| Titel: | Die Wärmekraftmaschinen der Jubiläums-Landesausstellung in Nürnberg 1906. | 
| Autor: | H. Meuth | 
| Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 577 | 
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                        Die Wärmekraftmaschinen der
                           								Jubiläums-Landesausstellung in Nürnberg 1906.
                        Von Dr.-Ing. H. Meuth,
                           								Karlsruhe.
                        Die Wärmekraftmaschinen der Jubiläums-Landesausstellung in Nürnberg
                           								1906.
                        
                     
                        
                           
                           
                              Hauptbericht.
                              
                           In dem folgenden Bericht sollen zunächst bemerkenswerte Neuerungen an den
                              									ausgestellten Kolbendampfmaschinen besprochen werden; daran wird sich die
                              									Besprechung der Dampfturbinen, der Ueberhitzer an Lokomobilen und Lokomotiven und
                              									der in Betrieb befindlichen Kessel, und weiterhin der ausgestellten Gas- und
                              									Oelmaschinen schliessen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 577
                              Fig. 1.
                              
                           Fig. 1 zeigt einen Blick in die mächtige
                              									Maschinenhalle, deren Entwurf und Ausführung von dem Werk Nürnberg der Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg und Maschinenbaugesellschaft Nürnberg stammt. Von den
                              									ausgestellten Wärmekraftmaschinen bemerken wir im Vordergrunde links zunächst die
                              									grosse Gasmaschine, daneben die 700 PS-Dampfturbine und neben dieser den 500
                              									PS-Dieselmotor des Nürnberg-Augsburger Werkes; auf der rechten Seite vorn, etwas
                              									verdeckt, die grosse Maschine von Rockstroh und weiter
                              									dahinter die 1300 PS-Sulzer-Dampfturbine.
                           
                        
                           
                              Die Kolbendampfmaschinen.
                              
                           1. Liegende Tandemverbundmaschine mit Ventilsteuerung der
                                 										Maschinenfabrik Augsburg. Die Maschine, die mit 260 bezw. 400 mm
                              									Zylinderdurchmesser und 650 mm Hub bei 150 Umdrehungen i. d. Minute normal 100 PSe leistet und mit einer Drehstromdynamo direkt
                              									gekuppelt ist, gleicht in ihrer Bauart und in der Anordnung ihrer Steuerung ziemlich
                              									der von Carels frères auf der Weltausstellung in
                              									Lüttich ausgestellten 600 PSe-Maschine, über die in
                              									D. p. J. Heft 39 Bd. 320 berichtet ist. Bei der sehr viel
                              									kleineren Augsburger Maschine ist unter anderm auf eine hintere Führung der
                              									Kolbenstange verzichtet; der Antrieb der Steuerung erfolgt hier durch unrunde
                              									Scheiben; auch greifen die Ventilhebel direkt an der Spindel an ohne Uebertragung
                              									der Bewegung durch Wälzhebel. Die Ruhe des Ganges dieser raschlaufenden
                              									Ventilmaschine, ihre schönen Formen und die vollendete Ausführung aller Teile
                              									verdient besonders hervorgehoben zu werden.
                           2. Die Maschinen- und Bronzewarenfabrik von L. A. Riedinger
                                 										in Augsburg hat ebenfalls eine liegende Ventildampfmaschine in Tandembauart
                              									ausgestellt, welche in gleicher Weise wie die unter 1. beschriebene Maschine mit
                              									Einspritzkondensation arbeitet. Der Hochdruckzylinder hat 460, der
                              									Niederdruckzylinder 710 mm Durchmesser, der Hub beträgt 1000 mm. Bei 10 at
                              									Kesseldruck leistet die Maschine normal 425 PSe. Sie
                              									ist mit einer Gleichstromdynamo für 125 Umdrehungen i. d. Minute direkt gekuppelt
                              									und dient zum Betriebe der elektrischen Ausstellungsrundbahn, ferner für Beleuchtung
                              									und Motorenbetrieb. Die für ihre Grösse verhältnismässig raschlaufende Maschine
                              									zeigt in vieler Hinsicht beachtenswerte Einzelheiten. Es sind z.B. die Ventile in
                              									den Zylinderdeckeln untergebracht und dadurch ist nicht bloss eine Einschränkung des
                              									schädlichen Raumes und der Abkühlungsflächen, sondern auch eine sehr einfache
                              									Dampfführung erreicht. Wie aus Fig. 2, welche die
                              									Maschine im Längsschnitt darstellt, ersehen werden kann, zerfällt jeder Zylinder bei
                              									der gewählten Ventilanordnung in drei einfache Gusstücke. Durch die einfache
                              									Formgebung dieser Teile wird dem Einflüsse hoher Dampftemperaturen bei Verwendung
                              									überhitzten Dampfes wirksam begegnet. Freilich tritt bei dieser Anordnung ein recht
                              									bedenklicher Nachteil auf, da die Kolben
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 578
                              Fig. 2. Ventildampfmaschine von Riedinger.
                              
