| Titel: | Zuschrift an die Redaktion. | 
| Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 538 | 
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                        Zuschrift an die Redaktion.
                        (Ohne Verantwortlichkeit der
                           								Redaktion.)
                        Die Betriebssicherheit der Heißdampf-Lokomotive,
                           								Bauart Schmidt.
                        Von C. Guillery, Kgl.
                           								Baurat.
                        Die Betriebssicherheit der Heißdampf-Lokomotive, Bauart
                           								Schmidt.
                        
                     
                        
                           Gegen die Heißdampf-Lokomotiven mit Kolbenschiebern, Bauart Schmidt, ist der Vorwurf mangelnder Betriebssicherheit
                              									erhoben wordenD. P. J.S. 164. d.
                                    											Bd., weil bei ihnen eine besondere Gefahr für das Entstehen von
                              									Wasserschlägen in den Dampfzylindern vorliegen soll. Als Gegenmittel wird die
                              									Verwendung der Lentzschen Ventilsteuerung empfohlen,
                              									für die auch der Vorzug geringerer Einlaßgeschwindigkeit des Dampfes gegenüber der
                              									Kolbenschiebersteuerung in Anspruch genommen wird. Der letztere Vorzug, der je nach
                              									der Art der Ausführung der Anhubkurven und nach der Größe des Ventilhubes bei der
                              										Lentzschen Ventilsteuerung theoretisch
                              									verhältnismäßig leicht erreicht werden kann, ist im vorliegenden Falle nicht hoch
                              									anzuschlagen, weil für den überhitzten Dampf erheblich kleinere Durchlaßquerschnitte
                              									genügen als für gesättigten. Bei der Anordnung gleich großen Hubs für die
                              									Ventilsteuerung einerseits und die Kolbenschiebersteuerung andrerseits würde dieser
                              									Vorzug der Lentzschen Steuerung ganz verschwinden. Die
                              									Anordnung weniger steiler Anhubkurven für die Einlaßventile der Lentzschen Steuerung ist zur Erzielung ruhigen und
                              									stoßfreien Laufes bei der hohen Umdrehungsgeschwindigkeit einer Lokomotivmaschine
                              									unbedingt notwendig und deshalb üblich.
                           Schwerer wiegt der Vorwurf der mangelnden Betriebssicherheit bei einer Lokomotive.
                              									Die Quelle der Unsicherheit soll nach den oben angezogenen Ausführungen eine
                              									mehrfache sein: 1. Soll sich in den Ueberhitzerrohren bei dem Stillstande der
                              									Lokomotiven Niederschlagwasser bilden, das beim Anfahren in die Dampfzylinder
                              									herübergerissen werden und dort Wasserschläge veranlassen kann, die möglicherweise
                              									zu Brüchen an den Zylindern und an Triebwerkteilen führen. Bei dem für die
                              									älteren Heißdampf-Lokomotiven verwendeten Rauchkammerüberhitzer liegt eine solche
                              									Möglichkeit infolge der Bildung von Wassersäcken bei längerem Stillstande der
                              									Lokomotive und undichtem Regler tatsächlich vor, die Gefahr läßt sich indessen
                              									erweisbar leicht vermeiden, wofür später Belege folgen. Inzwischen ist indessen der
                              									Rauchkammerüberhitzer längst zugunsten des in bezug auf die Bildung von Wassersäcken
                              									ungefährlichen und gegen Abkühlung besser geschützten Rauchröhrenüberhitzers
                              									verlassen.
                           An sich ist das Ueberreißen von Wasser in die Dampfzylinder auch nicht einmal
                              									geeignet, die Betriebssicherheit einer Heißdampf-Lokomotive zu beeinträchtigen. Für
                              									die Fahrt auf der Strecke ist diese Gefahr bei der Heißdampf-Lokomotive sogar
                              									wesentlich geringer, als bei Lokomotiven mit gesättigtem Dampf, so daß die
                              									Heißdampf-Lokomotiven, bspw. nach den Erfahrungen der italienischen Staatsbahn und
                              									der französischen Westbahn, mit höherem Wasserstande im Kessel fahren können, als
                              									sonst gleichartig gebaute Zwillings- oder Verbundlokomotiven mit gesättigtem
                              										DampfZeitg. d. Ver.
                                    											Deutsch. Eis.-Verw. S. 223..
