| Titel: | Das maschinen-technische Unterrichtswesen auf der Jubiläums-Landesausstellung in Nürnberg 1906. | 
| Autor: | Karl Drews | 
| Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 806 | 
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                        Das maschinen-technische Unterrichtswesen auf der
                           								Jubiläums-Landesausstellung in Nürnberg 1906.
                        Von Karl Drews,
                           								Ingenieur.
                        (Schluss von S. 772 d. Bd.)
                        Das maschinen-technische Unterrichtswesen auf der
                           								Jubiläums-Landesausstellung in Nürnberg 1906.
                        
                     
                        
                           Im Gegensatz zu den preussischen Maschinenbauschulen ist an der Industrieschule
                              									der Konstruktionsunterricht in der Elektrotechnik aufgenommen worden. Es waren
                              									mehrere Konstruktionszeichnungen von Dynamomaschinen ausgestellt, die an und für
                              									sich einen recht guten Eindruck machten. Als Grundlage für diese Entwürfe scheint
                              									eine Skizze gedient zu haben, die in grossen Umrissen die Form der Maschine angab;
                              									wenn ich mich nicht irre, so befand sich diese Skizze bei den schriftlichen Arbeiten
                              									aus dem Gebiete der Elektrotechnik in den Glaskästen. Dieser elektrotechnische
                              									Konstruktionsunterricht ist indes programmwidrig; denn das Schulprogramm kündigt nur
                              
                              									Vortrag und Laboratorium an, nicht Uebungen im Konstruieren.
                           So sehr man auch den Eifer des betr. Lehrers loben mag, der unmittelbare Gewinn, den
                              									der Schüler daraus zieht, steht in keinem Verhältnis zu der aufgewendeten Arbeit.
                              									Vielleicht einer unter 100 Schülern kommt einmal in die Lage, derartige Maschinen zu
                              									bauen; die Nachfrage nach Konstrukteuren für Motor- und Dynamobau ist sehr gering,
                              									der Inseratenteil unserer Zeitschriften beweist dies.
                           Wenn man den Schülern aber eine derartige Arbeit auferlegt, die rein zeichnerisch
                              									schon ungemein zeitraubend ist, so muss die Möglichkeit, die dabei erworbenen
                              									Kenntnisse in der Praxis zu verwerten, in höherem Masse vorhanden sein.
                           Diese ausgestellten Entwürfe von Dynamomaschinen nebst anderen schon oben erwähnten
                              									aus dem Gebiete der Elektrotechnik sind so recht klassische Zeugen dafür, wie leicht
                              									das Ziel einer Mittelschule überschritten werden kann. Und es sind dann, wenn nicht
                              									immer, so doch vielfach die Lehrer mit reichem Können, die dieser Versuchung
                              									erliegen und über das Ziel hinausschiessen; natürlich bei der knapp bemessenen Zeit
                              									auf Kosten anderer wichtiger Gebiete des Maschinenbaues.
                           Hier muss ein jeder Selbstzucht üben, und der Leiter der Anstalt hat die
                              									Verpflichtung, mit fester Hand einen allzu starken Tatendrang zu zügeln.
                           In den Glaskästen an den Wänden lagen schriftliche Arbeiten und
                              									Laboratoriumsprotokolle der Schüler, auch Lehrmittel wie Skizzenbücher usw. aus.
                           Von den Laboratoriumsprotokollen sind diejenigen des elektrotechnischen
                              									Laboratoriums, das für die Verhältnisse einer Mittelschule reich ausgestattet ist,
                              									besonders lobend zu erwähnen. Für sehr zweckmässig halte ich auch die in den
                              									Protokollen aufgenommene genaue Beschreibung der von dem Lehrer für Elektrotechnik
                              									an der Nürnberger Industrieschule, Herrn Prof. Widmann
                              									entworfenen, sehr interessanten Schaltbrettanordnung. Von den Arbeiten im
                              									Maschinenlaboratorium lagen eine Anzahl aufgenommener Diagramme von Kraftmaschinen
                              									aus. Ferner lagen aus: aus der Maschinenkunde Berechnungen, aus der Mathematik und
                              									Mechanik Haus-, Schul- und freiwillige Arbeiten. Alle diese Arbeiten waren recht
                              									sauber ausgeführt; die gewählten Beispiele waren dem Zweck der Schule angepasst.
