| Titel: | Die Ausstellung deutscher Baumwoll-Erntebereitungsmaschinen und Palmöl- und Palmkern-Gewinnungsmaschinen. | 
| Autor: | Gustav Fischer | 
| Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 513 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Die Ausstellung deutscher
                           								Baumwoll-Erntebereitungsmaschinen und Palmöl- und
                           								Palmkern-Gewinnungsmaschinen.
                        Von Professor Dr. Gustav Fischer,
                           									Berlin.
                        (Schluß von S. 503 d. Bd.)
                        Die Ausstellung deutscher Baumwoll-Erntebereitungsmaschinen und
                           								Palmöl- und Palmkern-Gewinnungsmaschinen.
                        
                     
                        
                           Von Baumwollpressen waren drei deutsche Fabrikate ausgestellt, von den Firmen
                              										Fr. Haake,Berlin, Fried.
                                 										Krupp, Aktienges. Grusonwerk,Magdeburg-Buckau und Rittershaus und Blecher, Barmen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 513
                              Fig. 7. Ballenpresse von Fried. Krupp, A.-G. Grusonwerk
                                 										Magdeburg-Buckau.
                              
                           Die Presse von Krupp lehnt sich
                              									an amerikanische Vorbilder an, zeichnet sich aber vor ihnen durch die Verwendung
                              									vorzüglichen Materials aus, während die amerikanischen Pressen ziemlich leicht
                              									und unter weitgehender Benutzung von Holz hergestellt werden. Fig. 7 zeigt die Presse von Krupp. Um eine Säule sind an einem Schwenkarm zwei Preßkästen drehbar
                              									angeordnet, die abwechselnd als Vor- und Nachpresse dienen. Derjenige Kasten, der
                              									über dem Füllkasten steht, wird durch Einwerfen von Baumwolle in den Füllkasten und
                              										Hochgehen des
                              									Vorpreßkolbens gefüllt. Die Seitenwand des Füllkastens kann aufgeklappt werden, wenn
                              									die erste Füllung, die während des Oeffnens des Füllkastens durch Steckbolzen
                              									zusammengehalten wird, verstärkt werden soll.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 514
                              Fig. 8. Anlage zur Verarbeitung von Palmfrüchten von Haake.
                              Maßstab 1 : 200; A Niederlage für
                                 										Rohmaterial; B Arbeitsraum; C Trockenraum f. geschälte Samen; D Niederlage f.
                                 										Palmöl u. Palmkerne; E Dampfmaschinenhaus; F Kesselhaus; Maschinen und Apparate:
                                 										a Aufgabevorrichtung; b Elevator; c Schälmaschine; d Kochpfanne; e
                                 										Filterbatterie; f Kochkessel; g Packtisch; h Pressen; i Oelsammelbassins; k
                                 										Preßpumpwerk; l Absetzgefäße; m Raffinierkessel; n Entkernungsmaschine; o
                                 										Sortierzylinder; p Ausscheidebassin; q Dampfmaschine; r Dampfkessel; s
                                 										Hochreservoir
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 514
                              Fig. 9. Aufgebevorrichtung für Palmfrüchte von Haake.
                              