                           Die besondere Gefahr für die Heißdampf-Lokomotiven wird an der angezogenen Stelle
                              									darin gefunden, daß: 2. die dabei früher verwendeten Kolbenschieber mit
                              									geschlossenen, nicht federnden Ringen, einem im Dampfzylinder auftretenden
                              									Ueberdruck gegenüber nicht nachgiebig sind wie Flachschieber, und deshalb das etwa
                              									in die Zylinder herübergerissene Niederschlagwasser nicht durchlassen können. In
                              									Frankreich werden aber Kolbenschieber bei Lokomotiven mit gesättigtem Dampfe
                              									verwendet, ebenso wie bei der Württembergischen und der Sächsischen Staatsbahn,
                              									ohne daß daraus Unzuträglichkeiten entstehen, sofern nur die einfachen
                              									Bedienungsvorschriften beachtet werden. Bei den jetzt allein mehr für
                              									Heißdampf-Lokomotiven üblichen aufgeschnittenen und deshalb federnden
                              									Dichtungsringen der Kolbenschieber genügt schon ein geringer, plötzlich auftretender
                              									Ueberdruck vom Zylinder aus, um die Ringe zusammenzudrücken und den Durchlaß etwa im
                              									Zylinder angesammelten Wassers zu ermöglichen, indem alsdann keine Zeit zum
                              									Druckausgleich mittels der in den Dichtungsringen, zur Vermeidung eines solchen
                              									Zusammendrückens im regelmäßigen Betriebe, angebrachten feinen Bohrungen
                              									verbleibt.
                           Nach den früher angezogenen Ausführungen sollen nun ferner: 3. die etwaiges
                              									Niederschlagwasser sonst zum Teil aufnehmenden toten Räume der Dampfzylinder
                              									allmählich durch Bildung von Krusten festgebrannten Schmieröls kleiner und die
                              									Gefahr der Wasserschläge dadurch vermehrt werden. 4. Sollen sich die an den
                              									Dampfzylindern angebrachten Sicherheitsventile leicht infolge von Verschmutzung
                              									festsetzen. Wie später nachgewiesen, treten diese Verschmutzungen, wie auch die
                              									Krustenbildungen in den toten Räumen, nur bei Verwendung eines ungeeigneten
                              									Zylinderschmieröls ein.
                           Eine Gefahr für das Entstehen von Wasserschlägen liegt aber, wie in der früher
                              									angezogenen Abhandlung mittelbar zugegeben wird, nur vor, wenn der Lokomotivführer
                              									bei dem Anfahren das Oeffnen der Ablaßhähne der Dampfzylinder unterläßt. Mit
                              									demselben Recht, mit dem unter solchen Bedingungen der Heißdampflokomotive ein
                              									Vorwurf gemacht werden soll, könnte man auch die Bauart eines Lagers tadeln, wenn
                              									der Lokomotivführer durch nachlässiges Oelen ein Warmlaufen desselben verschuldet
                              									hat.
                           Das Anlassen einer ortsfesten Dampfmaschine, das in der früher erwähnten Quelle zum
                              									Vergleich herangezogen wird, ist ein ganz anderer Fall als das Anfahren mit der
                              									Lokomotive eines schnell fahrenden Zuges. Vor allem hat das Anlassen von ortsfesten
                              									Betriebsdampfmaschinen in der Regel viel Zeit, indem dieselben, von besonderen
                              									Fällen wie bei Walzenzugmaschinen, Fördermaschinen und sonstigen Hebemaschinen
                              									abgesehen, meist höchstens viermal innerhalb 24 Stunden in Gang gesetzt werden. Für
                              									gewöhnlich ist sogar größte Behutsamkeit bei dem Anlassen solcher Maschinen
                              									unbedingt erforderlich, sei es, daß eine Transmission mit ihren Uebertragungsriemen
                              									oder -seilen daran hängt, oder daß sie mit einer Dynamomaschine unmittelbar
                              									gekuppelt sind. Etwaiges Niederschlagwasser wird daher leichter Zeit finden, durch
                              									die Lentzschen Ventile zu entweichen. Zu
                              									berücksichtigen ist aber, daß die Ablaßhähne unten an den
                              									Dampfzylindern angebracht sind, die Lentzschen Ein- und
                              									Ausströmventile dagegen bei Lokomotiven sämtlich oben. Dadurch, daß bei ortsfesten
