| Titel: | Zuschrift an die Redaktion. | 
| Autor: | Schmidt | 
| Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 554 | 
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                        Zuschrift an die Redaktion.
                        (Ohne Verantwortlichkeit der
                           								Redaktion.)
                        Die Betriebssicherheit der Heißdampf-Lokomotive,
                           								Bauart Schmidt.
                        (s. a. S. 540 d. Bd.)
                        Die Betriebssicherheit der Heißdampf-Lokomotive, Bauart
                           								Schmidt.
                        
                     
                        
                           Im Interesse einer gründlichen Klärung der Frage, ob Kolbenschieber- oder
                              									Ventilsteuerung bei Heiß- und auch Naßdampflokomotiven vorteilhafter ist, und bei
                              									der großen Bedeutung dieser Frage für die beteiligten Bahnverwaltungen erscheint mir
                              									eine eingehende Erörterung der in der Zuschrift des Herrn Guillery, S. 537, angezogenen Punkte erforderlich.
                           Zur Entkräftung des Vorwurfes mangelnder Betriebssicherheit der mit Kolbenschieber
                              									ausgerüsteten Schmidtschen Heißdampflokomotiven werden
                              									diesbezügliche Mitteilungen fremder Bahnverwaltungen, nicht aber solche der
                              									Preußischen Staatsbahnen, angeführt. Die Preußischen Staatsbahnen haben die
                              									Heißdampflokomotiven zuerst eingeführt und haben seither die größte Anzahl im
                              									Betriebe. Daher dürften die Preußischen Staatsbahnen auch die weitest gehenden und
                              									langjährigsten Erfahrungen bez. der Heißdampflokomotiven im allgemeinen und der
                              									Wasserschläge im besonderen besitzen. Gleiches dürfte für. die Lokomotivführer der
                              									Preußischen Staatsbahnen bez. Behandlung und Wartung dieser Lokomotivgattung
                              									zutreffen.
                           In den jetzt auch zu einem Abonnementspreis von 2 M. vierteljährlich an
                              									Privatpersonen abgegebenen amtlichen „Mitteilungen des Kgl.
                                 										Eisenbahn-Zentralamts“ zu Berlin steht nun im 22. Heft vom 15. Mai 1909
                              									unter No. 428, daß auch in letzter Zeit noch Zylinderbrüche an Heißdampflokomotiven
                              									beobachtet sind, und werden u.a. die Eisenbahndirektionen ersucht, gegebenenfalls
                              									Vorschläge zu machen zur Verstärkung der Zylindergußstücke etwa durch Anbringen
                              									von Knaggen und Einziehen von Zugschrauben. Beschädigungen an den Zylindern und
                              									Deckeln der Schmidtschen Heißdampflokomotiven treten
                              									hiernach also auf und werden nicht etwa durch Hinweis auf die peinlichste Beachtung
                              									der Bedienungsvorschriften dieser Lokomotivgattung zu verhüten gesucht, sondern
                              									durch bauliche Aenderungen am Zylindergußstück.
                           In der Zuschrift werden die bisher vorgekommenen Fälle von Beschädigungen infolge
                              									Wasserschlags einfach auf das Nichtbeachten von Bedienungsvorschriften und grobe
                              									Fahrlässigkeit zurückgeführt. Das bedeutet, eine Betriebssache vom grünen Tisch aus
                              									behandeln. Der Lokomotivführer muß vielmehr im Besitz einer Maschine sein, deren
                              									bauliche Ausbildung bei normalen Ansprüchen an die Zuverlässigkeit und
                              									Geschicklichkeit des Führers Beschädigungen, welche kostspielige Erneuerungen
                              									erfordern und gegebenenfalls den Zugbetrieb durch Unbrauchbarwerden der
                              									Zuglokomotive empfindlich stören können, unter allen Umständen völlig
                              									ausschließt.
                           Die Lokomotivführer sind bei aller Gewissenhaftigkeit und Zuverlässigkeit auch nur
                              									Menschen und daher Fehlern unterworfen. Bei mehrfacher Besetzung von Lokomotiven
                              									fahren die Führer meist abwechselnd auf Heiß- und Naßdampflokomotiven. Ist nun ein
                              									Führer längere Zeit zufällig nur auf Naßdampflokomotiven gefahren, so ist ihm, auch wenn er
                              									die Bedienungsvorschriften genau kennt, naturgemäß die praktische Behandlung der
                              									Heißdampflokomotive nicht mehr so geläufig, daß er bei dem ohnehin schon so große
                              									Aufmerksamkeit erfordernden Fahrbetriebe nicht einmal gegen die
                              									Bedienungsvorschriften verstoßen sollte. Ebenso etwa (in etwas übertriebenem Maße)
                              									wie man von einem Lokomotivführer, welcher lange Zeit nur Güterzüge mit Handbremse
                              									gefahren hat, nicht verlangen kann, daß er ohne weiteres vollkommene Sicherheit in
                              									der Behandlung der Westinghousebremse auf Personenzügen besitzt.
