| Titel: | Der Einfluß erhöhter Temperaturen auf die mechanischen Eigenschaften der Metalle. | 
| Autor: | M. Rudeloff | 
| Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 577 | 
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                        Der Einfluß erhöhter Temperaturen auf die
                           								mechanischen Eigenschaften der Metalle.
                        Von Prof. M. Rudeloff, Gr.
                              									Lichterfelde.
                        (Fortsetzung von S. 566 d. Bd.)
                        Der Einfluß erhöhter Temperaturen auf die mechanischen
                           								Eigenschaften der Metalle.
                        
                     
                        
                           Zur Bestimmung des elastischen Verhaltens des Materials
                                 										und der Streckgrenze nach der Größe der bleibenden Dehnung ist der Verlauf
                              									der Dehnung mit wachsender Spannung während des Versuches festzustellen. Die
                              									Bestimmung der Bewegungen der Einspannteile gegeneinander reicht hierzu nicht hin,
                              									vielmehr sind zuverlässige Werte nur zu erzielen, wenn die Meßwerkzeuge unmittelbar
                              									an die Probe angelegt werden. Große Schwierigkeiten entstehen hierbei dadurch, daß
                              									die Meßwerkzeuge aus dem Bade oder Ofen herausragen müssen und daher ihre Teile
                              									verschiedenen Wärmeeinflüssen unterliegen. Die ersten brauchbaren Einrichtungen hat
                              										Martens [11] geschaffen. Unter Verwendung seiner
                              									bekannten Spiegelapparate, bei denen die Dehnung in Kippbewegung rhombischer
                              									Stahlkörper und mit ihnen verbundener Spiegel umgesetzt wird. Die Messung erstreckt
                              									sich (s. Fig. 1) über zwei Stabteile von
                              									verschiedenem Durchmesser; der auf die Versuchslänge (dünnerer Stabteil) entfallende
                              									Betrag der beobachteten Gesamtdehnung ist daher durch Rechnung zu ermitteln. Eine
                              									geringe Ungenauigkeit entsteht hierbei dadurch, daß der obere, aus dem Ofen
                              									herausragende Teil der Meßlänge nicht gleichmäßig erwärmt ist und ihm daher nicht,
                              									wie der Rechnung zugrunde gelegt, die gleiche Dehnungszahl α zukommt als dem
                              									unteren, höher erhitzten Teil. Eine weitere Fehlerquelle liegt darin, daß auch
                              									Wärmeschwankungen in die Messung eingehende Längenänderungen verursachen. Diesem
                              									Fehler ist aber dadurch möglichst begegnet worden, daß mit dem Versuch erst begonnen
                              									wurde, nachdem konstanter Wärmezustand im Stabe und den Einspannteilen errreicht war
                              									– daran zu erkennen, daß der Wagehebel unter der Anfangsbelastung dauernd feststand
                              									– und an der Heizeinrichtung dann während des Versuches nichts mehr geändert
                              									wurde.
                           Bei meinen Versuchen sind ebenfalls Martenssche
                              									Spiegelapparate verwendet, die Uebertragung der Dehnung- auf den Spiegelträger
                              									erfolgte aber in anderer. Weise. Bei Benutzung des Ofens Fig. 5 lagen die Endpunkte o und u der Meßlänge in der Achse des kurzen Probestabes P und zwar im Innern der beiden Stabköpfe, von wo
                              									mittels Federn f angepreßte Gestänge S, a, t und S1 zu dem Spiegelträger hinführten. Letzterer ruhte
                              									bei h mit einer Spitze auf der oberen Endfläche der
                              									Stange S1 und mit einer
                              									zweiten Spitze auf dem Ringe g, der mit dem unteren
                              									Meßpunkt verbunden war. Die Bewegung dieser beiden Stützpunkte gegeneinander
                              									entsprach der Dehnung des Probestabes und bewirkte das Kippen des an dem Arm n gestützten Spiegels m.
                           Auch bei dieser Einrichtung umfaßt die Meßlänge Stab teile von verschiedenem
                              									Durchmesser; die wahre Dehnung ist also ebenfalls zu berechnen. Die Länge des
                              									stärkeren Teiles ist aber nur gering und vor allem liegt sowohl der ganze Meßbereich
                              									als auch der Meßapparat innerhalb des Ofens, so daß die Beobachtungen durch
                              									Wärmeschwankungen nicht beeinflußt werden. Vergleichende Versuche [14] bei
                              									Zimmerwärme mit diesem Apparat und dem gewöhnlichen Martensschen Spiegelapparat haben dargetan, daß die Unterschiede in den
                              									Ergebnissen beider Reihen nicht größer waren, als diejenigen bei mehreren Versuchen
                              									mit dem Apparat alter Bauart. Die Handhabung des Apparates erwies sich aber als sehr
                              									schwierig, zumal Erschütterungen leicht Gleiten der Stützspitzen verursachten. Daher
                              									sind auch bei meinen späteren Versuchen [15], [20], [23] wieder die Martensschen Spiegelapparate verwendet; nur die
                              									Meßfedern erhielten die aus Fig. 10 ersichtlich
                              									veränderte Form, bei der zwei Paar Federn m und m' an den Stab angelegt und oben die Spiegelträger S dazwischen eingeklemmt werden. Hierdurch ist der
                              									Vorteil erreicht, daß Längenänderungen der Federn infolge Temperaturschwankungen die
                              									Dehnungsmessungen kaum beeinflussen, weil alle Federn gleichweit aus dem Ofen
                              									herausragen, also den gleichen Temperaturschwankungen unterliegen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 577
                              Fig. 10. Spiegelapparat nach Rudeloff.
                              
