| Titel: | Fortschritte auf dem Gebiete der Funkentelegraphie. | 
| Autor: | Otto Nairz | 
| Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 757 | 
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                        Fortschritte auf dem Gebiete der
                           								Funkentelegraphie.
                        Von Ingenieur Otto
                                 									Nairz, Charlottenburg.
                        (Fortsetzung von S. 416 d. Bd.)
                        Fortschritte auf dem Gebiete der Funkentelegraphie.
                        
                     
                        
                           In Erkenntnis dessen, dass zur Erzielung einer möglichst grossen Reichweite im
                              									funkentelegraphischen Verkehr unter anderem auch die Strahlung selbst nicht zu
                              
                              									grosse Beträge annehmen darf, hat die Gesellschaft für
                                    										drahtlose Telegraphie, übrigens nach einer Anregung von Muirhead, bei ihren tragbaren Stationen die
                              
                              									Schirmanordnung gewählt. Gerade bei diesen Stationen, welche bestimmt sind, dem
                              									Heere zu dienen, um vorgeschobene Posten mit dem Truppenkörper zwecks
                              									Nachrichtenaus- tausch zu verbinden, kommt es ganz besonders darauf an, grösste
                              
                              									Reichweite mit grösster Transportfähigkeit zu vereinen. Wo es nicht mehr möglich
                              									sein wird, sich der fahrbaren Funkenkarren zu bedienen, sind diese tragbaren
                              									Stationen am Platze, welche bei 200 kg Gewicht von vier Tragtieren oder acht Leuten
                              									mitgeführt werden können.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 757
                              Fig. 11. Tragbare Station.
                              
                           Statt des Drachens oder Ballons dient hier zur Hochführung des Luftleiters ein
                              									achtteiliger Mast von 15 m Höhe aus Magnalium, (einer Legierung von Magnesium und
                              									Aluminium) welcher von fünf Leuten in etwa 15 Minuten bequem aufgerichtet werden
                              									kann. Dieser Mast stellt selbst den senkrechten Teil der Antenne vor und ist vom
                              									Erdboden sorgfältig zu isolieren, denn die Anordnung arbeitet mit Gegengewicht.
                              									Dieses besteht aus sechs radial ausgespannten, je 40 m langen Drähten, die am Mast
                              
                              									untereinander verbunden, von letzterem jedoch isoliert sind. Sie befinden sich etwa
                              									1 m über der Erde aber ohne mit ihr in leitender Verbindung zu stehen.
                           An der Spitze des Mastes sind ebenfalls sechs Drähte angebracht, deren Länge aber nur
                              									25 m beträgt; sie werden so ausgespannt, dass sie mit dem Mast einen Winkel von
                              									ungefähr 70° bilden, was dem System eine Aehnlichkeit mit dem Gerippe eines
                              									Regenschirms verleiht. Ihr freies Ende wird durch isolierende Pardunen am Boden in
                              									dieser geneigten Lage festgehalten. Erinnern wir uns an die Fig. 8 und 9 S. 415,
                              									so sehen wir, dass dieses Luftsystem ein Mittelding ist zwischen dem nicht
                              									streuenden, völlig geschlossenen Kreis und dem linearen Sender mit dem Maximum an
                              									Strahlung. Dadurch, dass man nun die sechs Luftdrähte mehr oder weniger neigt, d.h.
                              									ihre freien Enden dem Boden bezw. den Gegengewichtsdrähten mehr oder weniger nähert,
                              									geht der lineare Sender in den Kreis über, und man ist imstande die Strahlung so
                              									einzustellen, dass die Fernwirkung am günstigsten wird. So lässt sich der Kompromiss
                              									zwischen Strahlung und Dämpfung am besten schliessen. Fig.
                                 