                           Die in bezug auf das Fehlen der Wasserschläge für die Schmidtschen Heißdampflokomotiven günstigen Mitteilungen der fremden
                              									Bahnverwaltungen erklären sich vielleicht folgendermaßen: Meist werden nur die
                              									Brüche an Zylindern und evtl. Deckeln, welche unmittelbar mit dem Wasser in
                              									Berührung kommen, auf Wasserschlag zurückgeführt. Beschädigungen an den übrigen
                              									durch Wasserschlag so enorm (vgl. S. 167) beanspruchten Teilen (Kolben,
                              									Kolbenstange, Kreuzkopf, Kurbelzapfen, Treibachse und Rahmen) des im erweiterten
                              									Sinne aufzufassenden Triebwerks werden dagegen einfach auf im Verhältnis zur
                              									Vergrößerung der Heißdampfzylinderdurchmesser zu geringe Materialstärken
                              									zurückgeführt. Wahrscheinlich bildet bei diesen Bahnverwaltungen einer von den
                              									letzteren Teilen die schwächste Stelle im Triebwerk. So z.B. sind bei den Schmidtschen Heißdampflokomotiven auf russischen Bahnen
                              									nach einer Mitteilung von Herrn Prof. Stumpf in Berlin
                              									Verbiegungen von Schubstangen infolge Wasserschlag vorgekommen. Bei den älteren D-(4/4 gek.) Heißdampf-Güterzuglokomotiven (G8) mit offenem
                              									Schubstangenkopf ist z.B. der Schlußkeil in diesem Kopf das schwächste Stück im
                              									Triebwerk, und kommen häufig Verbiegungen und Brüche dieses Keiles vor.
                           Aus meinen persönlichen Erfahrungen hauptsächlich in den Hauptwerkstätten Osnabrück
                              									und Dortmund kann ich mitteilen, daß ich eine große Anzahl von Beschädigungen an
                              									allen Teilen des Triebwerks gesehen habe. Zylinderbrüche werden bei kleineren Rissen
                              									durch aufgeschraubte Flicken oder Schweißen ausgebessert. Wo dies nicht möglich ist,
                              									müssen neue Zylindergußstücke zum Preise von rd. 1000 Mk. von den Lokomotivfabriken
                              									bezogen werden. Die näheren Umstände beim Eintreten des Wasserschlags ließen sich in
                              									den meisten Fällen nicht ermitteln, u.a. auch wohl deshalb, weil wahrscheinlich
                              									schon vorher Anbrüche vorhanden gewesen waren.
                           Nun zu den einzelnen Punkten der Zuschrift. Den Vorwurf geringer Einlaßquerschnitte
                              									habe ich der Kolbenschiebersteuerung garnicht gemacht. Es liegen nur zufällig
                              									infolge geschickter Anordnung bei der untersuchten D-(4/4 gek.) Güterzuglokomotive die
                              									Verhältnisse für die Ventile günstiger, als für die Schieber. Es ist auf Seite 164
                              									gesagt, daß sich auf verschiedene Weise mit dem Schieber leicht geringere
                              									Dampfgeschwindigkeiten erzielen lassen als mit den Ventilen.
                           Auf den tatsächlich erhobenen Vorwurf der großen Dampflässigkeit der Kolbenschieber
                              									geht die Zuschrift dagegen garnicht ein.
                           Der Rauchröhrenüberhitzer bildet in genau derselben Weise einen Wassersack wie der
                              									Rauchkammerüberhitzer. Nur liegt er wärmer, weil im Langkessel befindlich, und sind
                              									Undichtigkeiten des Reglers nicht von solcher Bedeutung wie bei dem in der kälteren
                              									Rauchkammer liegenden Ueberhitzer.