                           An den ausliegenden Arbeiten auf sprachlichem Gebiet fiel mir auf, dass die Aufsätze
                              									mit ganz wenigen Ausnahmen Themen moralischen, geschichtlichen, literar-ästhetischen
                              									Inhalts behandelten.
                           Man hätte doch erwarten können, dass der Charakter der Schule auch in der Wahl der
                              									Aufsatzthemen zum Ausdruck käme.
                           Gerade in den fremden Sprachen müsste hier das Nützlichkeitsprinzip neben dem
                              
                              									allgemeinbildenden etwas mehr betont werden.
                           Unter den ausgelegten Arbeiten habe ich nur einen Aufsatz technischen Inhalts
                              									(Geschichte der Dampfmaschine, französisch), gefunden.
                           Unsere grösseren Firmen führen viele ihrer Drucksachen, Kataloge usw. ausser in
                              									deutscher, auch in französischer und englischer Uebersetzung. Wenngleich diese
                              									Uebersetzungen nicht immer mustergültig sind, so dürfte die Lektüre dieser Schriften
                              									für die Schüler von ausserordentlichem Nutzen sein.
                           Auch vom pädagogischen Standpunkte aus wäre dies sehr zu empfehlen, da der Schüler
                              									hier durch die Bezugnahme auf sein Fachstudium eine grössere Anregung erhalten
                              									würde.
                           Ich bin überzeugt, dass unsere grossen Firmen einer Bitte um Ueberlassung einer
                              									Anzahl solcher Druckschriften sehr gern entsprechen würden.
                           Von den Arbeiten des praktischen Unterrichtes waren eine grosse Anzahl angefertigter
                              									Werkzeuge der verschiedensten Art, Lehren, Zirkel, dann Holzmodelle und deren
                              									Abgüsse ausgestellt; ferner einige grössere Arbeiten, bei denen sich die Schüler in
                              									der Montage geübt hatten, z.B. eine Laufkatze von 5000 kg Tragkraft (für den
                              									Maschinenraum der Schule bestimmt), eine Bohrmaschine, eine Zentrifugalpumpe, eine
                              									Plungerpumpe, eine Shaping- und eine Dynamomaschine. Die Arbeiten waren im
                              									Durchschnitt recht sauber ausgeführt.
                           An und für sich mögen ja diese Gegenstände recht interessant sein; nimmt man jedoch
                              									den oben dargelegten Standpunkt zu den Lehrwerkstätten überhaupt ein, so schrumpft
                              									die Bedeutung dieser Ausstellungsgegenstände erheblich zusammen.
                           Die maschinentechnischen Abteilungen der Industrieschulen München, Augsburg und
                              									Kaiserslautern hatten nur Werkstättenarbeiten, Modelle, Lehrmittel und einige schriftlichen Arbeiten
                              									ausgestellt.
                           Sieht man die Ausstellung dieser Schulen als Gradmesser für ihre Leistungsfähigkeit
                              									an, und das kann man bis zu einem gewissen Grade – Gold wird der Fachmann auch hier
                              									von Talmi stets unterscheiden können – so muss man zugeben, dass die erzielten
                              									Resultate äusserlich recht gute sind.
                           Trotzdem muss ihre Organisation, ihr zwiespältiger Charakter als nicht zweckmässig,
                              									als nicht zeitgemäss betrachtet werden. Das zweite Ziel, die Ausbildung von
                              									mittleren Bureau- und Betriebsbeamten, wird durch das erste Ziel, Vorbereitung für
                              									die technische Hochschule, unbedingt beeinträchtigt. Das Pensum des dritten
                              									Jahreskursus ist ein viel zu reichhaltiges, als dass es der Durchschnittsschüler in
                              									dieser kurzen Zeit verdauen könnte. Dazu kommt noch der Mangel der praktischen
                              									Tätigkeit in einer Fabrikwerkstätte, für die die Lehrwerkstätte, wie oben
                              									ausgeführt, durchaus kein Aequivalent bietet.