                           Beiliegender Anordnung des Probestabes und Flüssigkeitsbädern haben sich die
                              									gewöhnlichen Martensschen Spiegelapparate gut bewährt.
                              									Die Achse der Spiegelträger ist möglichst lang aus dem Deckel des Bades
                              									herauszuführen und unter dem Spiegel sind leichte Scheiben zum Abhalten der
                              									aufsteigenden Dämpfe anzubringen.
                           Der Bestimmung der Temperatur des Probestabes ist
                              									besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Bei Flüssigkeitsbädern dürfte es genügen, die
                              									Temperatur des Bades zu bestimmen, sofern der Beginn des Versuches bis zum völligen
                              									Wärmeausgleich hinausgeschoben wird, was leicht daran zu erkennen ist, wie schon
                              									oben erwähnt wurde, daß der Wagehebel unter der Anfangslast oder Nullast in der
                              									Gleichgewichtslage bleibt, während Wärmeschwankungen infolge der damit verbundenen
                              									Längenänderungen des Stabes Anheben oder Abfallen des Hebels verursachen. Bei
                              									Luftbädern ist die Wärme des Stabes unmittelbar zu messen. Am besten eignen sich
                              									hierzu Thermoelemente, die eng an den Stab anzulegen und gegen das Luftbad durch
                              									Asbest zu trennen sind. Die sichersten Messungen wird man erzielen, wenn neben dem
                              									Probestab ein zweiter Stab desselben Materials und von denselben Abmessungen in das
                              									Bad gebracht wird, dessen Achse zur Aufnahme des Thermoelementes ausgebohrt ist.
                           Die Abmessungen der Probe und die Anordnung der Einspannvorrichtungen können insofern von wesentlichem
                              									Einfluß auf das Ergebnis sein, als von ihnen ganz besonders die gleichmäßige
                              									Erwärmung des Stabes innerhalb der Meßlänge abhängt. Daß die Länge des Stabes zu
                              									diesem Zweck wesentlich geringer sein soll, als die des Bades, ist oben bereits
                              									gesagt. Martens [11] verwendete daher möglichst lange
                              									Stäbe, die nur innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Strecke auf den gewünschten
                              									Versuchsquerschnitt abgedreht wurden, (s. Fig. 1.)
                              									Wegen des hiermit verbundenen großen Aufwandes an Material und an
                              									Bearbeitungskosten, kamen bei meinen Versuchen [14, 15, 20, 23] möglichst kurze
                              									Stäbe (l = 100 mm), s. Fig.
                                 										5 u. 10, zur Anwendung, die mit
                              									Gewindeköpfen in Verlängerungsstangen eingeschraubt wurden. Aehnliche Stäbe haben
                              									später auch Bach [24, 25, 30, 31, 33] Fig. 2 und Stribeck [29,
                              									32] Fig. 9 verwendet. Die Materialanhäufungen an den
                              									beiden Verbindungsstellen sind nur von Nutzen, indem sie gleichsam als Wärmespeicher
                              									dienen und den Einfluß der Wärmeableitung nach außen vom Probestab fernhalten.
                           Der Einfluß der Belastungs- oder Streckgeschwindigkeit
                              									macht sich bekanntlich bei den Versuchen bei Zimmertemperatur insofern geltend, als
                              									unter sonst gleichen Umständen mit abnehmender Geschwindigkeit geringere
                              									Festigkeiten und größere Dehnungen erzielt werden. Die Abnahme der Festigkeit mit
                              									der Belastungsgeschwindigkeit tritt auch bei höheren Temperaturen deutlich hervor
                              									und zwar besonders dann, wenn die Probe vorher nicht mindestens bei der
                              									Versuchstemperatur ausgeglüht wird, sondern durch die voraufgegangene Behandlung
                              									irgendwie eine Härtung erfahren hat, weil dann auch der Einfluß der Glühdauer auf
                              									die Enthärtung mitwirkt. So fand z.B. Le Chatelier [26]
                              									für hartgezogenen Kupferdraht mit 50 kg/qmm Festigkeit bei 250° C folgende
                              									Werte:
                           