                           Die Einschaltung des Ueberhitzers von großem Rauminhalt zwischen Regler und
                              									Schieberkasten hat folgenden grundsätzlichen Uebelstand zur Folge. Verbindet man den
                              									Kessel mit dem Ueberhitzer, welcher einen verhältnismäßig großen Rauminhalt
                              									besitzt, durch weites Oeffnen des Reglers, so erfolgt aus dem Kessel eine plötzliche
                              									starke Dampfentnahme. Es wird ähnlich wie beim Oeffnen einer Selterwasserflasche
                              									eine Menge Wasser mit in den Ueberhitzer und weiter in die Zylinder übergerissen.
                              									Dies tritt nicht nur beim Anfahren ein, sondern auch auf freier Strecke, wenn nach
                              									Durchfahren einer Gefällestrecke bei geschlossenem Regler derselbe wieder geöffnet
                              									wird. Je nachdem man den Regler weit oder wenig öffnet, macht sich der Uebelstand in
                              									größerem oder geringerem Maße bemerkbar. Die ungünstige Wirkung steigert sich ferner
                              									bei hohem Wasserstand und schäumigem Kesselwasser. Bei Naßdampflokomotiven fehlt der
                              									große Raum zwischen Regler und Schieberkasten; es tritt demgemäß hier bei gleichweit
                              									geöffnetem Regler niemals eine so plötzliche starke Dampfentnahme und demgemäß
                              									starkes Ueberreißen von Wasser ein. Hieraus erklären sich die im Verhältnis zu Schmidtschen Heißdampflokomotiven selteneren
                              									Beschädigungen an Triebwerksteilen von ebenfalls mit Kolbenschiebern ausgerüsteten
                              									Naßdampflokomotiven.
                           Die Hoffnung, daß durch Einführung von federnden Kolbenschieberringen Wasserschläge
                              									vermieden werden, ist trügerisch. Ist ein solcher Ring auch in der Trennfuge zur
                              									Vermeidung von Dampfverlusten dicht schließend, so kann das Material des Ringes beim
                              									Zusammenpressen desselben von allen Seiten her nirgends hin. Hat der Schlitz Luft,
                              									so ist das Spiel zwischen Ring und Kolbenkörper in radialer Richtung bei den an
                              									Heißdampflokomotiven wegen der Gefahr des Verziehens der Kolben und Büchsen
                              									möglichst klein gehaltenen Durchmessern des Kolbenschiebers viel zu gering, um dem
                              									Wasser einen Ausweg von genügendem Querschnitt zu bieten. Am besten wird die
                              									Unbrauchbarkeit der federnden Ringe bewiesen durch die Deckelbrüche an den mit
                              									Kolbenschiebern ausgerüsteten Hochdruckzylindern 2 B 1 (⅖ gek.) 4 zyl.
                              									Naßdampfschnellzuglokomotiven Gattung S7 der
                              									Preußischen Staatsbahnen, und dabei fehlt hier noch der bei den Heißdampflokomotiven
                              									eingeschaltete Ueberhitzer von großem Rauminhalt. Vgl. auch die Mitteilungen der
                              									Württembergischen Staatsbahnen am Schluß der Zuschrift!! Nach Angabe der Hannoverschen Maschinenbau A.-G. sind dortseits für 122
                              									Stück S7-Lokomotiven im ganzen 11 Stück
                              									Hochdruckzylinderdeckel nachgeliefert worden. Hierzu kommt noch eine weit größere
                              									Zahl von Deckeln, welche von den Hauptwerkstätten (in Dortmund für 16 Stück S7-Lokomotiven 14 Deckel) nach eigenen Modellen von
                              									benachbarten Eisengießereien bezogen sind. Abgesehen von äußeren Beschädigungen, wie
                              									Zusammenstößen usw. dürfte die Ursache der Deckelbrüche einzig und allein auf
                              									Wasserschlag zurückzuführen sein. Auch für die neu gelieferten S9-Lokomotiven, welche vier federnde Kolbenschieber
                              									besitzen, sind bereits 6 Stück Deckel nachbestellt worden.
                           Die Brüche an den Bügeln der Schubstangen Grafenstadener
                              									Bauart der S7 Lokomotiven sind m.E. ebenfalls als
                              									Folgen des Wasserschlags anzusehen. Die neuerdings veranlaßte Ersetzung des Whitworthgewindes durch Gasgewinde und Verstärkung der
                              									auf Zug beanspruchten Bügelschrauben dürfte die Brüche nicht völlig verhindern.