                                 										11 zeigt den Sender mit aufgerichtetem Mast; das Erregersystem, das im
                              									wesentlichen nicht von jenem der Demonstrationsapparate (Fig. 2–4, S. 395) abweicht, befinden sich
                              									im Zelte, das auch Raum hat für den Stromerzeuger, eine Gleichstromdynamo von 45
                              
                              									Watt Leistung, die von einem Mann mittels Tretapparates angetrieben wird. Letzterer,
                              									welcher einem Fahrradgestell ähnlich gebaut ist, zeigt Fig. 12 betriebsfähig links, und für den Transport zerlegt rechts. Der
                              									Strom wird einem kleinen Induktor zugeführt, der den Kondensator von etwa 3000 cm
                              									Kapazität des Schwingungssystems speist. Der Erregerkreis, dem derselbe angehört,
                              									enthält ferner eine Spule, die gleichzeitig auch in den Luftleiter geschaltet ist,
                              									die sogenannte gemeinschaftliche Selbstinduktion. An dieser befindet sich die
                              									Verbindung nach dem Gegengewicht einerseits und dem Luftdraht bezw. Mast
                              									andererseits. Hier ist auch noch eine andere Spule, die dazu dient, die Wellenlänge
                              									des Luftleiters und nach Abstimmung des Kreises auf diese, die Wellenlänge des
                              									gesamten Systems zu vergrössern. Die zumeist verwendete Wellenlänge beträgt ungefähr
                              									350 m und zwar ist die Kupplung so klein gewählt, dass beide auftretende Wellen
                              									(Grund- und Oberwelle) so nahe beisammen liegen, dass der Empfänger die Summe beider
                              
                              									aufnimmt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 758
                              Fig. 12. Kraftquelle.
                              
                           Um dieses Luftleitersystem als Empfänger verwenden zu können, wird an Stelle des
                              									Erregerkreises ein Empfangskreis geschaltet, der wieder dem bei den
                              									Demonstrationsapparaten beschriebenen sehr ähnlich ist. Ein Unterschied besteht
                              									jedoch darin, dass als Wellenanzeiger nicht der Fritter oder Kohärer, sondern die
                              									elektrolytische Zelle verwendet wird. Diese hat gegenüber ersterem den Nachteil,
                              									dass sie Energie verzehrt, die Empfängerschwingungen also dämpft, mit anderen
                              
                              									Worten, am Empfänger gar nicht die Stromaplitude auftreten lässt, die diesem nach
                              									den gewählten Verhältnissen eigentlich zukommt, der Fritter entnimmt dagegen dem
                              									System erst dann Energie, wenn die Spannungsamplitude jenen kritischen Wert erreicht
                              									hat, der ihn zum Anstrechen bringt. Nichtsdestoweniger erreicht man bei Verwendung
                              									des elektrolytischen Detektors um fast 20 v. H. grössere Reichweiten als mit dem
                              									Fritter, muss jedoch bekanntlich die Möglichkeit unmittelbaren selbsttätigen
                              									Niederschreibens der Depesche dafür opfern. Fig. 13
                              									zeigt die Aufstellung des Gebers und Empfängers zum Gebrauch. Endlich lässt noch
                              										Fig. 14 das Schaltungsschema der tragbaren
                              									Station erkennen. Die Antenne A und ihr
                              									Gegengewicht G können mittels Stöpsel an den Geber
                              									(links) beziehungsweise an den Empfänger (rechts) angeschlossen werden. Im ersteren
                              									Falle werden folgende zwei Stromkreise geschlossen: der Induktorstromkreis der
                              									Dynamo D mit ihrer Nebenschlusserregung N über den Taster T und
                              									die Primärwicklung Jp
                              									des Funkeninduktors, dessen Hammerunterbrecher und Kondensator eingezeichnet sind.
                              									Eine Glühlampe Gl lässt erkennen, ob die Dynamomaschine
                              									richtig arbeitet. Der zweite Stromkreis, der auch geschlossen wird, ist der
                              									Hochfrequenzkreis.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 758
                              Fig. 13. Geber und Empfänger (ohne Tornister).
                              
                           Der sogenannte Kupplungskreis besteht aus dem Kondensator C von etwa 3000 cm, der Selbstinduktionsspule Lg und der einfachen
                              									Funkenstrecke F, an welcher die sekundäre Wicklung Js des Induktors liegt.
                              									Der Luftdraht hat mit dem Kupplungskreise einen Teil von Lg gemeinsam, besitzt indessen noch eine
                              									weitere Spule L2 zur
                              									Einregulierung seiner Wellenlänge auf die gewünschte Grösse. Nebenbei bemerkt zeigen
                              									nicht nur die tragbaren Stationen, sondern auch alle anderen modernen von der Gesellschaft für drahtlose Telegraphie errichteten, nur
                              
                              									noch einfache Funkenstrecken. Von der seinerzeit so ausserordentlich gepriesenen
                              									Energieschaltung von Professor. Braun ist also nicht
                              									einmal die mehrfache Funkenstrecke allein übrig geblieben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 759
                              Fig. 14. Schaltungsschema der tragbaren Station.
                              