                           Man macht geltend, dass der Industrieschüler beim Eintritt in die Praxis über ein
                              									hohes Mass mathematischer Kenntnisse verfüge. Dem ist zu erwidern, dass die
                              									Kenntnisse der Schüler einer preussischen höheren Maschinenbauschule in der
                              									Mathematik denjenigen der Industrieschüler in nichts nachstehen. Das bischen
                              									Differential- und Integralrechnung, das an der Industrieschule gelehrt wird, kommt
                              									eigentlich mehr dem Lehrer als dem Schüler zugute, indem sie ersterem die
                              									Beweisführung mancher Sätze der Mechanik erleichtert.
                           Ausserdem bedeutet jener Einwand eine Ueberschätzung der Rolle, die die Mathematik
                              									bei dem Schaffen des Ingenieurs spieltDiese
                                    											Ueberschätzung habe ich merkwürdigerweise sogar noch bei Leuten, die in der
                                    											Praxis stehen, gefunden. Bei der Besichtigung einer der hervorragendsten
                                    											Schweizer Firmen machte im Verlaufe eines Gespräches der Personalreferent
                                    											dieser Firma die Bemerkung, dass die Züricher Hochschule leistungsfähigere
                                    											oder doch besser vorgebildete Ingenieure in die Praxis schicke als z.B. die
                                    											Charlottenburger Hochschule. Die Ingenieure, die von der Züricher Hochschule
                                    											kämen, würfen nur so mit den Integralen umher. Nun, Herr Prof. Riedler ist zweifellos ein Ingenieur von
                                    											Weltruf; aber dass das „mit Integralen Umherwerfen“ für seine
                                    											Bedeutung irgendwie ausschlaggebend sei, wird er wohl selbst in der ihm
                                    											eigenen sarkastischen Weise ablehnen.Ich empfehle jenem Herrn die geradezu klassischen Ausführungen Riedlers über diesen Punkt in seinem Vortrage
                                    												„Die Ziele der technischen Hochschulen“ in der Z. d. V. 1896, S.
                                    											304 nachzulesen, ein Vortrag, dessen wiederholte Lektüre auch jetzt noch
                                    											nach zehn Jahren jedem Ingenieur nicht dringend genug zu empfehlen ist.Niemals ist das Wesen der Ingenieurtätigkeit klarer erfasst und dargelegt
                                    											worden als in jenen Ausführungen.Wie weit die Behauptung des oben genannten Herrn bezüglich der besseren
                                    											Vorbildung der Züricher Studenten berechtigt ist, lässt sich sehr schwer
                                    											entscheiden. Wenn dies aber mit dem grösseren Lernzwang an der Züricher
                                    											Hochschule begründet wurde, so ist dem zu entgegnen, dass nirgends so
                                    											fleissig und intensiv gearbeitet wird wie an der Charlottenburger Hochschule
                                    											trotz voller akademischer Freiheit..
                           Wie viele Ingenieure kommen denn überhaupt in die Lage, von ihren erworbenen
                              									mathematischen Kenntnissen ausgebreiteten Gebrauch zu machen; viele kommen mit
                              									einigen wenigen Formeln aus, sehr viele brauchen gar nicht zu rechnen. Ich kenne
                              									viele hervorragende Ingenieure in leitenden Stellungen, deren mathematisches
                              									Rüstzeug sehr wenig umfangreich ist.
                           Die bayrischen Industrieschulen hören ja, wie schon oben erwähnt, in nächster Zeit
                              
                              									auf, zu bestehen. Ihr jetziges erstes Lehrziel übernehmen die neuzugründenden
                              									Oberrealschulen; für das zweite Lehrziel, die Fachausbildung, werden besondere
                              									technische Mittelschulen ins Leben gerufen.