                           Nachdem seit längerer Zeit bei den preußischen Staatsbahnen eine regelmäßige
                              									Reinigung der Kolbenschieber und Sicherheitsventile gelegentlich des Auswaschens
                              									eingeführt ist, und geeignete Oele ausprobiert sind, ist die Bildung von Oelkrusten
                              									in den Zylindern und Dampfräumen so gut wie beseitigt. Bzgl. des Festbrennens der
                              									Sicherheitsventile möchte ich bemerken, daß ich seinerzeit Ventile gesehen habe, bei
                              									welchen der
                              									Ventilkegel mit einem Dorn aus seinem Sitz herausgeschlagen werden mußte.
                           Es ist von mir weder mittelbar noch unmittelbar zugegeben, daß n ur in dem Falle, wo
                              									der Führer das Oeffnen der Ablaßventile beim Anfahren unterläßt, Wasserschlag
                              									eintritt. (Außer den Sicherheitsventilen an den Zylinderdeckeln befinden sich auch
                              									noch Sicherheitsventile an den Ablaßventilen). Um die Entstehung des Wasserschlags
                              									zu veranschaulichen, ist von dem ungünstigsten Falle, geschlossene Ablaßventile und
                              									ungangbare Sicherheitsventile, ausgegangen. Auf Seite 167 steht, daß bei hoher
                              									Kolben- bzw. Wassergeschwindigkeit, also z.B. infolge Schleuderns der Lokomotive
                              									beim Anfahren, die Sicherheits- und Ablaßventile einen für Wasser zu geringen freien
                              									Querschnitt bieten, und daher eine solch starke Drucksteigerung des Wassers im
                              									Zylinder erfolgt, daß eine Zerstörung des Triebwerkes eintritt.
                           Ein ganz typischer Fall von Wasserschlag ereignete sich am 24. 8. 09. in der
                              									Hauptwerkstätte Dortmund. Mit der ganz neuen, eben von der Probefahrt
                              									zurückgekehrten G8-Lokomotive No. 4814 mit Rauchröhrenüberhitzer
                              									wurde eine kalte Lokomotive verschoben. Da die zwei Lokomotiven nicht weit genug
                              									gelaufen waren, Öffnete der Führer den Regler wieder ein wenig. Als die Lokomotive
                              									sich nicht in Bewegung setzte, öffnete der Führer den Regler etwas weiter. Es trat
                              									plötzlich Schleudern ein (höchstens eine Radumdrehung), und mit lautem Knall
                              									zerbarsten der rechte Zylinder und der hintere zugehörige
                              									Deckel. Von sämtlichen Augenzeugen wurde angegeben, daß die Ablaßventile während der
                              									ganzen Zeit geöffnet waren. Eine Untersuchung ergab, daß
                              									das zugehörige Sicherheitsventil bei 12 Atm. abblies, und der rechte Kreuzkopf keil
                              									durchgedrückt war. Es muß also das Ventil funktioniert haben, und hat hiernach
                              									ferner die Kolbenkraft des linken Zylinders vermittels der Hebelübersetzung (vgl. S.
                              									167 links unten) den rechten Zylinder zum Platzen gebracht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 555
                              
                           Auch auf freier Strecke kommen derartige Fälle vor, bei welchen infolge Ueberreißens
                              									von Wasser mehr oder weniger große Stücke des Zylinders fortgeschleudert werden.
                           Den inbezug auf Verhütung des Wasserschlags sehr wichtigen Unterschied in der
                              									Wirkungsweise der Auslaßventile an ortsfesten Dampfmaschinen (Fig. 28) und
                              									Lokomotiven bzw. Lokomobilen (Fig. 2, 23c und 24a) hat der Herr Verfasser der
                              									Zuschrift garnicht erkannt. Es ist irrig, daß die Auslaßventile der liegenden
                              									Dampfmaschine, welche hier nicht weiter behandelt werden sollen, das Wasser ablassen
                              									können. Der Wasserdruck wirkt hier auf Schluß der Ventile (Fußnote auf S. 168), und
                              									das Wasser muß durch die Einlaßventile entweichen. Bei den Auslaßventilen der
                              									Lokomotiven (vgl. S. 215) ist die zugehörige Ventilfeder gerade so kräftig bemessen,
                              									daß sie das Ventil bei Einströmung von Frischdampf (12 Atm.) bzw. Kompression noch
                              									mit einer Sicherheit von z.B. 15 kg (vgl. Fig. 17) auf seinen Sitz preßt. Der auf
                              									Oeffnen wirkende Dampfdruck auf die Ringfläche des 17,5 und nicht 15 cm großen
                              									Auslaßventils (S. 215) war auf folgende übliche Art berechnet (vgl. obenstehende
                              									Skizze). Unter der Annahme, daß von der Innenkante des Auslaßventils bis zur
                              									Außenkante ein gleichmäßiger Abfall der Spannung von 12 Atm. Ueberdruck (Einströmmug
                              									von Frischdampf) auf o Atm. Ueberdruck (Außenluft bzw. Blasrohr) erfolgt, also ein
                              									mittlerer Druck von 6 Atm. auf jeder der 0,25 cm breiten Ringflächen lastet,
                              									ergibt sich der Gesamtdruck auf die beiden Ringflächen zu:
                           [0,25 (17,5 + 0,25) . π + 0,25 (17,5 – 0,25) . π] . 6 = 27,5 . 6 =
                              									165 kg
                           Um bei 15 kg Sicherheit gegen Oeffnen des Ventils im normalen
                              									Betriebe (Fig. 17) das Ventil bei eintretendem Wasserschlag von seinem Sitz zu
                              									heben, wäre eine Erhöhung des mittleren Druckes von 6 auf
                           \frac{165+15}{27,5}=6,55 Atm.
