| Titel: | Die Motorwagen auf der internationalen Automobilausstellung, Berlin. | 
| Autor: | Wolfgang Vogel | 
| Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 826 | 
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                        Die Motorwagen auf der internationalen
                           								Automobilausstellung, Berlin.
                        Von Wolfgang Vogel,
                           								Ingenieur, Berlin-Wilmersdorf.
                        (Schluss von S. 813 d. Bd.)
                        Die Motorwagen auf der internationalen Automobilausstellung,
                           
                           								Berlin.
                        
                     
                        
                           Das Citomobil der Cito-Fahrradwerke,
                              
                              									Köln–Klettenberg besitzt die von der Aachener
                                 										Stahlwarenfabrik gebaute sogenannte Omnimobilgarnitur. Das Chassis hat
                              									gepressten Stahlrahmen, der Motor besitzt zwei senkrechte Zylinder, die durch Wasser
                              
                              									gekühlt werden. Eine Zirkulationspumpe ist vorgesehen. Das Getriebe hat drei
                              									Geschwindigkeiten, die grosse arbeitet direkt. Der Wagen wird für gewöhnlich mit
                              									Akkumulatorzündung geliefert, doch kann auch ein Magnetapparat eingebaute werden.
                              									Der Antrieb der Hinterräder erfolgt durch zwei Ketten. Eine Fussbremse wirkt auf das
                              
                              									Differential, wogegen die Hinterräder durch einen Handhebel gebremst werden. Die
                              									Konuskupplung wird, wie bei grossen Wagen, durch das linke Pedal ausgerückt. Die
                              									Maschine leistet bei 75 mm Bohrung und 80 mm Hub in zweizylindriger Ausführung 2,7–6
                              									PS. Der stärkere Wagen hat einen 3–7 PS-Motor mit 80 mm Bohrung und 80 mm Hub. Die
                              									kleineren Zahlen sind auf Grund der vom V. d. M.-I. aufgestellten, die grösseren
                              									dagegen mit Hilfe der alten Formel berechnet. Die Firma baut auch für 1907 drei
                              									Typen Vierzylinderwagen.
                           Georges Châtel, Mülhausen i. Eis. brachte den
                              									bewährten kleinen Peugeot-Wagen, nämlich die Voiturette
                              										„Lion“, gebaut von Les Fils de Peugeot
                                 										Frères, Valentigney zur Ausstellung. Fig.
                                 										27–29 zeigen den Wagen von unten gesehen
                              									bezw. dessen Motor von der rechten und der linken Seite. Der Motor ist einzylindrig
                              									und hat bei 100 mm Bohrung 100 mm Hub. Die Leistung wird bei 1400 Touren mit rund 6
                              									PS angegeben. Dieses Fahrzeug zeigt die bei grossen Automobilen übliche Konstruktion
                              									in den meisten Teilen. Wir finden an ihm sogar Truffault-Federdämpfer (s. S. 297 Fig. 35). Die
                              									Fahrzeuge werden serienweise hergestellt, und der Vertreter gibt an, dass die Fabrik
                              
                              									imstande ist, täglich bis zu zehn Wagen fertigzustellen. Das Chassis besteht aus
                              									zwei gestanzten Längsträgern und einem sogen. falschen Chassis, welches das
                              									Getriebe, sowie den Motor trägt. Die Teile sind durch fünf Querträger miteinander
                              									verbunden (siehe Fig. 27). Die Lager der
                              									Pleuelstange sind hydraulisch eingepresst. Der Vergaser, den man in Fig. 28, welche den Motor von der rechten Seite
                              									zeigt, rechts unten erkennt, ist ein Longuemare-Vergaser, o ist die Schwimmer-, p die Vergasungskammer. Die Wasserzirkulation wird
                              									durch eine Zahnradpumpe b (Fig. 29) unterstützt. An der Steuerwelle befindet sich das Zahnrad f (Fig. 28), welches
                              									mit Hilfe des zweiten Stirnrades i den Anker des
                              									Magnetapparates k antreibt. Auf der Steuerwelle
                              									befinden sich die beiden zur Ventilsteuerung dienenden Nocken nebeneinander. Von
                              									hier aus erfolgt auch der Antrieb der Wasserzirkulationspumpe, sowie der
                              									Zahnradpumpe der Schmiervorrichtung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 827
                              Fig. 27. Voiturette „Lion“ (Chassis von oben).
                              