                           Die vorhergehenden Betrachtungen über die Organisation der Industrieschule kämen
                              									somit gewissermassen post festum; es kann indes nicht schaden, auch jetzt noch auf
                              									die Mängel jener Anstalten hinzuweisen, da sich in Bayern gegen die geplante
                              									Reorganisation ein Widerstand erhoben hat und zwar unerklärlicherweise in den
                              									Kreisen der früheren Industrieschüler, die doch jene Mängel aus eigenster Anschauung
                              									kennen gelernt haben.
                           Nach No. 353 der „Münchener Neuesten Nachrichten“ protestierte nämlich der
                              									Landesverband früherer Industrieschüler gegen die Reorganisation; er empfahl
                              									vielmehr den weiteren Ausbau der Industrieschulen zu Oberrealschulen mit
                              									Gewerbeakademie. Ein Redner in der betr. Versammlung sprach sogar die Hoffnung aus,
                              									dass diese Anstalten dann vorbildlich sein würden für sämtliche Bundesstaaten und
                              									darüber hinaus.
                           Nun, die Herren mögen nur recht viel Wasser in den Wein ihrer Begeisterung schütten;
                              									die ausserbayrischen Bundesstaaten werden sich sehr hüten, ihre bewährten
                              									Organisationen zu verlassen und zu solchen zurückzukehren, die für sie schon längst
                              									ein überwundener Standpunkt sind.
                           Hoffentlich lässt sich die bayrische Regierung durch keine Resolutionen in ihren
                              									Massnahmen, eine reinliche Scheidung zwischen allgemeinbildenden und technischen
                              									Mittelschulen herbeizuführen, beirren. Sie leistet damit der vaterländischen
                              									Industrie und auch weiteren Volkskreisen einen grossen Dienst.
                           Den aus den Industrieschulen hervorgehenden rein technischen Mittelschulen darf man
                              									von vornherein ein günstiges Prognostikon ausstellen. Jedenfalls bietet uns die
                              									Nürnberger Industrieschule Gewähr, dass sie nach Abwerfen ihres ersten Lehrzieles
                              									mit ihren vorzüglichen Einrichtungen, Lehrmitteln und Lehrkräften unter der
                              									zielbewussten Leitung ihres derzeitigen Rektors eine der hervorragendsten
                              									technischen Fachschulen Deutschlands werden wird.
                           Ob die neuzuerrichtenden technischen Mittelschulen auch die jetzigen scharfen
                              									Aufnahmebedingungen von den Industrieschulen übernehmen sollen, ist eine Frage, die
                              									im Hinblick auf den schwachen Besuch des dritten Jahreskurses der letzteren
                              									ernstlich in Erwähnung zu ziehen ist.
                           
                        
                           3. Die
                                 									Maschinenbauschulen.
                           An die Industrieschulen reihen sich zunächst die Maschinenbauschulen an, die meist
                              									aus Kreismitteln mit Zuschüssen aus der Staatskasse unterhalten werden.
                           Von diesen Anstalten entspricht die höhere Fachschule für Maschinenbau und
                              									Elektrotechnik in Würzburg bezüglich ihrer Ziele, ihres Schulprogramms den
                              									preussischen höheren Maschinenbauschulen; ihre Aufnahmebedingungen sind indes
                              									schärfer.
                           Die Unterrichtsdauer umfasst zwei Jahre für diejenigen Schüler, die im Besitze des
                              									Abgangszeugnisses einer sechsklassigen Realschule sind, dagegen drei Jahre für
                              									diejenigen, die die Berechtigung zum einjährigfreiwilligen Dienst auf einem
                              									Gymnasium, Realgymnasium oder vor der Regierungskommission erworben haben. Für diese
                              									ist eine besondere Vorklasse eingerichtet. Diese Anstalt schliesst sich an die
                              
                              									Kreisrealschule an; beide stehen unter der Leitung des Rektors der Realschule.