                           oder des Druckes im Zylinder von 12 auf 2 . 6,55 = 13,1 Atm.
                              									erforderlich. Dies stimmt sehr gut mit den Messungen von ter
                                 										Meer überein.
                           Daß keine 35 oder gar 334 Atm. im Dampfzylinder nötig sind, um das Ventil zu öffnen,
                              									ergibt sich außer aus vorstehender Ueberlegung am besten aus der Tatsache, daß meine
                              									Berechnung der Auslaßventilfedern nach Mitteilung des Herrn Direktor Metzeltin von der Hannoverschen
                                 										Maschinenbau-A.-G.
                              									zuschwache Federn ergeben hat. Die Auslaßventile haben
                              									sich bereits in normalem Betriebe geöffnet, und sind die Federn, um Dampfverluste zu
                              									vermeiden, durch stärkere ersetzt worden. Es ist also der mittlere Dampfdruck im
                              									normalen Betriebe noch größer als der berechnete von 6 Atm. Auch die Erhöhung des
                              									Oeffnungsdruckes im Zylinder, verursacht durch die Masse des zu beschleunigenden
                              									Ventils, kann hiernach nur von geringer Bedeutung sein. Es erscheint vielmehr die
                              									Annahme berechtigt, daß der Strömungsdruck bzw. Stoß des Dampfes bezw. unelastischen
                              									Wassers an dem hierfür sehr günstig geformten oberen Ventilrand (vgl. Fig. 2 u.
                              									Skizze) das Ventil derartig beschleunigt, daß keine Erhöhung des Oeffnungsdruckes im
                              									Zylinder eintritt. Ein weiteres Eingehen auf die in der Zuschrift angeführte
                              									Berechnung des Oeffnungsdruckes erscheint daher überflüssig.
                           Der Hinweis auf Seite 168, daß man bei ortsfesten Lentzmaschinen Sicherheits- und Ablaßventile einfach fortläßt, sollte nur
                              									andeuten, daß die Lentzventile allein genügen, um
                              									Beschädigungen infolge Wasserschlags zu verhüten. Es ist von mir gar nicht
                              									vorgeschlagen, die Ablaßventile an Lokomotiven wegzulassen (Sicherheitsventile sind
                              									dagegen überflüssig); in meiner ungekürzten Doktorarbeit (der Aufsatz in Dinglers
                              									Pol. Journal stellt nur einen Auszug aus dieser Arbeit dar) ist gerade das Gegenteil
                              									empfohlen. Man wird doch den Hahnzug, ein solch einfaches Hilfsmittel, um das
                              									Niederschlagswasser beim Anwärmen der Zylinder und beim Anfahren auf unschädliche
                              									und bequeme Weise (man bedenke nur wie lästig das Spucken der Lokomotive für das
                              									Publikum auf den Bahnsteigen sein kann) zu entfernen, nicht fortlassen.
