| Titel: | Einige Neubauten in Betoneisen. | 
| Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 487 | 
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                        Einige Neubauten in Betoneisen.
                        Ausgeführt von der Gemeinde Rotterdam.
                        Einige Neubauten in Betoneisen.
                        
                     
                        
                           Seit einigen Jahren hat die Gemeinde Rotterdam in Selbstverwaltung mehrere
                              									wichtige Neubauten in Betoneisen ausgeführt, welche S. J.
                                 
                                 										Rutgers in „De Ingenieur“ vom 10. März 1906 beschreibt und von denen
                              									wir an Hand der obengenannten Abhandlung einige der meist bemerkenswerten
                              									Konstruktionen besprechen wollen.
                           Längs der Schiekolk musste auf ein bestehendes Fundament, welches einigermassen
                              									baufällig war und ungefähr bis einen Meter unter Wasser reichte, eine neue Kaimauer errichtet werden. Nachdem die alte Mauer
                              									bis an die Wasserlinie weggebrochen war, wurde die in Fig.
                                 										1 abgebildete Konstruktion an Ort und Stelle zusammengestellt. Sie umfasst
                              									eine Vorderwand, eine Grundplatte und Unterstützungsschotte, welche ein festes Ganze
                              									bilden. Die Grundplatte erstreckt sich so weit hinter die alte Mauer, dass die
                              									Resultierende der senkrechten Belastung und des Bodendruckes hinter die Mauer fällt.
                              									Infolgedessen hat die Konstruktion eher die Neigung nach hinten zu neigen als nach
                              									vorne ins Wasser zu stürzen; ersteres wird natürlich durch den Bodenwiderstand
                              									genügend verhindert. Ausserdem wird der senkrecht zur Fundierung wirkende Druck auf
                              									die hinteren Pfähle der alten Mauer übertragen, wodurch die vorderen baufälligen
                              									Pfähle entlastet werden. Der ganze Neubau konnte in dieser Weise ohne irgend welche
                              									Aenderung in der Fundierung ausgeführt werden.
                           Was die oben genannten Pfähle betrifft, so sei hier nur kurz erwähnt, dass bei der
                              									Bodenbeschaffenheit in Städten wie Amsterdam und Rotterdam fast durchweg Fundierung
                              									mittels eingerammter Holzpfähle notwendig ist. Die Pfahlköpfe werden dann durch
                              									Trägerroste in Holz oder Eisen verbunden und auf diese die Mauer errichtet. Wie
                              									gross die Anzahl der benötigten Pfähle sein kann, welche für solche
                              										„Pfahlbauten“ gebraucht werden, mag aus der Angabe hervorgehen, dass z.B.
                              									der Königliche Palast auf dem Dam in Amsterdam auf 13 659 Pfählen ruht.
                           Wenden wir uns wieder den Rotterdamer Ausführungen zu, so gehen wir über zur
                              									Besprechung eines Schiffahrttunnels unter dem Grossen
                              									Markt, welcher zur Fortsetzung eines bestehenden unterirdischen Kanales als Tunnel
                              									mit rechtwinkligem Querschnitt mit den inneren Abmessungen von 4,65 m Höhe und 5,50
                              									m Breite entworfen wurde. Die Wanddicke wurde auf 0,35 m festgesetzt. In Abständen
                              									von 2 m ruht der Tunnel direkt auf hölzernen Pfählen ohne Vermittlung von besonderen
                              									Querbalken. Ueber eine Länge von rund 10 m muss der Tunnel unter der bestehenden
                              									eisernen Eisenbahnbrücke des Viaduktes der Staatsbahn durchgehen, wobei an dieser
                              									Stelle wegen der geringen verfügbaren Höhe einrammen der Pfähle ausgeschlossen
                              									war. Diese Schwierigkeit wurde in einfacher Weise dadurch überwunden, dass man die
                              									benötigte Anzahl Pfähle auf beiden Seiten der Eisenbahnbrücke einschlug und den
                              									ganzen Tunnel, durch welchen der schwere Verkehr stattfinden muss, über einen
                              									Abstand von 10 m als freitragende Konstruktion ausführte.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 487
                              Fig. 1. Kaimauer längs der Schiekolk in Rotterdam Querschnitt.
                              
                           Durch die Anwendung von Betoneisen brachte diese Lösung keine
                              									nennenswerte Erhöhung der Baukosten mit sich,
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 488
                              Fig. 2. Schiffahrttunnel unter dem Grossen Markt. Querschnitt.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 488
                              Fig. 3. Erneuerung einer Kaimauer längs des Eisenbahnhafens.
                                 										Querschnitt.
                              
                           
                           was mit keinem anderen Material möglich gewesen wäre. Um
                              									den Schiffen die Möglichkeit zu geben an einander vorbei zu gehen, wird in der
                              									Tunnelmitte eine Wechselstelle von 15 m Breite eingebaut.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 489
                              Fig. 4. Trog aus Betoneisen für die Kaimauer des Eisenbahnhafens im
                                 										Gemeinde-Trockendock.
                              