                           
                           
                           
                           
                           
                           nicht wie z.B. bei der Maschine der Maschinenfabrik Augsburg nach Entfernung der
                              									hinteren Deckel und Lösen der Kolbenstange auf einfache Weise herausgenommen werden
                              
                              									können. Um zu dem Niederdruckkolben zu gelangen, muss erst das Zwischenstück
                              									entfernt werden, das zu diesem Zwecke zweiteilig mit symmetrisch zur senkrechten
                              									Maschinenachse angeordneten Fenstern ausgeführt und dessen Flansch am
                              									Niederdruckzylinder nach einem stumpfen Kegel abgedreht ist. Das Zwischenstück kann
                              									somit ohne Verschiebung der Zylinder leicht entfernt und der hintere Deckel des
                              									Niederdruckzylinders wie beim Hochdruckzylinder nach Lösung eines Gelenkes des
                              									Steuergestänges abgenommen werden. Dem Nachteil der erschwerten Zugänglichkeit der
                              									Kolben war man durch besonders sorgfältige konstruktive Ausbildung derselben
                              									abzuhelfen bestrebt. Die Kolben sind zur Einschränkung des Auflagerdruckes auf die
                              									Zylinderwand sehr breit ausgeführt. Der Hochdruckkolben besitzt vier, der
                              									Niederdruckkolben fünf selbstspannende Dichtungsringe. Die Kolben sind hinter den
                              									Ringen mit ½ mm exzentrisch abgedreht. Beide Zylinder besitzen mit dem innern
                              									Laufzylinder zusammengegossene Mäntel.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 579
                              Fig. 3. Recke-Steuerung zur Ventildampfmaschine von Riedinger.
                              
                           Die Füllung des Hochdruckzylinders wird durch eine Recke-Steuerung in einer neuen abgeänderten Ausführung beeinflusst. Aus Fig. 3 ist die Anordnung und Wirkungsweise derselben
                              									ersichtlich. Von einem Punkt des Auslassexzenters wird eine Schwinge bewegt und von
                              									dieser die Bewegung der Steuerstange abgeleitet und durch Einschaltung von
                              									Wälzhebeln auf die Ventilspindeln übertragen. Die Auslassteuerung besitzt ebenfalls
                              									Wälzhebel. Die Veränderung der Füllung erfolgt durch Heben oder Senken der Schwinge.
                              									Die Rückwirkung der Steuerung auf i den Regulator ist durch Einschaltung eines
                              									selbstsperrenden Schraubengetriebes aufgehoben; es ist die bekannte indirekt
                              									wirkende Regulierung verbunden mit Stellhemmung. Aus Fig.
                                 										2 ist ersichtlich, dass die Hülsenbewegung dazu benutzt wird, die
                              									konischen Reibungsräder eines auf der Regulatorspindel sitzenden Wendegetriebes
                              									miteinander in Eingriff zu bringen. Je nachdem dadurch die oberen oder unteren
                              