                           Auch das scheinbar sehr gefürchtete Flattern der Ventile, mittelbar dadurch bedingt,
                              									daß die Auslaßventile nicht an der tiefsten Stelle des Lokomotivzylinders liegen,
                              									wird durch Oeffnen der Ablaßventile verhütet bzw. sofort beseitigt. Die bekanntlich
                              									nicht für Wasser sondern für Dampf gebauten, in steter Bewegung befindlichen
                              									Auslaßventile sollen nur in solch außergewöhnlichen Fällen als so gut wie nie
                              									versagende Auslaßorgane für das Wasser dienen, in welchen bei
                              									Kolbenschiebersteuerung die Ablaßventile und die nur selten bewegten
                              									Sicherheitsventile einen zu geringen freien Querschnitt für das Wasser bieten, und
                              									Brüche an Triebwerksteilen eintreten.
                           Die Vergrößerung der Sicherheitsventile von 35 mm  (Preußische Staatsbahnen)
                              									auf 100 mm  (Belgische Staatsbahnen), welche am hinteren Zylinderdeckel wegen
                              									fehlenden Konstruktionsraumes sicherlich mehrfache Richtungsänderung des
                              									Wasserstrahles und daher zusätzliche Drucksteigerung im Zylinder bedingt, bedeutet bei
                              									gleichem Hub von 10 mm eine Vergrößerung- des Austrittsquerschnitts von 11,3 auf
                              									31,4 cm. Großer als 10 mm dürfte der Hub bei dem einsitzigen Ventil von 100 mm
                              									 wegen der starken Feder von etwa 950 kg Vorspannung bei 12 Atm. nicht sein.
                              									Weshalb benutzt man diese Sicherheitsventile, deren bereits 4 Stück sich an jedem
                              									Zylinder befinden, nach entsprechendem Umbau (Doppelsitz) nicht gleich als
                              									vorzügliche, in bezug auf Dampfdichtigkeit unerreichte Steuerungsorgane und macht
                              									ganze Arbeit, statt den federnden Kolbenschieber jetzt anstelle des nicht federnden
                              									einzuführen.
                           Der Hinweis auf ein evtl. Schadhaftwerden des Ventilkastens und eine daraus am
                              									letzten Ende folgende Beschädigung des Triebwerks infolge Wasserschlags erscheint
                              									sehr gesucht. Bleibt bei schadhaftem Ventilkasten ein Ventil infolge Verschmutzung
                              									hängen, so kann es dies für gewöhnlich nur in geöffnetem Zustand, weil ja die
                              									Nockenstange das Ventil sofort wieder heben würde. Sollte aber trotzdem noch z.B.
                              									ein Auslaßventil nach Abreißen der Rolle in geschlossenem Zustand festsitzen
                              									bleiben, und als dritter außergewöhnlicher Fall Wasser mit in die Zylinder
                              									übergerissen werden, so kann dasselbe immer noch durch das Einlaßventil wie bei
                              									ortsfesten Maschinen nach Fig. 28 aus dem Zylinder in den Ventilkasten
                              									zurückgelangen. Brennt z.B. auch das Einlaßventil in geschlossenem Zustand
                              									fest, so kommt überhaupt kein Dampf bwz. Wasser in den Zylinder.
                           Daß sich durch peinlichste Beachtung der Bedienungsvorschriften das Schleudern der
                              									Lokomotiven unter allen Umständen, wie z.B. bei Vorhandensein von Wasser, Oel oder
                              									Laub auf den Schienen, vermeiden läßt, ist irrig. Hiervon kann man sich leicht auf
                              									jedem größeren Bahnhof überzeugen, wie z.B. hier in Duisburg, wo Führer der Bezirke
                              									Münster, Elberfeld, Köln und Essen verkehren.
                           Aus dem Angeführten ergibt sich also, daß Kolbenschieber sowohl mit geschlossenen als
                              									auch federnden Dichtungsringen in Verbindung mit Sicherheits- und Ablaßventilen die
                              									mit den Wassersäcke bildenden Schmidtschen Ueberhitzern
                              									ausgerüsteten Lokomotiven nicht in solchem Maße vor Beschädigungen infolge
                              									Wasserschlags schützen, daß man dieselben bei normalen Ansprüchen an die
                              									Zuverlässigkeit und Geschicklichkeit der Lokomotivführer unter allen Umständen als
                              									betriebssicher wie z.B. Naßdampflokomotiven mit Flachschiebern bezeichnen kann. Lentzventile sind neben dem großen Vorzug völliger
                              									Dampfdichtigkeit inbezug auf Wasserschlag völlig betriebssicher, wie außer den
                              									vorstehenden Ueberlegungen die Erfahrungen an den bisher ausgeführten etwa 45 Stück
                              									Ventillokomotiven zeigen.
                           Dr.-Ing. Max Osthoff,
                              									Regierungsbaumeister.