| Titel: | Motorlastzüge und Lastenförderung mit Motorfahrzeugen. | 
| Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 659 | 
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                        Motorlastzüge und Lastenförderung mit
                           								Motorfahrzeugen.
                        Motorlastzüge und Lastenförderung mit Motorfahrzeugen.
                        
                     
                        
                           Die Entwicklung der Motorlastfahrzeuge in konstruktiver Hinsicht, die
                              									insbesondere durch die umfangreichen Anwendungen der Motoromnibusse für die
                              									Personenbeförderung in Großstädten und auf Ueberlandstrecken in den letzten Jahren
                              									lebhaft gefördert worden ist, hat den Gedanken an die Beförderung von Massengütern
                              									mit Hilfe von motorisch angetriebenen Wagenzügen aufs neue belebt.
                           Bedeutungsvoll hierfür war auch der Umstand, daß ganz besonders die preußische
                              									Heeresverwaltung gerade diesem Zweig des Motorfahrzeugwesens große Aufmerksamkeit
                              									gewidmet und, wie weiter unten noch näher ausgeführt werden soll, Bestimmungen
                              									erlassen hat, wonach Privatbetrieben, welche Motorfahrzeuge, die für die Zwecke der
                              									Heeresverwaltung brauchbar sind, in Benutzung nehmen, nahm hafte Geldbeihilfen aus
                              									Staatsmitteln gewährt werden sollen.
                           Die Anschauungen darüber, welche von den verschiedenen Formen des
                              									Motor-Lastfahrzeuges auf unseren Straßen als die zweckmäßigste anzusehen ist,
                              									sind bei der verhältnismäßigen Neuheit der ganzen Entwicklung naturgemäß noch nicht
                              									geklärt. Eine einheitliche Lösung wird die Aufgabe wohl überhaupt niemals finden,
                              									denn jedes der heute vorliegenden Beförderungsmittel dürfte sich unter bestimmten
                              									Betriebs- und Straßenverhältnissen als das beste erweisen können. Ebensowenig wird
                              									man sich heute darauf ernstlich einlassen können, den Betrieben, welche an Stelle
                              									ihrer bisherigen Pferdefuhrwerke Motorfahrzeuge in Dienst stellen wollen, auf Heller
                              									und Pfennig nachzuweisen, daß sie bei Anwendung von Motorfahrzeugen unbedingt
                              									billiger fortkommen, denn, so oft das auch der Fall sein mag, der wirtschaftliche
                              									Erfolg hängt manchmal von Faktoren ab, die sich bei einer Vergleichsrechnung nicht
                              									berücksichtigen lassen, bei den Verhandlungen oft gar nicht bekannt sind und daher
                              									zu ungunsten der Motorfahrzeuge aus der Rechnung fortgelassen werden müssen. Gerade
                              									auf diesem Gebiete sind zuverlässige Erfahrungen noch recht selten.
                              									Betriebe, welche darüber verfügen, halten sie aus was immer für Gründen ängstlich
                              									geheim, so daß man tatsächlich fast nur die ungünstigen Erfahrungen zu hören
                              									bekommt.
                           Bei dieser Sachlage bleibt als einziges, allerdings recht kostspieliges Mittel nur
                              									der praktische Versuch übrig. Dieser ergibt dann in der Regel von selbst, in welcher
                              									Weise der Betrieb organisiert, die Einteilung der Tagesstrecken und der Ruhetage
                              									gewählt werden muß, damit das Minimum an Kosten erzielt wird. Daß so etwas möglich
                              									ist, beweist die alljährlich steigende Zahl der verwendeten Motorfahrzeuge von
                              									selbst.
                           Ganz allgemein kann die Aufgabe, eine gegebene Nutzlast auf einem Wege von gegebener
                              									Länge und gegebenen Steigungsverhältnissen mit Hilfe von Motorlastfahrzeugen zu
                              									befördern, auf folgende Arten gelöst werden:
                           1. Man verwendet nur Motorlastwagen oder Einzellastwagen, das sind solche, die ihre
                              									Nutzlast ausschließlich auf ihrer Plattform aufnehmen.
                           2. Man hängt an den Motorlastwagen einen Anhängerwagen, welcher durch den
                              									Motorlastwagen geschleppt wird, und verteilt die Nutzlast auf diese beiden.
                           3. Man verteilt die auf einmal zu befördernde Nutzlast auf mehrere Anhängerwagen und
                              									spannt vor den so gebildeten Wagenzug einen ausschließlich oder so gut wie
                              									ausschließlich zum Ziehen bestimmten Maschinenwagen.
                           4. Man stattet jeden Anhänger eines solchen Zuges mit Vorrichtungen aus, die, wenn
                              									die erforderliche Kraft von außen zugeführt wird, ermöglichen, jeden Anhänger wie
                              									ein unabhängiges Motorfahrzeug zu treiben, und erzeugt diese Kraft auf einem am Ende
                              									des Zuges angeschlossenen Maschinenwagen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 660
                              Fig. 1.
                              