                           Im Empfangsdraht befindet sich die primäre Wicklung P
                              									jenes kleinen Transformators, der die an ihm auftreffenden Schwingungen einem
                              									geschlossenen Kreise mitteilt, der aus der sekundären Wicklung S, einem Kondensator Cy mit veränderlicher Kapazität und der
                              									elektrolytischen Zelle von Schlömilch besteht. Zu
                              									dieser ist ein grosser Kondensator Cx parallel gelegt, dessen Aufgabe es ist den
                              									Widerstand, den die Zelle im Kreise bedeutet, abzuschwächen. An dieselbe, welche
                              									ohne den Kondensator die Schwingungen zu sehr dämpfen würde, sind dann noch unter
                              									Verwendung mehrerer Widerstände W1, W2, W3 und W4 eine Batterie B und
                              									der Fernhörer H gelegt. Als erreichbare
                              									Telegraphierentfernung werden von der Gesellschaft für
                                 										drahtlose Telegraphie 30 km angegeben; dies scheint somit über Land derzeit
                              									noch das Aeusserste zu sein, was sich für das Gewicht von 200 kg erreichen
                              									liess.
                           Damit ein Sender möglichst ungedämpft sei, muss auch seine Erdung bezw. sein
                              									Gegengewicht gut ausbalanziert sein. TissotG. Tissot.
                                    											Thèses. (Etndes de la résonance des systèmes d'antennes) Paris 1905.
                                    
                                    											Gauthier-Villars. mass mittels Bolometer die Energie, welche ein
                              									Empfänger in einem bestimmten Abstand von einem Sender aufnahm (in 50 km Entfernung
                              									beispielsweise noch 2 . 10– 4 Amp.) bei welchem
                              									nur die Grösse der in das Grundwasser eingesenkten Erdplatte verändert wurde. Er
                              									fand, dass bei Vergrösserung derselben die ausgestrahlte Energie wuchs, um bei einer
                              									Oberfläche von etwa 20 qm einen gewissen Grenzwert anzunehmen. Auf Schiffen ist
                              									naturgemäss die Erdung stets eine gute, doch kann man mittels Gegengewicht leicht
                              									dasselbe erreichen, wenn man nur genügend viele und lange Drähte ausspannt.
                           Interessanten Aufschluss über den an einem Sender zur Verfügung stehenden
                              									Energiebetrag geben Messungen von Tissot, welcher fand,
                              									dass die Energie dem Quadrat der Entfernung umgekehrt proportional ist, d.h. er
                              									mass, dass das Produkt aus Entfernung mal Stromstärke, gemessen mittels des
                              									Bolometers, konstant ist. Da nun die Energie proportional J2 ist, muss ihre
                              									Abnahme in der angegebenen Weise vor sich gehen. Für eine Kraftübertragung auf
                              									drahtlosem Wege ist dies natürlich ein hoffnungsloses Ergebnis. Dasselbe ist
                              
                              									indessen durchaus im Einklang mit der Theorie; in der S. 415 erwähnten Formel für
                              
                              									die am Empfänger induzierte Spannung E2 ist es bereits enthalten.
                           Ein weiterer Faktor, der grosse Einflüsse auf die Reichweite ausübt, ist das Wetter.
                              									Schon in einem Vortrag, den Professor Slaby Ende 1897
                              									hielt, teilte er die überraschende Beobachtung mit, dass windiges Wetter Störungen
                              									im funkentelegraphischen Verkehr mit sich brachte. Neuere Messungen an zwei
                              									Stationen in Alaska, derart angestellt, dass die eine stets mit derselben Energie,
                              									bezw. Anordnung arbeitete, und die andere die Intensität der ankommenden Wellen
                              									mass, betätigten dies. Ein elektrolytischer Detektor eignet sich zu solchen
                              