                              
                                 Dauer:
                                 20
                                 Sek.;
                                 10
                                 Min.;
                                 30
                                 Min.:
                                 
                              
                                 Festigkeit:
                                 34
                                 „
                                 24,7
                                 „
                                 18
                                 kg/qmm;
                                 
                              
                           dagegen ergaben sich für geglühte Kupferstäbe folgende
                              									Werte:
                           
                              
                                 Temperatur
                                 200° C
                                 330°C
                                 440° C
                                 
                              
                                 Versuchs-dauer
                                 45''
                                 1' 50''
                                 10'
                                 2' 15''
                                 10'
                                 20'
                                 56''
                                 2'
                                 5' 30''
                                 17' 30''
                                 
                              
                                 Zugfestigkeitkg/qmm
                                 20,4
                                 18,6
                                 17,9
                                 15,7
                                 15,2
                                 14,7
                                 10,6
                                 9,7
                                 8,2
                                 7,8
                                 
                              
                                 Bruchdeh-nung v.H.
                                 39,0
                                 35,0
                                 36,0
                                 37,9
                                 34,4
                                 31,1
                                 21,0
                                 16,2
                                 12,9
                                 11,4
                                 
                              
                           Stribeck [29] stellte für Kupfer fest, daß die
                              									Festigkettsabnahme mit wachsender Temperatur beim schnellen Versuch erst bei 300° C
                              									begann, beim sehr langsamen Versuch dagegen schon bei 200° C.
                           Ganz besonders empfindlich gegen die Belastungsgeschwindigkeit ist Zink (s. Martens [10]). Auch Kürth
                              									[38] fand bei Kugeldruckproben, daß bei Zink und Zinn selbst nach einigen
                              									Stunden gleicher Belastung noch kein Gleichgewichtszustand erreicht war, während er
                              									bei den meisten Metallen schon nach 5–10 Minuten eintrat.
                           Die Bruchdehnung unterliegt bei höheren Temperaturen nicht dem gleichen Einfluß der
                              									Geschwindigkeit wie bei Zimmerwärme. Wie schon vorstehende Beobachtungen von Le Chatelier zeigen, nimmt die Dehnung bei Kupfer mit
                              									abnehmender Geschwindigkeit nicht zu, sondern ab. Stribeck gelangte zu demselben Ergebnis und gibt an, daß die Stäbe bei
                              									langer Dauer stumpf abbrachen, während beim schnellen Versuch und derselben
                              									Temperatur dem Bruch erhebliche Einschnürung voraufging. Ob und in wie weit der