                           Ist eine genügende Menge in dem Preßkasten, so wird er so
                              									herumgeschwenkt, daß er über die Nachpresse kommt, wobei gleichzeitig der zweite
                              									Kasten über den Füllkasten zu stehen kommt. Während die neue Füllung und Vorpressung
                              									erfolgt, wird in dem ersten Kasten nachgepreßt. Die Vorpressung erfolgt mit 19000,
                              									die Nachpressung mit 90000 kg Gesamtdruck bei 150 Atmosphären Preßdruck. Krupp baut noch eine zweite Größe der Pressen, welche
                              									die Ballen mit einem Vierkolben-Preßpumpwerk mit 150000 kg zusammenpreßt. Bei
                              									beiden Pressen ist die Grundfläche der Ballen 1350 zu 650 mm, die Höhe ist bei der
                              									ersten Presse 850, bei der zweiten 700 mm. Daraus ergeben sich die Rauminhalte der
                              									Ballen 0,75 bezw. 0,615 cbm, die Raumgewichte entsprechend zu rd. 330 bezw. 410 kg :
                              									cbm. Den Kraftbedarf gibt die Firma zu 3,5 bezw. 6–7 PS an, die höchste stündliche
                              									Leistung zu 9–10 Ballen bei eingearbeiteten Leuten. Die Preßpumpe besitzt 2
                              									Druckstufen und ist mit Sicherheitsventil und Manometer versehen, die Ausrückung bei
                              									Erreichung eines unzulässig hohen Druckes erfolgt selbsttätig. Die Arbeit geht in
                              									der Weise vor sich, daß während des Füllens des einen Kastens der Ballen in dem
                              									anderen nachgepreßt und während des Bindens des fertiggepreßten Ballens der andere
                              									vorgepreßt wird. Dadurch wird ein gewisser Ausgleich in der Arbeit der Pumpe
                              									erreicht.
                           Die fertig gepreßten Ballen werden in je 2 Jutetücher eingenäht, die vor der Füllung
                              									in den Kasten eingelegt werden, und mit Bandeisen, mindestens an 6 Stellen,
                              									gebunden. Mit den deutschen Pressen wird ebenso wie bei den ägyptischen und
                              									indischen ein gut geformter und sauber genähter und gebundener Ballen erhalten,
                              									während die amerikanischen Ballen wegen der mangelhaften Form, der schlechten Jute
                              									und der wenig sorgfältigen Bindung berüchtigt sind.
                           Auch die Presse von Rittershaus und Blecher ist für
                              									große Leistungen gebaut, sie wird mit zwei auf einem Gleis verschiebbaren Preßkästen
                              									ausgerüstet, deren eine Wand in ganzer Höhe geöffnet werden kann. Außerdem sind in
                              									dem Oberteil, in welchem die Ballen nach der Fertigpressung liegen, noch zwei
                              									Klappen angeordnet, nach deren Oeffnen der Ballen freiliegt. Die Presse weicht nur
                              									in Einzelheiten von den englischen ab.
                           Wesentlich billiger und auch nicht so leistungsfähig, daher mehr für kleine Betriebe
                              									geeignet, ist die Presse von Haake. Sie besitzt nur
                              									einen Preßschacht, dessen unterer Füllraum mit einer seitlichen Klappe versehen ist.
                              									Die Pumpe hat zwei Paar Druckkolben, deren größere bei 30–40 Atm. selbstätig
                              									aussetzen, während die kleineren bis 200 Atm. aufdrücken. Die Presse kostet nur 4450
                              									M. gegenüber Preisen von 7000 und 8000 M. bei denen von Krupp und Rittershaus und Blecher. Außerdem
                              									ist sie so gebaut, daß auch der schwerste Teil, der Preßzylinder, nur unter 300 kg
                              									wiegt. Sie kann deshalb auch auf mangelhaften Koloniewegen transportiert werden.
                           Den Maschinen zur Baumwollerntebereitung schlössen sich in der Ausstellung einige
                              									Erzeugnisse aus deutscher Kolonialbaumwolle an, die von einigen Industriellen und
                              									der höheren Fachschule für Textilindustrie in München-Gladbach geschickt waren-
                           Ganz neu war in diesem Jahre die Ausstellung von Maschinen zur Palmöl- und
                              									Palmkerngewinnung. Gegenüber der primitiven Art, die Palmfrüchte in heißem Wasser
                              									auszulaugen und das Oel oben abzufüllen, zeigte die Ausstellung zwei
                              									maschinelle Einrichtungen. Die Palmölpresse von Fournier
                                 										& Co., Marseille, die in einem Schnittmodell dargestellt war, besteht
                              									aus einem Preßzylinder, in welchen die rohen Palmfrüchte eingefüllt werden. Den
                              									Verschluß bildet ein Schiebedeckel mit Haken, die sich über den oberen Rand des
                              									Zylinders klammern. Der Zylinder ist mit zahlreichen Lochern versehen, durch welche
                              									das Oel bei dem Aufwärtsgehen des Preßkolbens in der hydraulischen Presse ausläuft.
                              									Der obere Teil des Zylinders ist mit Röhren für den Durchfluß heißen Wassers
                              									umgeben, falls die Temperatur nicht, wie in den Tropen, zur Verflüssigung des Oels
                              									ausreicht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 515
                              Fig. 10 Längsschnitt, Fig. 11 Querschnitt durch die Palmfrucht-Schälmaschine
                                 										von Haake.
                              