                              									liegenden Maschinen die Lentzschen Auslaßventile unten
                              									angeordnet werden, sind diese wenigstens überhaupt befähigt, das Niederschlagwasser
                              									abzulassen. Durch die Ablaßhähne der Dampfzylinder tritt das Niederschlagwasser aber
                              									zum weitaus größten Teil schon während des ganzen Hingangs des Kolbens und zwar
                              									unter der Wirkung des vollen Drucks des in die Zylinder einströmenden frischen
                              									Dampfes aus. Bei einer Lokomotive mit Lentzscher
                              									Ventilsteuerung, ohne Anordnung besonderer Ablaßhähne, würde dagegen das
                              									Niederschlagwasser während des Vorwärtsgangs des Kolbens vor diesem hergeschoben und
                              									dann nach vollständiger Anfüllung der toten Räume mit Wasser zum Teil durch das
                              									geöffnete Lentzsche Einströmventil hindurch bis in den
                              									Einströmkanal gedrückt. Während der Ausströmzeit wird ein Teil des
                              									Niederschlagwassers mit dem ausströmenden Dampf unter dem Einströmventil her
                              									durch das geöffnete Auslaßventil in den Ausströmkanal geführt. Eine vollständige
                              									Entfernung des Niederschlagwassers, wie durch die Ablaßhähne oder durch die in dem
                              									Boden und Deckel der Dampfzylinder angeordneten Sicherheitsventile, kann durch die
                              									bei Lokomotiven obenliegenden Auslaßventile der Lentzschen Steuerung gar nicht stattfinden. Der die toten Räume der Dampfzylinder ausfüllende Teil des
                              									Niederschlagwassers wird vielmehr durch den Kolben im Zylinder hin und her
                              									geschleudert und kann nur allmählich durch die schwache Einwirkung des niedrig
                              									gespannten ausströmenden Dampfes, infolge von Mischung mit diesem und von
                              									Verdunstung, aufgezehrt werden. Dieses Hin- und Herschleudern des
                              									Niederschlagwassers durch die Lentzschen Ventile
                              									hindurch ist die Ursache des von Herrn ter Meer an
                              									einer ortsfesten liegenden Dampfmaschine mit Lentzscher
                              									Steuerung, ohne Ablaßhähne an den Zylindern, beobachteten „Flatterns“ der
                              									Ventile bei reichlicher Ansammlung von Niederschlagwasser in den ZylindernZeitschr. d. Ver. Deutsch. Ing. 1905 S.
                                    											79.. Bei einer Lokomotive mit obenliegenden Ausströmventilen
                              									würde ein Flattern der Ventile weit bedenklicher werden können, zumal mit Rücksicht
                              									auf die möglichste Beschleunigung des Ingangbringens einer schnellfahrenden
                              									Lokomotive, sowie auch auf den Umstand, daß der Lokomotivführer behindert ist, die
                              									Ventile stets im Auge zu behalten und rechtzeitig einzugreifen. Auch besitzen die
                              									großen Lentzschen Ventile eine immerhin zu
                              									berücksichtigende Masse, und außer dem statischen Druck treten dynamische Wirkungen
                              									bei dem Gegenstoß des Wassers auf. Ferner sind die Ventile durch kräftige
                              									Schlußfedern belastet. Wenn von Herrn ter Meer ein
                              									Ueberdruck von 1½ bis 2½, Atm. als ausreichend zum Anheben eines Lentzschen Einströmventils bei der Ansammlung einer
                              									erheblichen Menge Niederschlagwasser im Zylinder einer ortsfesten liegenden Maschine
                              									wirklich durch unmittelbare Messung ermittelt worden, so muß hierbei die Spannung
                              									der Ventilfeder sehr gering gewesen sein und es müssen außerdem besonders günstige
                              									Umstände obgewaltet haben. Beträgt bspw. die Vorspannung einer solchen Ventilfeder
                              									90 kg, das Ventilgewicht 5 kg und der Dampfdruck gegen die Spindel 55 kg, die
                              									Belastung also 90 + 5 – 55 = 40 kg, so ergibt sich für das in Fig. 1 skizzierte Ventil, unter der Annahme
                              									vollständig dichten Schlusses der Sitzflächen, der zum Anheben des Ventils
                              									erforderliche Ueberdruck im Zylinder zu mindestens:
                           