                              									eingangs besprochene Einfluß der Oxydation im Luftbad mitwirkte, möge dahingestellt
                              									bleiben. Die angeführten Beispiele dürften zur Genüge beweisen, daß zur Erzielung
                              									vergleichbarer Ergebnisse einheitliche Belastungsgeschwindigkeit erforderlich ist.
                              									Sie sollte, um praktisch wertvolle Ergebnisse zu erhalten, möglichst gering gewählt
                              									und das Probematerial sollte vorher ausgeglüht werden.
                           
                        
                           Versuchsergebnisse.
                           
                              1. Schweißeisen.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 324, S. 578
                                 Fig. 11. Schweißeisen.
                                 Zugfestigkeit σB, Streckgrenze
                                    											σS, Dehnung δ; ● nach. Kollmann, ○ nach Rudeloff. 
                                 
                              Aus den schon 1837 angestellten Versuchen des Franklin-Institutes [2] geht hervor, daß die Zugfestigkeit des
                                 										Schweißeisens mit steigender Temperatur zunimmt. Knut
                                    											Styffe [6] kam 1863 zu demselben Ergebnis, zugleich nahm bei seinen
                                 										Versuchen die Bruchdehnung ab. Sie erstreckten sich auf Temperaturen nur bis
                                 										etwa 170° C und ihre Ergebnisse sind wegen der nach heutigen Verhältnissen
                                 										mangelhaften Versuchseinrichtung unzuverlässig, weshalb von der Wiedergabe der
                                 										Beobachtungswerte Abstand genommen ist. Huston [8]
                                 										fand für Holzkohleneisen ebenfalls Festigkeitszunahme und zugleich Abnahme der
                                 										Querschnittsverminderung bis 500° C. Kollmann [9]
                                 										dagegen fand keine Festigkeitssteigerung, sondern stetige Festigkeitsabnahme (s.
                                 											Fig. 11). Letzere war bis 300° C nur gering
                                 										(von 37,5 auf 33,8 kg/qmm), bei höheren Temperaturen bis zu 600° C aber
                                 										erheblich. Wenngleich die Kollmannschen
                                 										Temperaturbestimmungen mittels Kalorimeters keine große Genauigkeit erwarten
                                 										lassen, so können doch seine von den älteren abweichenden Beobachtungen nicht
                                 										ohne weiteres auf Versuchsfehler zurückgeführt werden, zumal ihre Ergebnisse
                                 										außerordentlich stetig verlaufen. Meine Versuche [14] (s. Fig. 11), bestätigen die Beobachtung Styffes und zwar ergab sich der Höchstwert der
                                 										Zugfestigkeit bei etwa 260° C (schätzungsweise 50 kg/qmm gegen 34
                                 										kg/qmm bei 20° C) und bei höheren Temperaturen trat wie bei den Kollmannschen Versuchen starke Festigkeitsabnahme
                                 										ein. Die Streckgrenze nahm zwischen 100 und 200° C stark ab, vorher und nachher
                                 										(bis 400° C) blieb sie fast unverändert. Die Bruchdehnung nahm zwischen 20 und
                                 										130° C von 30 auf 13 v.H. ab und stieg dann im Gegensatz zu den Versuchen von
                                 											Huston (Abnahme der Querschnittsverminderung)
                                 										mit wachsender Temperatur schnell an (bei 400° C bis 40 v.H.). Carpenters Versuche [19] ergaben ebenfalls die
                                 										höchste Festigkeit bei etwa 250° C und die geringste Dehnung bei etwa 130°
                                 										C.
                              