                           Umfangreicher ist die Anlage, die Haake, Berlin, zur
                              									Palmöl- und Palmkerngewinnung gebaut hat und im Betrieb vorführte. Eine Anlage für
                              									5000 kg Palmfrüchte in 10 Stunden ist in Fig. 8
                              									dargestellt. Sie braucht im ganzen 10 bis 12 PS und stündlich 300 bis 400 kg
                              									Kochdampf. Zur Bedienung sind 15 bis 20 Arbeiter erforderlich. In der Schälkolonne
                              									werden die fleischigen Hüllen von den Nüssen in heißem Wasser gelöst. Dann wird aus
                              									dem Fleisch durch Kochen und Pressen das Oel gewonnen, und endlich werden die Nüsse
                              									aufgebrochen und die Schalen von den; Kernen getrennt. Die Frucht der Oelpalme hat
                              									in ihrem Bau insofern Aehnlichkeit mit einer Pflaume, als sie wie diese aus einer
                              									fleischigen Hülle und einer Nuß mit harter Schale und Kern besteht.
                           Die Schälkolonne besteht aus einem Einfüllrumpf (Fig.
                                 										9) mit anschließender Transportschnecke und Kettenelevator, der die rohen
                              									Früchte in den Vorkochapparat schafft, worauf sie in der Schälmaschine (Fig. 10 und 11) durch rasch
                              									umlaufende Messer m geschält werden. Für diese macht
                              									die Firma folgende Angaben:
                           
                              
                                 Stündliche Leistung in Rohmaterial
                                 250
                                 500 kg.
                                 
                              
                                 Durchm. u. Breite der Messertrommel
                                 600 × 400
                                 1000 × 400 mm
                                 
                              
                                 Umdrehungen i.d. Min.
                                 150
                                 120
                                 
                              
                                 Kraftverbrauch
                                 2–3
                                 4–5 PS.
                                 
                              
                                 Gewicht netto
                                 750
                                 1400 kg.
                                 
                              
                                 Preis ab Berlin
                                 1500
                                 2750 M.
                                 
                              
                           Das heiße Wasser, in dem das Schälen erfolgt, spült das
                              									abgeschälte Fleisch durch die Schlitze des langsam umlaufenden mit Hohlzapfen
                              									gelagerten Mantels S
                              									in die Kochpfanne K, in der frischer Dampf
                              									zugeführt wird. Der Schälschlamm wird von Hand herausgekratzt, das Wasser dagegen
                              									gelangt durch einen Rücklauf wieder in die Schälmaschine und wiederholt diesen
                              									Kreislauf so lange, als es noch Oel und Schlamm aufnehmen kann. Das gesättigte
                              									Wasser wird in einen Behälter abgelassen, in dem sich die Oelteile oben und der
                              									Schlamm unten absetzen; das Wasser wird nach einiger Zeit abgelassen. Statt des
                              									Absatzbassins wird auch wohl eine Filterbatterie benutzt. Der abgezogene Schlamm
                              									wird in hydraulischen Pressen ausgepreßt, die sich von den in unseren einheimischen
                              									Oelmühlen üblichen nicht wesentlich unterscheiden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 515
                              Fig. 12. Palmnuß-Entkernungsmaschine von Haake.
                              A Kleine Schalen und Schmutz; B
                                 										Kerne und Mittelschalen; C Ungebrochene Nüsse und große Schalen
                              