                              									Messungen recht gut, man braucht nur parallel zum Telephon einen Widerstandskasten
                              									zu schalten und jenen Widerstand ermitteln, bei welchem das Knacken gerade noch zu
                              
                              									hören ist. Widerstand und Wellenintensität sind sich dann umgekehrt proportional.
                              									Bei der graphischen Auftragung der Windstärke und des Widerstandes als Funktion des
                              									Zeitverlaufs, ergab sich dann eine augenscheinliche Abhängigkeit der
                              									Wellenintensität von der Windstärke, und zwar wirkt diese auf jene sehr schlecht
                              									ein.
                           Bekannt ist ja ferner, dass auch gewitterschwüle Luft ein Feind grösserer Reichweiten
                              									ist, während andererseits Nebel oder Regen günstig wirken. Die moderne Jonentheorie
                              									bleibt hierfür eine Erklärung nicht schuldig. Wir wissen, dass die Luft fast immer
                              									freie Jonen enthält, ganz besonders jedoch vor Gewittern und dass diese Jonen sehr
                              									leicht zu Kondensationskernen werden. Durch eine derartige bedeutende Vergrösserung
                              									ihres Volumens verlieren sie jedoch ihre Beweglichkeit und können zur Erde geführt
                              
                              									werden. Es ist dann die Luft zwischen Erde und Wolke jonenarm geworden und die
                              									elektromagnetischen Wellen können passieren, während sie sonst ebenso absorbiert
                              									werden, wie die Lichtstrahlen – von denen sie sich bekanntlich nur durch die
                              									Wellenlänge unterscheiden – beim Durchgang durch ein trübes Medium. Und ebenso wie
                              									die kurzwelligen Lichtstrahlen, also violett z.B. am leichtesten verschluckt werden,
                              									sind auch elektrische Wellen kleiner Länge am meisten gefährdet. Obgleich wir
                              									wissen, dass die Fernwirkung der Schwingungsdauer also ebenso wie der Wellenlänge
                              										λ umgekehrt proportional ist, dürfen wir doch nicht
                              									mit den kleinsten Wellen arbeiten, eben weil sie am wenigsten widerstandsfähig sind.
                              									Bezüglich des Vermögens über die Krümmung der Erdoberfläche hinwegzukommen gilt
                              									übrigens dasselbe. Auch hier muss also wieder ein Kompromiss geschlossen werden, der
                              									sich jeder theoretischen Ueberlegung entzieht.
                           Schliesslich ist noch bekannt, dass bei Nacht grössere Entfernungen überbrückt werden
                              
                              									können als am Tage, und man schreibt dies den von der Sonne kommenden Elektronen zu.
                              									Dieselben, welche bei den gewaltigen Eruptionen die auf diesem Gestirn an der
                              									Tagesordnung sind, in den Weltenraum geschleudert werden, treffen die Erde
                              
                              									hauptsächlich auf ihrer Tagseite und üben also vorwiegend auf dieser ihre oben
                              									erwähnten Störungen aus.
                           Eines grossen Interesses erfreuen sich schon seit längerer Zeit die Versuche mit
                              									gerichteter Telegraphie. Es ist von jeher als grosser Nachteil der Funkentelegraphie
                              									aufgefasst worden, dass die Telegramme eines jeden Senders von allen innerhalb der
                              									Reichweite befindlichen Empfängern, insofern man verstanden hat, sie auf die
                              									Wellenlänge des Senders abzustimmen, mit gelesen werden konnten. Es wäre unter allen Umständen
                              									wertvoll, die elektromagnetischen Wellen nur nach bevorzugter Richtung zu senden,
                              									beispielsweise von aufklärenden Kavalleriepatrouillen oder Schiffen nach dem eigenen
                              									Heere bezw. der Flotte, ohne dass der Feind etwas von funkentelegraphischen
                              
                              									Gesprächen merkt, oder um Schiffen die Einfahrt in gefährliche Fahrstrassen auch bei
                              									Nebel zu ermöglichen. Die bisher gebräuchlichen Senderanordnungen nehmen nun gar
                              									keine Rücksichten auf diese Wünsche. Ebenso wie ein in eine Wasserfläche geworfener
                              									Stein kreisförmige Wellen erzeugt, die sich um die Einwurfstelle als Mittelpunkt
                              									gleichmässig ausbreiten, so tun dies auch die elektromagnetischen Aetherwellen. Am
                              									Umfange eines Kreises, dessen Mittelpunkt der Sender ist, ist die Stärke der
                              									auftretenden Wellen (in derselben Weise gemessen), gleich gross.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 760
                              Fig. 15.
                              