                           
                              2. Flußeisen.
                              Mit Flußeisen liegen Zug-Versuche bei verschiedenen Temperaturen vor von Huston [8], Kollmann
                                 										[9], Martern [11], Rudeloff [14], Charpy [16], Carpenter [19], Le
                                    											Chatelier [26] und Bach [31]. Die Versuche
                                 										von Kollmann ergaben für Bessemereisen stetige Abnahme der Zugfestigkeit mit wachsender
                                 										Temperatur, alle übrigen stimmen dahin überein, daß die Zugfestigkeit bei etwa
                                 										250° C einen Höchstwert erreicht, der weit über der Festigkeit bei
                                 										Zimmertemperatur liegt, und dann mit weiterem Erhitzen schnell abnimmt. Nach den
                                 										Versuchen von Martens und des Verfassers geht der
                                 										erwähnten Festigkeitszunahme eine Abnahme der Festigkeit vorauf, und zwar
                                 										scheint der geringste Wert bei etwa 50° C erreicht zu werden. Aehnliches
                                 										Verhalten des Flußeisens fanden Brinell [36] und
                                 											Kürth [38] bei Kugeldruckproben; während aber
                                 											Brinell sowohl für saures als auch für
                                 										basisches Material, bei fast völliger Uebereinstimmung des Verlaufes der zu
                                 										Schaulinien aufgetragenen Beobachtungen, den ersten Geringstwert bei etwa 200° C
                                 										und die Höchstwerte bei 300–400° C fand, liegen die beiden Wendepunkte der
                                 										Schaulinien von Kürth bei 150–190° C,
                                 										beziehungsweise bei 250° C.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 324, S. 579
                                 Fig. 12. Stahlguß.
                                 Zugfestigkeit σB und
                                    											Bruchdehnung δ ; Nach Bach: Material: O = ●, K = ○, M = ×, OE = △; Nach
                                    											Rudeloff = □
                                 
                              Die Streckgrenze des Flußeisens nimmt mit wachsender Temperatur stetig ab. Die
                                 										Bruchdehnung nimmt mit steigender Temperatur zunächst ebenfalls beträchtlich ab,
                                 										z.B. nach Martens in einem Falle von 28,4 auf 8,4
                                 										v.H. und dann schnell zu; die geringsten Werte liegen im allgemeinen bei etwa
                                 										150° C, also bei niedrigeren Temperaturen als die Höchstwerte für die
                                 										Bruchfestigkeit.
                              Die anfängliche Abnahme der Dehnung und Zunahme der Festigkeit mit
                                 										steigender Temperatur erklärt die Blaubrüchigkeit des Eisens, auf die schon Valton 1877 (Berg- und Hüttenmännische Zeitung
                                 										1877, S. 25) auf Grund von Biegeversuchen hinwies.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 324, S. 579
                                 Fig. 13. Gußeisen.
                                 Zugfestigkeit σB : ○ nach Bach,
                                    											● nach Rudeloff.
                                 
                              
                           
                              3. Stahlguß.
                              Fig. 12 zeigt die vom Verfasser [23] und von Bach [30, 31] ermittelten Werte für die
                                 										Zugfestigkeit σs und Bruchdehnung δ von
                                 										Stahlguß. Bach macht folgende Angaben über die
                                 										Zusammensetzung seiner vier Stahlsorten:
                              
                                 
                                    
                                       Sorte
                                       
                                    C
                                    Mn
                                    Cu
                                    Si
                                    S
                                    P
                                    As
                                    
                                 
                                    O
                                    0,193
                                    0,322
                                    0,096
                                    0,187
                                    0,087
                                    0,081
                                    0,056
                                    