                              									Reibungsräder in Berührung kommen, wird die Drehung der Regulatorspindel mittels
                              									Kegelräder in dem einen oder andern Drehsinn auf eine Schraubenspindel übertragen,
                              									durch deren Auf- oder Abwärtsbewegung in einer festen Mutter die Regulierwelle
                              									verdreht und damit die Steuerung verstellt wird. Aus der Figur ist weiterhin
                              									ersichtlich, wie eine Bewegung der Schraubenspindel den Eingriff der konischen Räder
                              									wieder aufhebt, so dass die Regulierwelle nicht weiter verdreht wird. Der Vorgang
                              									wiederholt sich so oft, bis die richtige Stellung der Steuerung erreicht ist. Ein
                              									Ueberregulieren findet nicht statt. Der Niederdruckzylinder wird durch unrunde
                              									Scheiben und ohne Zwischenschaltung von Wälzhebeln gesteuert. Die Auslassnocken
                              									können im Betriebe umgestellt werden zur Veränderung der Kompression, um die
                              									Maschine gegebenenfalls auch mit Auspuff arbeiten lassen zu können. Die Steuerwelle
                              									ist durch die Einschaltung eines Stirnräderpaares der Zylinderachse etwas näher
                              									gerückt worden. Es hätte aber auch ohne erheblichen Nachteil das Kegelrad auf der
                              									Kurbelwelle näher an das Lager und damit die Steuerwelle näher an die Zylinderachse
                              									gerückt werden können.
                           Eine Besonderheit zeigen die Steuerventile beider Zylinder insofern, als die
                              									Verbindungsrippen zwischen Nabe und dem äusseren rohrförmigen Teil nicht mit
                              									letzterem zusammengegossen, sondern als zwei besondere Armkreuze ausgebildet sind.
                              									Dadurch wird ein Verziehen des Ventilkörpers und die infolge davon auftretende
                              									Undichtheit bei den schwankenden Temperaturen des Heissdampfbetriebes
                              									verhindert.
                           Die vom Kurbelzapfen angetriebene Kondensator-Luftpumpe ist in ihren Einzelheiten aus
                              
                              										Fig. 2 ersichtlich. Sie hat einen Durchmesser
                              									des Ventilkolbens von 550 mm und einen Hub von 130 mm.
                           Die Maschine ist in allen ihren Teilen kräftig gehalten und arbeitet trotz der hohen
                              									Geschwindigkeiten (4,16 m/Sek mittlere und 6,5 m/Sek grösste Kolbengeschwindigkeit)
                              									durchaus sicher und ruhig, auch bei den erheblichen Belastungsschwankungen des
                              									Bahnbetriebes.
                           3. Die Maschinenfabrik Scharrer & Gross in Nürnberg
                              									hat zwei Dampfmaschinen ausgestellt, eine Tandemverbund-Ventilmaschine von 165 PSi, und eine schnelllaufende
                              									Einzylinder-Schiebermaschine von 60 PSi. Beide
                              									arbeiten mit Heissdampf als Auspuffmaschinen und sind mit Gleichstromdynamos,
                              									erstere mittels Riemen, letztere direkt gekuppelt. Die liegende Ventilmaschine hat
                              									300 bezw. 500 mm Zylinderdurchmesser und 500 mm Hub; sie läuft normal mit 140
                              									Umdrehungen i. d. Minute. Bei der Konstruktion der Zylinder, besonders des
                              									Hochdruckzylinders ist sehr sorgfältig auf die Wirkung des Heissdampfes geachtet.
                              										Fig. 4, welche die Maschine im Längsschnitt
                              									darstellt, lässt erkennen, dass der Hochdruckzylinder aus drei Teilen besteht; an
                              									der Laufbüchse, einem vollkommenen Rotationskörper mit zwei Flanschen, sind die
                              									Ventilgehäuse für die beiden Zylinderseiten aufgeschliffen und mit Schrauben
                              									befestigt. Die Lagerböcke für die Steuerwelle sind an den Ventilgehäusen
                              									angeschraubt. Die Zylinder selbst besitzen keine Füsse; die Stützung erfolgt am
                              
                              									Zwischenstück und am hinteren Blenddeckel des Hochdruckzylinders. Mäntel haben die
                              									Zylinder nicht; Deckel und Zylinder sind mit Isoliermasse umkleidet. Durch die
                              									sorgfältige Ausbildung der Zylinder ist eine unbehinderte und gleichmässige
                              									Ausdehnung der Maschine gewährleistet.
                           Der Fundamentrahmen mit Rundführung liegt auf seiner ganzen Länge auf. Es wird vielfach des
                              									leichteren Aussehens wegen dem freien Balkenrahmen (wie bei den unter 1. und 2.
                              									beschriebenen Maschinen) der Vorzug gegeben. Bei richtiger Durchbildung wie bei der
                              									vorliegenden Maschine kann indessen auch dem ganz aufliegenden Rahmen eine leichte
                              									und gefällige Form gegeben werden, der eine höhere Sicherheit bietet, leichter
                           herzustellen ist und nicht wesentlich schwerer ausfällt als der Balkenrahmen.
                              									Sämtliche Teile des Triebwerks zeigen eine sehr zweckmässige Konstruktion. Die
                              									Kolben sind einfache Hohlgusskörper mit sehr breiten Laufflächen und 3
                              									selbstspannenden Ringen; sie können nach hinten bezw. durch die symmetrisch
                              									angeordneten Fenster des Zwischenstücks (Fig. 5)
                              									herausgenommen werden. Kurbellager und Aussenlager sind mit Ringschmierung versehen.
                              									Die Kreuzkopfschuhe sind mit Weissmetall ausgegossen. Die Zylinder und Stopfbüchsen
                              									mit Metallpackung werden besonders geschmiert durch Einführung von Oel unter
                              									Druck.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 580
                              Fig. 4. Längsschnitt durch die Tandem-Ventilmaschine von Scharres &
                                 										Gross.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 580
                              Fig. 5. Schnitt durch das Zwischenstück.
                              