                              \frac{40}{0,025 \cdot 15 \cdot \pi}\mbox{ Atm.}
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 538
                              Fig. 1.
                              
                           Unter der bei gut dichtenden Ventilen durchaus möglichen Annahme eines Vakuums
                              									zwischen den Sitzflächen, könnte aber der erforderliche Ueberdruck bei einem
                              									Schieberkastendruck von 12 Atm. die außerordentliche Größe von
                           
                              \frac{40+(0,3+0,025+03) \cdot 15 \cdot i \cdot 12}{0,025 \cdot 15 \cdot
                                 										\pi}=334\mbox{ Atm.}
                              
                           erreichen. In der Wirklichkeit wird der Druck sich durchweg zwischen diesen
                              									beiden äußersten Grenzwerten halten und nur unter der Annahme mangelnden
                              									Dichthaltens der Ventile und dadurch ermöglichten Eindringens des Druckes zwischen
                              									die Sitzflächen könnte der errechnete Minimalwert unterschritten werden. Der Einfluß
                              									dynamischer Wirkungen auf die Erhöhung des erforderlichen Oeffnungsdruckes ist dabei
                              									noch nicht einmal berücksichtigt.
                           Bei den Lokomotiven mit Lentzscher Ventilsteuerung kann
                              									allerdings das Wasser auch durch die oben liegenden Auslaßventile austreten, da
                              									diese laut dem in Fig. 17 des Osthoffschen Aufsatzes
                              									gegebenen Schaulinien gegen den Dampfdruck im Zylinder durch eine Feder von etwa 175
                              									kg Vorspannung und 5 kg Gewicht = 180 kg angedrückt werden und sich infolge eines
                              									Ueberdruckes im Zylinder, wie er bei Wasserschlägen eintritt, gerade so öffnen
                              									können wie die Einlaßventile. Da die Auslaßventile genau dieselben Abmessungen haben
                              									wie die Einlaßventile, so sind auch für die Rechnung dieselben Zahlen wie in der
                              									Figur angegeben, einzusetzen.
                           Um die Belastung von 180 kg zu überwinden, ist demnach ein Druck im Zylinder
                              									erforderlich von
                           
                              \frac{180}{0,025 \cdot 15 \cdot \pi}\mbox{ Atm.,}
                              
                           wobei angenommen ist, daß die Ventile so dicht sind, daß der
                              									Druck im Zylinder nicht zwischen die Dichtflächen eindringt, was bei sehr gut
                              									schließenden Ventilen und plötzlich auftretenden Wasserschlägen unbedingt vorkommen
                              									kann. Schließen die Ventilsitze aber schlecht, so kann allerdings der Druck zwischen
                              									die Dichtflächen eindringen. Nimmt man z.B. an, daß zwischen den Dichtflächen der
                              									halbe Druck entsteht, wie das gewöhnlich angenommen wird, so ist zur Ueberwindung
                              									der Belastung von 180 kg ein Druck im Zylinder erforderlich von
                           