                           Die Auswahl unter diesen vier Arten der Lastenförderung auf Straßen ist in erster
                              									Linie von der Größe der Nutzlast abhängig, welche auf einmal bewältigt werden muß.
                              									Sie wird aber auch beeinflußt von den zu überwindenden Steigungen, von den
                              									Brennstoff- und den sonstigen Betriebskosten, sowie endlich von organisatorischen
                              									Rücksichten, die namentlich bei den Betrieben der Heeresverwaltungen zutage
                              									treten.
                           Bei der Fülle der Bedingungen, die die Wahl beeinflussen, ist es daher in der
                              									vorliegenden Arbeit nur möglich, die einzelnen Betriebsarten auf Grund der bis jetzt
                              									verfügbaren Erfahrungen gegeneinander abzuwägen und die Entscheidung in praktischen
                              									Fällen von den jeweiligen Bedingungen abhängig zu machen.
                           Wie man zu einer solchen Entscheidung gelangt, möge an dem nachstehenden Beispiel des
                              									Vergleiches eines Betriebes mit Einzellastwagen (s. oben unter 1) und mit
                              									Vorspannmaschinen (s. oben unter 3) gezeigt werdenVon Dipl.-Ing. R.
                                       												Colell in der Allgemeinen Automobil-Zeitung vom 1. Februar
                                    											1907..
                           Auf der in Fig. 1 dargestellten Straße AC sei eine Lastenförderung mit Motorfahrzeugen
                              									einzurichten, wobei die Wagen in A beladen und in C entladen werden sollen. Die Straße sei von A bis B eben, von B bis C unter γ v.H.
                              									ansteigend.
                           Die Zugleistung eines Motorlastwagens kann man, da der Luftwiderstand
                              									unberücksichtigt bleiben darf, aus der Gleichung
                           G . v . (w
                                 										+ γ) = c . Ne
                           ermitteln, worin
                           G = Q + P das Gesamtgewicht des
                              									Fahrzeuges (Eigengewicht + Nutzlast) in Tonnen à 1000 kg,
                           v die Geschwindigkeit in km i.d.
                              									Stunde,
                           w die Weg-Widerstandsziffer (in
                              									der Regel bei fester Straßendecke = 3),
                           γ die Steigung in Hundertteilen,
                           c eine Konstante, die in der
                              									Gleichung mit 18 angesetzt wird,
                           Ne
                              									die Bremsleistung des Motors in PS darstellen.
                           Nehmen wir z.B. Ne als
                              									gegeben an, so können wir die Fahrgeschwindigkeit auf der ebenenen Strecke AB (γ = 0) berechnen aus
                           