                                 
                                    K
                                    0,165
                                    0,726
                                    0,121
                                    0,498
                                    0,038
                                    0,019
                                    0,041
                                    
                                 
                                    M
                                    0,200
                                    0,819
                                    0,273
                                    0,112
                                    0,048
                                    0,053
                                    0,073
                                    
                                 
                                    OE
                                    0,180
                                    0,360
                                    0,060
                                    0,280
                                    0,080
                                    0,071
                                    0,079
                                    
                                 
                              Der allgemeine Verlauf der Schaulinien ist für alle fünf
                                 										Sorten der gleiche. Die Zugfestigkeit wächst mit steigender Temperatur, erreicht
                                 										zwischen 200 und 300° C den Höchstwert und nimmt dann verhältnismäßig schnell
                                 										ab. Die Bruchdehnung ist durch die Temperatur im entgegengesetzten Sinne
                                 										beeinflußt: sie nimmt zunächst ab und dann schnell zu; die geringsten Werte sind
                                 										bei etwa 200° C erreicht.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 324, S. 579
                                 Fig. 14. Temperguß.
                                 Spannungen, Dehnungen für
                                    											Temperguß; Bruchspannung für Gußeisen.
                                 
                              Seiner Größe nach schwankt der Wärmeeinfluß bei den verschiedenen Stahlsorten;
                                 										besonders die Linien für die Dehnung gehen bei Temperaturen über 200°C weit
                                 										auseinander. Hierzu dürfte der Einfluß der Belastungsgeschwindigkeit jedenfalls
                                 										mit beigetragen haben, aber auch im übrigen lassen die Bachschen Versuche keinen gesetzmäßigen Einfluß der chemischen
                                 										Zusammensetzung des Materials auf dessen Widerstand gegen Temperatureinflüsse
                                 										erkennen. Es möge aber darauf hingewiesen sein, daß das Material OE, bei dessen Herstellung ganz besonders auf
                                 										günstiges Verhalten bei hohen Temperaturen Bedacht genommen war, die größte
                                 										Festigkeitssteigerung und im allgemeinen auch die größten Bruchdehnungen
                                 										aufweist.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 324, S. 580
                                 Fig. 15. Stahlguß.
                                 
                              Bei der mittleren Zugfestigkeit σB von 41 kg/qmm
                                 										und Bruchdehnung δ von 27 v.H. bei Zimmerwärme wird man für Stahlguß folgende
                                 										Annäherungswerte für die Veränderung der Festigkeitseigenschaften bei höheren
                                 										Temperaturen annehmen können:
                              
                                 
                                    Temperatur °C
                                    100
                                    200
                                    300
                                    400
                                    
                                 
                                    Aenderungin v.H. gegen20°
                                       												C
                                    σB
                                    + 6
                                    + 12
                                    + 10
                                    – 7
                                    
                                 
                                    δ
                                    – 30
                                    – 50
                                    – 33
                                    ± 0
                                    
                                 
                              Aehnlich. der Dehnung verhielt sich die
                                 										Querschnittsverminderung; ihre Abnahme mit wachsender Temperatur war aber
                                 										geringer. Die Streckgrenze ging mit wachsender Temperatur stetig zurück.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 324, S. 580
                                 Fig. 16. Gußeisen.
                                 
                              
                           
                              4. Gußeisen.
                              Howard [12] fand, daß Gußeisen bis 386° C. nur wenig
                                 										an Festigkeit einbüßte. Bei höherer Temperatur nahm die Festigkeit
                                 										allmählich ab, jedoch in so geringem Maße, daß es schließlich dieselbe
                                 										Festigkeit besaß wie weicher Stahl. Vor dem Bruch traten zahlreiche Risse
                                 										auf.
                              Meine Versuche [23] und die von Bach [25] s. Fig. 13 bestätigen die Beobachtung von Howard, daß die Festigkeit von Gußeisen erst bei
                                 										Temperaturen über 300–400° C nennenswert an Festigkeit verliert. Setzt man die
                                 										Festigkeit bei Zimmerwärme gleich 100, so ergeben sich folgende
                                 										Verhältniszahlen:
                              