                           Das Oel wird durch einen am Spritzbrett angebrachten
                              									Tropfenzähler, der die Regulierung der Oelabgabe erlaubt, geleitet. Die normale Type
                              									wird mit Batteriezündung geliefert. Der Induktionsapparat hat Trembleur.
                              									Magnetzündung kann auf Wunsch eingebaut werden, und zwar wählt die Firma dann einen
                              									Zündapparat nach System Eisemann. Der oberhalb des
                              									Auslassventiles t aus dem Ventilgehäuse e des Zylinders a
                              									hervorragende Druckstift r presst nicht, wie man auf
                              									den ersten Anblick denken möchte, das Saugventil zum Zweck des Anlassens oder
                              									richtiger gesagt der Kompressionsverminderung auf, denn der Motor hat nicht ein
                              									hängendes selbsttätiges, sondern ein neben dem Auslassventil t angeordnetes, gesteuertes Saugventil l.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 827
                              Fig. 28. Motor der Voiturelle „Lion“.
                              
                           Der Druckstift betätigt ein besonderes Dekompressionsventil.
                              									Er ist auch bei geschlossener Motorhaube zu erreichen, da sich in derselben eine
                              									entsprechende Oeffnung befindet. Die an dem Stift angebrachte Feder v presst diesen nach oben und somit in die
                              									Schlussteilung des Ventils. Der Ventilator d wird
                              									durch den Bock u getragen und hat Riemenantrieb. Die
                              									hierzu auf der Motorwelle angebrachte kleine Scheibe ist in den Fig. 28 und 29 mit
                              										c bezeichnet, a ist
                              									der Zylinder, q das Abführungsrohr für das heisse
                              									Wasser, das durch dieses Rohr zum Kühler fliesst, s die
                              									Zündkerze, e das Saugrohr, m das Schwungradgehäuse, n die Kupplung. Das
                              									äussere Schwungrad des Motors trägt einen Innenkonus, in welchem der mit der
                              									Getriebewelle in Verbindung stehende Aussenkonus steckt.
                           Der Geschwindigkeitswechsel arbeitet mit train balladeur und besitzt drei
                              									Geschwindigkeiten nebst Rückwärtsgang. Die Wellen laufen auf Kugellagern. Die
                              									Geschwindigkeiten werden durch einen Schalthebel eingerückt, der, wie bei grossen
                              									Wagen, rechts neben dem Führersitz liegt. Der Wagen besitzt Kettenantrieb. Man
                              									erkennt in Fig. 27 die Querwellen, die, von dem im
                              									Getriebekasten liegenden Differentialwerk kommend, nach beiden Seiten gehen und an
                              									ihren Enden die kleinen Kettenräder tragen. Um Verbiegungen des Rahmens und
                              									Ungenauigkeiten in der Montage unschädlich zu machen, sind in diese Wellen zwei
                              									Klauenkupplungen eingesetzt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 321, S. 827
                              Fig. 29. Motor der Voiturelle „Lion“.
                              
                           Die Steuerung arbeitet mit Schneckenrad. Ein neben dem Geschwindigkeitshebel
                              									liegender feststellbarer Bremshebel betätigt die Hinterradbremsen. Die Fussbremse,
                              									welche auf das Differentialwerk einwirkt, wird vom rechten Fusshebel bedient. Das
                              									Kupplungspedal drosselt beim Auskuppeln gleichzeitig das Gemisch. Ausser diesen
                              									beiden Pedalen ist noch ein kleineres, der Ralentisseur, angebracht, dessen man sich
                              									zur vorübergehenden Abdrosselung des Gemisches, z.B. beim Durchfahren einer Kurve
                              									bedient. Der Wagenmacht einen recht guten Eindruck.
                           Man sah auch auf der Ausstellung die viel besprochene Laurin
                                 										& Klement-Voiturette. Die Maschine des Wagens ist ein wassergekühlter
                              										V-förmiger Motor, der vorn unter einer Haube
                              									eingebaut ist. Der Wasserumlauf erfolgt nach dem Thermosyphonsystem. Der den vorderen Abschluss
                              									der Haube bildende Kühler ist in moderner Form gehalten. Die Saugventile sind nicht
                              									gesteuert. Das Gasgemisch entsteht in einem Spritzvergaser. Die Zündung ist
                              