                              v_1=\frac{c \cdot N_e}{G \cdot w}
                              
                           und auf der ansteigenden Strecke BC bei voller Ausnutzung der Motorleistung aus
                           
                              v_2=\frac{c \cdot N_e}{G\,(w+\gamma)}
                              
                           Im Mittel wird also eine Geschwindigkeit von etwa
                           
                              v_m=\frac{1}{2}\,(v_1+v_2)=\frac{c \cdot
                                 										N_e}{2\,G}\,\left(\frac{1}{w}+\frac{1}{w+\gamma}\right)
                              
                           erzielt werden können.
                           Die mit einer Nutzlast von P Tonnen erreichbare
                              									Arbeitsleistung in Tonnenkilometern ist
                           
                              E=v_m \cdot P=\frac{P}{G} \cdot \frac{c \cdot
                                 										N_e}{2}\,\left(\frac{1}{w}+\frac{1}{w+g}\right)
                              
                           Für diese Leistung ist ein Brennstoffverbrauch von b .
                                 										Ne kg aufzuwenden, wenn b der Verbrauch des Antriebsmotors für 1 PS und Stunde
                              									ist; der auf ein geleistetes Tonnenkilometer entfallende Brennstoffverbrauch kann
                              									daher durch
                           
                              B=\frac{b \cdot N_e}{\frac{P}{G} \cdot \frac{c \cdot
                                 										N_e}{2}\,\left(\frac{1}{w}+\frac{1}{w+\gamma}\right)}
                              
                              =\frac{2\,b}{W \cdot
                                 										c\,\left(\frac{1}{w}+\frac{1}{w+\gamma}\right)}
                           dargestellt werden, wenn
                           
                              W=\frac{P}{G}
                              
                           gesetzt wird.
                           Diese Gleichung liefert eine Grundlage zur Beurteilung der beiden Beförderungsmittel
                              									vom Standpunkte des Brennstoffverbrauches. Wir erkennen sofort, daß für verschiedene
                              									auf der gleichen Straße laufende Motorfahrzeuge der Wert von B nur von der Zahl W=\frac{P}{G}, d.h. vom Verhältnis
                              									zwischen Nutzlast und Gesamtgewicht eines Fahrzeuges beeinflußt wird. Im
                              									günstigsten, allerdings unmöglichen Falle wird W = 1,
                              									d.h. das Eigengewicht des Fahrzeuges Q = 0; und je mehr
                              									sich W der Einheit nähert, desto günstiger wird sich
                              										das
                              									Beförderungsmittel in bezug auf den Brennstoffverbrauch stellen.
                           Wohlgemerkt, nur in bezug auf den Brennstoffverbrauch.
                           Zu dem weiter unten folgenden Vergleich ist von vornherein zu bemerken, daß er nur
                              									für solche Fälle anwendbar ist, wo Vorspannmaschine und Motorlastwagen den gleichen
                              									Brennstoff verwenden. Dies ist allerdings nur selten der Fall, da Vorspannmaschinen
                              									heute noch recht häufig Dampfbetrieb, Motorlastwagen dagegen gewöhnlich Antrieb
                              									durch Verbrennungsmaschinen erhalten, welche mit verhältnismäßig viel teureren
                              									Brennstoffen gespeist werden müssen.
                           Um auch in diesen Fällen die Vergleiche auf der oben angegebenen Grundlage
                              									durchführen zu können, muß man statt der Zahlen für den Brennstoffverbrauch die
                              									Brennstoffkosten auf 1 tkm in Beziehung bringen, also statt der Zahlen
                              										W=\frac{P}{G} die Zahlen \frac{R}{W}=\frac{R \cdot
                                 										G}{P} vergleichen, wenn R der Preis für 1
                              									kg des benutzten Brennstoffes ist.
                           Unter sonst gleichen Verhältnissen wird demnach dasjenige Beförderungsmittel
                              									günstiger sein, dessen Brennstoff billiger ist, während der Einfluß dieses Faktors
                              									durch die für die Größe des Brennstoffverbrauches maßgebende Zahl W unter Umständen ausgeglichen werden kann.
                           Wir wenden nunmehr die oben abgeleiteten Werte auf den Vergleich eines von einer
                              									Vorspannmaschine beförderten Wagenzuges mit einer Anzahl von gleich leistungsfähigen
                              									Motorlastwagen an:
                           Eine Vorspannmaschine von 8,4 t Eigengewicht schleppe auf der bezeichneten Straße 3
                              									Anhängerwagen von je 5 t Nutzlast und 3 t Eigengewicht. Daher ist
                           P = 15 t
                           G = 15 + G + 8,4 = 32,4 t
                           
