| Titel: | Automobilachsen. | 
| Autor: | Lutz | 
| Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 567 | 
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                        Automobilachsen.
                        Von Professor Lutz,
                           								Aachen.
                        (Fortsetzung von S. 550 d. Bd.)
                        Automobilachsen.
                        
                     
                        
                           
                           2. Vertreter der Anordnung B in Fig. 10:
                           Fig. 14: Aeltere
                                 										Personenwagenvorderachse von Eggebrecht & Schumann, Berlin:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 566
                              Fig. 14. Personenwagen-Vorderachse Eggebrecht & Schumann,
                                 										Berlin-Pankow.
                              
                           Eine mit der Achse verbundene Gabel stützt die Drehschenkel unter Vermittlung des
                              									herausziehbaren, in der Gabel nicht drehbaren Bolzens B, durch welchen von oben her die Schmierung erfolgt. In sehr geschickter
                              									Weise ist auch oben und unten eine unmittelbare Lagerung des Drehstückes in der
                              									Gabel erzielt. Durch Herausnahme der Spurplatte S (nach
                              									links zu) wird die Auseinandernähme ermöglicht. Die Bauart ist im übrigen noch recht
                              									unvollkommen: die durch das Wagengewicht erzeugte Reibung wirkt an einem grossen
                              
                              									Radius, die erwähnte Spurplatte liegt teilweise frei, die Schmierung ist mangelhaft,
                              									die Schmierstelle der Verschmutzung ausgesetzt. Die Lenkhebel sollen in das konische
                              									Loch K eingesetzt werden und erhalten dadurch eine
                              									verwickelte Gestalt, denn einesteils liegen sie selbst schon mit Rücksicht auf die
                              									eintretende Ueberkreuzung des Antriebs- und Verbindungsgestänges (vergl. Fig. 9 rechts unten) in verschiedenen
                              									Horizontalebenen und dann müssen sie hier, wie überhaupt bei allen Gabelachsen der
                              
                              									gleichen Form, noch nach unten abgekröpft werden, da das Lenkgestänge sich meist
                              
                              									unterhalb der Achse bewegt. Der Drehradius ist mit 90 mm unnötig hochgewählt.
                           Fig. 15. Personenwagenvorderachse von Benz & Co.,
                                 										Mannheim:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 566
                              Fig. 15. Personenwagen-Vorderachse für eine Achsbelastung von ∞ 800 kg. Benz,
                                 										Mannheim.
                              
                           Gegenüber der vorigen Bauart fällt an dieser Achse die bessere Aufnahme des
                              									Vertikaldruckes durch ein geschütztes Stützkugellager, die lange Führung des
                              									Drehzapfens, die sorgfältige Festlegung des Mittelbolzens in der Gabel (konische
                              									Flächen) und der geringe Drehradius auf; letzterer ist auch hier dadurch erreicht,
                              									dass das innere Laufkugellager nahezu in der Radmitte liegt. Der Achszapfen ist in
                              									die Drehhülse besonders mittels eines Konus eingesetzt, die Nabe verjüngt sich nach aussen. Die
                              									Lenkhebelanordnung ist wenig geschickt.
                           Fig. 16, Omnibusvorderachse
                                 										der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft, Berlin:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 567
                              Fig. 16. Vorderachse eines Omnibus. Achsbelastung 1500 kg. Allgemeine
                                 										Elektrizitätsgesellschaft, Berlin; Schnitt B–C; Schnitt D–E.
                              
                           Besonders fällt die für Londoner Omnibusse benutzte Achse durch die sorgfältige
                              									Lagerung des senkrechten Zapfens auf. Das Wagengewicht verteilt sich auf die obere
                              									und untere Gabelhälfte und wird oben in der Ringfläche R, unten in einem Kammlager aufgenommen. Dieses ist zweiteilig und wird
                              									nach Aufbringung auf den Kammzapfen von unten her unter ständigem Anheben des
                              									Achsstummels in das Gabelgewinde eingeschraubt. Eine Klemmschraube S spannt das aufgeschlitzte Gabelauge. Die Schmierung
                              									beider Lager erfolgt in der Zapfenmitte, oben und unten getrennt, unter Zuhilfenahme
                              									entsprechender Kanäle. Die Lenkhebel sind mit dem Ansatz A verschraubt:
                           
                        
                           3. Vertreter der Anordnung C in Fig. 10:
                           Fig. 17; Personenwagenvorderachse der Nürnberger Motorfahrzeuge-Fabrik
                                 
                                 										„Union“:
                           Die Gabel liegt in der Stummelachse, wodurch das für Aufnahme der Lenkhebel bestimmte
                              									Auge A die günstige Lage unterhalb der Achse erhält, so
                              									dass die Hebelkröpfungen gemindert werden. Das Rohschmiedestück der Achse wird
                              									dabei sehr vereinfacht, die Bearbeitung der Zapfen Z
                              									führt dagegen eine Erschwerung der Herstellung herbei. Sehr primitiv ist die
                              									Stützung des Drehzapfens. Der Abbau erfolgt durch Entfernung der Büchse und durch
                              									Kanten des Rades.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 567
                              Fig. 17. Vorderachse für einen Aerztewagen. Achsbelastung etwa 335 kg.
                                 										Nürnberger Motorfahrzeugefabrik „Union“.
                              