                           Die Steuerung der Maschine für den Einlass beider Zylinder ist eine einfache
                              									Ausklinksteuerung (s. Fig. 6 u. 7) (im Prinzip mit einer der alten Corliss-Steuerungen identisch); die Klinke besitzt
                              									einen hornförmigen Fortsatz, welche an einen Knacken anstösst, je nach dessen
                              
                              									Stellung die Klinke früher oder später abschnappt. Die Stellung des drehbar
                              									angeordneten Knackens ist vom Regulator abhängig, dessen Verstellungsarbeit
                              									ausserordentlich gering ist. Es ist beachtenswert, dass auch die Füllung des
                              									Niederdruckzylinders unter die Einwirkung des Regulators gestellt ist; das ist auf
                              									einfache Weise dadurch erreicht, dass die Regulierwelle auch bis zum
                              									Niederdruckzylinder durchgeführt ist, der die gleiche Ausklinksteuerung wie der
                              									Hochdruckzylinder besitzt. Der Antrieb der Ein- und Auslassteuerungen beider
                              									Zylinder erfolgt durch Exzenter; die Uebertragung der Exzenterbewegung auf die
                              									Auslassventile wird durch Rolldaumen betätigt.
                           Ein sorgfältig konstruierter Oelpuffer sichert ein sanftes Auftreffen der
                              									Einlass-Ventile auf ihren Sitz. Die Ventile sind so ausgebildet, dass die
                              									Pufferwirkung erst nach erfolgtem Abschluss eintritt und die dadurch
                              									herbeigeführte Verzögerung in der Ventilbewegung die Genauigkeit des Abschlusses
                              									nicht mehr beeinträchtigt.
                           Die von Scharrer & Gross noch ausgestellte liegende
                              									schnellaufende Einzylinder-Schiebermaschine bietet in mehrfacher Hinsicht
                              									Interessantes. Die Maschine macht 250 Umdrehungen in der Minute und ist mit einer
                              									Dynamomaschine unmittelbar gekuppelt. Zur tunlichsten Einschränkung des schädlichen
                              									Raumes und seiner abkühlenden Flächen ist das Steuerorgan vierfach geteilt; für jede
                              
                              									Seite ist zum Ein- und Auslassen des Dampfes je ein besonderer Kolbenschieber in der
                              									aus Fig. 8
                              									und 9 er
                              
                              									sichtlichen Weise angeordnet. Die Schieber geben dem Dampf einen dreifachen
                              
                              									Durchgangsquerschnitt am Umfang der eingesetzten Büchsen, in welche ringsumlaufende
                              
                              									Schlitze eingefräst sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 580
                              Fig. 6. Vertikalschnitt durch den Hochdruckzylinder.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 580
                              Fig. 7. Vertikalschnitt durch den Niederdruckzylinder.
                              
                           Kolben- und Schieberstangen werden in langen Metallstopfbüchsen geführt und
                              									gedichtet. Der Antrieb der Schieber erfolgt durch Exzenter, welche auf beiden Seiten
                              									ausserhalb der Lager auf der Welle sitzen und mittels Hebel und Gelenkstücke (Fig. 10)
                              									ihre Bewegung auf die Schieberstangen übertragen, ohne dass letztere noch besonders
                              
                              									geführt werden. Das Exzenter zur Betätigung der Einlassteuerung wird durch einen auf
                              									der Welle sitzenden Flachregler derart verstellt, dass gleichzeitig Voreilwinkel und Exzentrizität
                              									geändert werden; dabei wird unter annähernd gleichbleibendem linearen Voröffnen die
                              
                              									Füllung innerhalb weiter Grenzen geändert. Die Steuerungsphasen des Auslasses
                              									bleiben ungeändert. Diese Art Schiebersteuerung gewährt genauen Abschluss und
                              									günstige Dampfverteilung bei kleineren Steuerungsabmessungen wie bei
                              									Doppelschiebersteuerungen, ohne deren Nachteile bei hoch überhitztem Dampf oder der
                              									grossen schädlichen Räume des Zweikammersystems zu besitzen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 581
                              Fig. 8 und 9. Kolbenschieber zur Einzylinder-Schiebermaschine von Scharrer
                                 										& Gross.
                              
