| Titel: | Amerikanische und moderne deutsche Kesselhaus-Bekohlungen. | 
| Autor: | J. Petersen | 
| Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 503 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Amerikanische und moderne deutsche
                           								Kesselhaus-Bekohlungen.
                        Von J.
                                 								Petersen-Berlin.
                        (Schluß von S. 483 d. Bd.)
                        Amerikanische und moderne deutsche
                           								Kesselhaus-Bekohlungen.
                        
                     
                        
                           Während in den oben beschriebenen Kesselhausanlagen der Kohlen und
                              									Aschentransport mittels Becherwerk erfolgte, haben sich in den letzten Jahren neue
                              									Methoden gefunden, welche denselben Zweck mit anderen Mitteln dienen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 503
                              Kessel-Bekohlungsanlage der Scioto Valley Traction Co.
                              
                           Eine solche Anlage ist vor einigen Jahren für ein Kesselhaus der Scioto Valley Traction Co. auf der Reese Station im
                              									Staate Ohio gebaut worden, welche infolge ihrer Gesamtanordnung interessant ist.
                              										(Fig. 17 u. 18.)
                           Der Kohlenwagen entleert seinen Inhalt in eine gemauerte Grube. Von hier aus wird die
                              									Kohle mittels Greifer durch eine Elektro-Hängebahn, je nach Bestimmung, entweder
                              									nach dem links liegenden Vorrat, oder nach dem Innern des Kesselhauses gefahren.
                           In der Längsrichtung des Kesselhauses befindet sich oberhalb des Kesselhausfußbodens
                              									der Vorratsbehälter A aus Eisenbeton mit einem
                              									Fassungsvermögen von etwa zwei Wagenladungen. Der Boden des Vorratsbehälters
                              									enthält zwei Schieber, die von dem Kesselhausfußboden aus mittels Kette bedient
                              									werden können. Der Vorratsbehälter entleert seinen Inhalt in einen fahrbaren
                              									Trichter, der mittels elektromotorischen Antriebes auf zwei Schienen an der
                              									Vorderseite der Kessel entlang fährt. Durch einen besonderen Schieber wird die Kohle
                              									dann den verschiedenen Kesseln zugeführt.
                           Falls die Kohle noch gebrochen werden muß, wird sie zuerst durch ein kurzes eisernes
                              									Transportband B von etwa 1,5 m Länge und 0,76 m Breite,
                              									das sich auf dem oberen Rand des Vorratsbehälters A
                              									befindet, nach dem Brecher C befördert, der eine Breite
                              									von etwa 900 mm hat und durch einen 20 PS-Motor angetrieben wird. Die feinere Kohle
                              									fällt direkt durch ein aus 52 × 13 mm Flacheisen hergestelltes Sieb in den großen
                              									Behälter.
                           Die Asche gleitet zunächst in kleine Trichter D, welche mit
                              									Schiebern versehen sind. Durch diese wird sie mittels Handschiebkarren durch
                              									Oeffnungen in der Kesselhausmauer in die Aschengrube befördert, die ungefähr einen
                              									Fassungsraum von acht Waggons hat.
                           Die Entleerung der Aschengrube erfolgt wieder durch den Greifer, der seinen Inhalt an
                              									einen Eisenbahnwagen weitergibt. Es zeigt sich hier derselbe Kreislauf des Materials
                              									wie bei den umlaufenden Becherwerken, d.h. die Asche gelangt an die Stelle hinaus,
                              									wo die Kohle hineingekommen ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 504
                              Fig. 19. Kessel-Bekohlungsanlage dei Hecker Flour Mills.
                              
                           Der Greifer hat eine Aufnahmefähigkeit von 1200 Kilo ungebrochene und 1500 Kilo feine
                              									Kohle.
                           Die fahrbare elektrische Einrichtung zum Heben des Greifers ist ausgerüstet mit einem
                              									Serien-Motor von 25 PS- und einem 5 PS-Motor zum horizontalen Transport.
                           Der Vorrat, der hier in diesem Falle besonders groß gedacht ist, kann auf 1000 t
                              									gebracht werden. Zur Aufnahme dient eine Zementgrube von etwa 10 m Breite und etwa
                              									50 m Länge. Die Leistungsfähigkeit der Gesamtanlage ist etwa 50 t i.d. Stunde.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 504
                              Fig. 20. Wagen zum Becherwerk von Bousse.
                              
                           Bei den beschriebenen Kesselhausbekohlungen gelangte die Kohle auf dem Landwege durch
                              									Waggons nach den Kesselhäusern. Erfolgt die Zufuhr auf Wasserstraßen mittels
                              									Schiffen oder Kähnen, dann sind andere Mittel zum Transport erforderlich. Hierzu
                              									gehören die beweglichen Schiffselevatoren, oder es können Krane oder Greifer
                              									Verwendung finden.
                           Vor kurzem wurde für die Hecker Flour Mills in
                              									Newyork eine Kraftanlage gebaut, deren Kohlenzufuhr hauptsächlich auf dem Wasserwege
                              									erfolgt.
                           Die Zeichnung (Fig. 19) gibt im wesentlichen die
                              									Anordnung und Einrichtung wieder.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 504
                              Fig. 21. Becherwerk von E. Schenk, G.m.b.H.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 504
                              Fig. 22. Becherwerk von Bleichert & Co.
                              
