| Titel: | Neuerungen im Bau von Transportanlagen in Deutschland. | 
| Autor: | Georg v. Hanffstengel | 
| Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 625 | 
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                        Neuerungen im Bau von Transportanlagen in
                           								Deutschland.
                        Von Georg v.
                                 									Hanffstengel, Dipl.-Ing., Stuttgart.
                        (Fortsetzung von S. 611 d. Bd.)
                        Neuerungen im Bau von Transportanlagen in Deutschland.
                        
                     
                        
                           
                           
                              E. Krane.
                              
                           Bei Hochbahnkranen für die Beschüttung von Lagerplätzen wird neuerdings fast durchweg
                              									die Winde in die Laufkatze eingebaut, weil diese Anordnung einen so sicheren und
                              									übersichtlichen Betrieb ergibt, dass der Nachteil der Mehrbelastung der
                              									Brückenträger dadurch reichlich aufgewogen wird. Statt einer einfachen Laufkatze
                              									kommt häufig auch ein Drehkran zur Anwendung. Die erreichbare Leistung pflegt 40–60
                              									t in der Stunde zu betragen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 625
                              Fig. 86. Lokomotivbekohlungskran der Guilleaumewerke auf Bahnhof
                                 										Mannheim.
                              
                           Besonderes Interesse bieten die Bestrebungen, derartige Krane zum Bekohlen von
                              									Lokomotiven zu benutzen, da hier zu dem Transport an sich noch das Verwiegen
                              									der in den Tender verladenen Kohlen kommt. Die mit maschinellen Einrichtungen
                              									erreichbaren Vorteile sind Ersparnis an Arbeitskräften, schnellere Abfertigung der
                              									Lokomotiven und genauere Feststellung der abgegebenen Kohlenmenge. Bekannt sind die
                              									nach amerikanischen Vorbildern von J. Pohlig mehrfach
                              									ausgeführten Hochbehälter mit Becherwerkbeschickung, aus denen die Kohle durch
                              									Messtrommeln in den Tender abgelassen wird. Da solche Anlagen zwar den Zweck einer
                              									Beschleunigung des Betriebes erfüllen, sich aber wegen der hohen Anlagekosten nur
                              									auf den grössten Bahnhöfen rentieren, so sind jetzt Greiferkrane mit Wägevorrichtung
                              									in Aufnahme gekommen. Die Genauigkeit der Wägung scheint hinzureichen, obwohl in der Regel das auf
                              									der Wage lastende tote Gewicht das der Kohle im Greifer um ein vielfaches
                              									übertrifft.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 626
                              Fig. 87 Lokomotivbekohlungskran der Guilleaumewerke auf Bahnhof Wahren.
                              
                           Die erste Anlage dieser Art ist auf dem Mannheimer Bahnhofe seit einigen Jahren im
                              										Betriebe.Guilleaumewerke, Neustadt a. d. Haardt, Patent
                                    											von Correll. Vergl. Organ für die Fortschritte
                                    											des Eisenbahnwesens, 1903, Seite 113. Nach Fig. 86 wird das langgestreckte rechteckige
                              									Kohlenlager von einem Bockkran überspannt, auf dem eine Katze mit Greifer läuft,
                              									deren Winde unmittelbar auf einer Wage steht. Das Gewicht von Winde und Greifer ist
                              									ausgeglichen, so dass an dem aussen angebrachten Zifferblatt das Gewicht der Füllung
                              									unmittelbar abzulesen ist. Die Wägung kann an beliebiger Stelle, auch während der
                              									Fahrt, mittels eines im Führerkorbe angebrachten Handgriffes erfolgen. Der Kran
                              									soll, wenn möglich, von den Eisenbahnwagen direkt in den Tender überladen, so dass
                              									der Lagerplatz nur aushilfsweise in Anspruch genommen wird. Bedienung ist
                              									bedeutend mehr erforderlich, als bei Hochbehälteranlagen, da zwei Mann nötig sind,
                              									um den Greifer in den Wagen zu setzen und die Reste nachzuschaufeln, und ausserdem
                              
                              									das Bekohlen der Tenderlokomotiven von Hand geschehen muss. Das Verladen von
                              									Kohlenziegeln ist etwas umständlich, weil der Kran jedesmal nach dem betreffenden
                              									Waggon hinfahren muss, auch die Ziegel im Wagen aufgehäuft werden müssen. Ausserdem
                              									ist die Füllung des Greifers dabei nur 0,8 bis 1 t gegen 1 bis 1,3 t bei
                              									Kohlenverladung, so dass sich der Stromverbrauch höher stellt.
                           Mehrere später erstellte Anlagen weichen von dieser insofern ab, als behufs
                              									Feststellung des Gewichtes die ganze Laufkatze auf eine zwischen den Brückenträgern
                              									fest eingebaute Wage auffahren muss. Der Genauigkeitsgrad dürfte sich hier wegen des
                              									grossen Gewichtes der Katze ungünstiger stellen, auch ist nachteilig, dass nur an
                              
                              
                              									einer Stelle gewogen werden kann und die Katze hier stillstehen muss.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 626
                              Fig. 88. Lokomotivbekohlungskran der Maschinenbauanstalt Humboldt.
                              
