| Titel: | Der gegenwärtige Stand des Fördermaschinenbaus mit besonderer Berücksichtigung des elektrischen Antriebes. | 
| Autor: | K. Drews | 
| Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 242 | 
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                        Der gegenwärtige Stand des Fördermaschinenbaus
                           								mit besonderer Berücksichtigung des elektrischen Antriebes.
                        Von Ingenieur K. Drews.
                        (Fortsetzung von S. 228 d. Bd.)
                        Der gegenwärtige Stand des Fördermaschinenbaus mit besonderer
                           								Berücksichtigung des elektrischen Antriebes.
                        
                     
                        
                           In Fällen, wie sie auf Zeche Mathias Stinnes
                              									vorliegen, wo eine Anzahl von Fördermaschinen sich in ihren Belastungsschwankungen
                              									einigermaßen ausgleichen, ist der unmittelbare Antrieb durch Drehstrommotoren wohl
                              									in Erwägung zu ziehen. Der reine Drehstromantrieb hat, die Fördermaschine für sich
                              									betrachtet, den Vorzug größerer Einfachheit und vor allem geringerer
                              									Anschaffungskosten, denn es fällt ja der teure Schwungrad-Umformer mit Zubehör fort.
                              									Diese Verbilligung der Anlage kommt indes nur dann zur Geltung, wenn das Kraftwerk
                              									schon an und für sich so groß ist, daß es die doch immer vorhandenen
                              									Belastungsschwankungen ohne Nachteile für andere Energieverbraucher aufnehmen kann.
                              									Sonst könnten sehr leicht die Ersparnisse bei den Fördermaschinen durch die größeren
                              									Kraftmaschinen, Kessel u. dgl. aufgezehrt werden.
                           Die in gewissen Fällen mögliche Verbilligung der Anlage muß indes durch Aufgabe einer
                              									Reihe von Vorteilen sowohl betriebstechnischer wie wirtschaftlicher Natur, die den
                              									Gleichstrommaschinen mit Leonard-Schaltung eignen sind,
                              									erkauft werden.
                           Bei diesen entspricht einem bestimmten Ausschlage des Steuerhebels auch eine
                              									bestimmte Fördergeschwindigkeit, gleichgültig, ob Lasten gehoben oder eingehängt
                              									(gesenkt) werden. Die größte Fördergeschwindigkeit ist unabhängig von der Belastung
                              									der Förderkörbe durch die Grenzlagen des Steuerhebels festgelegt; der Führer kann
                              									die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf keinen Fall überschreiten. Daraus folgt
                              									natürlich eine außerordentlich einfache und sichere Steuerung der Fördermaschine,
                              									die an die Geschicklichkeit des Führers die denkbar geringsten Anforderungen stellt.
                              									Durch den auf S. 225 beschriebenen Sicherheitsapparat am Teufenzeiger kann ferner
                              									einmal eine bestimmte Beschleunigung beim Anfahren nicht überschritten werden, dann
                              									wird auch die Verzögerung rechtzeitig selbsttätig eingeleitet und so durchgeführt,
                              									daß der Förderkorb an der Hängebank zum Stillstand kommt.
                           Bei Antrieb durch Drehstrommotoren hängt die Fördergeschwindigkeit jedoch durchaus
                              									nicht allein von dem jeweiligen Hebelausschlag, sondern auch von der Belastung des
                              									Förderkorbes ab. Da ein Drehstrommotor bei negativer Belastung, also seitens der
                              									Last von außen angetrieben, nicht bremsend wirkt, sondern vielmehr seine Umlaufzahl
                              									erhöht, so muß er beim Einhängen von Lasten, bei der Revisionsfahrt usw. künstlich
                              									durch Anziehen der mechanischen Manövrierbremse belastet werden. Die Festlegung
                              									einer größten Beschleunigung und die selbsttätige Verzögerung gegen Ende der