                           Das Werk ist grösstenteils vollendet.
                           Eine andere interessante Arbeit war die Errichtung einer neuen Kaimauer längs des Eisenbahnhafens (Fig.
                                 										3). Ein Teil dieser alten Kaimauer, welche im Jahre 1879 im Trockenen
                              									ausgeführt war, zeigte Risse und Verschiebungen. Das Fundament, welches ungefähr 1 m
                              									unter Tiefwasser reicht, war über zwei Abschnitte von 25 und 200 m Länge verschoben.
                              									Das Legen eines vollständig neuen Fundamentes hätte grosse Schwierigkeiten bereitet
                              									durch das Entfernen der bestehenden tiefen Fundierung, die Unmöglichkeit hier mit
                              									der Taucherglocke zu arbeiten, die Anwesenheit von Güterschuppen in der
                              									unmittelbaren Nähe der Mauer und die hohen Kosten, welche eine derartige Arbeit
                              									erheischt hätte.
                           Durch das Einrammen von Pfählen vor der bestehenden Mauer konnte man genügenden
                              									Widerstand erhalten zum Tragen einer hohlen, schachteiförmigen Kaimauer aus
                              									Betoneisen, welche vorne auf den neuen Pfählen, hinten auf dem bestehenden Fundament
                              									ruht. Das Eigengewicht dieses Körpers beträgt nur 2000 kg/qm Bodenfläche und ist so gering, dass
                              									der Hohlkörper bei sehr hohem Wasserstand schwimmen würde, wenn nicht die Wände
                              									durchbohrt wären, um dem Wasser Gelegenheitt zu geben mit Flut und Ebbe auch in der
                              									hohlen Schachtel auf und ab zu gehen. Dennoch ist das Ganze stark genug, um ohne
                              									Gefahr über die ganze Breite der Kaimauer, welche für den in Ausführung begriffenen
                              									Teil 10 m beträgt, frei tragen zu können, wodurch die alte Kaimauer sozusagen
                              									überbrückt wird, und das alte Fundament, welches an der Vorderseite nur geringen
                              									Widerstand leistet, an der gefährlichen Stelle entlastet werden kann.
                           Da die Unterkante der neuen Konstruktion ungefähr auf Tiefwasser zu liegen kommt, so
                              									war die Zusammenstellung an Ort und Stelle unmöglich. Etwaige Ueberbringung
                              
                              									mittels schwimmender Kranböcke erlaubte das Gesamtgewicht von 800 t nicht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 489
                              Fig. 5. Neue Kaimauer aus Betoneisen.
                              
                           In schwimmendem Zustand würde der ganze Körper etwa 2 m
                              									Tiefgang haben, während bei normalem Hochwasser nur 1,2 m zur Verfügung standen. Es blieb
                              									also nichts anderes übrig, als die untere Hälfte als offenen Trog auszuführen,
                              									diesen schwimmend an die gewünschte Stelle zu bringen und schliesslich den oberen
                              									Teil über Hochwasser aufzubauen.
                           Der erste Trog aus Betoneisen wurde im kleinen Gemeinde-Trockendock zusammengebaut
                              									und erhielt bei einer Höhe von 1,50 m eine Länge von 25 m und eine Breite von 6 m.
                              									Nachdem der fertige Trog während drei Wochen erhärtet war, konnte er ins Wasser
                              									gelassen werden. Da er sich völlig wasserdicht erwies, wurde er über einen Abstand
                              									von mehr als 2 km längs des Maasflusses geschleppt, um in einem Quergraben
                              									schwimmend aufbewahrt zu werden. Infolge einiger Verzögerung in anderen Arbeiten
                              									musste die Betoneisenkonstruktion während zweier Monate auf Weiterbeförderung warten
                              									worauf sie nochmals 5 km weit nach dem Eisenbahnhafen geschleppt und endlich an dem
                              
                              									Bestimmungsort aufgestellt wurde.
                           Augenblicklich befindet sich die zweite Strecke von 200 m Länge in Ausführung,
                              									wozu Tröge von 10 m Breite und 40 m Länge verwendet werden. Die Tröge werden an
                              									ihren Bestimmungsort geschleppt, wo man Wasser in sie eintreten lässt, damit sie auf
                              									das Fundament sich aufsetzen.
                           Es ist auch möglich die oben beschriebenen Tröge, aber dann in grösseren Abmessungen,
                              									unmittelbar auf dem festen oder künstlich angebrachten Sandboden aufruhen zu lassen.
                              									Zu diesem Zwecke wurde die in Fig. 5 abgebildete
                              									Konstruktion in Betoneisen entworfen. Solche Tröge werden entweder im Trockendock
                              									oder aber auf einer Werft oder in einem Graben zusammengebaut, und schliesslich
                              									schwimmend an Ort und Stelle über den flach abgebaggerten Sandboden geschleppt, um
                              									dort aufgestellt und mittels Basalt und Beton eingemauert zu werden. Der Trog
                              									enthält ausser den nötigen Querwänden auch eine Längswand, wodurch es möglich ist,
                              
                              									die vordere Hälfte mit Beton, die hintere dagegen mit Sand auszufüllen.