                           Der Rahmen der Maschine (Fig. 11) ist als ganz
                              									aufliegender Gabelrahmen ausgebildet, die Welle ist demgemäss gekröpft. Der Zylinder
                              									ist fliegend an den Flansch der Führung angeschraubt. Der Kreuzkopf wird einseitig
                              									und bemerkenswerter Weise in einer zylindrischen Gleitbahn geführt. Eine solche ist
                              									offenbar leichter und bei Verwendung einer starken Bohrspindel auch sehr genau
                              									auszuführen. Beachtenswert ist auch die die gelenkartige Lagerung des
                              
                              									Kreuzkopfkörpers in einer entsprechenden Aussparung im Gleitschuh, so dass etwaige
                              									Verbiegungen der Kolbenstange kein Klemmen der Gleitschuhe in der Führung
                              									hervorrufen können. Das Abheben des Kreuzkopfes von dem Gleitschuh beim Druckwechsel
                              
                              									infolge der Kompression soll ein durchgesteckter Bolzen verhindern. Der Gleitschuh
                              									selbst wird in der üblichen Weise durch übergreifende Schienen am Abheben
                              									verhindert. Die Schmierung erfolgt in ausgiebiger Weise von einem auf dem Rahmen
                              									stehenden Oelbehälter, von dem aus das Oel zur Führung, zum Kreuzkopfzapfen und zur
                              									Stopfbüchse geleitet wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 581
                              Fig. 10 und 11. Rahmen zur Einzylinder-Schiebermaschine von Scharrer &
                                 										Gross.
                              
                           Zur Sicherung eines ruhigen Ganges dieser schnelllaufenden Maschine sind die
                              									rotierenden Massen und zum Teil auch die hin- und hergehenden durch gusseiserne
                              
                              									Gegengewichte, welche mit den Schenkeln der Wellenkröpfung verschraubt sind,
                              									ausgeglichen. Es besteht in Bayern vielfach eine merkwürdige Abneigung gegen
                              									stehende Maschinen, so dass sich die Dampfmaschinenfirmen auch für sehr hohe
                              									Umlaufzahlen zum Bau liegender Maschinen entschliessen müssen.
                           4. Die Maschinenfabrik von Rockstroh in
                                 										Marktredwitz hat eine liegende Tandem-Ventilmaschine von 600 PSi ausgestellt, welche eine Gleichstromdynamo für 220
                              									Volt und 1500 Amp. antreibt; der Rest der Leistung wird durch eine als Schwungrad
                              									ausgebildete Seilscheibe auf eine Wellenleitung übertragen. Die Maschine, welche 110
                              
                              									Umdrehungen in der Minute macht, hat einen Hochdruckzylinder von 465, einen
                              									Niederdruckzylinder von 700 mm Durchmesser und einen Hub von 1100 mm.
                           Die Kolbenstange ist nicht bloss durch eine Führung im Zwischenstück, sondern
                              									ausserdem noch durch eine solche zwischen Kreuzkopf und Niederdruckzylinder
                              									unterstützt; beide Unterstützungen können infolge ihrer Lagerung in Zapfen den
                              									Verbiegungen der Kolbenstange folgen und sind ausserdem vertikal nachstellbar.
                              									Bemerkenswert ist ferner die Ausbildung der Stopfbüchsen. In den Zylinderdeckel ist
                              									ein zur Kolbenstange konzentrischer Ring eingesetzt, der quer zu ihrer
                              									Bewegungsrichtung verschiebbar ist. Gegen die kugelige Ausdrehung dieses Ringes wird
                              									die Stopfbüchsenbrille durch Federn gepresst. Diese Einrichtung kann zugleich als
                              									Sicherheitsventil gegen Wasserschlag wirken.
                           Die Füllung des Hochdruckzylinders wird durch eine ausklinkende Steuerung, Patent Rockstroh, beeinflusst. Ihre Wirkungsweise ist aus Fig. 12, welche einen Querschnitt durch den für
                              									Heissdampf ausgebildeten Hochdruckzylinder darstellt, zu ersehen. Das obere Ende der
                              									Steuerstange AB, welche durch die unrunde Scheibe auf
                              									der Steuerwelle unter Zwischenschaltung des doppelarmigen Hebels ACD ihre Bewegung erhält, schwingt um Zapfen F, mit dem es durch den federnden Arm FB verbunden ist. Die am Kopf der Steuerstange drehbar
                              									aufgehängte Klinke wird durch den Regulator verstellt und dadurch das frühere oder
                              