                              									magnetelektrisch und als Abreisszündung ausgebildet. Die Geschwindigkeiten werden
                              									mit einem Handhebel geschaltet. Zwei vor dem Führersitz liegende Pedale dienen zum
                              									Auskuppeln, sowie zum Bremsen. Das Getriebe besitzt drei Vorwärtsgeschwindigkeiten
                              									und Rückwärtsgang. Die Drehbewegung wird durch Cardanwelle auf die geteilte
                              									Hinterradachse weitergeleitet. Zünd- und Drosselhebel liegen auf dem Handrad. Wo
                              									irgend möglich, sind für die Lagerung Kugellager verwendet.
                           Auch die Neckarsulmer Fahrradwerke haben jetzt einen
                              									kleinen Wagen. Die Maschine ist vierzylindrig und hat bei 68 mm Bohrung und 90 mm
                              									Hub etwa 5 PS (nach der neuen Formel). Die Ventile werden durch eine oberhalb der
                              									Zylinder liegende Nockenwelle gesteuert. Die Kühlung arbeitet ohne Pumpe. Das als
                              									Ventilator ausgebildete Schwungrad saugt die Luft durch den Kühler hindurch. Die
                              									Konuskupplung kann durch ein Pedal ausgerückt werden. Das Wechselgetriebe besitzt
                              									drei Geschwindigkeiten, die grosse mit direktem Eingriff, die Kraftübertragung
                              									erfolgt durch Cardanwelle. Zwei voneinander unabhängige Bremsen werden durch Pedal
                              									bezw. Handhebel bedient. Auf dem Handrade ist der Zündhebel für die Magnetzündung,
                              									System Eisemann, angebracht. Ebenso der Hebel für die
                              									Gaszufuhr. Der Vergaser besitzt selbsttätige Zusatzluftregulierung, der Rahmen
                              									besteht aus gepresstem Stahl.
                           Der Wagen der Société anonyme des Ateliers
                                 										Germain-Monceau besitzt aus gepresstem Stahl hergestellte Zylinder mit
                              									symmetrisch zu beiden Seiten liegenden Ventilen. Der Hub der Saugventile kann
                              									verändert werden. Die Kühlung des in den Zylindermänteln erhitzten Wassers erfolgt
                              									in einem Wabenkühler, der Wasserumlauf wird durch eine Pumpe bewirkt. Die
                              									Konuskupplung hat Federn unter dem Leder, wodurch ein sanftes Eingreifen ermöglicht
                              									wird. Es ist darauf Wert gelegt worden, dass sich der Auspufftopf leicht
                              									auseinandernehmen lässt, so dass seine Reinigung, die infolge zu reichlichen
                              									Oelgebens notwendig werden kann, leicht ausführbar ist. Der Hub der Saugventile wird
                              									vom Steuerrade aus durch den Fahrer eingestellt. Ein Zündhebel ist nicht vorgesehen,
                              									da sich die Zündung entsprechend der Tourenzahl unter Einwirkung des Regulators
                              									selbsttätig einstellt. Das Wechselgetriebe hat drei Geschwindigkeiten, von denen die
                              									grosse direkten Eingriff besitzt.
                           Beim Auskuppeln durch das Kupplungspedal kann gleichzeitig eine Art Ralentisseur in
                              