                           Nach dem Engineering Record haben die Kohlenvorratsbehälter eine Aufnahmefähigkeit
                              									von 1000 t. Unter normalen Verhältnissen werden diese von der Wasserseite aus
                              									gefüllt, jedoch ist die Möglichkeit vorgesehen, die Kohle durch einen besonderen
                              									Elevator auch von der Landseite einzubringen.
                           Erfolgt die Zufuhr mittels Kähnen, dann wird die Kohle durch einen auf einem Ausleger
                              									fahrbaren Greifer in die Höhe gezogen und in das Innere des Kessels gefahren,
                              									woselbst der Trichter A die Kohle zunächst aufnimmt.
                              									Durch einen verstellbaren Schieber des Trichters fällt das Material in den Wagen B, der auf einer Wiegevorrichtung ruht, so daß die
                              									hineingebrachten Mengen kontrolliert werden können. Nach dem Wiegen wird der Wagen
                              									auf einem Schienenstrang mittels Hand nach den verschiedenen Verteilungsstellen des
                              									Kohlenbehälters geschoben und entleert.
                           Mit Bezugnahme auf die obigen Kesselhausbekohlungen, die von amerikanischen Firmen
                              									gebaut sind, soll in nachstehendem auf einige neuere deutsche Methoden hingewiesen
                              									werden. Neben der Aufnahme von gewöhnlichen umlaufenden Bechern mit doppeltem
                              									Parallelstrang hat die deutsche Industrie in den letzten Jahren eigene Wege
                              									eingeschlagen. Zu diesen neuen Methoden gehören die umlaufenden Becherwerke, die es
                              									ermöglichen, nicht nur in einer Ebene beliebige Kurven zu beschreiben, sondern
                              									welche infolge ihrer Kettenkonstruktion die Ebene verlassen, und in andere übergehen
                              									können, die erstere beliebig kreuzen. Zu erwähnen sind hier die Bauarten von Bousse (Fig. 20), Schenk (Fig. 21) und der
                              									Einschienenförderer der Firma Bleichert & Co.
                              									Leipzig (Fig. 22).
                           Während die amerikanische Bauart den örtlichen Verhältnissen weniger anpassungsfähig-
                              									ist, können die erwähnten deutschen Konstruktionen in winklichen Bauten oder
                              									Lagerplätzen mit Vorteil Anwendung finden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 505
                              Fig. 23. Elektroseilbahnwagen von Bleichert & Co.
                              
                           Die Firma Bleichert & Co. hat in letzter Zeit für
                              									die Königl. Sächsische Artillerie-Werkstatt in Dresden eine
                              									Kesselhaustransportanlage mittels Einschienen-Becherwerk geliefert, bei der sowohl
                              									Kohle als auch Asche und Schlacke gefördert wirdZeitschr. d.V.d. Ing. 1908, S. 121 u. 313.. Die Becher
                              									dieses Förderers überdecken sich gegenseitig, so daß an allen Stellen des
                              									horizontalen Stranges die Aufgabe des Materials ohne besondere Vorkehrungen möglich
                              									ist. Ebenso kann das Entladen der Becher in die Hochbehälter durch fahrbare
                              									Kippvorrichtungen an allen gewünschten Stellen erfolgen.
                           Die Dresdener Anlage hat eine Kettenlänge von 115 m. Infolge der hauptsächlich
                              									vorherrschenden rollenden Reibung genügt der verhältnismäßig geringe
                              									Kraftbedarf von 5 PS.
                           Die stündliche Förderleistung beträgt ungefähr 20000 Kilo.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 505
                              Fig. 24. Elektrohängebahnwagen von Bleichert & Co.
                              
                           Neben anderen modernen Hilfsmitteln für Kesselhausbekohlungen sind noch die
                              									Drahtseilbahnen, Elektroseilbahnen (Fig. 23) und die
                              									Elektrohängebahnen (Fig. 24) zu erwähnen, welche
                              									speziell deutsche Erzeugnisse sind.
                           In solchen Fällen, wo sich das Kesselhaus in größerer Entfernung von der
                              									Entladestelle der zuzuführenden Kohle befindet, und bei der die Kohle nicht allein
                              									direkt nach dem Kesselhaus gefördert wird, sondern häufig auf einem abseits
                              									gelegenen Gelände zur Lagerung kommt, wie dies vielfach bei Gas- und
                              									Elektrizitätswerken der Fall ist, haben sich die Drahtseilbahnen gut bewährt. Eine
                              									der neuesten Anwendungen dieser Art ist die Kohlenförderanlage Zentrale Rummelsburg
                              									der Berliner Elektrizitätswerke, gebaut von A. Bleichert & Co.
                           Für den Innen- und Nahtransport in Gebäuden, deren Bau winklich ist, so daß die
                              									Förderbahn nicht in einer Ebene liegen kann, haben auch Elektrobahnen erwähnenswerte
                              									Anwendung gefunden.