                           Lehrwerkstätten sind auch hier vorhanden: das Arbeiten in ihnen ist obligatorisch, es
                              									können jedoch diejenigen Schüler davon befreit werden, die eine genügende
                              									Fabrikpraxis nachweisen können.
                           Diese Anstalt hatte eine Anzahl von Konstruktionszeichnungen eines ihrer letzten
                              									Absolventen und Arbeiten der Lehrwerkstätten ausgestellt.
                           Die Konstruktionszeichnungen (Maschinenteile, Dampfzylinder mit Steuerung,
                              									Dampfkessel, Kran usw.) waren sachlich und auch zeichnerisch sauber durchgeführt
                              									und überschritten nicht das Ziel solcher Schulen.
                           Die Arbeiten des praktischen Unterrichts wiesen unter anderem eine Dampfmaschine,
                              									eine Dampfpumpe, eine Dynamomaschine, Ventile, Schieber, Teile von
                              									Werkzeugmaschinen, Giessereimodelle zu obiger Dampfmaschine u.a.m. auf; alles in
                              									recht sauberer Ausführung. Diese Arbeiten dürften indes zum grösseren Teil von den
                              									Schülern der Werkmeisterschule, die mit der Maschinenbauschule verbunden ist,
                              									hergestellt sein.
                           Die Fachschulen für Maschinenbau in Landshut und Ansbach gliedern sich ebenfalls den
                              									dortigen Realschulen an; bei der Aufnahme wird indes nur Elementarschulbildung
                              									verlangt.
                           Das Ziel dieser Schulen ist die Ausbildung von Technikern, Werkmeistern, Monteuren,
                              									Mechanikern usw. in drei Jahreskursen. Dem Ziel dieser Anstalten entsprechend, füllt
                              									die Arbeit in den Lehrwerkstätten den grösseren Teil der Unterrichtszeit aus. Von 49
                              									Wochenstunden entfallen 30 auf den praktischen Unterricht.
                           Diese Schulen hatten ebenfalls Arbeiten des Zeichen- sowie des praktischen
                              									Unterrichts ausgestellt, von denen die letzteren hier natürlich anders bewertet
                              									werden müssen als bei den vorhergehenden Anstalten.
                           Die Zeichnungen waren nach Modellen und Vorlagen hergestellt und im grossen Ganzen
                              									sauber und sachgemäss ausgeführt, hielten sich auch in den zulässigen Grenzen. Unter
                              									den Blättern der Landshuter Schule befanden sich auch einige perspektivische
                              									Zeichnungen wie Dampfmaschine, Flügelgumpe, Ringschmierlager.
                           Ich bin im Zweifel, ob der daraus erzielte Nutzen dem Aufwände von Zeit
                              									entspricht.
                           Die Werkstättenarbeiten bestanden hauptsächlich aus Werkzeugen und Werkzeugmaschinen.
                              									Einige Werkzeugmaschinen der Landshuter Schule waren nach Entwürfen des
                              									Betriebsleiters dieser Anstalt hergestellt.
                           Die ausgestellten Arbeiten der mechanischen Lehrwerkstätten der Realschule in
                              									Kaiserslautern, der mechanisch-technischen Fachschule Bamberg, der
                              									Maschinenbauschule (Abteilung der Baugewerkschule) in Nürnberg bewegten sich in
                              									demselben Gleis und wiesen durchschnittlich recht gute Resultate auf.
                           Alle diese Schulen mit Ausnahme der letzteren sind den Kreisrealschulen
                              									angegliedert.
                           Dies Abhängigkeitsverhältnis reiner Fachschulen von allgemein bildenden halte ich aus
                              									mehreren Gründen für unzweckmässig.
                           Denn über die Ziele und Wege der ersteren entscheiden bei solcher Angliederung
                              									Personen, die vielleicht den besten Willen, aber doch nicht das notwendige tiefere
                              									Verständnis für die Bedürfnisse der Industrie haben; dieses kann nur der Ingenieur
                              									nach längerer praktischer Tätigkeit haben.