                           Vollkommener ist die Lagerung des Achsstummels in Fig.
                                 										18; Personenwagenvorderachse von Eggebrecht &
                                 										Schumann, Berlin, durchgeführt, insofern durch Ausbüchsung für einfachere
                              									Auswechselbarkeit abgenutzter Teile gesorgt ist. Die Figur zeigt im Grundriss einen
                              									besonderen, noch nicht erwähnten Vorzug der Bauart C in
                              										Fig. 10, nämlich die einfache Hubbegrenzung des
                              									Radausschlages, welche sich aus dem Anschlag der Kanten K an die Achse ergibt. Durch Befeilen dieser Kanten ist bei der Montage
                              									eine leichte Einstellung des Hubes möglich.
                           Fig. 19: Personenwagenvorderachse der Berliner Motorwagen-Fabrik,
                                 									Reinickendorf:
                           Der herausnehmbare Zapfen Z vermittelt die Führung und
                              									den Abbau. Dadurch wird das Rohschmiedestück in der Herstellung und Bearbeitung
                              									vereinfacht. Der Abstand der Drehzapfen erscheint etwas gering.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 567
                              Fig. 18. Vorderachse eines 14–18 PS-Tourenwagens Berliner Wagenachsenfabrik
                                 										Eggebrecht & Schumann, Berlin-Pankow.
                              
                           
                           Fig. 20: Personenwagenvorderachse
                                 										der Berliner Motorwagen-Fabrik, Reinickendorf:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 568
                              Fig. 19. Vorderachse für eine Droschke, Achsbelastung 550 kg. Berliner
                                 										Motorwagenfabrik, Reinickendorf.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 568
                              Fig. 20. Vorderachse für kleinen Zweisitzer. Berliner Motorwagenfabrik,
                                 										Reinickendorf.
                              
                           Die eigenartige, für kleine Zweisitzer bestimmte Achse setzt sich aus zwei,
                              
                              									durch Niete verbundenen ∪-förmigen Blechen zusammen, welche an ihren Enden durch
                              									entsprechende Biegung Hohlzylinder zur Aufnahme der Lenkzapfen bilden. Randscheiben
                              
                              										A fassen die Hälften dieser Hohlzylinder zusammen.
                              									Die Federteller B sind gleichfalls zweiteilig und
                              									besonders aufgenietet. Der wenig versteifte Uebergang der Achse in die Endzylinder
                              									dürfte die Schwäche der Konstruktion bilden, welche infolgedessen für grössere
                              									Fahrtgeschwindigkeiten schwerlich verwendet werden kann. Ausserordentlich geschickt
                              									ist bei der Minderung des Drehradius verfahren. Die Achszapfen C sind in die Lenkschenkel D und E eingesetzt und letztere so geformt,
                              
                              									dass der die obere und untere Führung verbindende Steg F nicht zwischen Rad und Drehzapfen, sondern – von vorn gesehen – vor dem
                              									letzteren liegt und so nicht zur Vermehrung des Drehradius beiträgt. Die
                              									Lenkschenkel sind mit eingepressten Büchsen aus Phosphorbronze versehen, deren obere
                              									sich um den Bolzen G und deren untere sich um die
                              									Büchse H dreht. Die Schmierung erfolgt von oben her;
                              									durch angefeilte Flächen wird dem Oel ein Weg zum unteren Lager eröffnet. Die Achse
                              									ist sehr vielteilig.
                           
                        
                           
                           
                           4. Vertreter der Anordnung D in Fig. 10:
                           Fig. 21: Personenwagenvorderachse von Eggebrecht & Schumann, Berlin:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 569
                              Fig. 21. Vorderachse eines Tourenwagens, Achsbelastung 700 kg. Berliner
                                 										Wagenachsenfabrik, Eggebrecht & Schumann, Berlin-Pankow; Schnitt A–B;
                                 										Schnitt C–D.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 569
                              Fig. 22. Vorderachse eines Londoner Omnibus. Achsbelastung 2500 kg. Berliner
                                 										Wagenachsenfabrik Eggebrecht & Schumann, Berlin-Pankow.
                              
                           Die Bauart ermöglicht die Aufnahme des Wagengewichtes an zwei Stellen, während bei
                              									allen bisherigen Achsen nur ein Ort dafür zur Verfügung stand, sofern nicht zu
                              
                              									ungewöhnlichen Mitteln (Kammzapfen) gegriffen wurde. Die Druckübertragung geschieht
                              									dabei durch zwei Kugeln K; die obere legt sich gegen
                              									den eingesetzten Zapfen Z, die untere gegen das
                              
                              									Passtück P, welches nach Belieben angezogen werden kann
                              									und gesichert ist. Der Auseinanderbau geschieht durch Herausnahme des mit dem
                              									Lenkstück verschraubten Teiles T, also durch Lösen
                              									einer einzigen Schraube. Der Drehradius ist durch tiefen Einbau der Nabe in den
                              									Achsstummel nach Möglichkeit beschränkt worden. Wie die Achsen nach Fig. 10, C, so gewährt
                              									auch die vorliegende Form ohne weiteres den Vorteil, dass der Ausschlag des Rades
                              									durch Kantenanschlag (vergl. Fig. 18, K) begrenzt wird, und dass die Lenkhebel durch
                              									Einsetzen in. den unter der Achse liegenden Nocken N
                              									einfache Formen erhalten. Die Schmierung erfolgt durch zwei Staufferbüchsen seit lieh von aussen her; beide Schmierstellen halten in
                              									anbetracht ihrer Konstruktion das Fett gut und liegen gegen Staub gesichert.
                           Die Eggebrecht & Schumann-Achse ist eine der
                              									geschicktesten Bauarten und findet auch da Anwendung, wo man ihre Vorzüge nicht
                              
                              									sämtlich ausnutzen kann.
                           Fig. 22 zeigt beispielsweise eine ihrer Abarten, bei
                              									welcher die Lenkhebel in die oben liegenden Löcher L
                              
                              									eingesetzt werden und deshalb eine verwickeltere Formung erhalten.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)