                              W=\frac{P}{G}=0,463
                              
                           Die gleiche Nutzlast kann mit drei Einzelmotorwagen befördert werden, die je 4 t
                              									Eigengewicht haben und je 5 t Nutzlast aufnehmen.
                           P = 15 t
                           G = 15 + 12 = 27 t
                           
                              W=\frac{P}{G}=0,555
                              
                           Aus diesen Ergebnissen kann man ersehen, daß, soweit es sich um den
                              									Brennstoffverbrauch allein handelt, und auch da nur soweit in beiden Fällen
                              									gleichartiger Brennstoff verbraucht wird, Einzelmotorwagen nur etwa 83,5 v.H. des
                              									Verbrauches von Vorspannmaschinen bei gleicher Tonnenkilometerleistung aufweisen
                              									würden.
                           Diese Ueberlegenheit der Einzelmotorwagen verschwindet indessen sofort, wenn, was die
                              									Regel ist, die Vorspannmaschine mit Petroleum oder gar mit Koks, der Motorlastwagen
                              									dagegen mit Benzin oder Benzol betrieben wird. Der etwa 100 v.H. betragende
                              									Preisunterschied bedingt sofort eine weitgehende Ueberlegenheit des
                              									Vorspannbetriebes, wenn nicht andere Rücksichten, als diejenigen des Verbrauches
                              									dagegen sprechen.
                           Wir haben bei dem vorstehenden Vergleich die in der Einleitung unter 1. und 3.
                              									genannten Arten von Beförderungsmitteln mit Absicht deshalb herausgegriffen, weil
                              									sie die beiden Hauptarten sind. Die unter 2. angeführte Art, Motorlastwagen mit
                              									einem Anhänger dürfte allerdings in der nächsten Zeit am wichtigsten werden, da die
                              									Heeresverwaltung solche „leichte Motorlastzüge“
                              									ganz besonders bevorzugt. Die Beurteilung solcher leichter Motorlastzüge
                              									hinsichtlich des Brennstoffverbrauches unterliegt nach Obigem kaum einer
                              									Schwierigkeit. Da bei den Anhänger wagen das Verhältnis zwischen Nutzlast und
                              									Eigengewicht immer größer als 1 zu sein pflegt, so erkennt man, daß das Mitführen
                              									eines Anhängers für einen Motorlastwagen auf eine Verminderung des
                              									Brennstoffverbrauches auf 1 tkm, also begünstigend wirken wird, weil das Verhältnis
                              										W=\frac{P}{G} größer wird.
                           Die unter 4. genannten Motorlastzüge, bei denen die Antriebskraft von dem
                              									Maschinenwagen auf jeden der Anhängerwagen verteilt wird, verhalten sich in bezug
                              									auf den Brennstoffverbrauch theoretisch nicht anders als die Wagenzüge mit
                              									Vorspannmaschinen.
                           Der Brennstoffverbrauch bildet aber nur eine, und wie wir gesehen haben, nicht immer
                              									leicht anwendbare Grundlage für einen Vergleich der genannten Arten von
                              									Lastenförderungsmitteln. Um beurteilen zu können, welches dieser Mittel für einen
                              									besonderen Fall am zweckmäßigsten ist, müssen wir ferner prüfen, wie sich die
                              									verschiedenen Fahrzeuge in bezug auf Geschwindigkeit auf den ebenen und auf
                              									ansteigenden Teilen der Straße verhalten, welche Zeit aufgewendet werden muß, um die
                              									Fahrzeuge zu beladen, an den Endpunkt der Straße zu bringen, dort zu entladen und
                              									schließlich für die nächste Beladung wieder zurückzubringen, ferner wie viel
                              									Bedienung, wie häufig sie Ausbesserungen erfordern und – last not least – welche
                              									Anschaffungskosten für eine gegebene Leistung aufgewendet werden müssen. Alle diese
                              									Bedingungen zusammengenommen entscheiden über die Wahl der einen oder anderen Art,
                              									wobei der besondere Verwendungszweck mitunter noch erfordert, auf eine Bedingung
                              									größeren Wert zu legen und eine andere wieder als weniger wichtig zu betrachten.
                           Es kann nicht Aufgabe der vorliegenden Arbeit sein, dem Einfluß dieser Bedingungen,
                              									die noch dazu keineswegs vollständig genannt worden sind, theoretischrechnerisch
                              									nachzugehen, wie wir das bei dem Brennstoffverbrauch getan haben. Eine solche
                              									Untersuchung, die keine besonderen Schwierigkeiten bereitet, möge der Praxis in
                              									jedem vorkommenden Falle überlassen bleiben. Zudem liefert hierüber auch die
                              									Literatur, insbesondere das Buch von Major Oschmann:
                              									„Lastfahrzeuge“Berlin 1908,
                                    											Siegfried Mittler und Sohn, Preis M. 1.40. reichliche Gelegenheit
                              									zu vorbereitendem Studium. Wir wollen uns vielmehr damit befassen, zu prüfen, welche
                              									Entwicklung die genannten Arten von Lastfahrzeugen in der neueren Zeit gefunden
                              									haben und welche Aussichten sie bieten, ihren Aufgaben gerecht zu werden.
                           