                              
                              									Tätigkeit gesetzt werden, wodurch das Durchgehen der Maschine verhindert ist.
                              									Ausgenommen am Motor sind allenthalben Kugellager verwendet. Vom Getriebe erfolgt
                              									die Weiterleitung der Drehbewegung mit Hilfe einer Cardanwelle. Die Hinterräder
                              									laufen auf dem aus Stahl gepressten Gehäuse des Differentials, so dass die vom
                              									Differential kommenden Wellen nur auf Torsion und nicht auf Biegung beansprucht
                              									werden. Es sind zwei Bremsen vorgesehen, deren eine Einwirkung auf die Cardanwelle
                              									hat. Sie wird durch ein Pedal betätigt. Die beiden Hinterradbremsen werden durch den
                              									neben dem Geschwindigkeitshebel liegenden Handhebel angezogen. Beide Bremsen sind
                              									mit der Kupplung so in Abhängigkeit gebracht, dass sie nicht eher greifen, bevor
                              									nicht die Kupplung ausgeschaltet ist. Es ist das eine Einrichtung, von der man mehr
                              									und mehr abkommt. Die Schmierung arbeitet unter dem Druck der Auspuffgase, die
                              									Oelrampe liegt am Spritzbrett und bedient ausser dem Motor auch das Wechselgetriebe
                              									usw.
                           Der Motoromnibus von H. Büssing, Braunschweig,
                              									welche Firma als Spezialität Motorlastwagen und Omnibusse für
                              									Verbrennungsmotoren baut, besitzt einen 18 PS bezw. 23 PS-Motor mit vier Zylindern.
                              									Die Nockenwelle für die Ventilsteuerung liegt über den Zylindern. Durch im
                              									Kurbelgehäuse angebrachte Schauklappen ist ein bequemes Revidieren der unteren
                              									Pleuelstangenlager möglich. Die Zündung ist eine magnetelektrische Abreisszündung.
                              									Die hohlen Kolbenbolzen erhalten das Schmieröl durch seitliche Einspritzung.
                              									Praktisch ist der am Kurbelgehäuse angebrachte Ueberlaufstutzen, welcher eine zu
                              									reichliche Schmierung verhindert. Durch diesen fliesst das überschüssige Oel in ein
                              									Gefäss, von dem es von Zeit zu Zeit abgezogen und wieder verwendet werden kann. Die
                              									Gaszufuhr steht unter Einwirkung eines Regulators. Der Führer kann die Tourenzahl
                              									des Motors nur verringern, es ist ihm dagegen unmöglich, den Motor schneller laufen
                              									zu lassen, als es der Regulator erlaubt. Das Getriebe besitzt drei bezw. vier
                              									Vorwärtsgeschwindigkeiten, natürlich auch Rückwärtsgang.
                           Eine Getriebebremse wird durch ein Fusspedal betätigt. Die beiden Hinterradbremsen
                              									werden durch einen Handhebel angelegt. Es ist dafür gesorgt, dass beide Bremsen der
                              									Hinterräder gleichmässig zur Anlage kommen, also nicht ein Rad früher gebremst wird,
                              									als das andere. Die Räder tragen Vollgummi. Die Kraftübertragung erfolgt durch
                              									Ketten. Eine federnde Druckstange, welche bis 20 mm nachgeben kann, gibt die
                              									fortschreitende Bewegung von den Hinterrädern an den Wagen weiter. Durch diese
                              									Konstruktion wird einer Ueberanstrengung des Getriebes und der Kette vorgebeugt. Der
                              									Omnibus kann durch die Auspuffgase des Motors beheizt werden.
                           Der Dampftriebwagen der Hannoverschen Waggonfabrik
                              									repräsentiert sich von aussen als ein zweiachsiger Personenwagen. An einer
                              									Stirnseite des Fahrzeuges ist der Führerstand angebracht. Man findet dort den
                              									Dampfkessel, sowie die Vorräte an Betriebsmaterialien und die Bedienungshebel für
                              									den Führer. Der Kessel ist nach dem System de Dion
                                 										Bouton gebaut, das bei kleinem Gewicht gestattet, einen Kessel zu bauen,
                              									welcher sehr schnell Dampf zu erzeugen vermag. Der Dampferzeuger besteht im
                              									wesentlichen aus vier ineinandergeschobenen Stahlblechzylindern. Die zwei äusseren
                              									Zylinder sowie die zwei inneren sind oben und unten durch kräftige Ringe eingefasst.
                              									Die Ringe sind durch zahlreiche Stehbolzen zusammengehalten, so dass der obere,
                              									sowie der untere Ring wie zwei Deckel auf die zugehörigen beiden Zylinder gepresst
                              									werden. In dieser Art entstehen zwei Hohlzylinder. Sie bilden das eigentliche
                              									Kesselgestell. Der äussere und der innere Hohlzylinder sind nun durch 702 schräg
                              									gestellte Siederöhren miteinander verbunden. Da die Hohlzylinder mit Wasser gefüllt
                              									sind, tritt dieses auch in die sie verbindenden Siederöhren ein. Die Siederöhren
                              									werden, wenn der Kessel geheizt wird, von den Flammen bestrichen, und es erfolgt in
                              									ihnen deshalb eine schnelle Verdampfung. Der Kessel ist selbstverständlich nicht bis
                              									oben hin gefüllt und darum bleiben auch die oberen Siederöhren wasserlos. Da sie
                              									aber von den Flammen ebenfalls berührt werden, erfolgt in ihnen eine Trocknung,
                              									unter Umständen sogar eine Ueberhitzung des Dampfes.
                           Der Hohlraum inmitten des Innenzylinders dient zum Einfüllen des Heizmaterials,
                              									ähnlich wie bei einem Füllofen. Der Feuerrost ist leicht zugänglich. Der
                              									Aschenkasten besitzt zwei nach unten schlagende Bodenklappen, welche das Reinigen
                              									und die Regelung des Luftzuges erlauben. Die Beheizung des Kessels geschieht mit
                              									Cokes oder Holzkohle, auch kann möglichst schlackenfreie Steinkohle Verwendung
                              									finden. Die Hauptabmessungen des Kessels sind: Wasserraum 124 l, Dampfraum 51 l,
                              									Rostfläche 0,3 qm,
                              									vom Wasser berührte Heizfläche 5,7 qm, vom Dampf berührte Heizfläche 2,7 qm.
                           Am Kessel findet man die notwendigen Armaturen, nämlich die Feder belasteten
                              									Sicherheitsventile, ein Manometer, Wasserstandsgläser und Probierhähne, Speiseköpfe,
                              									Abblasehahn, die Spindelventile der Speisepumpen, das Hauptdampfventil des Motors,
                              									Spindelventil zur Wagenheizung, zum Manometer, zum Ejektor, Hilfsgebläse und zum
                              