                              \frac{180}{(0,3+0,025) \cdot 15 \cdot \pi}=12\mbox{ Atm.}
                              
                           d.h. bei 12 Atm. Eintrittspannung ist das Ventil schon in
                              									Gefahr, nicht mehr ganz dicht zu sein. Die Belastung darf also keinesfalls geringer
                              									als 180 kg sein, wahrscheinlich aber ist sie in vielen Fällen größer, um ein
                              									sicheres Dichthalten während der Einströmzeit zu erreichen.
                           Da der zwischen den Dichtflächen entstehende Druck immer von der Beschaffenheit der
                              									Flächen abhängig sein wird und im Augenblick des Wasserschlages kaum für die
                              									Eröffnung des Ventiles zur Wirkung kommen kann, so sieht man, wie unsicher es ist,
                              									sich auf die Wirkung des oben sitzenden Auslaßventils bei Wasserschlägen zu
                              									verlassen, und daß leicht Drücke von zerstörender Wirkung auftreten können, bevor
                              									die Ventile sich öffnen.
                           Tatsächlich sind auch selbst bei stationären Dampfmaschinen mit Lentzscher Ventilsteuerung, trotz der unten sitzenden
                              									Auslaßventile, mehrfach Zylinderbrüche infolge von Wasserschlägen vorgekommen und
                              									werden infolgedessen neuerdings von den meisten Fabriken, welche diese Maschinen
                              									ausführen, besondere Sicherheitsventile an den Zylindern angebracht.
                           Da nun aber das Entstehen von Wasserschlägen bei einer mit Ablaßhähnen versehenen Schmidtschen Heißdampflokomotive nur infolge einer
                              									sträflichen Unterlassung und groben Fahrlässigkeit in der Wartung der Lokomotive
                              									möglich ist, so wäre bei dem Lentzschen Ventil auch der
                              									Fall zu berücksichtigen, daß der die Ventilgehäuse einschließende, unter
                              									regelrechten Verhältnissen vollständig dampf- und staubdichte Kasten undicht werden
                              									und daß die sonst nahezu reibungslos geführten Ventile sich dann infolge von
                              									Verschmutzung festklemmen können. Bei einer Heißdampflokomotive mit Lentzscher Ventilsteuerung würden daher die Ablaßhähne
                              									auch kaum entbehrt werden können. Durch Anwendung eines lichten Durchmessers von 100
                              									mm für die Sicherheitsventile der Zylinder großer Schnellzuglokomotiven kann
                              									indessen auch bei Rauchkammerüberhitzern aller Gefahr begegnet werden, ohne jede
                              									weitere Vorsichtsmaßregel für das Ingangsetzen der Lokomotiven. Anderseits können
                              									die Sicherheitsventile auch bei der Kolbenschiebersteuerung ganz entbehrt werden,
                              									wenn bei dem Ingangsetzen der Heißdampflokomotiven die erforderliche Umsicht
                              									beobachtet wird. Die Belege für diese und andere Angaben werden am Schluß
                              									angefügt.
                           Die Zylinderablaßhähne müssen auch vor dem Ingangsetzen einer mit gesättigtem Dampf
                              									arbeitenden Lokomotive, nach, längerem Stillstande derselben, stets geöffnet werden,
                              									so daß die Heißdampflokomotiven nicht der Vorwurf einer diesbezüglich erforderlichen
                              									besonderen Vorsicht trifft.
                           Das einzige vollständig Zutreffende ist in der hier besprochenen Abhandlung nur
                              									berührt, nämlich die infolge der höheren Kolbendrucke naturgemäß größere Neigung der
                              									Heißdampflokomotive zum Schleudern, die wiederum eine unausbleibliche Folge der im
                              									Verhältnis zu ihrem Gewicht größeren Zugkraft der Heißdampflokomotive ist, bedingt
                              									durch die Möglichkeit der Anwendung größerer Zylinderdurchmesser und durch den
                              									höheren spezifischen Durchschnittsdruck des überhitzten Dampfes.
                           Die Maschinenführer wissen der etwas vermehrten Gefahr des Schleuderns bei
                              									Heißdampflokomotiven sehr wohl zu begegnen, indem sie vorsichtig anfahren und
                              									rechtzeitig die Steuerung etwas zurücklegen, ohne die Stellung des Reglers zu
                              										verändernvgl. R. Kreck
                                    											„Gut Heiß!“. Berlin 1908. Dem gehaltvollen kleinen Buch wünsche ich
                                    											von Herzen die vorbehaltene Uebersetzung in alle Sprachen..
                           Demnach ist die Betriebssicherheit einer Heißdampflokomotive stets mindestens so groß
                              									wie die einer jeden Lokomotive mit gesättigtem Dampf, auch wenn sie noch mit dem
                              									längst aufgegebenen Rauchkammerüberhitzer und mit den ebenfalls nicht mehr
                              									ausgeführten geschlossenen, und deshalb nicht federnden Dichtungsringen der
                              									Kolbenschieber versehen ist. Von W. Schmidt waren
                              									übrigens von Anfang an federnde Dichtungsringe für die Kolbenschieber vorgesehen,
                              									ebenso wie die ersten Heißdampflokomotiven den in dem grundsätzlichen Aufbau dem
                              									jetzigen Rauchröhrenüberhitzer gleichkommenden Flammrohrüberhitzer besaßen. Bei den
                              									Heißdampflokomotiven ist nur ein Durchschnittsmaß von Umsicht aufzuwenden, um ihren
                              									besonderen Eigentümlichkeiten auf Grund der jetzt schon alten Betriebserfahrungen
                              									gerecht zu werden.
                           Gegen den Schluß des diese Erörterungen veranlassenden Aufsatzes werden
                              									Beschädigungen erwähnt, die an Triebwerkteilen und Zylindern von
                              									Heißdampflokomotiven mit Rauchkammerüberhitzer und geschlossenen Dichtungsringen der
                              									Kolbenschieber vorgekommen sind. Eine bezügliche Anfrage bei einer Anzahl
                              									Eisenbahnverwaltungen, die eine größere Anzahl Heißdampflokomotiven zum Teil schon
                              									längere Zeit im Betrieb haben, hatte folgendes Ergebnis.
                           Italienische Staatsbahn: Beschädigungen an
                              									Heißdampflokomotiven durch Wasserschläge sind nicht vorgekommen. Die Lokomotiven
                              									bewähren sich dauernd aufs beste.
                           