                           Es wird stets die Gefahr vorliegen, dass Unterrichtsmethoden, die für die Realschule
                              									als allgemeinbildender Anstalt wohl Sinn haben, auch auf die Fachschulen übertragen
                              									werden, wo sie wenig angebracht sind und den Unterricht in falsche Bahnen lenken
                              									können.
                           Die Fachschule muss selbständig sein, wenn sie gedeihen soll; an ihrer Spitze muss
                              									ein Mann stehen, der stets Fühlung mit der Industrie, ihren Fortschritten, ihren
                              
                              									Bedürfnissen zu halten vermag.
                           Wenn ich oben sagte, dies könne nur ein Ingenieur sein, so will ich gern zugeben,
                              									dass unter besonderen Umständen auch ein Mathematiker oder Physiker die Aufgaben der
                              
                              									Fachschule ebensogut oder noch besser als mancher Ingenieur zu erfassen vermag, und
                              									dass ihm ihre Leitung dann sehr wohl anvertraut werden kann; immer jedoch unter der
                              									Voraussetzung, dass seine volle Tätigkeit der Fachschule gehört und nicht
                              									zwischen zwei Schulen verschiedenen Charakters geteilt ist.
                           
                        
                           4. Die Handwerker-Fachschulen und
                                 
                                 										gewerblichen Fortbildungsschulen.
                           Diese Schulen waren auf der Ausstellung recht zahlreich und auch mit recht guten
                              									Leistungen vertreten.
                           Beim Betrachten der ausgestellten zeichnerischen Arbeiten dieser Schulen fiel mir die
                              									oft recht stiefmütterliche Behandlung des Linear- und Maschinenzeichnens auf.
                              									Manches davon war geradezu mitleiderregend. Bei mehreren Blättern musste man fast
                              									raten, was sie eigentlich darstellten, so verwischt waren die Formen; dabei
                              									strotzten sie von Zeichenfehlern. Auch die Vorlagen und Modelle, wonach die
                              									Zeichnungen angefertigt waren, waren vielfach nicht sachgemäss und zweckentsprechend
                              									ausgewählt.
                           Der Grund für diese teilweise geringen Leistungen im Maschinenzeichnen ist wohl darin
                              									zu suchen, dass dieser Unterricht nicht von Fachleuten, sondern von Mittelschul- und
                              									Volksschullehrern erteilt wird, die ihm in keiner Weise gewachsen sind. Durch einen
                              									mehrwöchigen Zeichenkursus erwirbt man sich noch keineswegs die Fähigkeit einen
                              									sachgemässen Unterricht im Maschinenzeichnen zu erteilen; denn hier kommt es nicht
                              									nur auf Handfertigkeit an, sondern Kenntnis der Materialien, der Arbeitsvorgänge,
                              									des Zweckes, wozu die betr. Konstruktion dient, sind für die Anfertigung einer
                              									richtigen Maschinenzeichnung unbedingt erforderlich.
                           Mittelschul- und Volksschullehrer besitzen diese einschlägigen Kenntnisse aber nicht,
                              									sie werden auf diesem Gebiete stets Dilettanten bleiben.
                           Es ist daher unbedingt nötig, dass der Unterricht im Fachzeichnen und was damit
                              									zusammenhängt nur von Fachleuten erteilt wird, wenn etwas Erspriessliches hierin
                              									geleistet werden soll.
                           Da nach den Grundsätzen für die Neugestaltung der gewerblichen Fortbildungsschulen in
                              									Bayern der Charakter dieser Schulen ein fachlicher sein soll, so muss auch
                              									folgerichtig technisch gebildeten Fachleuten die Leitung übertragen werden, den
                              									Fachlehrern der überwiegende Einfluss auf die Gestaltung des Unterrichts zugebilligt
                              									werden. Die Fortbildungsschulen werden dabei nur gewinnen.