                           Die ersten praktisch ausgeführten Versuche über gerichtete Telegraphie hat wohl ZenneckDr. J. Zenneck, Elektromagnetische Schwingungen und
                                    											drahtlose Telegraphie. Stuttgart, 1905. Ferd. Enke. im Jahre 1900
                              									bei Cuxhafen angestellt. Zwei senkrechte Drähte a u.
                              										b,
                              									Fig. 15 von ungefähr 30 m Länge waren im Abstand von
                              									etwa 4 m aufgehängt. In der Verbindungslinie, aber 9 km entfernt, befand sich die
                              									Empfangsstation (Leuchtturm Altenbruch). Wurde nun ein Draht erregt, etwa dadurch,
                              									dass man zwischen ihm und der Erde Funken überspringen liess, der zweite jedoch
                              									entfernt, so erhielt der Empfänger noch gut lesbare Telegramme. Wurde jedoch a erregt und b geerdet, so
                              									kamen am Empfänger keine Wellen an, wohl aber wenn der Draht b zwar an seiner Stelle blieb, aber nicht mehr geerdet war. War b Sender, so konnte ebensogut telegraphiert werden ob
                              										a geerdet war oder nicht. Hieraus geht unzweideutig
                              									hervor, dass ein parallel zum Sender gespannter Draht die hinter ihm liegende Zone
                              									vollständig abschirmt wenn er in Resonanz mit ihm ist. Dies war der Fall als b geerdet worden war, also ebenso wie a in einer Viertelwelle schwang, die wegen der gleichen
                              									Länge beider Drähte ausserdem gleich war. Die Abschirmung war aufgehoben, als die
                              									Erdverbindung unterbrochen wurde, b schwang dann in
                              									einer halben Welle und entzog a weniger Energie. So
                              									vermag beispielsweise ein Fabrikschornstein oder ein Baum, der sich zwischen Sender
                              
                              									und Empfänger befindet, die Energie der Wellen ganz empfindlich zu schwächen. Die
                              									geringe Reichweite, die man über Land oder ganz besonders über Städte erzielt, hängt
                              									damit zusammen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 760
                              Fig. 16.
                              
                           Man hat vorgeschlagen, den Sender mit einem förmlichen Drahtgitter zu umgeben und nur
                              									in der Richtung auf den Empfänger einen Spalt freizulassen bezw. den Sender nach Art
                              									eines parabolischen Hohlspiegels mit vertikalen Drähten oder einem Gitterwerk zu
                              									umkleiden. Zu praktischer Bedeutung sind jedoch alle diese Vorschläge nicht
                              									gelangt; eiserne Türme, welche zuweilen zur Aufhängung des Luftleiters gebraucht
                              									wurden, haben sogar zumeist schädlich gewirkt, insofern sie nicht von vornherein als
                              									Teile des Luftleiters verwendet wurden und mussten durch hölzerne ersetzt werden. Es
                              									scheint also, als ob überhaupt die Gegenwart von Leiter schädlich wäre, auch der
                              									geerdete a-Draht bei b als
                              									Sender muss bereits dämpfend gewirkt haben, da er dem schwingenden System einen Teil
                              									seiner Energie nutzlos entzog, und wir wissen, dass wir mit möglichst ungedämpften
                              