                              									Fahrt ist hier nicht mit so überaus einfachen Mitteln durchführbar wie bei
                              									Gleichstrom, da beide ja sehr wesentlich von der Größe und dem Vorzeichen der Last
                              									abhängen. Die Drehstrom-Fördermaschine stellt also an die Geschicklichkeit,
                              									Aufmerksamkeit und Geistesgegenwart des Führers sehr hohe Ansprüche.
                           Da das Anlassen und die Geschwindigkeitsregulierung durch Widerstandsänderung im
                              									Rotorstromkreise bewirkt wird, so gehen hierbei sowie bei den kurzen Hubbewegungen
                              									zum Zwecke des Einhebens des Förderkorbes in die Hängebank große Energiemengen
                              									verloren. Eine Energierückgabe aus Netz in der Verzögerungsperiode ist nicht
                              									möglich; eine Geschwindigkeitsverminderung auf elektrischem Wege kann nur durch
                              									erneutes Einschalten von Widerstand oder durch Gegenstrom bewirkt werden, wobei
                              									ebenfalls Energie verloren geht. Eine Drehstromfördermaschine arbeitet mithin
                              									unwirtschaftlicher als eine Gleichstromfördermaschine mit Leonardschaltung; der
                              									Stromverbrauch hängt dort in hohem Maße von der Geschicklichkeit des Führers ab.
                           Was nun die Belastungsschwankungen betrifft, so müssen diese von der Zentrale
                              									aufgenommen werden. Eine Drehstromfördermaschine kann also nur angeschlossen werden,
                              									wenn die sonstigen angeschlossenen Energieverbraucher einen gewissen Abfall der
                              									Umlaufzahl der Generatoren dulden. Die Belastungsschwankungen können wohl ebenso wie
                              									bei Gleichstromfördermaschinen ferngehalten werden, und zwar durch eine
                              									Akkumulatorenbatterie. Aber dies erfordert natürlich einen
                              									Drehstrom-Gleichstromumformer, wodurch die Anschaffungskosten und Raumbeanspruchung
                              									wieder erheblichwachsen. Auch die direkte Kupplung eines Drehstrommotors mit der
                              									Trommelwelle ist gemeinhin schwieriger durchzuführen als bei einem Gleichstrommotor.
                              									Wenn bei Gleichstrommotoren normale Umlaufzahlen von 40-501. d. Min. ohne weiteres
                              									zu erreichen sind, so ist dies bei Drehstrommotoren bei der in Deutschland üblichen
                              									Periodenzahl 50 praktisch nicht möglich. Es muß mithin bei direkter Kupplung die
                              									Periodenzahl der Generatoren auf 25 herabgesetzt werden, was wieder mit
                              									Unzuträglichkeiten für die sonstigen angeschlossenen Betriebe verknüpft ist; oder
                              									man verzichtet auf die direkte Kupplung und fügt zwischen Motor- und Trommelwelle
                              									ein Zahnradvorgelege ein, was wiederum die Betriebssicherheit namentlich bei
                              									Seilfahrt beeinträchtigt. Trotz dieser nicht wegzuleugnenden Mängel sind dennoch
                              									eine ganze Anzahl Drehstromfördermaschinen im Betrieb, manche davon sind erst im
                              									vergangenen Jahr gebaut worden. Die A.E.G. in Berlin
                              									hat allein von 1900 bis 1908 29 Drehstromfördermaschinen geliefert. Eine der größten
                              									von der A.E.G. gebauten Fördermaschinen für
                              									unmittelbaren Antrieb durch einen Drehstrommotor befindet sich auf Schacht I der
                              									Zeche Preußen II der Harpener
                                 										Bergbau-Aktien-Gesellschaft in Dortmund. Die dortige Zentrale liefert
                              									Drehstrom von 2000 Volt und 25 Perioden.
                           Die Hauptdaten der Fördermaschine sind folgende:
                           