                           Die kürzlich unter allseitiger Zustimmung aus der Mitte der Berliner
                              									Stadtverordnetenversammlung gegebene Anregung, für die neueinzurichtende Stelle
                              									eines Stadtschulrates für die Berliner Fortbildungsschulen einen technisch
                              									gebildeten Fachmann zu wählen, ist daher im Interesse dieser Schulen lebhaft zu
                              									begrüssen und es wäre sehr zu wünschen, dass der Magistrat von Berlin dieser
                              									Anregung Folge gäbe und bahnbrechend in dieser Richtung wirkte.
                           Liessen die Leistungen der Fortbildungsschulen im Maschinenzeichnen vieles zu
                              									wünschen übrig, so konnte man dem Zeichenunterricht, den mehrere grosse Firmen ihren
                              									Lehrlingen angedeihen lassen, ungeteiltes Lob spenden. Es kommen hier die Vereinigte Maschinenfabrik Augsburg, die Siemens-Schuckertwerke und die Kgl. Eisenbahnwerkstätten in Betracht. Diese Arbeiten waren in dem Museum
                              									für Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen und in der Ausstellung des Verkehrsministeriums
                              									im Gebäude des bayrischen Staates zu finden.
                           Die Auswahl der dargestellten Gegenstände, ihre zeichnerische Wiedergabe kann als
                              									vorbildlich für den Unterricht im Maschinenzeichnen an Fortbildungsschulen angesehen
                              									werden.
                           Die ausgestellten Blätter gaben ein klares Bild, in welchen Bahnen und innerhalb
                              									welcher Grenzen sich der Zeichenunterricht dort bewegen muss; sie zeigten auch deutlich, wie
                              									erfolgreich der Unterricht sein kann, wenn der Lehrer die nötige Sach- und
                              									Fachkenntnis besitzt.
                           Die Zeichnungen und Skizzen von Lehrlingen der Eisenbahnwerkstätten waren vielfach
                              									nur sauber in Bleistift ausgeführt.
                           Ich halte dies für sehr zweckentsprechend und für völlig genügend, denn das Ausziehen
                              
                              									und Anlegen der Zeichnungen hat doch für Handarbeiter keinen rechten Zweck; die
                              									dafür erforderliche Zeit kann viel nützlicher verwandt werden.
                           Von Versuchen, das Maschinenzeichnen auch in die Volksschule einzuführen, zeugten
                              									einige Zeichnungen von einfachen Maschinenteilen, die in der Sonderausstellung der
                              									Stadt Nürnberg ausgestellt waren. Ut desint vires, tarnen est laudanda voluntas.
                           Ob ein solcher Unterricht auf jener Entwicklungsstufe schon angebracht ist, darüber
                              									können wohl die Meinungen auseinander gehen. Ich bin der Ansicht, dass ein
                              									derartiger Zeichenunterricht nur in Verbindung mit dem Handfertigkeitsunterricht
                              									Früchte tragen kann.
                           Es mögen hier auch die ausgestellten zeichnerischen Arbeiten der höheren Schulen,
                              									Gymnasien und Realschulen kurz besprochen werden.
                           An diesen Schulen trat das Freihandzeichnen nach Vorlagen und nach Natur in den
                              									Vordergrund. Das geometrische Zeichnen scheint demgegenüber mehr als erwünscht
                              									zurückzutreten. Das ist zu bedauern; denn gerade dieser Teil des Zeichenunterrichts
                              									ist für die Entwicklung des Raumverstellungsvermögens so überaus wichtig.
                           Allerdings muss dieser Unterricht, wenn er erzieherisch in jenem Sinne wirken soll,
                              									in Händen eines Lehrers liegen, der seiner Aufgabe auch gewachsen ist, was nicht
                              									immer der Fall ist.
                           Es genügt nicht, dem Schüler einige Methoden beizubringen, wie man diese oder jene
                              									Durchdringungskurve ermittelt; das ist im Grunde nur eine mechanische, schematische
                              									Arbeit. Fruchtbringend wird die Arbeit erst dann, wenn der Lehrer den Schüler
                              									zwingt, von der Ebene des Zeichenblattes in den Raum zu gehen, alle Linien, die der
                              									Schüler dort zieht, auch an dem vor seinem geistigen Auge schwebenden Körper selbst
                              									zu ziehen, d.h. ihn zwingt, körperlich zu sehen und zu denken.
