
                              									Gleichung von Planck
                           
                              S_\lambda=\frac{c\cdot \lambda^{-3}}{e^{\lambda\cdot \frac{c}{T}}-1}
                              
                           Der Vortragende berührte dabei die Herleitung des Wien
                              									sehen Satzes aus dem Dopplerschen Prinzip, nach den die
                              									Wellenlänge sich mit der Bewegung des strahlenden Körpers verschiebt. Dieses Prinzip
                              									hat an der Hand der modernen Auflösungsapparate grosse Bedeutung gewonnen. Durch
                              									rotierende Spiegel kann man die Bewegung der Moleküle und die Aenderung ihrer
                              									Bewegung bei Temperaturänderung nachweisen.
                           Zum Schlusse seines Vortrages demonstrierte Prof. Lummer
                              									das Prinzip des optischen Photometers und zeigte, wie durch
                              									Temperatursteigerung die Lichtstärke einer Lampe ausserordentlich gesteigert werden
                              									kann. Am günstigsten steht in dieser Beziehung zur Zeit die Nernstlampe da.
                           In der Diskussion lenkte Heraeus (Hanau) die
                              									Aufmerksamkeit auf die neuen Verbesserungen der Quecksilberlampe, deren Strahlung
                              									aber, wie Lummer meint, keine reine Temperaturstrahlung
                              									ist.
                           Es folgte eine Demonstration von Prof. Coehn
                              									(Göttingen), der gefunden zu haben glaubt, dass Ammoniumamalgam eine Art Radiumstrahlung
                              									aussendet, die ein Elektroskop entladen bezw. laden kann.
                           Da die Tagesordnung noch nicht erledigt war, wurde noch eine Schlussitzung am
                              									Nachmittage angesetzt, in der Prof. Lottermoser
                              									(Dresden) eine höchst dankenswerte Uebersicht über: das
                                 										Verhalten der irreversiblen Hydrosole Elektrolyten gegenüber und damit
                                 
                                 										zusammenhängende Fragen gab, in der er unter anderem darauf hinwies, dass
                              									Hydrosole (-wässrige kolloidale Lösungen) sich gerade wie Suspensionen
                              									verhalten.
                           Ueber Teilchengrösse in Hydrosolen und über
                                 										Schutz-Wirkung sprach Dr. Zsigmondy (Jena), der eine Reihe von
                              									kolloidalen Goldlösungen vorwies, die alle 5 mg metallisches Gold in 100 ccm
                              									enthielten und doch ganz verschiedene Grade der Klarheit und Färbung besassej.
                           Das schon früher erwähnte Döltersche Heizmikroskop
                              
                              									benutzte Dr. Siedentopf (Jena), um die künstlich gefärbten
                              									Steinsalzkristalle, die er durch Färbung mit Alkalidampf erhalten hatte, vorzuführen
                              									und deren Farbenänderungen beim Erhitzen und Erkalten zu zeigen.
                           Die Farben ändern sich je nach der Temperatur (119°–524) von violett über blaurot,
                              									rostbraun und gelb zu weiss. Die in der Natur vorkommenden farbigen
                              									Steinsalzkristalle entfärben sich schon bei 200°, weil sie Mutterlauge
                              									enthalten.
                           Es folgten noch Vorträge von Dr. Sackur (Breslau) über
                              
                              										Passivität und Katalyse, von Prof. Dutoit (Lausanne) über molekulare Leitfähigkeit, Betrag und Gesetze der Dissoziation organischer und
                                 										anorganischer Lösungsmittel und schliesslich von Dr. J. Timmermann (Brüssel) über kritische Lösungstemperaturen ternärer Gemische. Zehn nachträglich
                              									angemeldete Vorträge blieben ungehalten, nachdem 22 Redner zu ihrem Rechte gekommen
                              									waren.
                           Arndt.