                              									Anwärmen des Speisewasservorrates. Ferner ist dort der Hahn für die Dampfpfeife und
                              									das Dampfläutewerk.
                           Der Kessel ist imstande, ohne Verwendung des Hilfsgebläses in 60–70 und mit
                              									Verwendung desselben in 30–40 Minuten Dampf von vorgeschriebenem Betriebsdruck zu
                              									liefern.
                           Die Dampfentwicklung wird gefördert durch grosse Zylinderfüllung und Verstärkung des
                              									Luftzuges durch Oeffnung des Drosselschiebers im Rauchkasten, ausserdem durch das
                              									schon erwähnte Hilfsgebläse. Soll die Dampferzeugung herabgesetzt werden, so ist das
                              
                              									durch kleinere Zylinderfüllung, Schliessung des Drosselschiebers, Aufziehen der
                              									Fallklappen des Aschkastens und reichliche Speisung des Kessels zu erreichen. Der
                              									Kessel muss, da er nur einen kleinen Wasserraum besitzt, recht gleichmässig gespeist
                              									werden.
                           Der Dampfmotor ist auf der einen Seite am Wagengestell nachgiebig aufgehängt und auf
                              									der anderen auf der Triebachse des Wagens gelagert. Die zweizylindrig ausgeführte
                              									Maschine arbeitet nach dem Verbundsystem. Der Hochdruckzylinder hat 116, der
                              									Niederdruck 170 mm Bohrung. Der Hub beider ist 140 mm. Beide Zylinder haben
                              									Dampfmäntel. Der Dampf strömt zunächst in den Mantel des Hochdruckzylinders, kommt
                              									dann durch den Schieberkasten in den Hochdruckzylinder, tritt von hier in den
                              									Schieberkasten des Niederdruckzylinders, und in letzteren, um endlich aus dem
                              									Niederdruckzylinder in dessen Dampfmantel und von dort in die Auspuffleitung zu
                              									strömen.
                           Die Kurbelversetzung beträgt 90°. Um das Anfahren zu erleichtern, kann auch der
                              									Niederdruckzylinder unmittelbar mit Kesseldampf gespeist werden. Zu diesem Zweck
                              									braucht nur ein dem Führer zugänglicher Schieber umgestellt zu werden. Nach
                              									erfolgter Umstellung tritt der Kesseldampf in den Dampfmantel des
                              									Hochdruckzylinders, von dort, wie schon oben erwähnt, in dessen Schieberkasten,
                              									ausserdem kann der Dampf aus dem Mantel des Hochdruckzylinders auch unmittelbar zum
                              									Schieberkasten des Niederdruckzylinders strömen. Der Auspuffdampf des
                              									Hochdruckzylinders fliesst unmittelbar in den Auspuffkanal.
                           Die höchst zulässige Tourenzahl ist 6–800.
                           Die Drehbewegung wird von der Motorwelle auf die Triebachse des Wagens unter
                              