                        
                           Einzelmotorwagen und leichte
                                 										Motorlastzüge.
                           Die neueren Fortschritte auf dem Gebiete der Einzelmotorwagen und leichten
                              									Motorlastzüge, d.h. solchen, welche aus einem Motorlastwagen und einem Anhängerwagen
                              									zusammengesetzt sind, können, ohne die Verdienste der beteiligten Fabriken im
                              									mindesten zu schmälern, was Deutschland betrifft, hauptsächlich auf den Einfluß der
                              									Heeresverwaltung zurückgeführt werden; das Ausland, das wir gewiß nicht unbeachtet
                              									lassen wollen, geht vielfach noch andere Wege, kommt also hier zunächst nicht in
                              									Betracht.
                           Das Interesse, das die Heeresverwaltungen der Förderung des Baues von
                              									Motorlastfahrzeugen schenken, läßt sich leicht verstehen. Seit die Völker
                              										bestrebt
                              									sind, ihre militärischen Machtmittel durch Aufstellung großer Heere zu
                              									vergrößern, hat man bei der Beschaffung ausreichenden Pferdemateriales mit immer
                              									steigenden Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt, Schwierigkeiten, welche selbst durch
                              									die lebhafte Unterstützung der Pferdezucht, wie sie z.B. in Preußen geübt wird, nur
                              									teilweise überwunden werden konnten. Diese Schwierigkeiten dürften aber
                              									unüberwindlich werden im Falle eines Krieges, wo sich die Sterblichkeit der Pferde
                              									infolge von Ueberanstrengungen, mangelhafter Ernährung und infolge von Krankheiten
                              									unverhältnismäßig steigert, wo außerdem die Beschaffung von Pferden im Auslande zum
                              									mindesten in Frage gestellt ist.
                           Mit Recht erblicken daher die Heeresverwaltungen in der Verwendung von
                              									Motorfahrzeugen ein Mittel, um dieser Schwierigkeiten Herr zu werden. Schon die
                              									umfangreichen Vorkehrungen, welche im Rücken eines jeden großen Heeres getroffen
                              									werden müssen, um Munition und Nahrungsmittel für die Mannschaften, Futter für die
                              									Pferde sowie den ganzen übrigen Train rechtzeitig nachzuschieben, sowie ferner, um
                              									z.B. Verwundete möglichst bequem und schnell aus der Feuerlinie nach den entfernten
                              									Baracken zu schaffen, all diese Verrichtungen eröffnen den Motorlastwagen bereits
                              									ein so weites Feld zur Betätigung, daß von anderweitigen Anwendungen, z.B. zum
                              									Liefern von Kraft beim Betriebe von Leuchtfeuern oder kleinen
                              									Ausbesserungswerkstätten, sowie zum Befördern von besonders großen Lasten wie
                              									Festungsgeschützen, Brückenteilen usw. vorerst gar nicht gesprochen zu werden
                              									braucht. Jedenfalls ist klar, daß ein großer Teil der heute tatsächlich bestehenden