                           Das erzieherische Moment, das in der darstellenden Geometrie liegt, ist ungleich
                              									wichtiger als das blosse Erlernen einiger ihrer Regeln. Von dem Eifer und dem
                              									Geschick des Lehrers wird es abhängen, wie weit das Interesse des Schülers für
                              									diesen Gegenstand wachgerufen wird.
                           Dass dieses Interesse in der Regel sich mehr dem figürlichen Zeichnen zuwendet, ist
                              									ja psychologisch erklärlich; und nach dieser Seite hin wiesen die Schulen im
                              									allgemeinen recht hübsche, zum Teil sogar hervorragende Resultate auf.
                           Ich erwähne hier unter anderem die Arbeiten der Münchener Realgymnasien, die auch in
                              									instruktiver Beziehung interessant waren. Die Blätter waren vielfach nach der Natur
                              									gezeichnet; von der einfachen Bleistiftskizze, die die Hauptlinien z.B. einer
                              									Strasse, eines Schienenweges, eines Tunnels wiedergaben, fortschreitend bis zur
                              									detailierten getuschten Zeichnung von Gebrauchsgegenständen usw.
                           Besonders erwähnenswert waren auch die Aquarellstudien nach der Natur von Schülern
                              									des Luitpold-Gymnasiums in München; flott gemalte, richtig gesehene, oft
                              									farbenfreudige Blätter von Landschaftsdetails z.B. von Türmen, Erkern, Giebeln,
                              									Bäumen usw.
                           Auf das Ergebnis der Unterrichtsausstellung kann die Veranstalterin, die bayrische
                              									Staatsregierung, mit berechtigter Genugtuung zurückschauen. Sie hat hier bewiesen,
                              									dass sie den Bedürfnissen der Industrie und des Gewerbes volles Verständnis
                              									entgegenbringt, dass sie dem technischen Unterrichtswesen die sorgsamste Pflege
                              									angedeihen lässt. Zufriedenheit ist gewiss ein gutes Ding; für den Ingenieur als
                              									solchen würde sie indes Stillstand, d.h. Rückgang bedeuten; für ihn ist umgekehrt
                              									die Unzufriedenheit mit dem Vorhandenen geradezu eine Tugend; in ihr liegen die
                              									Keime zu immer neuen vollkommneren Formen der Technik. Bleiben daher von diesem
                              									Standpunkt aus betrachtet auch bezüglich des technischen Schulwesens noch mancherlei
                              									Wünsche übrig, so tut das jedoch dem Gelingen des ganzen keinen Abbruch. Befriedigt
                              									konnte der aufmerksame und sachkundige Besucher die Räume der Unterrichtsausstellung
                              									verlassen, in denen ein so schönes Stück vaterländischer Arbeit in Erscheinung
                              									trat.
                           Dass die hier geleistete treue Arbeit auch reiche Früchte trägt, dafür waren die
                              									Maschinenhalle, die Kunstgewerbehalle, das Industriegebäude sprechende Beweise.
                           Zwischen Schule und Praxis bestehen innige Beziehungen, ein stets gegenseitiges Geben
                              									und Empfangen.
                           Wir wollen nicht miteinander rechten, wer von beiden mehr gibt oder empfängt, sondern
                              									wir wollen uns dessen bewusst sein, dass das technische Unterrichtswesen ein
                              									integrierender Bestandteil der Praxis ist, beide sind aufeinander angewiesen.
                           Diese innigen Beziehungen aufrecht zu erhalten, die Organisation des Schulwesens
                              									stets den Bedürfnissen der Praxis anzupassen, ist Pflicht der staatlichen
                              									Unterrichtsverwaltung.
                           Dass die bayrische Regierung, unterstützt von der Volksvertretung, diese Pflicht in
                              									hohem Masse erfüllt hat, dafür liefert uns die wohlgelungene Unterrichtsausstellung
                              									den besten Beweis.