| Titel: | Versuche über Strömungserscheinungen des Wassers bei plötzlichen Richtungs- und Querschnittsänderungen. | 
| Autor: | Donát Bánki | 
| Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 818 | 
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                        Versuche über Strömungserscheinungen des Wassers
                           								bei plötzlichen Richtungs- und Querschnittsänderungen.
                        Von Professor Donát
                                 									Bánki, Budapest.
                        [Versuche über Strömungserscheinungen des Wassers bei plötzlichen
                           								Richtungs- und Querschnittsänderungen.]
                        
                     
                        
                           Gelegentlich der Besprechung eines neuen Buches über Zentrifugalpumpen (Heft
                              									401. J. dieses Journals) macht Dr. R. Camerer auf den
                              									sich in der technischen Hydraulik oft wiederholenden Fehler aufmerksam, dass bei
                              									Ablenkung eines Strahles ein unelastischer Stoss vorausgesetzt und angenommen wird
                              									als wenn eine auf die Ablenkungsrichtung senkrechte Komponente der
                              									Stromgeschwindigkeit verloren ginge.
                           Nach den Bemerkungen von Camerer dürfte von Interesse
                              									sein, dass im Maschinenlaboratorium des königl. ung. Josefs-Polytechnikums Versuche
                              									im Zuge sind, die bezwecken, zur Klärung der auf die Erscheinungen bei Richtungs-
                              									und Querschnittsänderungen bezughabenden Fragen der technischen Hydraulik
                              									beizutragen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 817
                              Fig. 1.
                              
                           Der eigenst zu diesen Versuchen von mir entworfene Apparat besteht aus einem
                              									zylindrischen Gehäuse mit einem Boden, dessen eine Hälfte aus einer Glasscheibe
                              									besteht. Der Deckel ist drehbar, und besteht ebenfalls zur Hälfte aus einer
                              
                              									Glasscheibe. Der zylindrische Gehäuseteil ist an zwei Stellen durchbrochen zum Ein-
                              									und Auslassen des zu untersuchenden Wasserstrahles. Zwischen Boden und Deckel sind
                              									zwei, in der Gehäusemitte mit ihren Spitzen stossende Zungen eingeklemmt, von
                              									denen die eine beweglich und gegenüber der feststehenden zwischen 180 und 75°
                              
                              									beliebig verstellbar ist. Die bewegliche Zunge wird nach der Einstellung mittels
                              
                              									Schraubenklemmung festgestellt. Der Strahlquerschnitt wird durch Verdrehen eines
                              									Leitstückes in der Weise geregelt, dass die Strahlhöhe unverändert, gleich der
                              									Gehäusehöhe bleibt, die Strahldicke hingegen beliebig verändert wird. Es können
                              									hiermit an dem Apparat die Ablenkungen verschieden breiter Strahlen unter
                              									verschiedenen Winkeln beobachtet werden. Um den strömenden Strahl und die Strömung
                              									der einzelnen Faden sichtbar zu machen, kann mit Hilfe einer kleinen Handpumpe
                              									flüssige Farbe oder Luft in den Strahl gepumpt werden. Mit Hilfe mehrerer kleinen
                              									Rohrstutzen, die am Gehäusedeckel angebracht sind, kann die Pressung mit an den
                              									Rohrstutzen anzuschliessendem Piezometer an den verschiedensten Stellen des Strahles
                              									gemessen werden. An die gewünschte Punkte, in welchen die Pressungen festzustellen
                              									sind, gelangt man durch Verdrehen des Deckels und durch, Verbindung des Piezometers
                              									mit einem entsprechenden Rohrstutzen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 817
                              
                              
                           Eine geordnete Aufarbeitung der Versuchsergebnisse wird späteren Veröffentlichungen
                              									vorbehalten. Es kann aber schon aus den bisherigen Versuchen gefolgert werden, dass, wenn ein
                              
                              									freier Strahl auf eine gegen die Strahlrichtung geneigte Wandung trifft, ein Stoss
                              									gar nicht, und eine Aenderung der Geschwindigkeit wohl nach Richtung, aber nicht
                              									nach Grösse stattfindet. Der Strahl biegt sich ab, etwa wie ein elastischer Stab,
                              									wobei sämtliche Wasserfaden in krummen Bahnen sich bewegen. Ein Energieverlust, wie
                              									es gewöhnlich angenommen wird, entsteht gar nicht. Dies geht daraus hervor, dass der
                              									Strahlquerschnitt nach der Richtungsänderung fast genau seine ursprüngliche Grösse
                              									beibehält. Es ist interessant, wie die Strahlablenkung ohne jeden Stoss vor sich
                              									geht, wenn man die bewegliche Zunge von einer Grenzstellung zur anderen noch so
                              									schnell bewegt (Fig. 1, 2, 3).
                           Mit Annahme einer stosslosen Ablenkung für den Fall, dass ein Strahl eine bewegte
                              									Ebene trifft, ergibt sich die von der Reaktionskraft des abgelenkten Strahles auf
                              									die Ebene übergebene Arbeit genau so gross, als wenn ein Stoss stattgefunden hätte.
                              									Ist die Ebene senkrecht zur Strahlrichtung, so ist z.B. die Arbeit der verlustlosen
                              									Ablenkung um 90° = 50 v. H. der in dem Wasser vorhandenen mechanischen Arbeit.
                           Es gehen also, genau wie bei Voraussetzung eines Stosses 50 v. H. für den Zweck der
                              									Arbeitsleistung verloren, jedoch verbleibt dieses Arbeitsvermögen im ablaufenden
                              									Wasser und nicht bloss 25 v. H. wie dies bei Voraussetzung eines Stosses der
                              									Fall wäre.
                           An dem Apparat soll auch untersucht werden, welche Erscheinungen auftreten während
                              									der Strahl sich bildet Hierfür ist die Einrichtung getroffen, bei beliebig
                              									einstellbaren Stellungen der die Ausströmöffnung regelnden Zunge einen Zündkontakt
                              									herzustellen für photographische Aufnahmen. Es wird sich mit Hilfe solcher Aufnahmen
                              									zeigen, ob nicht etwa beim raschen Oeffnen der Ausströmöffnung Stösse entstehen?
                           Eine zweite Versuchsreihe ist in Aussicht genommen, für die Untersuchung der Bewegung
                              									in geschlossenen Kanälen. Zu diesem Zweck sind verschiedene Holzeinlagen
                              									angefertigt, die die inneren Kanalwände bilden (Fig. 4, 5, 6). Durch Einlassen von
                              									Luft kann der Strahl an der Kontraktionsstelle sichtbar gemacht werden. Die einer
                              									bestimmten Richtungsänderung des Kanals entsprechende Kontraktion kann also leicht
                              									gemessen und die Energieverluste eventuell aus der Querschnittserweiterung vom
                              									kontrahierten auf dem vollen Rohrquerschnitt berechnet werden.
                           Welche Ergebnisse die weiteren Versuche immer liefern mögen, das eine steht
                              									unstreitbar fest, dass das Kapitel der Hydraulik über Stoss des Wassers, auf den
                              									festen Grundlagen der Versuche neu aufgebaut werden muss.