                           Die Nüsse werden aus dem Mantel der Schälmaschine durch eine Schnecke entfernt und
                              									dann in der Entkernungsmaschine durch rasch umlaufende Schleudern gegen harte
                              									Mantelflächen geworfen, damit die Schalen zerbrechen. Fig.
                                 										12 zeigt eine Entkernungsmaschine; die Nüsse werden in den Kasten a eingefüllt, aus welchem sie durch den Trichter b auf die Schleudern c
                              									gelangen und zerbrochen werden. Sie fallen dann durch den Rumpf d und Zulauf e in einen
                              									Siebzylinder f, dessen engeres Sieb Schmutz und andere
                              									kleine Teile absondert, und dessen unterer, weitmaschiger Teil die Kerne und Schalen
                              									hindurchfallen, ungebrochene Nüsse aber aus dem unteren Siebende austreten läßt. Die Trennung- der
                              									Schalen von den Kernen erfolgt in Salzwasser nach dem spezifischen Gewicht. Die
                              									Entkernungsmaschine verarbeitet stündlich etwa 400 kg Nüsse und braucht etwa 1 PS.
                              									Die Firma Haake baut auch Schäl- und
                              									Entkörnungsmaschinen für Handbetrieb; in Fig. 13 ist
                              									eine Handbrechmaschine dargestellt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 516
                              Fig. 13. Palmnuß-Handbrechmaschine von Haake.
                              
                           Interessant sind noch einige Angaben, die auf der Ausstellung gemacht wurden. In
                              									100 kg Oelpalmfrüchten sind enthalten:
                           
                              
                                 15–18
                                 kg
                                 Palmöl,
                                 
                              
                                 16–20
                                 „
                                 Palmkerne,
                                 
                              
                                 rd. 20
                                 „
                                 Preßrückstände,
                                 
                              
                                 rd. 40
                                 „
                                 Schalen.
                                 
                              
                           Die Palmkerne ergeben 40 v.H. Oel und 60 v.H. Oelkuchen.
                           Benutzt werden außer dem Palmöl die Oelkuchen als Viehfutter, daß Palmkernöl in der
                              									Seifen- und Kerzenfabrikation, die Schalen und Preßrückstände zur Feuerung. Hiervon
                              									wird ein Teil zur Erzeugung des Kochdampfes in der Anlage verbraucht.
                           Durch die maschinellen Verfahren der Oelgewinnung sind nach Angaben der Fa. Fournier folgende Verbesserungen erzielt worden: 100 kg
                              									Oel gewinnt die Maschine aus 500 kg Früchte bei 4 Mann Bedienung an einem Tage, zu
                              									der gleichen Menge brauchen die Eingeborenen 1500 Früchte und 45 Mann.
                           Der vom Kolonial-Wirtschaftlichen Komitee herausgegebene Führer durch die Ausstellung
                              									trägt mit Recht den Titel: Neue Maschinenindustriezweige. Die Ausstellung konnte der
                              									Neuheit der Aufgabe gemäß besondere und individuell durchgebildete Maschinen nur in
                              									geringem Umfang bieten, aber sie bewies, woran übrigens kein Kenner unserer
                              									Industrie zweifeln konnte, daß unsere Fabrikanten den Wettbewerb mit erfahrenen
                              									Firmen des Auslandes nicht scheuen, und daß die junge Kolonialmacht Deutschland
                              									rechtzeitig anfängt, sich die Hilfsmittel für die Verarbeitung seiner
                              									Kolonialerzeugnisse nach eigenen Bedürfnissen auszugestalten.