                              
                                 Teufe
                                 700
                                 m, vorläufig 560 m
                                 
                              
                                 Nutzlast
                                 2200
                                 kg in 4 Wagen
                                 
                              
                                 Höchstgeschwindigkeit
                                 16
                                 m/Sek. Lastfahrt
                                 
                              
                                 „
                                 5
                                 m/Sek. Seilfahrt
                                 
                              
                                 Stündliche Fördermenge
                                 100
                                 t
                                 
                              
                                 System
                                 Koepescheibe, 6 m 
                                 
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 242
                              Fig. 33. Schaltungsschema einer Drehstrom-Hauptschacht-Fördermaschine.
                              
                           Oberseil: 45 mm , Bruchlast 105 t; 1 m Seil wiegt 6,7
                              									kg;
                           Unterseil: Flachseil 100 mm breit, 15 mm dick; Bruchlast 66 t; 1 m
                              									Seil wiegt 6 kg.
                           Gewicht der toten Lasten: 1 Förderschale (2 Etagen) 4400 kg, I
                              									Wagen 350 kg
                           Größte Belastung des Seiles: 12300 kg
                           Motor: Drehstrommotor 2000 Volt; 56 Pole; 53,57 theoretische
                              									Umdrehungen i.d. Min.; Normalleistung 650 PS; Höchstleistung beim Anfahren 1380 PS;
                              									unmittelbar gekuppelt.
                           Sämtliche Steuerapparate sind unter Flur aufgestellt und nur zugänglich, wenn der
                              									Strom ausgeschaltet ist. Fig. 33 zeigt ferner das
                              									Schaltungsschema. Durch drei isolierte Kabel wird der von der Zentrale kommende
                              									hochgespannte Strom in das feststehende Gehäuse des Fördermotors eingeführt. In
                              									diese Zuleitung sind eingebaut ein Notausschalter und ein Umschalter. Zum Anlassen
                              									und zur Geschwindigkeitsregulierung der Fördermaschine dient ein
                              									Flüssigkeitswiderstand. Die Widerstandsänderung geschieht hier indes nicht wie bei
                              									dem Schlupfregler Fig.
                                 										17 (S. 194) des Ilgner-Umformers durch
                              									Eintauchen und Herausheben der Elektrodenbleche, sondern diese behalten ihre feste
                              									Lage und die Flüssigkeit steigt und fällt in dem Behälter.
                           Nach Fig. 33 besteht das Gehäuse des Anlassers aus
                              									zwei durch eine Wand getrennte Teile; in dem oberen befinden sich die
                              									Elektrodenbleche, von deren Klemmen je ein isoliertes Kabel an die Bürsten der
                              									Schleifringe des Rotors geführt ist. In der Scheidewand befinden sich
                              									Regulierklappen, die bei Stillstand des Fördermotors geöffnet sind, so daß die
                              									Flüssigkeit, hier Sodalösung, zwischen beiden Räumen stetig zirkuliert. Diese
                              									Zirkulation wird durch eine Kreiselpumpe bewirkt, die von einem kleinen
                              									Drehstrommotor angetrieben wird. Wie das Schema zeigt, wird für diesen Motor, sowie
                              									für den Ausklinkmagneten der Sicherheitsbremse die Spannung von 2000 auf 190 Volt
                              									umgeformt.
                           Der Umschalter, ein Oelumschalter, wird nicht direkt, sondern durch einen Hilfsstrom
                              									unter Verwendung eines kleinen Kontrollers betätigt. Dieser wird zusammen mit den
                              									Regulierklappen im Anlasser durch den Steuerhebel bewegt, dessen ganzer Ausschlag
                              									etwa 30° nach jeder Seite beträgt. Bei einem Ausschlage von 4° wird mittels des
                              									erwähnten Kontrollers der Oelumschalter eingeschaltet, wodurch der Stator des
                              									Fördermotors Strom erhält. Die Regulierklappen werden bei diesem Hebelausschlage
                              									noch nicht beeinflußt, der Motor kann sich daher nur langsam in Bewegung setzen.
                              									Erst bei weiterem Hebelausschlage wird Widerstand abgeschaltet und die
                              									Geschwindigkeit wächst. Beim Zurückführen des Hebels wird der Stromkreis des Motors
                              										wieder an der
                              									Stelle unterbrochen, an der das Einschalten erfolgt ist.
                           Da die kürzeste Zeit für das Ansteigen der Flüssigkeit im Elektrodenbehälter durch
                              									die Pumpenleistung bei geschlossenen Regulierklappen bestimmt ist, so ist die größte
                              									mögliche Beschleunigung festgelegt, der Führer kann sie nicht willkürlich steigern.
                              									Das stetige, nicht wie bei Metall widerständen stufenweise Abschalten von Widerstand
                              									beim Steigen der Flüssigkeit bewirkt ein gleichmäßiges, stoßloses Anfahren. Damit
                              									beim Schließen des Umschalters der Ankerstromkreis auch geschlossen ist, da der
                              									Motor sonst nicht anläuft, müssen die Elektroden selbst bei geöffneten
                              									Regulierklappen noch bis zu einer gewissen Tiefe eintauchen. Die Bremsvorrichtungen
                              									gleichen den oben beschriebenen der Gleichstromfördermaschinen. Ebenso wie dort sind
                              									hier eine Manövrierbremse für den gewöhnlichen Gebrauch und eine Sicherheitsbremse
                              									für Gefahrfälle vorhanden. Das Gestänge beider wirkt nach Fig. 33 auf vier Bremsbacken ein, die sich gegen die Bremskränze der
                              									Koepescheibe legen.
                           Bei der betriebsmäßigen Betätigung wird die Bremse durch einen vertikalen
                              									Druckluftzylinder angezogen, dessen Kolben vom Führer mittels des Bremshebels
                              									gesteuert wird. Das Umsteuern des Druckluftkolbens, d.h. die Betätigung der Bremse
                              									kann auch selbsttätig geschehen, und zwar beim Uebertreiben des Korbes über die
                              									Hängebank durch den Teufenzeiger, bei einer zufälligen Stromunterbrechung durch den
                              									in Fig. 33 unten sichtbaren Ausklink-Magneten, der
                              									für gewöhnlich ein Gewicht in der Schwebe hält. Tritt eine Stromunterbrechung ein,
                              									so läßt der Magnet das Gewicht fallen, das nun mittels eines Gestänges den
                              									Druckluftzylinder im Sinne des Anziehens der Bremse betätigt. In beiden Fällen wird,
                              									wie aus der Figur ersichtlich, zugleich der Notausschalter geöffnet. Sollte der
                              									Druckluftzylinder versagen, so tritt das Fallgewicht in Wirksamkeit, das mittels
                              									eines Fußtrittes vom Führer ausgelöst werden kann. Mit dem Anziehen der Bremse wird
                              									auch hier der Motor durch Oeffnen des Notausschalters stromlos.
                           
                              (Fortsetzung folgt.)