                                 
                                    Temperatur °C
                                    20
                                    300
                                    400
                                    500
                                    570
                                    
                                 
                                    Ver-hältnis-zahlennach
                                    
                                       Bach
                                       
                                    100
                                    99
                                    92
                                    76
                                    52
                                    
                                 
                                    
                                       Rude-
                                       
                                       loff
                                       
                                    100
                                    88
                                    107
                                    68
                                    38
                                    
                                 
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 324, S. 580
                                 Fig. 17. Temperguß.
                                 
                              Dabei war die durchschnittliche Zusammensetzung des
                                 										Versuchsmaterials:
                              
                                 
                                    bei denVer-suchenvon
                                    Graphit
                                    ge-bund.Koh-lenstoff
                                    Ge-samt.Koh-lenstoff
                                    Man-gan
                                    Sili-cium
                                    Kupfer
                                    Schwe-fel
                                    Phos-phor
                                    
                                 
                                    
                                       Bach
                                       
                                    2,85
                                    0,79
                                    3,64
                                    1,73
                                    1,178
                                    0,170
                                    0,085
                                    0,158
                                    
                                 
                                    
                                       Rude-
                                       
                                       loff
                                       
                                    –
                                    –
                                    3,56
                                    0,93
                                    2,650
                                    –
                                    0,054
                                    0,517
                                    
                                 
                              Die Versuche von Kürth [38] ergaben, daß die
                                 										Kugeldruckhärte des untersuchten Gußeisens mit steigender Temperatur zunächst
                                 										langsam abnahm, zwischen 200 u. 300° C wieder etwas wuchs und bei über 300° C
                                 										sehr schnell abnahm. Die Versuche zeigen also eine annähernde Uebereinstimmung
                                 										mit den Zugversuchen des Verfassers (s. Fig.
                                    										13).
                              
                           
                              5. Temperguß (getemperter
                                 										Eisenguß).
                              Versuche des Verfassers [23] mit Stäben von 12 × 6,5 mm Querschnitt lieferten die
                                 										in Fig. 14 dargestellten Ergebnisse, denen auch
                                 										die Linie für die Zugfestigkeit des Gußeisens [23] beigefügt ist. Nach ihnen wachsen
                                 											σP, σS und
                                 											σB anfänglich mit der Temperatur, erreichen
                                 										bei etwa 250–300° C ihre Höchstwerte und nehmen dann bei höherer Temperatur
                                 										schnell ab. Die Werte für σP stimmen bei allen
                                 										Temperaturen annähernd mit der Bruchfestigkeit des Gußeisens überein. Die
                                 										Dehnung α innerhalb σP nimmt bis 400° C wenig,
                                 										bei höheren Temperaturen schnell zu. Die an sich geringe Bruchdehnung ist durch
                                 										Temperaturänderungen kaum beeinflußt.
                              Fig. 15–17 sind
                                 										körperliche Darstellungen der Versuchsergebnisse [23] für Stahlguß, Gußeisen und
                                 										Temperguß. Fig. 15 zeigt deutlich, wie die
                                 										bei Zimmertemperatur scharf ausgeprägte Streckgrenze des Stahlgusses bei höheren
                                 										Temperaturen immer mehr verwischt wird und heruntergeht, so daß die Schaulinie
                                 										bei 600° C schließlich ähnlichen Verlauf zeigt, wie die für Gußeisen (Fig. 16) bei Zimmertemperatur. Zwischen Gußeisen
                                 											(Fig. 16) und Temperguß (Fig. 17) tritt ein scharfer Unterschied darin
                                 										zutage, daß die Festigkeit des Gußeisens bei über 400° C schroff abfällt, beim
                                 										Temperguß dagegen allmählich.
                              
                                 (Schluß folgt.)