                              									spätere Abschnappen des Ventilhebels herbeigeführt. Der Auslass des
                              
                              									Hochdruckzylinders sowie Ein- und Aus-lass des Niederdruckzylinders sind in
                              									gewöhnlicher Weise durch unrunde Scheiben gesteuert.
                           5. Die Maschinenfabrik von I. W. Earnshaw & Co.
                              									in Nürnberg hat ebenfalls eine liegende
                              									Tandem-Ventilmaschine von 160 PSi ausgestellt,
                              									welche für Heissdampf gebaut ist. Ihre Konstruktion stimmt im wesentlichen mit der
                              
                              									von Scharrer & Gross ausgestellten Ventilmaschine
                              
                              									überein.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 582
                              Fig. 12. Rockstroh-Steuerung; R zum Regulator.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 582
                              Fig. 13 u. 14. Schnelläufende Dampfmaschine von Gebr. Sulzer.
                              
                           6. Gebrüder Sulzer in Winterthur und Ludwigshafen a. Rh.
                              									haben einen stehenden Schnelläufer von 300 Touren in der Minute ausgestellt, der
                              									durch seinen ausserordentlich ruhigen Gang das Interesse und die Bewunderung der
                              									Fachleute erweckt. Die Maschine, mit zweistufiger Expansion arbeitend, leistet
                              									normal 100 PSe; die Leistung kann auf 135 PSe gesteigert und dauernd auf dieser Höhe erhalten
                              									werden. Die Maschine ist vollständig eingekapselt; dadurch ist es möglich
                              									Pressschmierung anzuwenden. Durch eine kleine Pumpe innerhalb des Gehäuses wird das
                              
                              									Drucköl unter 1½ bis 2 at in die Kurbellager, Kreuzkopfführungen sowie zu allen
                              									Zapfen des Haupt- und Steuerungs-Triebwerks geleitet. Die Oelschicht, die hierbei
                              									zwischen den Berührungs-Flächen der bewegten Teile immer vorhanden ist, sichert der
                              									Maschine den ausserordentlich leichten und geräuschlosen Gang. Das gebrauchte Oel
                              									fliesst immer wieder in den unteren Raum des Gestelles zurück; ein Zusatz frischen
                              									Oeles ist erst nach längerer Zeit erforderlich. Da Verunreinigung des Oels von
                              									aussen her nicht möglich ist, ist auch eine Reinigung desselben nicht notwendig.
                           Fig. 13 u.
                              										14
                              									zeigen einen Längs- und Querschnitt durch die Maschine. Der Durchmesser des
                              									Hochdruckzylinders beträgt 250 mm, derjenige des Niederdruckzylinders 400 mm,
                              									der Hub 250 mm. Zwischen Rahmen und Zylinder sind kurze offene Zwischenstücke
                              									eingebaut, an welche auch die Führungsschienen für den Kreuzkopf angegossen sind.
                              									Nach unten sind die Laternen geschlossen, damit kein Tropfwasser in den unteren Teil
                              									der Maschine eindringen kann; durch die seitlichen Oeffnungen sind die Stopfbüchsen
                              									zugänglich gemacht. Die Kurbeln sind nicht unter 90°, sondern unter 135° versetzt,
                              									um die Vorteile der Massenausgleichung mit einem günstigen Verlauf des Drehmomentes
                              									zu vereinen. Die Niederdruckkurbel eilt vor. Die Steuerung erfolgt bei beiden
                              									Zylindern durch einfache Kolbenschieber. Der Schieber des Hochdruckzylinders steht
                              
                              									unter dem Einfluss eines sehr empfindlichen Achsenregulators mit Beharrungsmasse,
                              									welcher die Füllung innerhalb 0 und 60 v. H. verändert und durch eine besondere
                              									Einrichtung während des Ganges für verschiedene Umdrehungszahlen der Maschine
                              									eingestellt werden kann.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)