                              									Schwingungen weitere Entfernungen erreichen können.
                           Ein anderer Vorschlag stammt von Braun, er will mehrere
                              									Antennen verwenden und in ihnen teils Schwingungen von gleicher, teils von
                              									verschiedener Phase erregen, so dass sich die Schwingungen nach der einen Richtung
                              									verstärken und nach der anderen abschwächen sollen. Aber auch nach dieser Idee ist
                              									es noch nicht gelungen, eine praktisch brauchbare Anordnung zu finden. Ebensowenig
                              									drang folgender, von v. Sigsfeld vorgeschlagener,
                              									orientierter Empfänger durch, den Fig. 16 zeigt.
                              									Zwei senkrechte Luftdrähte, deren Länge gleich dem vierten Teil der Wellenlänge war,
                              									befanden sich in einem Abstande von λ/2. Die Mitte nahm der Fritter F ein, er sprach nicht an, wenn die Wellen senkrecht
                              									zur Empfängerebene auftraten, da dann beide Luftdrähte in gleicher Weise induziert
                              									wurden, also in einem Augenblicke in beiden Antennen ein Strom in gleicher Richtung
                              									floss. (So dass sich an den Klemmen des Fritters keine Spannungsdifferenz
                              									einstellte.) Trafen jedoch Wellen in der Richtung der Ebene der Luftdrähte ein, so
                              									schirmte der eine dem anderen die Weilen ab und es konnte sich eine
                              									Spannungsdifferenz am Fritter ausbilden und derselbe ansprechen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 760
                              Fig. 17.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 760
                              Fig. 18.
                              
                           Neuerdings hat MarconiG. Marconi,
                                    											Proceedings of the Royal Society 1906 Bd. 77, S. 411. Versuche
                              									angestellt, welche theoretisch gute Ergebnisse lieferten und die Möglichkeit einer
                              									gerichteten Telegraphie erwiesen. Er benutzte in einem Falle einen wagerecht über
                              									dem Erdboden in der Höhe von 1,5 m ausgespannten Sender von 60 m Länge (Fig. 17) und einen senkrechten Empfänger von 18 m
                              									Höhe. Der Sender hatte ein freies Ende, während das andere über einer Funkenstrecke
                              									geerdet war. Er konnte um letztere in einem Kreise gedreht werden, während der 260 m
                              
                              									entfernte Empfänger ein Instrument zur Messung der Stromstärke enthielt. Fig. 18 gibt in Polarkoordinaten die Stromstärke in
                              									Mikroampere als Funktion des Winkels, den der drehbare Sender mit der Verbindelinie
                              									zwischen seinem Drehpunkt (der Funkenstrecke) und dem Empfänger bildete. Als Nullage
                              									ist hierbei jene Lage bezeichnet worden, in der sich der Sender in einer Ebene mit
                              
                              									dem Empfänger befand und diesem abgekehrt war. Hiernach war die Intensität der
                              									Wellen am stärksten in der Nullage, weniger stark schon nach Drehung um 180°,
                           
                           während deutliche Minima in den Stellungen 110° und 250° auftraten. In diesen
                              
                              									Stellungen betrug die Stärke der Wellen nur den vierten bis fünften Teil.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 761
                              Fig. 19.
                              
                           Aehnliches Verhalten zeigte sich bei Abänderung des Versuches,
                              									wenn der Empfänger ebenfalls wagerecht angeordnet war (Fig. 19), oder der Sender in wagerechter oder senkrechter Lage still
                              									stand, während sich der Empfänger im Kreise drehte; immer lagen die Minima bei etwa
                              
                              									120° und entfiel das schwächere Maximum auf die Lage, bei der sich die Antenne
                              									räumlich näher befand. Eine theoretische Erklärung für dieses merkwürdige Verhalten
                              									zu geben, ist bis jetzt nicht gelungen.
                           Versuche von SchmidtK E. F. Schmidt, E. T. Z., 27, S. 852,
                                    											1906. bestätigen Marconis Messung,
                              									gaben aber auch gleichzeitig über den Unterschied Auskunft, der besteht zwischen der
                              									Energie, die der senkrechte Empfänger vom wagerechten Sender bezw. vom senkrechten
                              									Sender aufnimmt. Dieselbe ist im letzteren Falle nahezu zehn mal so gross.
                           Es ist also wohl möglich elektrische Wellen nach bevorzugter Richtung zu senden, der
                              									Wirkungsgrad der funkentelegraphischen Anlage sinkt dabei jedoch sehr stark, so dass
                              									das Verfahren neben starken Licht- auch sehr starke Schattenseiten zeigt.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)