                           Böhmische Nordbahn: Der Lokomotivführer stellt 3 bis
                              									4 Minuten vor dem Ingangsetzen der Lokomotive die Ausgleichventile für Leerfahrt so
                              									ein, daß die vorderen und hinteren Räume der Dampfzylinder miteinander verbunden
                              									sind und öffnet den Regler. Hierdurch öffnen sich gleichzeitig die
                              									Ueberhitzerklappen, die Feuergase umstreichen und erwärmen die Ueberhitzerrohre, und
                              									der erste darin niedergeschlagene und wieder verflüchtigte Dampf geht durch die
                              									Zylinderräume mit Benutzung der Ausgleichventile hinaus. Der später nachströmende
                              									Kesseldampf findet vorgewärmte Ueberhitzerrohre und Dampfzylinder. Erhebliche
                              									Verkrustungen durch festgebranntes Oel entstehen nur bei Verwendung von Schmierölen
                              									mit zu niedrigem Entflammungspunkt. Im übrigen genügt eine etwa alle Vierteljahre
                              									vorgenommene Reinigung der Dampfschieber und Zylinder. Brüche sind nicht
                              									vorgekommen, Sicherheitsventile an den Dampfzylindern werden
                                 										nicht angewendet.
                           Rhätische Bahn: Durch Anbringen eines Wasserhahnes an
                              									geeigneter Stelle kann dem Ansammeln von Niederschlagwasser bei undichtem Regler
                              									vorgebeugt werden. Schäden durch Wasserschläge sind nicht vorgekommen. Die
                              									Krustenbildung in den Zylinderräumen ist bei den Heißdampflokomotiven nicht stärker
                              									als bei den Lokomotiven mit gesättigtem Dampf.
                           Belgische Staatsbahn: Beschädigungen durch Wasserschläge
                              									infolge Undichtheit des Reglers werden vermieden durch Anwendung eines Durchmessers
                              									von 100 mm für die Sicherheitsventile der Dampfzylinder.
                           Württembergische Staatsbahn: Der Vorwurf besonderer Gefahr
                              									für Wasserschläge bei Heißdampflokomotiven findet keine Bestätigung. Schäden
                              									durch Wasserschläge sind namentlich bei Naßdampflokomotiven mit Kolbenschiebern,
                              									aber ohne Sicherheitsventile an den Zylindern, vorgekommen. An Heißdampflokomotiven
                              									sind Schäden nur in zwei Fällen vorgekommen, und zwar infolge von Nichtbeobachtung
                              									der Vorschriften seitens der Bedienungsmannschaft.
                           Der Ueberhitzer wird vor dem Ingangsetzen der Lokomotive angewärmt, wie bei der
                              									Böhmischen Nordbahn. Krustenbildung an Zylindern und Schiebern ist nicht beobachtet,
                              									Festsetzen oder Festbrennen der Sicherheitsventile ist nicht vorgekommen, die
                              									letzteren werden an Auswaschtagen regelmäßig nachgesehen.
                           Bayerische Staatsbahn: Außer den auch an den
                              									Niederdruckzylindern der Verbundlokomotiven mit gesättigtem Dampf üblichen
                              									Sicherheitsventilen werden besondere Vorsichtsmaßregeln nicht angewendet,
                              									Beschädigungen der Maschinenteile durch Wasserschläge sind nicht vorgekommen.
                           Sächsische Staatsbahn: Ungünstige Wahrnehmungen bei
                              									Heißdampflokomotiven mit Rauchröhrenüberhitzer sind nicht gemacht worden; nach den
                              									bisherigen Erfahrungen sind keine Gründe vorhanden, Beschädigungen durch
                              									Wasserschläge zu befürchten.
                           Durch Wiedergabe dieser dankenswerten Mitteilungen wird am besten verhindert werden,
                              									daß irgendwo wieder Fehler aus der Zeit der Kinderkrankheiten der
                              									Heißdampflokomotiven begangen werden. Hiermit ist aber auch wohl das letzte Bedenken
                              									weggeräumt.
                           
                              (Fortsetzung folgt.)