                           Fig. 87 gibt die Skizze eines von den Guilleaumewerken für den Güterbahnhof Wahren bei
                              									Leipzig ausgeführten Kranes,Organ für die
                                    											Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1906, Seite 55. bei dem die
                              									Wage über dem Zufuhrgleise eingebaut ist und vom Führerstande aus in Tätigkeit
                              									gesetzt werden kann. Einen sehr zweckmässigen Bestandteil dieser Anlage bilden zwei
                              									Kohlenhochbehälter von je 85 t Fassung, die einerseits zum Bekohlen von
                              									Tenderlokomotiven, andererseits zur Kohlenabgabe während der Nacht dienen, so dass
                              									dann der Kran vollständig ruht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 627
                              Fig. 89. Laufkatze zum Lokomotivbekohlungskran der Gesellschaft für
                                 										elektrische Industrie.
                              a Reibkupplung. b Entleerketten. c
                                 										Schliessketten. d und e Steuergestänge der Entleertrommel. f Bremsscheibe. g
                                 										Hubmotor. h Fahrmotor. i Führerstand.
                              
                           Der 1,4 t Kohle fassende Greifer hängt seitlich neben dem Hauptträger, eine
                              									Anordnung, welche die Ausführung eines vollständigen Querverbandes für die Brücke
                              									ermöglicht. Auf der anderen Seite des Trägers befindet sich das Führerhaus, von dem
                              									aus der Maschinist den Greifer beständig vor Augen hat. Eine Eigentümlichkeit der
                              									Winde bildet der Einbau eines über dem Führerstande angeordneten Gegengewichtes für
                              									den Greifer, das den Stromverbrauch beim Heben vermindert und ferner eine
                              									gleichmässigere Verteilung der Last auf die beiden Hauptträger herbeiführt. Der
                              									Hubmotor leistet 18,5, der Fahrmotor der Katze 7,5, der des Kranes 12 PS.
                              									Sämtliche Motoren haben Reihenwicklung.
                           Die Kranbrücke überspannt den Lagerplatz, zwei Gleise und den Hochbehälter. Gleis I
                              									dient zur Zuführung der Kohle, auf Gleis II erhalten die Lokomotiven mit
                              									Schlepptender ihren Kohlenvorrat, und zwar bei Tage vom Greifer direkt und nachts
                              									aus den Hochbehältern. Gleis III ist für Tenderlokomotiven bestimmt, die mittels
                              									schmaler Schurren aus den Behältern beladen werden. Die einzelnen Behältertaschen
                              									haben 1,15 bis 3 t Inhalt.
                           Der Kran wird auch zum Verladen der Schlacken benutzt.
                           Eine von der Maschinenbau-Anstalt Humboldt für die
                              
                              									Reichseisenbahn ausgeführte Anlage ähnlichen Systems zeigt Fig. 88.
                           Etwas abweichend konstruiert ist ein in Niederschöneweide-Johannistal bei Berlin
                              									aufgestellter Kran der Gesellschaft
                              									für elektrische Industrie, Karlsruhe. Wie Fig. 90 zeigt, bewegt sich die Laufkatze zwischen den
                              									Trägern, dabei oberhalb Raum zur Querversteifung lassend. Der Windfang, den bei den
                              									anderen Ausführungen die Laufkatze bildet, fällt hier fort, doch baut sich der Kran
                              									etwas höher. Der 1 t fassende Greifer entlädt nicht direkt in den Tender, sondern in
                              									Trichter mit drehbaren Rohren, aus denen die Kohle dem Tender zufliesst. Diese
                              									Anordnung dürfte für die Lokomotivmannschaft angenehmer sein, bietet auch den
                              									Vorzug, dass sie das Auslesen der grossen Stücke erleichtert.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 628
                              Fig. 90. Lokomotivbekohlungskran der Gesellschaft für elektrische
                                 										Industrie.
                              
                           Fig. 89 gibt eine Zusammenstellung der Laufkatze.
                              									Danach arbeitet der 13pferdige Hubmotor mit Schneckengetriebe und je einem
                              									Stirnradvorgelege auf die beiden Trommeln. Die in der Figur rechts gelegene
                              									Trommel der Schliesskette ist mit der Welle fest verbunden, während die
                              									Oeffnungstrommel mit Reibkupplung und Bremse ausgerüstet ist, die durch einen
                              									gemeinsamen Hebel vom Führerstande aus bedient werden. Auf der Motorwelle sitzt eine
                              									elektromagnetische Haltebremse.
                           Für das Fahrwerk der Katze, zu dessen Antrieb ein Motor von 6 PS dient, ist ebenfalls
                              									gemischtes Vorgelege zur Anwendung gekommen.
                           Wie die Firma angibt, macht der Kran jetzt 20 Hübe i. d. Stunde, doch soll die
                              									Leistungsfähigkeit auf 35 bis 40 Hübe erhöht werden können.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)