                              									Kalamität vermieden werden könnte, wenn nur auf diesem Gebiete ein Ersatz des
                              									Pferdes durch den Motorwagen möglich wäre.
                           Die Schwierigkeiten, welche sich der Durchführung dieses Planes in großem Maßstabe
                              									entgegenstellen, sind weniger technischer als wirtschaftlicher Natur. In
                              									Friedenszeiten läßt sich ein solcher Geldaufwand, wie er zur Anschaffung eines
                              									einigermaßen angemessenen Motorlastwagenparkes notwendig sein würde, nicht
                              									rechtfertigen, um so weniger, als die Fahrzeuge voraussichtlich nach kurzer
                              									Zeit durch neue Konstruktionen überholt sein würden und daher vor Ablauf ihrer
                              									wirklichen Lebensdauer ausgewechselt werden müßten. Im Falle eines Krieges aber
                              									dürfte die Leistungsfähigkeit aller unserer Motorfahrzeugfabriken nicht ausreichen,
                              									um eine genügende Anzahl von zuverlässigen Wagen rechtzeitig zur Stelle zu
                              									schaffen.
                           Die Heeresverwaltungen sind daher auf den bei dieser Sachlage wohl einzig richtigen
                              									Ausweg verfallen, möglichst viele Private zur Anschaffung von Motorfahrzeugen zu
                              									veranlassen und sich auf diese ein Anrecht zu sichern. Aus der dem Reichstage zum
                              									Etat der Heeresverwaltung für 1909 überreichten Denkschrift ist zu entnehmen, daß
                              									die preußische Heeresverwaltung schon im Jahre 1908 dieses Mittel in Anwendung
                              									gebracht und sehr gute Erfolge damit erzielt hat. Der Grundgedanke dieses Verfahrens
                              									besteht darin, solchen Unternehmern, welche sich verpflichten, den militärischen
                              									Bedingungen entsprechende Motorfahrzeuge in Betrieb zu nehmen und sie während der
                              									auf fünf Jahre bemessenen Lebensdauer in einem für die Zwecke der Heeresverwaltung
                              									geeigneten Zustande zu erhalten, Geldbeihilfen zu gewähren, und zwar
                           
                              a) eine einmalige Beschaffungsprämie von 4000 M.,
                              b) eine Betriebsprämie von 1000 M. jährlich.
                              
                           Diese Werte beziehen sich auf Wagen von 30 PS Motorleistung. Bei stärkeren Wagen
                              									können auch höhere Summen bewilligt werden.
                           Außerdem gewährt die Heeresverwaltung besondere Prämien für erfolgreiche Schaffung
                              									eines die Einbürgerung von kriegsbrauchbaren Motorlastwagen begünstigenden
                              									Absatzgebietes, die Konstruktion neuer, den Pferdefuhrwerken überlegener Bauarten
                              									solcher Fahrzeuge sowie für die Organisation von Betrieben, welche die mit den
                              									Zwecken dieser Maßnahmen der Heeresverwaltung verknüpften Absichten fördern.
                           
                              (Fortsetzung folgt.)