                              									Vermittlung einer Vorgelegwelle übertragen. Auf der Motorwelle sind zwei Zahnräder
                              									von verschiedenem Durchmesser angebracht. Zwischen beiden liegt eine Klauenkupplung.
                              									Je nachdem man diese Kupplung in Mittelstellung lässt oder nach der rechten oder
                              									linken Seite verschiebt, ist der Motor vom Wagen losgekuppelt (Leerlauf), bezw. die
                              									kleine oder grosse Geschwindigkeit eingerückt. Die Zahnräder auf der Motorwelle
                              									kämmen mit Stirnrädern, die auf der Vorgelegwelle befestigt sind. Von der
                              									Vorgelegwelle endlich erfolgt die Kraftübertragung zur Triebachse des Wagens durch
                              									ein kräftiges Stirnrad. Der ganze Mechanismus ist eingekapselt. Die Umschaltung der
                              									Geschwindigkeiten wird durch einen am Regulierständer des Führerstandes angebrachten
                              									Schalthebel vorgenommen. Die Dampfzylinder und Schieber des Motors haben
                              									Zentralschmierung unter Vermittlung einer mechanisch angetriebenen Oelpresse. Die
                              									Zahnräder laufen im Oelbad. Die Zylinder besitzen Sicherheitsventile, um das
                              									Kondenswasser herauszulassen. Die Ausblasehähne, welche zur Entwässerung der
                              									Zylinder und der Schieberkästen dienen, werden durch einen neben dem Regulierständer
                              									befindlichen Hebel betätigt.
                           Die Dampfeinströmung wird durch einen Regulierschieber geregelt.
                           In das Dampfzuleitungsrohr ist ausserdem ein Absperrhahn eingeschaltet. Dieser Hahn
                              									kann unter Vermittlung eines Gestänges von der dem Führerstand entgegengesetzt
                              									liegenden Stirnwand des Wagens geschlossen werden. Beim Rückwärtsfahren ist daher
                              									der an der anderen Stirnwand im Gepäckraum sitzende Zugführer in der Lage,
                              									unabhängig vom Maschinisten den Dampfzufluss zu hemmen. Da im Gepäckraum auch noch
                              									eine Bremsspindel angebracht ist, kann durch den Zugführer der Wagen stillgestellt
                              									werden.
                           An dem schon erwähnten Regulierständer befinden sich drei Hebel Der rechts liegende
                              									dient zur Steuerung der Maschine für Vorwärts- und Rückwärtsgang, mit ihm wird auch
                              									die Füllung eingestellt. Es sind Rasten für Füllungen von 30, 40, 50, 60 und 70 v.
                              									H. vorgesehen.
                           Der Mittelhebel betätigt die Kupplung zwecks Einschaltung der verschiedenen
                              									Uebersetzungen.
                           Der linke Hebel endlich erlaubt es, beim Anfahren den Niederdruckzylinder mit
                              									Kesseldampf zu speisen und so den Motor als Zwillingsmaschine laufen zu lassen.
                           Die Speisepumpen sind so bemessen, dass jede einzeln den Wasserstand im Kessel zu
                              									halten imstande ist. Die Dampfzylinder der Speisepumpen haben kleine
                              									Zentralöler.
                           Die Oelzufuhr bei der Zylinderschmierung kann durch Einstellen des Presskolbens auf
                              									grossen oder kleinen Hub und noch in anderer Weise geregelt werden.
                           Der Wagen hat eine Hand- resp. Luftbremse mit acht Bremsklötzen. Im Notfalle kann der
                              									Führer auch Gegendampf geben.
                           Die Geschwindigkeit dieses Dampftriebwagens ist je nach dem für die besprochenen
                              									Zahnräder gewählten Durchmesser bei der kleinen Uebersetzung etwa 28, bei der
                              									grossen 50 km i. d. Stunde. Durch entsprechende Wahl der Zahnräder können die
                              									Geschwindigkeiten jedoch auch anders festgelegt werden. Dieser Dampftriebwagen ist
                              									nicht etwa dazu bestimmt, die Lokomotiven zu verdrängen, er dürfte sich aber für
                              									solche Strecken besonders gut eignen, bei denen sich der Lokomotivbetrieb als
                              									unwirtschaftlich erweist.